ReProducer Epic 55 Test

Der erst 2016 in Deutschland gegründete Lautsprecherspezialist ReProducer Audio Labs besitzt ein noch überschaubares Portfolio aus drei aktiven Studiomonitoren. Den Midifield-Studiomonitor Epic 55 könnte man quasi als großen Bruder der Nahfeldmonitore Epic 4 und Epic 5 bezeichnen. 

Midfield-Monitore

Alle drei Modelle fallen durch eine ungewöhnliche Gehäuseform auf, wobei der Epic 55 aufgrund seiner vom D’Appolito-Prinzip inspirierten Bauweise besonders aus dem Rahmen fällt. Wie der 2-Wege-Monitor klingt und was uns sonst noch aufgefallen ist, lest ihr in unserem ReProducer Audio Labs Epic 55 Test!

Quick Facts zum Epic 55

  • analoge Signalverarbeitung ohne DSP
  • vertikale und horizontale Positionierung möglich
  • Frequenzgang (laut Hersteller): 40 – 30 kHz (-3 dB)
  • zwei 5,25-Zoll-Tief- und ein 1-Zoll-Hochtöner
  • zwei Passivradiatoren

DETAILS

Lieferumfang und erster Eindruck

Der ReProducer Audio Labs Epic 55 Test beginnt mit einer positiven Überraschung: Der stückweise erhältliche Epic 55 Monitor wird in einem stabilen und passgenau gepolsterten Transport-Case ausgeliefert! Der weitere Lieferumfang befindet sich in exakt geschnittenen Aussparungen im Polstermaterial. Neben dem obligatorischen Kaltgerätekabel gehören vier Aluminium-Spikes zum Lieferumfang. Diese werden zur vertikalen Positionierung an der Unterseite der Box verschraubt. Außerdem befindet sich eine magnetisch zu befestigende Abdeckung für die Lautsprecheroberseite im Case. Diese dient dem Schutz der oberen Passivmembran. Das komplette Paket erscheint sehr durchdacht und sorgt für einen sehr guten ersten Eindruck!

Aufstellfüße
Spikes zur akustischen Entkopplung

ReProducer Audio Labs Epic 55 im Test: Bauweise und Konzept

Der aktive 2-Wege-Midfield-Monitor ist mit zwei 5,25-Zoll-Tieftönern und einem 1-Zoll-Hochtöner bestückt. Außerdem findet sich (bei vertikaler Positionierung) sowohl an der Ober- als auch der Unterseite des Gehäuses eine Passivmembran. Diese Technik, die man teilweise auch bei Herstellern wie Focal (Shape-Serie) oder Amphion sieht, dient der Erweiterung des Bassbereichs und stellt eine Alternative zum Bassreflexprinzip dar. Die Vorteile von Passivmembranen sind beispielsweise fehlende Strömungsgeräusche und eine potentiell höhere Wiedergabetreue. 

Passivmembran
Fotostrecke: 6 Bilder Die obere der beiden Passivmembranen

Eine weitere Besonderheit des ReProducer Audio Labs Epic 55 ist die Form des Boxengehäuses mit seinen zur Innenseite angeschrägten Tiefmitteltönern und den verwinkelten Seitenwänden, die vor allem der Minimierung von Gehäuseresonanzen dienlich sind. Der Hersteller bezeichnet die Bauweise (Anordnung und Winkelstellung der Chassis) als „All-In-Phase-Design“, was eine phasentreue Wiedergabe begünstigt, ohne dass hierfür der Einsatz von „DSP-Manipulationen“ erforderlich ist. Für den Antrieb sorgen drei Class-D-Verstärker. Beide Tieftöner haben jeweils eine Verstärkerleistung von 120 Watt, der Hochtöner 75 Watt.

Anschlüsse und Features

Alle Anschlüsse und Bedienelemente befinden sich auf einer verschraubten Platte an der Gehäuserückseite. Als Input verfügt der Monitor über eine verriegelbare XLR-Buchse als einzige Anschlussvariante. Unmittelbar daneben lässt sich ein Auto-Standby aktivieren, das den Monitor nach einer Viertelstunde ohne anliegendes Signal abschaltet und bei erneuter Signalzuführung wieder aktiviert. Angezeigt wird der Standby-Modus durch ein langsames rot leuchtendes Pulsieren der vorderseitigen LED. Im Normalbetrieb leuchtet diese weiß und signalisiert Overloads in Rot.

Drei Potis auf der rechten Seite ermöglichen eine sehr fein gerasterte Pegelanpassung um ± 15 dB und Raumkorrektur um ± 5 dB im 1dB-Raster unterhalb von 250 und oberhalb von 2500 Hz. Das Diagramm auf der rückseitig befestigten Aluminiumplatte verrät, dass es sich bei HF Trim und LF Trim um Kuhschwanzfilter handelt. Ein separates Desktop-Filter zur Absenkung der unteren Mitten, wie man es bei vielen Konkurrenzprodukten findet, ist (leider) nicht vorhanden. 

