ESP LTD Tom Araya TA-604 FRX Test

Meine kleine Tochter liebt die Indianersendung “Yakari”. Nicht nur wegen der tollen Geschichten, sondern auch wegen der lustigen Namen wie “Fettauge”, “Müder Krieger” oder “Der, der alles weiß”. Müsste ich diesem schwarzen Metal-Bass – dem neuen Signature-Modell von Slayer-Frontmann Tom Araya – einen solchen Indianernamen geben, so fiele mir dazu ein: “Der, der viel mehr kann, als nur Metal!” Es ist zwar nicht auf den ersten Blick zu erahnen, aber beim Reinhören und ersten Anspielen fällt sofort auf, dass das Instrument zwar optisch absolut auf die Bedürfnisse der Metallverarbeitungsfraktion zugeschnitten wurde, tatsächlich aber mit einem flexiblen und aufgeräumten Ton daherkommt, der durchaus auch in anderen Stilistiken zu gefallen weiß. Insgesamt gibt es übrigens nicht weniger als drei Tom-Araya-Modelle von LTD, von denen ich heute das in Korea gebaute Topmodell vor mir liegen habe.

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Details

Die schwarze Black-Satin-Lackierung im Zusammenspiel mit der ausgefallenen Form rückt den Bass optisch natürlich klar in den Bereich des harten Rock bis Metal. So ist es seitens des Erfinders sicher auch gedacht, denn schließlich steht kein Geringerer als Tom Araya, Frontmann und Bassist der gnadenlos Metaller von Slayer, für dieses Signature-Modell Pate.
An Hölzern werden ein Ahornkorpus und ein dreiteiliger Ahornhals in Kombination mit einem Rosewood-Griffbrett verwendet – eine absolute Standardbestückung für einen guten Ton mit ordentlichem Punch! Das gesamte Grundkonzept ist dabei auf viel Schwingung ausgelegt, denn der Hals wurde nicht an den Body geschraubt, sondern ist durchgehend.

Fotostrecke: 4 Bilder Zugegeben: mit seinem extravaganten Äußeren ist der Tom-Araya-Bass …

In das Griffbrett wurden Pentagramme (natürlich!) aus Perlmutt als Inlays eingearbeitet und den 12. Bund ziert der Name “Araya”. Unterm Strich sieht alles sehr edel aus – die Designer beweisen auch bei einer derart ausgefallenen und ohne Frage polarisierenden Korpusform Geschmack im Detail.

Fotostrecke: 3 Bilder Stilecht: das Griffbrett des TA-604 beherbergt …

In die bissige Kopfplatte wurde noch ein Unterschriftskürzel des Namensgebers gesetzt, es handelt sich hier ja immerhin um das hochpreisige Signature-Topmodell, bei dem die persönliche Note des Namensgebers auch optisch nicht fehlen darf.

Fotostrecke: 2 Bilder Die schwarze Optik dominiert auch den Headstock mit …

Die elektronische Bestückung entpuppt sich als sehr interessant: zum einen gibt es zwei aktive EMG-Tonabnehmer, die mit einem modernen Sound und ordentlich Ausgangsleistung daherkommen, zum anderen vermisst man aber ein ansonsten bei dieser Ausstattung gewohntes umfangreiches Poticockpit mit aktiver Klangregelung und extra Reglern für Bässe, Mitten und Höhen.
Stattdessen umfasst die Elektronik lediglich drei Regler: eines für die Lautstärke, eines für die Tonabnehmerbalance (mit Mittenrastung), sowie eine Tonblende, die hinsichtlich ihrer Wirkungsweise vergleichbar ist mit einer passiven Tonblende, wie wir sie z.B. vom Preci kennen. Das ist interessant, denn auf dieser Weise werden hier zwei Konzepte vereint: “aktiv goes passiv”, würde ich das mal lapidar nennen – und es funktioniert grandios!
Gerade für Player, die einen moderneren Sound anstreben, es aber bei der Bedienbarkeit eher klassisch mögen und eben keine zig Regler am Instrument haben möchten, ist dieses Konzept sicherlich ideal! Trotz einfachster Bedienbarkeit muss man nicht auf einen modernen Sound mit punchigen Bässen und crispen Höhen verzichten.

Fotostrecke: 4 Bilder Spannendes Elektronik-Konzept: neben den EMG-Pickups in der Steg- …

Die Brücke kommt massiv daher und ist, wie alles an diesem Bass, in Schwarz gehalten. Alle Einstellarbeiten wie Saitenhöhe und Oktavreinheit gehen locker von der Hand, wobei besonders zu erwähnen ist, dass beim Saitenwechsel kein Gefummel nötig ist, um diese durch die Brücke zu ziehen. Dank einer Aussparung werden die Saiten ganz einfach von der Seite her eingehängt – toll gelöst!

