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Yamaha Motif Rack XS Test

Der Motif Rack XS tritt die Nachfolge seiner beiden tastenamputierten Vorfahren, dem Motif Rack und dem Motif Rack ES an. Wer den Zusatz „XS“ ließt, könnte im ersten Moment annehmen, es handele sich hier um die kleinste und günstigste Version der lange etablierten Motif-Reihe. „Xtra Small“ ist jedenfalls das Gehäuse, in dem das Klangmodul aus dem Hause Yamaha daher kommt. Auf nur einer Höheneinheit und im 19 Zoll Format findet er im Studio- oder Liverack sicherlich noch einen Platz.

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Yamaha Motif Rack XS

Ansonsten hinkt der Vergleich mit standartisierten Kleidergrößen, denn der kleine XS entpuppt sich schnell als wahrer XL-Klanggigant. Ausgerüstet mit 355 MB Sample Rom, 1152 Voice-Presets, 64 Drumkits und einer 128-stimmigen Polyphonie, entspricht die Klangerzeugung exakt der seiner großen Brüder, den Workstations der Motif XS–Serie. Zugegeben, die können noch einiges mehr – zum Beispiel Sampling oder Sequencing. Oder „Bandscheiben-auf-die-Probe-stelling“…

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Äußerlichkeiten
Die Vorderseite des Rack XS beherbergt die zentralen Bedienelemente und das LC-Display, das mit 160 x 64 Punkten nicht gerade riesig ist, dennoch alle Menüpunkte passabel darstellt. Vorne links findet sich als einziger frontseitiger Anschluss eine Kopfhörerbuchse. Darüber der Volume-Regler, mit dem man das Gerät auch gleichzeitig ein und aus schaltet. Das spart Platz und ist praktisch!
Die verschiedenen Menüparameter werden über die vier Cursortasten erreicht, und können mit dem Encoder, einem Endlos-Drehregler, in den Werten verändert werden. Durch Drücken des Encoders gelangt man in das Category Search Menü, in dem alle Presets kategorisiert wurden und man sehr einfach eigene Favoriten erstellen kann. Damit ist der richtige Klang schnell gefunden. Mit Hilfe der Audition-Taste wird eine kurze, soundtypische Phrase wiedergegeben. So können die Klänge schnell vorgehört werden, ohne dass eine externe Tastatur angeschlossen sein muss.
Weiter gibt es ein Feld aus 9 Tasten, die mit den üblichen Kernfunktionen wie Store, Enter, Exit oder Edit belegt sind und über die man den Voice- oder Multimodus erreicht.
Als Novum erstmalig mit an Bord sind die fünf Drehregler auf der rechten Seite, die schnellen Zugriff auf 20 wichtige Klangparameter gestatten. So lässt sich im Spielbetrieb beispielsweise schnell Einfluss auf Parameter wie Cutoff oder Resonanz nehmen. Sobald ein Regler bewegt wird erscheint im Display die zugewiesene Funktion, der im Preset gespeicherte Originalwert und die Wertänderung durch die Drehbewegung. Jeder Regler ist mit vier Funktionen belegt, die man über den Select Taster erreicht. Die Rasterung dieser Endlospotis ist sehr fein, so dass man Werte mit mikroskopischer Genauigkeit verändern kann. Wer allerdings einen Parameter mal schnell vom Minimum auf maximalen Anschlag bringen will, schafft dies nicht im „Handumdrehen“, sondern nur durch mehrmaliges „Nachschrauben“.