Abschließend zu nennen ist der Power-Switch, der sich am rechten Rand unmittelbar neben der Anschlussbuchse für das Kaltgerätekabel befindet und somit auch von der Vorderseite aus gut erreichbar ist. Das integrierte Schaltnetzteil ermöglicht den Betrieb des Epic 55 Monitors bei Spannungen von 100 bis 240 V (50/60 Hz).

Aktivpanel
Fotostrecke: 7 Bilder Bedien-Panel des ReProducer Audio Labs Epic 55

ReProducer Audio Labs Epic 55 im Test: Verarbeitung

Die generelle Verarbeitungsqualität des in China gefertigten Monitors wirkt hochwertig und solide. Positiv zu werten sind die bombenfest sitzenden und überaus griffigen Potis sowie die verschraubte und verriegelbare XLR-Eingangsbuchse. Allerdings ist beim Epic 55 Monitor nicht jedes Detail perfekt. Als etwas störend und nicht der Preisklasse gerecht empfinde ich die teilweise unpräzise Markierung/Rasterposition beider Potis der Klangregelung. Teilweise befindet sich der Pfeil genau zwischen zwei dB-Stufen, was für Verunsicherung bei der Einstellung sorgen kann. Weiterhin sitzt bei einem Monitor die Frontblende wie auch das rückseitig verschraubte Bedien-Panel nicht ganz so passgenau wie beim zweiten Testobjekt. Dieses feine Verarbeitungsdetail, das bei einem 300-Euro-Monitor wahrscheinlich keine Erwähnung finden würde, lässt mich zumindest über Begriffe wie Serienstreuung oder „Matching“ des über 3000 Euro teuren Monitorpaars nachdenken und schmälert meinen ersten guten Eindruck.

PRAXIS

Aufstellung / Testumgebung

Der Hörtest mit vertrauten Produktionen, Produktionselementen und Testtönen erfolgte in meinem akustisch behandelten Studioraum (25 qm) freistehend und akustisch entkoppelt. Während des Tests variierte die Kantenlänge von 1,2 bis 1,4 m – laut Hersteller werden Abhörentfernungen von 1,2 bis 2,5 m empfohlen. Als Wandler dienten ein Apogee Duet 2 sowie das Apollo X4 von Universal Audio. Abgehört wurde überwiegend in vertikaler Positionierung, aber auch horizontal. Nettes Detail hierbei: Das Modell-Emblem lässt sich um 90 Grad drehen. Allerdings erschweren die unebenen Seitenteile die Positionierung auf meinen „normal“ großen Monitor-Pads, was einige Ausrichtungsmaßnahmen erforderte. Weiterhin ist zu beachten: Entsprechend der folgenden Abbildung verschiebt sich das Abstrahlverhalten und der Sweetspot des Monitors ebenfalls um 90 Grad.

Zerfall
Fotostrecke: 3 Bilder Abstrahlverhalten und Sweetspot bei vertikaler und horizontaler Positionierung (Quelle: ReProducer Audio Labs)

ReProducer Audio Labs Epic 55 im Test: Wie ist der Klang?

Frequenzgang

Der Frequenzgang wird herstellerseitig mit 40 Hz bis 30 kHz bei einem Toleranztunnel von ± 3 dB angegeben. Dementsprechend sollte man eine souveräne Basswiedergabe erwarten, die meine Hörtests aber nicht bestätigen konnten. Unterhalb von 60 / 70 Hz fällt die Wiedergabe am Hörort spürbar ab, sodass tiefe Bässe kaum zu vernehmen oder beurteilbar sind. Interessanterweise entspricht dieser Eindruck durchaus dem Frequency-Response-Diagramm des Herstellers, was der zuvor genannten Zahlenangabe widerspricht. 

Den Oberbass bis zu den unteren Mitten empfinde ich hingegen als sehr präsent, was in einem warmen bis samtigen Klangbild resultiert. Zur kritischen Frequenzbeurteilung wäre ein Desktop-Filter also hilfreich. Der vorhandene LF-Trim-EQ, der bei 250 Hz einsetzt, bewirkt hier keine wirkliche Verbesserung und senkt die ohnehin unterrepräsentierten Bässe zusätzlich ab. Umgekehrt resultiert eine Anhebung in einem zur Klangbeurteilung zu „mulmigem“ Sound.

An die Wiedergabe im mittleren Frequenzbereich gibt es nichts auszusetzen. Allerdings vermisse ich ein wenig die konturierte Darstellung und Lebendigkeit, die ich von Modellen anderer Hersteller kenne. Die Höhen klingen fein aufgelöst, durchaus „crisp“ aber ohne ausgeprägte Schärfe. Hier erlaubt die Klangregelung (Hi Trim ab 2,5 kHz) einen praxistauglichen Abgleich entsprechend der eigenen Hörpräferenzen und räumlichen Gegebenheiten. 

grafischer Frequenzgang

Das Frequency-Response-Diagramm des Epic 55 (Quelle: ReProducer Audio Labs)

Impulsverhalten und räumliche Abbildung

Die akkurate Transientenwiedergabe des Epic 55 Monitors muss man als gut bewerten. Anschlaggeräusche akustischer Instrumente wie auch elektronische Percussion à la Kraftwerk gelangen authentisch und gut beurteilbar ans Engineer-Ohr. Die hohe Auflösung gewährleistet auch eine uneingeschränkte Bewertung und Bearbeitung echter und künstlicher Reflexionen Hallräume. 

