Peavey Cirrus 4 Red Oak Test

Peavey-Bässe? Stimmt, da war mal was! Schon in den 50ern versuchte sich Gründer Hartley Peavey an ersten Gitarrenmodellen, der große Durchbruch ließ jedoch bis in die 1980er-Jahre auf sich warten. Ach ja, die guten alten 80’s mit Hairspray-Metalbands und anderen bunten und knalligen Phänomenen. Peavey war in dieser Dekade eine ganz große Nummer im Musikbusiness: Instrumente, Verstärker, Boxen, Mischpulte, PA-Systeme usw. – es gab scheinbar nichts, was die Ami-Traditionsfirma nicht im Angebot hatte! Als Sahnehäubchen für Bassisten/innen erschien 1997 die Cirrus-Modellreihe: Highend-Instrumente mit exotischen Hölzern, durchgehendem Hals und kraftvoller Aktivelektronik. Im neuen Jahrtausend wurde es zunehmend ruhiger um Peavey, und auch der Cirrus verschwand für einige Jahre komplett aus dem Programm. Nun erlebt dieses Modell seine Wiedergeburt und wird mit einigen Updates erneut ins Rennen um die Gunst der Basswelt geschickt.

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Details

Wenn das der Donald wüsste: Der neue Cirrus kommt aus Indonesien statt aus den USA! An dem grundsätzlichen Konzept hat sich hingegen nichts geändert. Auf dem Speiseplan stehen nach wie vor ein eigenständiges Design mit großzügigen Cutaways, erlesenen Hölzern, durchgehendem Hals und hauseigenen Humbucker mit aktiver Dreiband-Elektronik. Jeder Cirrus kommt zudem in einem hochwertigen Koffer und ist werksseitig mit hochwertigen Dragonskin-Saiten aus dem Hause DR ausgestattet.

Fotostrecke: 4 Bilder Im Lieferumfang ist ein hochwertiger Koffer inbegriffen.

Der Erlekorpus meines Testbasses wird durch eine Red-Oak-Decke veredelt. Diese ist verglichen mit den anderen Holzoptionen, die derzeit zur Wahl stehen, noch die konservativste Variante. Sie ist zeitlos und wirkt nicht übertrieben “barock”. Der durchgehende Hals besteht aus drei Streifen Ahorn und zwei Streifen Mahagoni. Am Korpus wird er abermals durch zwei weitere Streifen Mahagoni eingefasst.

Fotostrecke: 2 Bilder Eine schicke Red-Oak-Decke ziert die Vorderseite des Basses, während …

Das Griffbrett besteht klassisch aus Palisander (Rosewood). Ganze 24 Bünde bieten sich dem Spieler zum Austoben an. Dots zur besseren Orientierung sucht man vergeblich auf dem Griffbrett. Lediglich an der Griffbrettflanke gibt es kleine Einlagen. Stattdessen ziert jedoch ein kunstvoll geschwungenes “C” den zwölften Bund, das durch die fehlenden Dots umso mehr zur Geltung kommt.

Fotostrecke: 2 Bilder Schlicht: auf Griffbrett-Einlagen wurde weitgehend verzichtet, wenn man …

Die goldfarbenen Gotoh-Stimmmechaniken wurden symmetrisch in einer 2:2-Anordnung auf der charakteristischen Cirrus-Kopfplatte montiert. Auf der Rückseite des Headstocks befindet sich eine Abdeckplatte aus Kunststoff, deren Funktion sich mir zuerst nicht wirklich erschloss. Eine kurze Recherche brachte jedoch Licht ins Dunkel: unter der Abdeckung befindet sich die patentierte Peavey Power Plate, welche indifferente Schwingungen von Hals und Kopfplatte verhindern soll. Dadurch werden Deadspots auf dem Griffbrett eliminiert – oder zumindest deutlich reduziert. Zusätzlich soll die Power Plate das Sustain verbessern. Ob das funktioniert, testen wir später noch.

Fotostrecke: 3 Bilder Bietet die klassische Cirrus-Optik: der Headstock.

Die solide Messingbrücke stellt Peavey im eigenen Werk her. Sie bietet zusätzlich zu Oktavreinheit und Saitenhöhe die Möglichkeit, das Stringspacing (den Abstand der Saiten zueinander) einzustellen. Die Saitenreiter können sich also nicht nur nach oben und unten bewegen, sondern auch nach links und rechts. Somit kann der Spieler den Cirrus den eigenen Bedürfnissen optimal anpassen. Die Strings werden bequem von oben eingehängt (Top Load) – dies ist übrigens ein Feature, welches meiner Meinung nach schon längst Standard sein sollte, macht es doch das lästige Einfädeln der Saiten durch die Bridge überflüssig.

Fotostrecke: 4 Bilder Auch ein Zitat aus vergangenen Dekaden: goldfarbene Hardware!