Fotostrecke: 4 Bilder Die massive Bridge kommt in demselben Schwarz daher wie die restliche Hardware.

Auf der Rückseite finden wir zwei Fächer: eines für die Elektronik sowie ein Extrafach für die Batterie. Sehr vorbildlich wurden sogar beim Batteriefach Gewindehülsen eingelassen . man darf sich also auf keinerlei Verschleiß durch die Batteriewechsel freuen! Die Elektronik ist aufgeräumt, hier greifen allerdings die Schrauben des Deckels direkt ins Holz. Ist aber eigentlich kein Problem, da man das Fach im Normalfall ja ohnehin nie wird öffnen müssen.

Auf diesem Bild kann man die beiden Abdeckfächer auf der Rückseite gut erkennen.
Auf diesem Bild kann man die beiden Abdeckfächer auf der Rückseite gut erkennen.

Ehe wir dem harten Burschen im Praxisteil ausführlich auf den Zahl fühlen, gibt es hier schon einmal ein kleines Video, in dem ich euch die verschiedenen Grundsounds des LTD-Basses präsentiere:

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Praxis

Der Hals liegt mit seinem überraschend dünnen U-Profil sehr gut in der Hand und wurde für meinen Geschmack genau richtig gestaltet: nicht zu dick, aber auch nicht zu dünn. Ungetrübter Spielspaß ist auch in den hohen Registern garantiert, denn der 24. Bund lässt sich mühelos erreichen – vorausgesetzt, der Bass hängt nicht gerade auf Schienenbeinhöhe.

Fotostrecke: 3 Bilder Ungetrübter Spielspaß: aufgrund der durchgehenden Halskonstruktion …

Zuerst spiele ich einen rockigen Achtelgroove und höre mir den Sound in allen drei Tonabnehmerstellungen an: erst beide Pickups, dann der vordere alleine und schließlich der hintere im Solobetrieb. Die Tonblende ist dabei immer voll aufgedreht.

Audio Samples
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Rockgroove, Finger, beide Pickups Rockgroove, Finger, Neck PU Rockgroove, Finger, Bridge PU

Wie ihr merkt, klingt der Bass wirklich aus dem Stand so gut, mit einer leicht natürlichen Kompression, dass ich tatsächlich gar keine weitere Klangregelung am Instrument vermisse! Für einen runden Fingersound gefällt mir dabei die Auswahl beider Tonabnehmer am besten, gefolgt vom Hals-PU alleine, der echt klasse rockt.
Der Bridge-PU ist mir alleine gespielt etwas zu quäckig und dünn. Dieser sitzt aber sehr weit hinten an der Brücke, so dass man leider auch nicht mehr Tiefenschub erwarten kann. Immerhin: schönen “Knurr” bringt er dennoch mit sich! Aber hört selbst:

Evil as evil can - sogar das obere Korpushorn besitzt Zacken!
Evil as evil can – sogar das obere Korpushorn besitzt Zacken!

Bei einem Viersaiter mit einer extra langen 35″-Mensur bietet es sich durchaus an, auch mit tiefergelegten Stimmungen zu arbeiten. Also gleich mal die E-Saite auf D herunterstimmen – und da lacht das Ohr! Straff und glasklar wird das tiefe D produziert. Gleichzeitig zeige ich in den folgenden Hörbeispielen auch, wie der Bass mit Pick gespielt klingt und wie die Tonblende reagiert.
Bei voll geöffneter Tonblende knallen die Höhen, aber sie kommen nicht zu hart, sondern mit einem schönen Schmatzen daher, das nicht weh tut. Dabei spielt sicher auch der durchgehende Hals eine Rolle, der das grundsätzliche Schwingverhalten eher auf “gutmütig” auslegt.

Auch für tiefergelegte Stimmungen eignet sich der LTD hervorragend!
Auch für tiefergelegte Stimmungen eignet sich der LTD hervorragend!

Lange Töne kann der LTD sehr gut, bei schnellem 16tel-Geballer würde ich mir persönlich aber dann doch eher einen Schraubhals wünschen, dessen Attack bekanntermaßen noch etwas zackiger ist. Die vergleichsweise hohe Saitenspannung des LTD-Basses lässt einen dazu ordentlich arbeiten; die weiten Wege wollen “gegangen werden”.
Drehe ich die Tonblende komplett zurück, wird der Sound smoother, aber nicht zu weich oder gar vintage-mäßig. Es drückt jetzt etwas mehr in den tiefen Mitten, was in einer Metalband für die Durchsetzungskraft im Bandkontext durchaus von Vorteil sein kann.

