Roland Aira VT-3 Test

Nachdem wir die Drummachine TR-8 und auch den Basssynth TB-3 der Roland AIRA-Serie im Test hatten, bleiben in logischer Konsequenz nur noch das System-1 und eben der hier getestete Voice-Transformator VT-3 übrig.

Roland_AIRA_VT-3_01_Aufmacher


Wie alle Geräte der AIRA-Serie hat auch das VT-3 Vorgänger, die als starke Inspirationsquelle den Roland-Produktentwicklern dienen musste. Bei der TR-8 waren es die Drummachines TR-808 und TR-909, bei der TB-3 die TB-303, beim System-1 das System 100. Nur bei dem VT-3 findet man keinen Vorgänger im Roland-Regal. Oder doch: Man muss nur sein Beuteschema auf andere Marken des japanisches Riesens erweitern. Siehe da, schon entdeckt man das VT-1 von Boss, welches gar nichtmal so viel anders aussieht.

Details

Die Äußerlichkeiten

Das Roland VT-3 ist ein Effektgerät für die Echtzeitverarbeitung von Stimmen. Das VT-3 mit seinen intensiven Stimmenverfremdungsmöglichkeiten ist somit der Vocalist in diesem modernen Roland-Quartett, kann aber auch als Vocoder, Harmonizer, Pitch-Shifter und Multieffekt bezeichnet werden.

Das VT-3 bietet Synth/Vocoder-Effekte, sowie Tonhöhen- und Fomanten-Manipulation, aber auch einen Reverb.
Das VT-3 bietet Synth/Vocoder-Effekte, sowie Tonhöhen- und Fomanten-Manipulation, aber auch einen Reverb.

Die Eingänge

Das Effektgerät benötigt natürlich ein Eingangssignal. Dieses kann sowohl über USB in Verbindung mit dem integrierten Audiointerface eingespeist werden als auch analog, also über ein Instrumenten- oder Mikrofonkabel, zugeführt werden. Mikrofone können dabei auf zwei Arten an den eingebauten Vorverstärker des VT-3s angeschlossen werden. Zum einen gibt es eine rückseitige Combo-Buchse (XLR/TRS), zum anderen aber auch einen 3,5mm-Miniklinkenanschluss an der Vorderseite. Dieser befindet sich direkt neben dem 3,5mm-Kopfhöreranschluss und ist damit ideal für den Anschluss von Headsets geeignet.
Die beiden Potis auf der Geräteoberseite regeln die Ausgangslautstärke (und damit auch den nur mäßig kräftigen Kopfhörerverstärker) sowie das Gain des Preamps. Direkt neben diesem befindet sich noch eine LED-Kontrollleuchte namens „Peak“, die im Falle des übersteuernden Vorverstärkers rot aufleuchtet. 

Der Signalfluss

Ein Signal passiert im Gerät drei verschiedene Teil-Effekte (Pitch, Effekt, Reverb) bevor es wieder die unsymmetrischen Klinkenbuchsen verlässt. Das wiederum geschieht wahlweise in Stereo oder in „Bypass–Mono“, was bedeutet, dass das bearbeitete Signal und das „trockene“ Signal gleichzeitig abgreifbar sind. Dies sollte weitergehende Bearbeitungen durchaus vereinfachen. Was genau jeder Parameter dieser drei Effekte-Blöcke macht, hören wir uns aber lieber im Praxisteil an. Nur soviel vorweg: „What you see is what you get“ ist auch bei diesem AIRA-Produkt angesagt: Versteckte Funktionen gibt es also nicht.

Fotostrecke: 2 Bilder Damit man Stimmen verfremden kann, müssen diese aber erstmal in das Gerät gelangen. Man braucht also noch ein Mikrofon, was allerdings nicht Teil des Lieferumfangs ist und separat erworben werden muss

