Softube Harmonics Test

Analoges Equipment zeichnet sich – gewollt oder nicht gewollt – vor allem durch eines aus: Nichtlineare Verzerrungen, wobei wir hier vor allem die harmonischen („Harmonics“) lieben, weil sie Charakter, Griffigkeit und Durchsetzungsfähigkeit erzeugen.


Digitale Kisten und Plugins versuchen schon lange solche Saturation, Drive, Distortion oder Warmth genannten Färbungen zu emulieren und über die letzten Jahre hat sich hierbei eine äußerst tolle Auswahl aufgetan – der Crane Song HEDD und der Elektron Analog Heat beispielsweise, um Hardware zu nennen. Aber auch Plugins wie iZotope Alloy, Trash und Ozone, Soundtoys Decapitator sowie der D16 Redoptor sind anzuführen.
Ein beliebter Freeware-Verzerrer war der Saturation Knob von Softube. Aber auch mit der Console 1 zeigte Softube bereits eindrucksvoll, dass sich die Schweden mit der künstlichen Obertonanreicherung auskennen. Eigentlich logisch, das ganze gesammelte Wissen in ein universelles Standalone-Plugin zu packen. Und das ist er, unser heutiger Testkandidat: Softube Harmonics.

Details

Best of Harmonic Distortion

Softube Harmonics ist ein Plugin in den Formaten VST, VST3, AU und AAXnative für PC Windows und Mac OS X. Es emuliert „analoge Verzerrungen“ und fällt damit in die Kategorie Distortion, Overdrive und Saturation. Es dient weniger dem brutalen Zerstören als dem dezenten Anrauen und Aufwärmen unterkühlter, digitaler Produktionen.
Optisch orientiert sich Harmonics mit gelben VU-Metern und funkelnden Reglern entsprechend an analogen Kisten der 80ern. Das Layout ist klar strukturiert und gefällt, die Beschriftung ist mir jedoch zu klein geraten und ein GUI-Zoom findet sich leider auch nicht.
Es stehen fünf Harmonic-Distortion-Charakteristiken zur Verfügung, welche sich logischerweise in ihrer speziellen Verzerrungsweise unterscheiden. Somit gibt es SOLID State, TRANSFormer (Übertrager), TUBE (Röhre) sowie MASTER und MODERN, wobei letztere für Gruppen und Master gedacht sind und noch dezenter arbeiten. Alle fünf sind im Drive regelbar sowie mit einem CHARACTER Tilt-Filter anpassbar. So weit, so gut und an sich auch nichts Neues.

Softube Harmonics bietet fünf Typen von Sättigung.

Anti-Transienten-Killer

Verzerrt man Signale zu stark – es ist bekannt – dann gehen die Transienten futsch, die Höhen werden harsch und der Bass wird breiig und dünn – kurzum: Durchsetzungsfähigkeit und Clarity leiden. 
Der Clou und das Alleinstellungsmerkmal des Softube Harmonics Plugins ist damit das „Dynamic Transient Control“ (DTC) Feature, welches sich dem Erhalt der Dynamik und der Transienten verpflichtet. Grob gesagt wird das unversehrte Eingangsaudio analysiert, um es dann dem Amplitudenverlauf des verzerrten Audios wieder aufzudrücken. Das Ganze lässt sich zuschalten und auch von -10 bis +10 regeln.

Dies und das

Erfreulicherweise wurden dem Plugin auch ein High- und Low-Cut spendiert, die jeweils drei unterschiedlich-steile Flanken aufweisen. Beide lassen sich gemeinsam Pre und Post schalten, wobei ich persönlich mir dedizierte Pre- und Post Filter gewünscht hätte.
Der Rest ist ebenfalls kein Hexenwerk und rundet den Funktionsumfang mit einem Dry/Wet-Regler sowie zusätzlichen Input- und Output-Fadern ab. VU-Meter, Presets und A/B-Schaltungen schließen unseren Überblick ab und ich darf in die Praxis bitten.

Praxis

Console 1 Best-Of

Softube feiert mit der Console 1 große Erfolge und es ist sicher kein Zufall, dass sich ungefähr so viele Flavours in Harmonics finden, wie es Software-Extensions für den Hardware-Controller gibt. 1:1 lässt sich das zwar nicht übersetzen und es soll auch gar nicht negativ klingen, dennoch kann man Softube Harmonics durchaus als Best-Of der Console 1 Drive Sektion ansehen – und die ist für mich ohnehin das größte Argument für den Hardware/Software Pult-Controller. 
Genau wie dort gilt auch für Harmonics dabei: Lieber dezent auf jede Spur packen als es in der Summe dann zu übertreiben – doch bevor wir uns dem widmen, hören wir uns lieber erstmal plakative Beispiele zu jedem Charakter an:

Weicher Röhrensound mit Tube und Modern

TUBE bringt 60er Röhrensound mit Wärme, milder Sättigung und schöner Weichheit, was sich besonders gut auf Bässen, Gitarren und Vocals macht. Das gleiche gilt auch so für MODERN, denn hier sind ebenfalls Röhren im Signal, allerdings etwas fresher, schneller und offener – und weniger weich. Die Unterschiede sind subtil, man hört sie bei dem Vocal-Beispiel aber am besten.