Audio Samples
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Beide Pickups, Drop D-Stimmung und Plektron, Tonblende offen Beide Pickups, Drop D-Stimmung und Plektron, Tonblende geschlossen

Im nächsten Tonbeispiel möchte ich euch beweisen, dass diese Metalaxt aber nicht nur Metal kann! Dazu spiele ich den Halstonabnehmer im Solobetrieb und drehe die Tonblende etwa zur Hälfte zurück. Hier bringt der LTD einen warmen, aber immer noch sehr lebendigen Sound. Eine schöne Motown-angehauchte Bluesline lässt sich auf diese Weise wunderbar umsetzen. Ok, allein die Optik irritiert dabei freilich ein wenig!

Audio Samples
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Finger, Blues, Neck-PU, Tonblende halb offen

Im letzten Hörbeispiel gehe ich nun mal an die Grenzen, bitte lyncht mich nicht dafür! Jetzt stimme ich die E-Saite bis runter auf das tiefe C und bin begeistert, wie klar der Ton immer noch wiedergegeben wird. Zu allem Übel packe ich nun auch noch den Daumen aus und slappe ein wenig!

Auf den ersten Blick hätte man es nicht vermutet: dieser Bass macht auch in anderen Stilistiken eine gute Figur!
Auf den ersten Blick hätte man es nicht vermutet: dieser Bass macht auch in anderen Stilistiken eine gute Figur!

Am besten gefällt mir dafür eine Tonabnehmereinstellung mit etwas lauterem Halspickup. Der Saitenzug der langen Mensur macht mir dabei etwas zu schaffen, aber der eigenständige Sound des Instruments bleibt auch hierbei voll erhalten. Tja, dieser harte Kerl kann tatsächlich mehr!

Audio Samples
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Slap auf Drop C, ca. 2/3 Halspickup, 1/3 Bridge-PU, Tonblende offen

Fazit

Natürlich in erster Linie für die härtere Gangart gedacht, produziert der LTD Tom Araya Signature Bass einen super eigenständigen und erdigen Ton, der tatsächlich aber nicht nur im harten Metal bestehen kann. Eine einfache Klangregelung mit einem einzigen Poti reicht hier völlig aus, um ganz unterschiedliche Stilistiken zu bedienen. Optisch wird der Bass den Rahmen z.B. einer Funkband ohne Frage sprengen, aber hey: Wem es gefällt … Das Ansprechverhalten ist vergleichsweise gutmütig – typisch für eine Konstruktion mit durchgehendem Hals, aber man wird dafür mit extremer Schwingfreude “hinten raus” belohnt. Die extralange Mensur tut ihr Übriges dazu, dass vor allem tiefe Töne stehen wie eine Wand. Wer vom 34″-Bass kommt, wird sich an die verlängerte 35ger-Mensur sicherlich erst einmal gewöhnen müssen. Die Umstellung dürfte allerdings relativ schnell vonstatten gehen, das der Hals sehr leicht spielbar ist. Passiv lässt sich der Kandidat leider nicht spielen, das ist aufgrund der aktiven Tonabnehmer vom Entwickler auch nicht angedacht. Das einzige Problem dabei ist, dass man am besten immer eine Ersatzbatterie im Gigbag dabei haben sollte! Bei der Verarbeitung gibt es rein gar nichts zu beanstanden, was ich in dieser Preisklasse aber auch erwarte. Schließlich wird der Listenpreis bei 1600,- Euro angesetzt, was für ein Instrument aus Fernost durchaus eine Ansage ist. Der Straßenpreis pendelt sich aber natürlich zum Glück wie gewohnt etwas tiefer ein.

Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • eigenständiger, kerniger Sound
  • sehr schwingfreudig
  • einfach zu handhabende Klangregelung
  • hochwertige Verarbeitung und Materialien
  • ausgefallenes Design
Contra
  • eingeschränktes Einsatzgebiet aufgrund des Designs
  • etwas gutmütiges Attack
  • kein Passivbetrieb möglich
Artikelbild
ESP LTD Tom Araya TA-604 FRX Test
Für 1.099,00€ bei
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Technische Spezifikationen
  • Hersteller: LTD by ESP
  • Modell: Tom Araya TA-604 FRX
  • Herstellungsland: Südkorea
  • Korpus: Ahorn
  • Hals: dreistreifig Ahorn, durchgehend (Neck Thru)
  • Griffbrett: Rosewood (Palisander)
  • Halsprofil: Thin U
  • Mensur: 35“
  • Sattelbreite: 40 mm
  • Sattel: Ebenholz
  • Bünde: 24 XJ
  • Tonabnehmer: 2 aktive EMG 35 DC Humbucker
  • Elektronik: aktiv mit Volumen-, Balance- und Tonregler
  • Brücke: LTD BB-604
  • Hardwarefarbe: schwarz
  • Mechaniken: Grover
  • Farbe: Schwarz (Black Satin)
  • Listenpreis: 1605,31 Euro
Hot or Not
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... nicht gerade das perfekte Instrument für eine Hochzeits-Tanzmugge.

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