Weitere Anschlüsse

Links außen auf der Rückseite findet sich die USB-Buchse für das integrierte 96kHz/24Bit- Audiointerface, wie es alle AIRAs zu bieten haben. Daneben befindet sich der Power-Schalter und der Netzteilanschluss, wobei hier anzumerken ist, dass das VT-3 wahlweise auch mit USB-Buspower funktioniert. Ein passendes Netzteil ist dennoch Teil des Lieferumfangs.
Anschließend finden sich drei große 6,35mm-Klinkenbuchsen, wobei erstere für den Anschluss eines Fußschalters oder Pedals gedacht ist, um auf diesem Weg alternativ den Bypass aktivieren zu können. Die beiden anderen Buchsen stellen den Stereoausgang dar, wobei dieser mit dem darüber liegenden „Select“-Schiebeschalter auch so konfiguriert werden kann, dass, wie bereits angesprochen, rechts das „trockene“ Signal und links das Effektsignal ausgegeben wird.
Rechts findet sich dann noch die XLR/Klinke-Combobuchse, deren 48-Phantomspannung für den XLR-Input mit dem Schiebeschalter links davon aktiviert wird. Ganz außen findet sich noch ein kleines Loch, welches dem Anschluss eines Kensignton-Locks dient, um sich vor Langfingern schützen zu können. Und auf zur Praxis!

Praxis

Das Handbuch der VT-3 ist zwar ein nur etwas größerer und ziemlich dicht bedruckter Beipackzettel, erklärt aber alles, was notwendig ist. Nun aber zu den einzelnen Effekten, deren Bedienelemente von links nach rechts so angeordnet sind, wie es auch der Signalfluss hergibt, was ich didaktisch übrigens äußerst sinnvoll finde. 

Alles ist gut beleuchtet, sodass man auf der Bühne nicht nur gut aussieht, sondern auch selber gut sieht - wenn es auch auf diesem Foto nicht so deutlich wird!
Alles ist gut beleuchtet, sodass man auf der Bühne nicht nur gut aussieht, sondern auch selber gut sieht – wenn es auch auf diesem Foto nicht so deutlich wird!

Links geht es mit einem ersten Fader und dem Pitch-Shifting los; hier kann man das Eingangssignal also um bis zu eine Oktave nach oben oder nach unten transponieren. Auftretende Artefakte fallen dabei mehr oder minder stark aus, wenn der darüber liegende „Robot“-Taster grün leuchtet und aktiv ist. Mit dem zweiten Fader daneben kann man die Formanten bearbeiten, welche das Stimmgeschlecht beeinflussen, womit es in den Extremen entweder besonders „maskulin“ oder aber „feminin“ erklingt. Hierzu ein erstes Beispiel:

Audio Samples
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DIRECT: Pitch, Formant und Robot. Kein Effekt-Charakter ausgewählt.

Anschließend können weitere Effekte hinzugefügt werden, welche AIRA-konform mit einem grün gerahmten Drehregler ausgewählt werden können. Der Bypass dieser Sektion heißt hier übrigens „Direct“, alle anderen Effekten erklären sich durchaus von selbst, sie wurden also entsprechend sinnvoll beschriftet. Konkret: Auto-Pitch 1, Auto-Pitch 2, Vocoder, Synth, Lead, Bass, Megaphone, Radio und, natürlich nicht zu vergessen, Scatter!

Audio Samples
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AUTO PITCH 1: Stimme mit Tonhöhenangleichung. AUTO PITCH 2: Stimme mit elektronisch klingender Tonhöhenangleichung. VOCODER: Vocoder-Stimme. SYNTH: Tonhöhenerkennung mit Synthesizer-Sound. LEAD: Tonhöhenerkennung mit Synthesizer-Sound. BASS: Tonhöhenerkennung mit Bass-Sound. MEGAPHONE: Verzerrte Stimme, ähnlich eines Megaphons. RADIO: Effekt einer Stimme aus dem Radio. SCATTER: Spezieller “Stotter”-Effekt.