Fotostrecke: 3 Bilder

Rückseite
Ein Blick auf das Heck des kleinen Rackers: Hier findet sich der Stromanschluss samt Zugentlastung für das Kabel, der Master-Stereoausgang sowie ein zuweisbarer Stereoausgang. Auch ab Werk mit an Bord ist ein Digitaler Ausgang (S/PDIF), der das Signal mit 44,1 kHz und 24 Bit ausgibt. Ein analoges Stereo-Eingangspaar zur Nutzung der Effektsektion des Motifs wäre schön gewesen, ist aber nicht vorhanden. MIDI Rein und Raus kann er, ist ja klar  – Pflicht für den Tastenlosen. Über die USB-Schnittstelle kann der Motif mit einem externen Rechner kommunizieren, eine Verbindung über die MIDIschnittstelle ist dann nicht mehr nötig. Leider ist es nicht möglich, ein USB-Speichermedium zur Datensicherung direkt anzuschließen. Der USB-Stick mit den gesicherten Presets für Unterwegs bleibt für den Rack-Besitzer weiter ein Wunschtraum. PLG-Kartenbesitzer aufgepasst – den Schacht für Eure Yamaha Klangerweiterungskarten sucht ihr beim Motif Rack XS vergebens. War er noch beim Rack ES sogar in doppelter Ausführung vorhanden, ist er jetzt nur noch Geschichte.
Dafür hat man beim XS die Möglichkeit, ein mLAN Board nachzurüsten, das über eine Firewire-Verbindung mit einem externen Rechner oder anderen mLAN Geräten kommunizieren soll. mLAN wurde von Yamaha entwickelt und steht für music Local Area Network. Eine solche mLAN-Karte stand für unser Testgerät leider nicht zur Verfügung. Es heißt aber, der Motif würde dadurch zum Audiointerface, das 16 Audioausgänge, 6 Eingänge und 3 MIDIports beherbergt und mit Samplingraten von 44,1 bis 96 kHz arbeiten kann.

Rückseite mittig: USB, MIDI, Digital Out
Rückseite mittig: USB, MIDI, Digital Out
Rückseite rechts: Digital Out, Einzelausgänge, Stereo Ausgang
Rückseite rechts: Digital Out, Einzelausgänge, Stereo Ausgang

Innere Werte
Sprechen wir nun mal über das Wesentliche: die Klangerzeugung. Und die hat es in sich! Basierend auf Yamahas AWM2 Technologie (Advanced Wave Memory), bildet das 355 MB große Wave Rom mit 2670 Wellenformen das Ausgangsmaterial.

Voice-Modus
Die einzelnen Klangprogramme heißen Voices. Eine Voice besteht aus bis zu 8 Oszillatoren, den sogenannten Elements. Am Rack XS selbst können nur die Einstellungen bearbeitet werden, die alle Elements gemeinsam betreffen. Genauere Klangeingriffe ermöglicht nur der mitgelieferte Motif Rack XS Editor, der auf einem externen Rechner installiert werden muss. Dazu später mehr.
Jedes Element durchläuft die klassischen Synthie Bearbeitungsmodule, wie Tonhöhen-, Filter und Amplitudenhüllkurve. Zusätzlich steht jedem Element ein eigener LFO und ein eigener EQ zur Verfügung!
Man unterscheidet so genannte Normal Voices und Drum Voices. In einer Speicherbank finden insgesamt 128 Normal Voices Platz. Zum Speichern eigener Voices stehen 3 User-Bänke zur Verfügung. Daneben findet sich eine riesige Auswahl an vorgefertigten Voice-Presets in 8 Bänken und einer GM-Bank.
An Drum Voices stehen dem Nutzer 64 Drumkit-Presets und ein GM-Kit zum grooven bereit. Auch hier hat man die Möglichkeit, eigene Kits auf 32 Programmplätzen abzulegen.
Realistischere Klänge und eine höhere Ausdruckskraft verspricht die neue Expanded Articulation (XA), die sich spezieller Sampels bedient, beispielsweise beim Loslassen einer Note (Key-off Sampels), den Obertönen einer Gitarre oder dem Zungenflattern einer Flöte.
Über die Category-Search Funktion lässt sich der richtige Klang sehr schnell finden. Den Voice-Presets wurden hier 16 Hauptkategorien zugewiesen, die jeweils aus mehreren Unterkategorien bestehen. Die Favoriten-Kategorie ermöglicht das schnelle Wiederfinden der eigenen Lieblings-Sounds. Man muß nur ein simples Kreuzchen setzten, und schon erscheint die Voice in den eigenen Favoriten – sehr einfach und praktisch!

