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Sontronics Corona Test

Sontronics’ dynamisches Gesangsmikrofon Corona ist ganz offensichtlich auf alt getrimmt. Dass die Retrowelle auch vor Mikrofonen keinen Halt macht, ist natürlich kein Wunder.

Sontronics_Corona_Test_2

Doch anders als beispielsweise im Automobilbau gibt es Hersteller, die schlichtweg Designs seit Jahrzehnten nicht geändert haben und somit zwar „vintage“, aber nicht „retro“ sind. Neumann U 87 und U 67, diverse „Elvis“-Mikrofone oder auch Sennheiser MD-421 oder MD-441 sind einfach immer noch old school. Das Sontronics Corona hingegen ist ein brandneues Mikrofon.
Obwohl: Schon seit 2011 auf dem Markt und sehr beliebt ist das Sontronics Halo, welches in sehr ähnlicher Optik vor allem vor dem Gitarrenamp glänzt. Aufgrund der Optik ist wohl nichts naheliegender, als es auch für Vocals zu verwenden, wenn ein Look der Zeit zwischen den Weltkriegen gewünscht ist. Wer das mal probiert hat: Das geht, ist aber dann doch etwas zu vintage für die meisten Anwendungen.
„Halo“ bezeichnet die charakteristische Luftspiegelung in eisiger Luft, die in der Form dem Sontronics-Mikrofon ähnelt (naja, eigentlich genau umgekehrt). „Korona“ nennt man diesen Lichthof um leuchtende Punkte am Firmament, also auch von Sonne und Mond. Es ist also spannend, ob sich das Besondere nicht nur auf den Bereich von Optik bezieht, sondern das Corona auch akustisch überzeugen kann – denn das soll ein Mikrofon ja schließlich in erster Linie tun. 

Details

Ring als Designmerkmal

Das wesentliche Designmerkmal des Sontronics Corona ist wie auch schon beim Halo der große umlaufende Ring In diesem ist über vier Federn das eigentliche Kapselgehäuse aufgehängt. Im Grunde ist dies eine einfache Art der Vermeidung von Trittschallübertragungen und wurde bei vielen frühen Mikrofonen so konstruiert. Das eigentliche Mikrofon ist eine Dose. Die verbaute Kapsel ist die gleiche wie im Sontronics Solo, eine Tauchspulenkonstruktion mit Supernierencharakteristik. Aus diesem Grunde gibt es auch seitliche und rückwärtige Schalleintritte, denn auch eine richtende Kapsel wird im geschlossenen Gehäuse sonst zu einer Kugel, zumindest für die geringeren Frequenzen.

Fotostrecke: 3 Bilder Antikes Mikrofon, aber moderner Sound

Hohe Impedanz?

Der angegeben Frequenzgang beträgt 50 Hz bis 15 kHz, was absolut übliche Werte für diese Art der Konstruktion sind. Die Impedanz ist mit „unter 600 Ohm“ (!) erstaunlich hoch, wobei das natürlich viel bedeuten kann. 

Sontronics-Firmenlogo und Mikrofonbezeichnung auf dem Fuß, der auch die XLR-Buchse beinhaltet
Sontronics-Firmenlogo und Mikrofonbezeichnung auf dem Fuß, der auch die XLR-Buchse beinhaltet

Köfferchen – wohl aus Angst um die Spiralfedern

Anders als viele andere dynamische Mikrofone kommt das Sontronics Corona im schönen Köfferchen. Das ist keine Nettigkeit, sondern schlichtweg notwendig, um die Konstruktion aus Ring und Federn vor Beschädigungen zu schützen. Eine einfache Tasche würde bei dieser Aufgabe nämlich schnell versagen.

Hartplastik-Case
Hartplastik-Case
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Praxis

Wegen gleicher Kapsel wie das Sontronics Solo? Nein, besser!