Der Vocoder Sound ist hier besonders hervorzuheben, da er ohne weitere Bearbeitung verdammt dicht und „fertig“ klingt. Wenn ich da an meinen alten MAM-Vocoder und die Vorbereitungen denke, die nötig waren, bis der gut klang (Vorkomprimierung des Mic-Signals, Carrier-Sound optimieren etc.)… das alles ist hier wirklich nicht nötig. Top!
Die „Drehrad“-Effekte werden natürlich von den vorhergegangen Pitch/Formant Effekt mit beeinflusst, wie wir hören konnten. Weitergehende Parametrisierungen der Effekte finden sich allerdings nicht. Mit dem rechts folgenden Fader kann nun nur noch das Mischungsverhältnis aus Effektsignal und „trockenem“ Mic-Signal festgelegt werden, was vor allem bei drastischen Effekten wichtig ist, um die Sprachverständlichkeit durch das Original-Signals zu erhalten. Abschließend kann man dann auf diesen Mix noch einen Reverb anwenden, welches das Signal weich in eine fette Hallwolke bettet. Das Mischungsverhältnis wird dabei mit dem letzten Fader rechts außen festgelegt. Weitere Einstellmöglichkeiten, wie etwa Decay, gibt es aber auch hier nicht. Schlimm finde ich das aber nicht, denn auch hier stimmt der „Sound aus der Dose“. S-Laute bereiten dem VT-3 kaum Probleme; denn seien wir mal ehrlich, nichts ist schlimmer als unnatürlich zischelnde Sounds, die sich in den Äther der Hallwolke schrauben
Ergänzt wird das Ganze von einem Bypass-Taster sowie von drei frei belegbaren Preset-Tastern (langes Drücken speichert). Daraus folgt, das eventuell die Fader-Stellungen nicht immer zu dem aktuellen Sound passen, was wiederum den zusätzlichen „Manual“-Taster erklärt. Dieser ruft die aktuellen Einstellungen der Regler ab. Besonders viele Speicherplätze sind das zwar nicht, aber für die kleine Performance reicht es allemal. Und damit meine ich Performance wirklich wörtlich, denn die Presets kann man auch als Makro-Control für beispielsweise genau eingestellte Pitch-Werte benützen, um so einen Dialog mit bis zu drei verschiedenen Stimmen führen zu können. Selbstgespräche auf höchstem, technischen Niveau also. Kleines Beispiel?

Audio Samples
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Police Radio Dispatcher

Die Klangqualität des VT-3 ist wirklich sehr gut! Selbst wenn man während einer Performance heftig an den Reglern herumspielt, treten keinerlei Knackser oder Aussetzer auf, was ja leider bei wenigen Digitaleffekten der Fall ist. Sogar als Standalone-Mic-Preamp inklusive Wandler und Kopfhörerverstärker macht das VT-3 ein verdammt gute Figur, sodass es auch für Podcaster und Web-Streamer interessant sein dürfte. Der Mic-In bietet genügend Dampf und bleibt dabei sogar ziemlich rauschfrei. Lediglich der Kopfhörerverstärker könnte für laute Live-Umgebungen etwas zu schwach sein. Außerdem ist es etwas schade, dass sich dieser nur gemeinsam mit dem Main-Out regeln lässt, also keinen eigenen Lautstärkeregler besitzt. Andererseits wird man sich bei etwas umfangreicheren Live-Setups sowieso eine vernünftige Monitormix-Möglichkeit überlegen müssen, die den Einsatz weitere Geräte fordern wird. Und hier noch ein paar „pure“ Audiobeispiele, aufgenommen mit meinem Shure SM57. Das letzte Beispiel habe ich aus dem trockenem Mono-Signal sowie dem Mono-Effekt-Signal gewonnen, wobei ich dessen rechten Kanal für mehr Stereobreite einfach mal phasengedreht habe.

Audio Samples
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Pure Preamp (M1) -1 Octave Pitched / Reverb (M2) Pseudo Stereo Mix (L=M1+M2, R=M1-M2)