Multi-Modus
Im Multi-Modus können pro Programm maximal 16 Voices kombiniert werden. In diesem Zusammenhang spricht man nicht mehr von Voices, sondern von Parts. Es besteht die Möglichkeit, den Parts jeweils einen eigenen MIDI-Empfangskanal zuweisen oder sie über die Tastatur zu splitten. Die ersten vier Parts können gelayert werden. So lassen sich beispielsweise Song-Setups erstellen, die über einen externen Sequenzer , oder über ein angeschlossenes Masterkeyboard angesteuert werden können. Insgesamt lassen sich 128 Multis im Rack XS speichern.

Yamaha Motif Rack XS
Yamaha Motif Rack XS

Effekte
Ein weiteres Highlight stellt die umfangreiche Effektsektion des Motif Rack XS dar. Insgesamt 59 hochwertig klingende Effekttypen stehen zur Auswahl und lassen kaum Wünsche offen. Neu im Programm des Motifs gegenüber den Vorgängern sind die Virtual Circuitry Modeling Effekte (VCM), die das Klangverhalten alter analoger Effektgeräte simulieren. Der Vocoder-Effekt der Workstations wurde beim Rack XS leider eingespart, bedingt durch den fehlenden analogen Eingang.
Jede Voice bietet die Möglichkeit, zwei verschiedene Insert-Effekte einzuschleifen, die von den einzelnen Elements durchlaufen werden können. Reverb und Chorus können gesondert für die Voice eingestellt und als Send-Effekte von den Elements genutzt werden.Ein dreibandiger parametrischer Equalizer steht jeder Voice als Common-EQ zur Verfügung. Darüberhinaus hat jedes Element seinen eigenen EQ.
Der Master-Effekt mit 9 Typen und der Master-EQ wirkt auf alle Klänge gleichermaßen im Summenausgang. So lassen sich die eigenen Presets zum Beispiel in einer Live-Situation schnell auf die Gegebenheiten anpassen.
Der Multi-Modus macht ebenfalls von den umfangreichen Routingmöglichkeiten Gebrauch. Auch die Multis durchlaufen wie die Voices den Master-Effekt und den Master-EQ. Jeder Part hat zudem seinen eigenen dreibandigen Equalizer – damit sollte man auskommen! In einem Multi-Preset können keine neuen Inserts aufgemacht werden, dafür können die Insert Effekte der ausgewählten Voices (Parts) benutzt werden. Diese Option ist für bis zu acht Parts gleichzeitig verfügbar, und bietet den Vorteil, dass sich die ausgewählten Voices auch im Multi-Modus „klangtreu“ bleiben.

Arpeggiator
Auch der Arpeggiator entpuppt sich als mächtiges Werkzeug. Jeder Voice lassen sich bis zu 5 Arpeggio-Patterns zuordnen. Das Angebot an diesen Phrasen ist vielfältig: Es ist im Vergleich zum Vorgängermodell von 1.787 auf beachtliche 6.633 Musik- und Rhythmuspatterns erweitert worden. Die verschiedenen Arpeggio-Typen sind in 17 Kategorien unterteilt. Speziell für die XA Voices konzipierte Arpeggio-Patterns kosten die Klangdetails dieser Sounds erst richtig aus. Besonders schön zu hören ist das zum Beispiel bei den Phrasen für Rhythmusgitarren. Im Multi-Modus können immerhin bis zu 4 Parts gleichzeitig Arpeggio-Phrasen wiedergeben.

VST-Editor
Neben einer kleinen Cubase Version (Cubase Advanced Integration) von Tochterfirma Steinberg ist auch der schon erwähnte VST-Editor mit im Lieferumfang enthalten. Dieser für Mac und PC erhältliche Editor lässt sich als VST-Instrument in einer DAW einbinden und kommuniziert mit dem Motif Rack XS über die USB-Verbindung. Erst mit Hilfe dieses VST-Editors erhält der Nutzer Zugriff auf sämtliche Klangdetails und Einstellungen. Diese Verlagerung macht einerseits wegen des kleinen Displays des Rak XS Sinn – andererseits setzt man den Besitz eines Rechners voraus. Wer also den kleinen Motif in sein Liverack schraubt und unterwegs doch mal in tiefere Ebenen der Klangbearbeitung abtauchen will, muss zumindest einen Laptop im Gepäck haben. Natürlich hat die Arbeit mit dem Editor auch seine Vorteile: Er ist übersichtlich strukturiert, bietet eine Undo-Funktion und ermöglicht das Abspeichern der Sounds direkt in dem Songprojekt.
Hier findet man außerdem noch drei weitere Multi-Bänke mit den Presets aus den Motif Workstations.