Das Sontronics Corona verwendet die gleiche Kapsel wie das Sontronics Solo – diese Information hat mich nur mäßig begeistert, denn vom Solo war ich nicht sehr begeistert. Besonders die Höhen wirkten auf mich etwas gekünstelt. Umso überraschender ist es, dass ich das beim Corona nicht in diesem Maße feststellen kann. Ein möglicher Grund für den positiven Unterschied ist sicher, dass die Kapselkonstruktion im Sontronics Corona in einem gänzlich anderen Gehäuse zum Einsatz kommt. Und das ist nicht nur die Bauweise des Grills, sondern tatsächlich die Form des gesamten Mikros. Sicher tragen die sehr gleichmäßig geformten Schlitze kurz vor der Kapsel nicht nur zum Retro-Look bei, sondern erzeugen auch Resonanzen, die durchaus etwas zum Klangcharakter erzeugen. Wer im Vergleich mit den satter, voller und „kompletter“ klingenden Mikrofonen, wie dem M88 aus den Soundbeispielen, ein wirklich extrem „vintage“ klingendes Mikrofon nutzt, der wird mir beipflichten: Das Corona klingt modern.

Das Sontronics Corrona ist ein wirklich wunderschönes, stilsicheres Mikrofon.
Das Sontronics Corrona ist ein wirklich wunderschönes, stilsicheres Mikrofon.

Im absoluten Nahbereich zeigt sich, dass das Mikrofon auch dort sehr klar und fokussiert klingt – zum Schwimmen neigt es nie. Äußerst nahe Besprechung, wie sie schon beim Philipp-Reiss-Kohlewandler nicht unüblich war, um einen halbwegs vertretbaren Störspannungsabstand zumindest im ersten Glied der Kette zu erzeugen, ist damit also absolut gut möglich. Schaltet man, falls die Option vorhanden ist, die Impedanz am Preamp, ergeben sich zwar leichte Klangänderungen in den Höhen, doch halten sich diese stärker in Grenzen, als man nach Durchsicht der technischen Daten des Corona vielleicht vermuten könnte. Und generell zeigt sich das Mikrofon recht unprätentiös im Umgang mit verschiedenen Preamp-Designs. Auch der einfache Pult-Preamp ist kein No-Go.

Barbershop? Ja, aber mit Abstrichen

Ich sehe zwar vor dem inneren Auge Barbershop-Vocals oder stylische Backgroundsänger- oder -sängerinnen vor dem Sontronics Corona, da kann allerdings die Richtcharakteristik querschießen, denn schon bei geringem Verlassen des eher kleinen Sweet Spots nehmen die Höhen ab und die Nonlinearitäten zu. Die Supernierenkapsel verhält sich natürlich nicht so mustergültig wie beispielsweise eine Schoeps MK41, sondern zeigt durchaus ihre Eigenheiten bei Besprechung abseits der Achse. Das geschieht in einem Maße, welches man als Vokalist schön unter Kontrolle halten kann und welches man sogar bewusst einsetzen kann: „Weniger frontal, mehr vintage!“ Trotzdem bleibt das Mikro immer schön detailliert.

Audio Samples
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Sontronics Corona, 5 cm Sontronics Corona, 5 cm mit Poppschutz Sontronics Corona, 30 cm Sontronics Corona, 30 cm, 45 Grad Sontronics Corona, 70 cm Shure SM7B, 5 cm Shure SM7B, 30 cm Beyerdynamic M88, 30 cm Sennheiser MD 421, 30 cm Placidaudio Copperphone, 30 cm

Off Axis Rejection

Wer das Corona live einzusetzen gedenkt, sollte die „Shure Beta“-Monitoranordnung aus zwei Wedges verwenden, wenngleich die maximale Rejection bei diesem Retromikrofon nicht so hoch ist, wie man es sich wünschen könnte. Allerdings ist es nur wenig anfälliger für Feedback als beispielsweise ein Sennheiser MD441. Fein: Die Trittschall- und interessanterweise sogar Poppanfälligkeit des Sontronics Corona ist verhältnismäßig gering. Kleiner Nebengewinn beim Liveeinsatz: Dem Mikrofon kann man nicht die rückwärtigen Schalleinlässe zuhalten, wie es bei SM58 und Co. möglich ist, was dann zu extremer Sound- und Polar-Pattern-Veränderung führt und die Feedback-Anfälligkeit enorm erhöht. 