Bei der Verwendung mit dem Computer ist die Loop-Back-Funktion besonders nützlich zu nennen: Mit dieser kann man bereits aufgenommene Takes mit dem Live-Eingang mischen, um so Overdubs mit unterschiedlichen Effekten erzeugen zu können. Sollte man allerdings bereits ein anderes Audiointerface benutzten, ist eine gemeinsame, gleichzeitige Verwendung mit dem eingebauten Audiointerface des VT-3s nur bedingt möglich. Und so arbeitet das VT-3 auf dem PC nur mit Zusatzsoftware wie ASIO4All mit einer bestehenden Soundkarte zusammen. Auf dem Mac geht es wiedermal komfortabler zu, und zwar mit dem sogenannten „Aggregated Device” bzw. “Hauptgerät”.
Wie alle Aira-Geräte arbeitet auch das VT-3 intern mit 96 kHz und lässt deshalb auch bei der Verwendung als Audiointerface keine geringeren Samplerates zu. Das ist zwar nicht wirklich super, ein großes Problem ist es meiner Meinung nach aber auch nicht. Weitere Infos dazu findet ihr auch in meinem Testbericht zum Roland Aira TR-8.
Zusammenfassend kann ich sagen, dass ich am VT-3 wenig zu meckern habe! Das Ding ist wirklich auf den Punkt. Es wäre natürlich noch schön gewesen, auch einen analogen Stereoeingang für Line-Signale zur Verfügung zu haben. Weiterhin hätte ich mir gewünscht den Ausgangspegel auf +4dBu hochschalten zu können, wie es auch bei der TR-8 möglich ist. Der vorhandene Ausgangspegel von -10 dBV ist allerdings ein guter Kompromiss, da er die meisten Bodentreter-Effekte, die eventuell noch nachgeschalten werden, nicht überfordert.

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Fazit

Das Roland Aira VT-3 ist ein tolles Effektgerät für die Stimme und weitere Signale. Es bietet zwar nicht viele, dafür aber besonders schöne, heftig-bearbeitete Sounds und Effekte, die aus modernen Musikproduktion nicht mehr wegzudenken sind – und nun auch live ohne großartigen Aufwand nutzbar sind! Die wenigen, verfügbaren Parameter sind einwandfrei zugänglich und fördern jede Performance, ohne diese mit Knacksen oder Ähnlichen bei heftigen Faderbewegungen unangenehmen zu stören. Lediglich der Kopfhörerverstärker ist für laute Bühnenumgebungen etwas zu schwach auf der Brust. Der Fun-Faktor ist dennoch hoch, die Qualität ebenso – und der Preis ist überraschend moderat, so dass ich absolute Kaufempfehlung aussprechen kann!

Pro:
  • ausgewählte, tolle Sounds
  • guter Preamp und gutes Audiointerface
  • unkomplizierte, direkte Bedienung
Contra:
  • Kopfhörerverstärker nicht besonders laut
  • kein Stereo-Line-In
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Alles ist gut beleuchtet, sodass man auf der Bühne nicht nur gut aussieht, sondern auch selber gut sieht – wenn es auch auf diesem Foto nicht so deutlich wird!
Features:
  • Fader für Pitch, Formant, Reverb und Mix Balance
  • Speicherplatz für 3 Favoriten für Instant-Recall
  • Anschlussmöglichkeit für Fußpedal
  • Beleuchtete Controls für den Bühnenbetrieb
  • Moderne Stotter-Effekte mithilfe der neuen SCATTER-Funktion
  • Lo-fi -Effekte mit MEGAPHONE- und RADIO-Einstellugen
  • Synthetische Stimmen mithilfe der ROBOT-Funktion
  • SYNTH-, LEAD und BASS-Sounds, die mit der Stimme gesungen werden
  • XLR und 6,3mm Klinke Comboeingang inkl. 48V Phantomspeisung
  • Stereoausgang kann in zwei separate Ausgänge (Direktsignal und Effektsignal) aufgeteilt werden)
  • USB Audio-Interface mit Loopback-Aufnahmefunktion
  • Geignet für Podcasts und Live Web Streaming
  • Stromversorgung über den USB-Anschluss eines Rechners
Nominal Input Level MIC IN: -40 to -12 dBu (variabel)
Input Impedance MIC IN: Rear: 4.4 k ohms, Front: 2.2 k ohms
Nominal Output Level OUT: -10 dBu
Output Impedance OUT: 1 k ohms
Output Impedance PHONES: 24 ohms
Optional: Footswitch: BOSS FS-5L, FS-5U, Pedal switch: DP-2
  • Abmessungen (B x T x H): 210 x 175 x 57 mm
  • Gewicht: 690 g
Preis:
  • EUR 210,- (UVP)
Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • ausgewählte, tolle Sounds
  • guter Preamp und gutes Audiointerface
  • unkomplizierte, direkte Bedienung
Contra
  • Kopfhörerverstärker nicht besonders laut
  • kein Stereo-Line-In
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Roland Aira VT-3 Test
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