Die zwei kräftigen Humbucker und die Dreiband-Elektronik stammen ebenfalls aus eigenem Hause. Zwei 9V-Batterien dienen als Stromquelle, was starken Headroom verspricht. Insgesamt macht der Cirrus ein gutes Bild, welches allerdings leider durch kleinere Schönheitsfehler wie die nicht ganz optimale Lackierung am Hals-Korpusübergang und drei etwas schwergängige Potis ein wenig getrübt wird. Die Cirrus-Modellreihe rangiert immerhin in der oberen Preisklasse der Bässe aus Fernost – da sollte so etwas eigentlich nicht vorkommen!

Fotostrecke: 4 Bilder Die zwei Humbucker-Tonabnehmer stammen …

Eine Besonderheit gibt es noch: Der Cirrus Viersaiter besitzt eine 35″-Mensur, was einer Länge von 88,9 cm entspricht. Üblicherweise weisen Viersaiter die gängige 34″-Mensur (86,4 cm) auf und erst Fünfsaiter kommen manchmal in den Genuss von ein paar Zentimetern mehr. Dieser kleine, aber feine Unterschied verspricht eine klarere, geradezu Piano-artige Basswiedergabe. Aber abwarten, der Praxistest wird auch dies zeigen!

Länger als gewohnt: der Cirrus besitzt eine 35-Zoll-Mensur!
Länger als gewohnt: der Cirrus besitzt eine 35-Zoll-Mensur!

Praxis

Mit ca. 4,2 kg gehört der Bass nicht gerade zu den Fliegengewichten unter den Viersaitern, bewegt sich aber noch im soliden Mittelfeld. Durch die 35 Zoll und die 24 Bünde rückt der erste Bund natürlich weiter vom Spieler weg als gewohnt. Allerdings bleibt erstaunlicherweise die dadurch zu erwartende Kopflastigkeit aus. Der Cirrus pendelt sich stattdessen auf meinem Oberschenkel alleine in einer waagrechten Position ein.

Gut ausbalanciert hängt der Cirrus vor dem Körper des Spielers.
Gut ausbalanciert hängt der Cirrus vor dem Körper des Spielers.

Gleiches gilt auch für das Spielen im Stehen. Und: am Gurt hängend wirkt der Bass auch noch einmal deutlich leichter, was für eine sehr gute Ergonomie spricht. Die Rückseite des Halses wird durch eine hauchdünne Lackschicht geschützt und ist einem geölten Finish nicht unähnlich, was ich als sehr angenehm empfinde.
Die Saitenlage wurde ab Werk sehr komfortabel eingestellt – dem Cirrus sind nur mit Gewalt Schnarrgeräusche zu entlocken. Durch die ausladenden Cutaways sind alle 24 Bünde ohne Verrenkungen bequem erreichbar.

Fotostrecke: 2 Bilder Großzügige Cutaways, gelungene Shapings – auf dem Cirrus …

Akustisch gespielt deutet sich schon an, wo die Reise hingeht: Ein klarer, straffer Ton mit beeindruckendem Sustain tönt mir entgegen. Hier zahlt sich ohne Frage das 35-Zoll-Konzept im Zusammenspiel mit dem durchgehenden Hals und der Power Plate deutlich aus. Erstaunlich in dieser Preisklasse ist, wie transparent der Cirrus die gespielten Töne darstellt. Selbst bei Akkorden verschwimmt nichts – alles bleibt stets sauber und klar.
Verstärkt übernehmen die beiden Humbucker selbstbewusst das Kommando. Sie sind sehr durchsetzungsstark und besitzen prägnanten Mitten, die für einen charakterstarken Ton sorgen. Typisch für Humbucker geben sie sich in den Höhen etwas bedeckter als Singlecoils. Aber auch die beschichteten DR Dragonskin-Saiten werden hierzu sicherlich noch ihren Anteil beitragen.
Ich finde den Cirrus-Grundsound sehr angenehm, keine Frequenz wirkt aufdringlich. Hier setzt sich eindeutig die Tendenz des akustischen Tests fort; ein trockener und straffer Ton mit tollem Sustain schlägt mir entgegen.

Audio Samples
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Beide Pickups Bridge-Pickup Neck-Pickup Beide Pickups, Drop-Tuning

Design, Tonabnehmer, Grundsound etc. positionieren den Cirrus für mich trotz aller Huldigungen der 80er-Jahre in der rockigen Ecke. Und ich kann mir tatsächlich auch gut vorstellen, dass Peavey mit der 35″-Mensur auch die heutige härtere Abteilung mit ihren Drop Tunings im Sinn hatte, denn diese funktionieren bekanntlich besser auf einer längeren Mensur – vor allem, wenn man noch dickere Saiten aufzieht! Mit der Werksbesaitung klang die auf Cis heruntergestimmte E-Saite jedenfalls immer noch absolut überzeugend.

Trotz aller edlen Reminiszenzen an die 80er-Jahre: der Peavey Cirrus ist durchaus das richtige Werkzeug für Rocker!
Trotz aller edlen Reminiszenzen an die 80er-Jahre: der Peavey Cirrus ist durchaus das richtige Werkzeug für Rocker!