Charakter mit Solid State Sound

Griffigkeit und etwas Schmutz gibt es mit SOLID und seinem Transistor-Sound der 70er, der für Durchsetzungsfähigkeit und Charakter sorgt – und damit eigentlich für alles gut ist. Es sei denn, man mag es eher etwas edler, feiner und auch luftiger, dann darf gern ein Übertrager ins Signal, der für eher runde statt schnelle Bässe sorgt. Das gibt es natürlich auch bei Softube Harmonics und wird mit TRANSF aktiviert. Bei den Drums habe ich dafür extra mehr Gas gegeben und auch die Filter sowie Parallel-Technik genutzt. Man hört wie punchy sie werden. Kommt hingegen der TRANSFomer hinzu, wird alles etwas entschärft und auch weniger knallig.

Analoger High-End-Touch mit Master

Der MASTER Algorithmus wurde speziell für Busse, Summen und eben auch den Master entwickelt und soll besonders gut die Transienten verschonen. Er gefällt mir durch seine subtile Art klanglich auch durchweg am besten. Bei allen Beispielen habe ich das DTC-Feature nach gut Willen benutzt, hier zeige ich euch indes, wie unterschiedlich die beiden Extreme klingen, sprich Kontroll- und Dynamik-Orientierung. Ich finde Kontrolle am besten, dichtesten und auch am sattesten.

Nur ein kleines Schlückchen

Zum Abschluss noch ein simpler Song mit gerade mal fünf Stems: einmal mit und einmal ohne Softube Harmonics auf allen Spuren. Bei gleichem Pegel ist die „angezerrte“ Variante griffiger, präsenter und damit auch lauter. Was will man mehr? Viel ist es nicht: Ich hätte mir dennoch eine etwas bessere Anpassung der Level bzw. Kompensation der Pegel innerhalb der Optionen des Plugins gewünscht. Teilweise muss man etwas fummeln, um den isolierten Effekt hören zu können, weil das Umschalten zwischen Charakteristika zu Pegelunterschieden führt, die Entscheidungen verfälschen. Gleiches gilt für das Tilt-Filter. Alles nicht schlimm, aber es wäre wünschenswert, genau wie eine etwas größere GUI oder eine Zoom-Option.

Audio Samples
0:00
5 Stems – Harmonics Off 5 Stems – Harmonics On

Fazit

Für faire 89 Euro erhält man mit dem Softube Harmonics eine äußert praxisgerechte Lösung zum Anwärmen und Veredeln mit analogem Flavour. Die fünf verschiedenen Verzerrungsarten sind praxisgerecht und mit wenigen Parametern äußerst zielführend einsetzbar, sodass man sich nicht wie bei manch anderen Plugins unnötigerweise in den kleinsten Möglichkeiten verliert. Die Charakteristika sind subtil, aber genau das macht den „feinen Unterschied“. Brutales Zerstören geht mit anderen Plugins besser, aber das war ja hier auch nicht die Aufgabenstellung. Kritik gibt es somit kaum und darum vergebe ich 4,5 Sterne.

Pro
  • feiner, hochwertiger Klang
  • Dynamic Transient Control
  • simpler, zielführender Ansatz
  • gutes Preis-Leistungs-Verhältnis
Contra
  • Pegelunterschiede zwischen Type
Softube Harmonics bietet fünf Typen von Sättigung.
Features
  • Analoges Sättigungs-Plugin mit fünf verschiedenen Modellen
  • Dynamic Transient Control
  • Amount zur Steuerung der Sättigung
  • Character steuert Ton oder Farbe der Verzerrung
  • High- und Low-Cut-Filter Pre-/Post-Verzerrung platzierbar
  • Wet/Dry-Mischknopf für parallele Verarbeitung
  • THD-Meter ermöglicht Kontrolle der Sättigung
Preis
  • EUR 89,- (Straßenpreis am 6.1.2019)
Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • feiner, hochwertiger Klang
  • Dynamic Transient Control
  • simpler, zielführender Ansatz
  • gutes Preis-Leistungs-Verhältnis
Contra
  • Pegelunterschiede zwischen Type
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Softube Harmonics Test
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Softube Harmonics bietet fünf Typen von Sättigung.

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