Die phasentreue Wiedergabe des Epic 55 Monitors begünstigt weiterhin die exakte Positionierung und Beurteilung einzelner Mixelemente im Stereopanorama. Von der beeindruckend greifbaren Lokalisation in Stereobühne und Tiefe des erst kürzlich von mir getesteten Neumann KH 150 (gleichen Preisklasse) ist der ReProducer Audio Labs Monitor aber noch mindestens eine Nasenlänge entfernt.

Pärchen
Extravaganz designed & engineered in Germany

Marktsituation

Es verdient Anerkennung, das umkämpfte Monitor-Marktsegment inmitten seiner vielen etablierten Herstellern mit teilweise Jahrzehnten an Erfahrung „aufmischen“ zu wollen. Vielfach wird das Debütmodell Epic 5 von ReProducer Audio Labs als sehr gut bewertet. Der Epic 55 wird es nach meiner Einschätzung aber schwerer haben, was unter anderem an einer aktuell sehr starken Konkurrenz in seinem durchaus ambitionierten Preissegment liegt. Etwas unpassend finde ich es, das Nichtvorhandensein von DSPs quasi als Feature darzustellen. Aus eigener Erfahrung empfinde ich, dass hier die Vorteile die potentiellen Nachteile (welche auch immer dies sein mögen) in puncto Sound und Flexibilität klar übertrumpfen. 

Alternativen zur ReProducer Epic 55

Neumann KH 310 AFocal Twin 6Neumann KH 150
etwas teurer, kompakter, aktiver Dreiwegelautsprecher, volle Punktzahl im Testebenfalls etwas teurer, Bassreflexsystem, etwas kompakter, mehr “Biss”ungefähr gleicher Preis, Zweiwege-System, umfangreiche Fähigkeiten zu Anpassung und Einbindung, volle Punktzahl im Test

Fazit

Der 2-Wege-Studiomonitor ReProducer Audio Labs Epic 55 ist eine extravagante Alternative für Analogpuristen. Subjektiv muss ich einräumen, dass es durchaus günstigere Studiomonitore (mit und ohne DSP) gibt, die meinen Hörpräferenzen eher entsprechen. Trotz seiner guten Auflösung und authentischen Transientenwiedergabe besitzt der Epic 55 für mich einen tendenziell samtigen HiFi-Touch, der sich für mein Empfinden eher zum Musikgenuss als zur professionellen Studioarbeit eignet. Aber Geschmäcker und Präferenzen sind bekanntlich verschieden und meine Einschätzung soll niemanden davon abhalten, die ambitionierten Studiomonitore selbst einmal auszuprobieren! 

Extravfaganter Studiolautsprecher/-monitor
  • aktiver 2-Wege-Midfield-Studiomonitor
  • Zwei 5,25-Zoll-Basstreiber
  • 1-Zoll-Hochtöner
  • Zwei 6,25-Zoll-Passivmembranen
  • Crossover-Frequenz: 2,5 kHz (24 dB/oct.)
  • Analog-Eingang: XLR
  • Eingangsimpedanz: 12 kOhm
  • Verstärker: 2 x 120 Watt RMS (Class-D-Basstreiber), 75 Watt RMS (Class-D-Hochtöner)
  • Dynamic Range 115 dB
  • Maximalpegel (Paar @ 1m Abstand): 112 dB(C) SPL
  • Leistungsaufnahme: 200 VA (max)
  • Frequenzgang: 40 – 30 kHz (-3 dB)
  • Gain-Regler: ± 15 dB
  • Raumanpassung: Low/High Kuhschwanz-Filter ± 5 dB @ 250 Hz / 2,5 kHz
  • integriertes Schaltnetzteil 100-240 V (50/60 Hz)
  • deaktivierbarer Auto Standby (16 Min.)
  • Maße (H/B/T): 515/535 mm (ohne/mit Spikes) x 190 mm x 320 mm (vertikal)
  • Gewicht: 13,6 kg
  • Webseite: reproduceraudiolabs.com
  • Hergestellt in: China
  • Preis: € 1599,– (Straßenpreis am 5.12.2022)
Unser Fazit:
3,5 / 5
Pro
  • präzise Transientenwiedergabe
  • gute Auflösung
  • kaum hörbares Eigenrauschen
  • solide Verarbeitung
  • Transport-Case im Lieferumfang
Contra
  • preisbezogen puristische Raumanpassung / Klangregelung
  • keine souveräne Basswiedergabe
  • Verarbeitung passt nicht zu 100 Prozent zur Preisklasse
Artikelbild
ReProducer Epic 55 Test
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