Fotostrecke: 5 Bilder VST-Editor: Ansicht “Main”
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Die Presets allein bieten ein überaus vielfältiges Klangspektrum, das bei Weitem mehr zu bieten hat, als die so genannten „Brot-und-Butter-Sounds“!
Besonders gefallen haben mir persönlich die Klänge aus den Kategorien Pianos, Keys, Organ und Pads. Auch sehr brauchbar finde ich die Bass- und Gitarrenabteilung. Strings und Brass-Sounds konnten mich hingegen nicht besonders überzeugen. Durch die Bank gut und knackig klingen die Drumkits. Ein besonderes Schmankerl stellt auch die Ethno Kategorie dar. Damit ihr einen eigenen Klangeindruck vom Motif Rack XS bekommt, habe ich jeweils fünf Soundbeispiele aus jeder Kategorie aufgezeichnet.

Audio Samples
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Pianos Keys Organs Bass Strings Pads Guitars Ethnic Sax Brass
Audio Samples
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Mallets Drums SFX / Atmo 1 SFX /Atmo 2 Synth Synth Lead
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Fazit

Ich war schon immer ein Fan von Rackgeräten: Sie nehmen einfach so wenig Platz in Anspruch und bieten die wesentlichen Funktionen ihrer großen Brüder. Die Workstations von Heute können sehr vieles leisten – für den Einen oder Anderen sicher auch zu vieles. Mal Hand aufs Herz: wer nutzt schon in der heutigen Studioumgebung unbedingt den internen Sequenzer seiner Workstation? OK – ich weiß, einige Kollegen nutzen ihn tatsächlich. Doch soviel sei gesagt: In vielen Workstations schlummern Features, von denen man zwar weiß, dass es sie gibt, die man aber trotzdem nicht zwangsläufig benutzt. Und diese Features zahlt man als Kunde mit.
Der Motif Rack XS bietet das Wesentliche eines Synthesizers an: die Klangerzeugung. Und in dieser Hinsicht kommen Liebhaber der Klangvielfalt hier voll auf Ihre Kosten. Viel Sound in sehr guter Qualität, ohne sich dabei totzuschleppen. Und das zu einem attraktiven Preis, verglichen mit den Anschaffungskosten einer Motif Workstation.
Dennoch: Die Sampling-Funktion hätte Yamaha dem kleinen Racker ruhig noch spendieren können. Dann könnte man auch endlich den alten, drei Höheneinheiten großen SCSI-Sampler aus seinem Liverack verbannen. Die japanische Konkurrenz bietet dieses Feature bei Ihrem aktuellen Modell schon an . . .

Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • Große Klangauswahl
  • Sound- und Effektqualität
  • Arpeggiator
  • Mitgelieferter VST-Editor
  • Digital Ausgang ab Werk
Contra
  • Ansprechverhalten der Potis für schnelle Wertänderung
  • Kein analoger Audio-Eingang
  • Kein Sampling
  • Zugriff auf bestimmte Klangdetails nur über externe Editorsoftware möglich
  • USB kann keine Wechseldatenträger verarbeiten
Artikelbild
Yamaha Motif Rack XS Test
Für 1.499,00€ bei
Yamaha Motif Rack XS
Yamaha Motif Rack XS
Technische Daten
  • Presets: 1024 Normal Voices, 64 Drumkits
  • Erweiterung per mLAN Expansion Boards
  • Polyphonie: 128 Stimmen
  • 16fach multitimbral
  • MIDI: In/Out/Thru
  • Headphones
  • Stereo Ausgang: L(mono) – R
  • Einzel Ausgänge: L(mono) – R
  • Digital In/Out
  • USB
  • Stromversorgung: externes Netzteil
  • LCD Display: 160 x 64 Pixel
  • Größe: 48 x 44 x 3,8 cm
  • Gewicht: 4,2 Kg
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