Angeschlossenses Sontronics Corona
Angeschlossenses Sontronics Corona

Corona nur für Vocals? Nö.

Zwar ist das Halo das ausgewiesene Cabinet-Mikro von Sontronics, das Corona macht dort aber auch einen tadellosen Job, scheint dabei aber etwas braver zu agieren. Eher schrengelige Stahlsaitengitarren, Holz- und Blechbläser funktionierten im Test genauso wie sogar ein altes Klavier, welches ich für ein Recording mikrofoniert hatte.

Das Corona gemeinsam mit einem Beyerdynamic M130 beim Recording eines alten Pianos.
Das Corona gemeinsam mit einem Beyerdynamic M130 beim Recording eines alten Pianos.

Preislich in Ordnung

So richtig preiswert ist das Sontronics Corona nicht – wenn man übliche Preise für Studiomikrofone heranzieht, die für Gesangsaufnahmen verwendet werden. Das Sontronics Solo, immerhin mit der gleichen Kapsel, kostet etwas mehr als ein Drittel des Corona. Mit unter 300 Euro liegt der Preis für das Corona in einem Bereich, in dem auch andere dynamische Mikrofone erreichbar sind. Diese haben dann höhere Allrounderqualitäten und lassen sich beispielsweise auch an verschiedenen Schlaginstrumenten gut positionieren. Ich denke an das Beyerdynamic M88, auch das Sennheiser MD-421 oder natürlich das Shure SM7B, diese sind nicht um ganze Größenordnungen teurer. Wer allerdings wirklich den Retro-Look sucht, ist mit dem Corona gut beraten und muss auch nicht das Gefühl haben, zu viel Geld auf den Tisch legen zu müssen. 

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Fazit

Sontronics, der englische Hersteller mit dem Mut zu durchaus auffälligen Mikrofondesigns, hat mit dem Corona nun eine gelungene Gesangsversion des in erster Linie für Cabinet-Recordings gedachten Halo auf den Markt gebracht. Das Mikro ist durch sein Retrodesign nett anzusehen, klingt aber generell eher frisch denn „vintage“. Ein Schnäppchen ist es nicht, überteuert aber auch nicht. Ich bin mir sehr sicher, dass man das sympathische Mikrofon bei einigen Live-Acts und auch im Studio des Öfteren sehen wird. 

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • tolle Retro-Optik
  • detailliert
  • moderner, höhenreicher Sound
Contra
  • keins
Artikelbild
Sontronics Corona Test
Für 269,00€ bei
Sontronics_Corona_Test_7
Features und Spezifikationen
  • Richtcharakteristik: Superniere 
  • Wandlerprinzip: dynamisch, Tauchspule
  • Frequenzgang: 50 Hz–15 kHz 
  • Empfindlichkeit: 3,16 mV/Pa 
  • Impedanz: unter 600 Ohm 
  • Gewicht: 792 g 
  • Lieferumfang: Hartplastikkoffer
  • Preis: € 269,– (Straßenpreis am 19.7.2018)
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Chick Sangria sagt:

#1 - 12.06.2020 um 07:02 Uhr

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Fabelhafter Test einmal wieder, vielen Dank! Interessant fand ich vor allem den Hinweis darauf, dass die verschiedenen Bauformen trotz gleicher Kapsel Einfluss auf den Klang haben. Insbesondere ein Vergleich zum Podcast Pro wäre hier interessant. Dort klingen die Plosive aus einem Zentimenter Abstand ja recht aufdringlich, und beim Corona sollte man wohl unbedingt einen Popschutz verwenden (schade, dass es hier kein Audiobeispiel aus einem Zentimeter Abstand gibt, aber dazu ist das Mikrofon ja nicht gedacht). Und natürlich die virologische Gretchenfrage: Wird Sontronics auch 2020 beim Produktnamen Corona bleiben?

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