Konservative Slap-Techniken sind auf dem Cirrus problemlos machbar. Modernere Varianten wie z. B. Double Thumbing mag er hingegen nicht so gern – bzw. benötigt man als Spieler hier einige Zeit zum Umgewöhnen, denn wie häufig bei durchgehenden Hälsen ist der Abstand der Saite zur Korpusoberfläche recht hoch. Dadurch bleiben Daumen oder Zeigefinger gerne mal unter den Saiten hängen. Wie schon erwähnt, liegen die Stärken des Cirrus für mich in prägnanten Rock- und Heavy-Sounds, vorzugsweise mit Fingern oder Plektron gespielt.

Der Abstand zwschen Saiten und Bodyoberfläche ist durch das fehlende Pickguard anfangs gewöhnungsbedürftig.
Der Abstand zwschen Saiten und Bodyoberfläche ist durch das fehlende Pickguard anfangs gewöhnungsbedürftig.

Aber halt, bisher blieb ja die Dreiband-Elektronik noch komplett außen vor! Mit ihr kann man den Grundsound den persönlichen Bedürfnissen anpassen. Alle Regler können ihre Frequenzen um 10 dB anheben oder ansenken. Das ist verglichen mit anderen Elektroniken nicht übermäßig viel – einige liefern ja locker bis +/- 18 dB! Für die Praxis ist das jedoch mehr als ausreichend und absolut sinnvoll, denn somit ist der ganze Regelweg nutzbar.
Was mir persönlich beim Cirrus fehlt, ist die Möglichkeit, den Bass auch passiv betreiben zu können. Austausch-Batterien sollte der User also immer griffbereit haben!
Aber hören wir doch noch einmal in einige der tollen Sounds des Cirrus hinein – diesmal unter Hinzunahme der Elektronik:

Audio Samples
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Beide Pickups, Bass: +50%, Höhen: +50% Beide Pickups, Bass: +50%, Höhen: +50%, Mitten: -50% Beide Pickups, Höhen: +50%, Mitten: +50%

Fazit

Der neue Peavey Cirrus ist ein Bass für Individualisten! Mit seinem Design und einigen besonderen Features (wie der 35″-Mensur mit entsprechend charakterstarkem Ton) bezieht er ganz bewusst Stellung und zollt auch dem Spiel mit modernen Drop Tunings ohne Probleme Tribut. Aufstrebende Rock/Heavy-Bassisten/innen werden daher mit dem Cirrus ein tolles Werkzeug finden. Im Preissegment des Peavey Cirrus tummeln sich bekanntlich viele Klassiker-Kopien. Der Cirrus beschreitet hier jedoch gänzlich andere Wege: Er stellt deutlich seine Individualität heraus und möchte gar nicht erst ein Allrounder sein, der jedem gefällt. Ich finde das lobenswert und sympathisch! Die Wiedergeburt des Cirrus ist für mich ein gelungenes Gesamtpaket, einzig der eine oder andere kleine Schönheitsfehler bei der Verarbeitung trübt das Bild etwas. In dieser Preisklasse kann man durchaus etwas mehr Sorgfalt für Details erwarten.

PRO:
  • klarer, transparenter Sound
  • hohe Vielfalt an Rock/Heavy-Sounds
  • tolles Sustain
  • stark bei Drop Tunings
  • Eigenständigkeit in Design und Sound
CONTRA:
  • kein Passivbetrieb möglich
  • kleine Schönheitsfehler (Lack, Potiknöpfe)
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Technische Spezifikationen:
  • Hersteller: Peavey
  • Modell: Cirrus 4 Red Oak
  • Herstellungsland: Indonesien
  • Mensur: 35 Zoll, Longscale
  • Korpus: Erle mit Red Oak Top
  • Hals: durchgehend, Ahorn/Mahagoni fünfteilig, Palisandergriffbrett, 24 Bünde
  • Hardware: Peavey, Gotoh
  • Tonabnehmer: 2 x Peavey Humbucker
  • Elektronik: Peavey Dreiband (Bässe/Mitten/Höhen,Volumen, Balance)
  • 18V-Stromversorgung
  • Gewicht: ca. 4,2 kg
  • Zubehör: Koffer, Werkzeug, Kabel
  • Preis: 1.249,- Euro (UVP)
Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • klarer, transparenter Sound
  • hohe Vielfalt an Rock/Heavy-Sounds
  • tolles Sustain
  • stark bei Drop Tunings
  • Eigenständigkeit in Design und Sound
Contra
  • kein Passivbetrieb möglich
  • kleine Schönheitsfehler (Lack, Potiknöpfe)
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Peavey Cirrus 4 Red Oak Test
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Trotz aller edlen Reminiszenzen an die 80er-Jahre: der Peavey Cirrus ist durchaus das richtige Werkzeug für Rocker!

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