Warum man die vergangenen Lichttechnik Jahrzehnte nicht vergessen sollte

Innovative Technologie – und dazu gehört auch die Lichttechnik – ist der Motor, mit dem Events immer gigantischer und abwechslungsreicher inszeniert werden können. Die vorhandenen Möglichkeiten werden zunehmend vielfältiger. Was an Funktionalität, Lichteffizienz und Farbausbeute gestern für die meisten noch unvorstellbar schien, haben Visionäre zur Realität werden lassen. Und weiterhin ist am Technikhorizont kein Ende der Entwicklungen absehbar.

In der Natur der Sache liegt es bei Neuentwicklungen, dass bewährte Produkte und Techniken der Vergangenheit aus dem Raster fallen und unbeachtet auf der Strecke bleiben. Schade eigentlich, denn schließlich war zwar vieles anders, aber ganz sicher nicht alles schlechter. Hier ein paar Überlegungen, weshalb man sich von den Errungenschaften der Vergangenheit nicht vollkommen verabschieden sollte.

(Shutterstock, Credits@Marko Ristic Serbia)
(Shutterstock, Credits@Marko Ristic Serbia)

In den Kinderschuhen der analogen Welt

Da gab es damals die Kannen, die in lediglich einer Farbe leuchten konnten. Wollte man einen Wechsel oder überhaupt farbiges Licht, musste man die Farbfolie austauschen. Strobes waren eigentlich immer eigenständige Geräte und nicht ein Add-On-Feature von mehrfunktionalen Scheinwerfern oder Lichteffekten. Gesteuert wurde das entweder per An-/Ausschalter, Analog-Pult oder – im damals fortgeschrittenem Stadium – via MIDI-Leiste. Für TV-Produktionen taugliche Refresh-Raten? Früher undenkbar.

Plötzlich reichten sich Digital- und LED-Technik die Hand. LED-Licht war und ist außerordentlich hell, effektiv und verbraucht im Gegensatz zu konventionellen Leuchtmitteln nur einen Bruchteil an Strom. Die Geräte sind spürbar kompakter geworden, sowohl was die Maße als auch das Gewicht anbelangt. Farbwechsel ließen sich schnellstens durchführen; Blinder wurden hell wie nie zuvor. Washlights machten erstmals das, was sie wirklich sollten.

Geburtsstunden der Datenübertragungsprotokolle

Das DMX-Protokoll wurde als Übertragungsstandard für Lichttechnik definiert, komplexere Systeme können per ArtNet gesteuert werden, mit Wifly wird je nach individuellen Anforderungen sogar auf das Verlegen von Kabeln verzichtet. Vernünftige Controller haben interne Bibliotheken, in denen die Profile der gängigen Scheinwerfer gespeichert sind. Die lassen sich online aktualisieren. Die Aufzählung der Innovationen könnte endlos weitergehen. Alles in Allem unter dem Strich ein absoluter technologischer Hammer. Wenn etwas aus der Perspektive der Jahrzehnte beeindruckend ist, sollte man das auch mal lobend erwähnen.

Markt reagiert mit Retro-Komponenten

Die Problematik: Licht ist und bleibt Emotion und da spielen auch nichttechnische Faktoren eine nicht zu unterschätzende Rolle. Bei allen unbestritten beachtlichen Vorzügen der LED-Technologie war es lange Zeit schwierig, authentisch warmweißes Licht zu erzeugen. Also Lichtstimmungen, die nicht nur für die erwünschte Helligkeit sorgen, sondern das menschliche Empfinden im tiefsten Innern ansprechen. Dass haben die Hersteller mittlerweile in den Griff bekommen. So befinden sich auf dem Markt zahlreiche Scheinwerfer, mit denen die Stimmungen und das Nachglimmverhalten konventioneller Leuchtmittel vergangener Tage imitiert werden. Bezeichnet wird das nicht selten als Retro-Style.

Ist das wirklich ein nostalgischer Retro-Faktor oder handelt es sich vielmehr um den nächsten Entwicklungsschritt, mit dem schon nahezu verloren Geglaubtes endlich wieder zur Verfügung steht? Dem Betrachter Zeit zum Erleben und Fühlen lassen Was aber war das wirklich Besondere in den vergangenen Jahrzehnten? Vermutlich heißt das bestimmende Stichwort „Geschwindigkeit“. Es ging alles weitaus langsamer vonstatten. Die selektive Aufmerksamkeitswahrnehmung der Menschen wurde noch nicht mit Masse und Geschwindigkeit überfordert. Dann nahm die machbare Signalüberflutung ihren Lauf. Die Betrachter waren wie beim Schilderwald im Straßenverkehr nicht mehr imstande die Vielzahl der Signale überhaupt aufzunehmen. Das Bombastische wird zur Normalität und hat damit seinen eigentlichen Zweck verloren.

Feature-Vielfalt der Lichttechnik im richtigen Augenblick abrufen

Dabei liegt das Problem beileibe nicht in den am Markt befindlichen Geräten. Vielmehr geht es um den wirklich vernünftigen Einsatz und Umgang mit dem immensen Potenzial, das sie zur Verfügung stellen. Es ist nicht immer nötig, sämtliche Möglichkeiten der multifunktionalen Scheinwerfer auszuschöpfen. Aber der Reiz liegt natürlich nah. Die intelligente, beweglichen Heads müssen auch nicht permanent durch die Gegend rotieren. In der Ruhe liegt die Kraft, im punktuellen Einsatz im passenden Augenblick. Und Schatten gehört zum Licht wie die Pausen zur Musik.

Tatsache ist: Es klaffte eine Lücke. Die wird nun Schritt für Schritt wieder geschlossen. Technik lebt von den Möglichkeiten; Menschen leben von Emotionen. Diese beiden „Faktoren“ gehen immer näher aufeinander zu. Das Bombastische spielt für die Gefühle des Publikums häufig eine untergeordnete Rolle. Die Faszination Licht wird auch durch kleine Details erzielt. Fragen wir uns, welche Art von Licht unsere Sinne am meisten mitnimmt, wird uns schnell bewusst, dass es sich beispielsweise um Kerzenschein und um konventionelle – sogar traditionelle – Scheinwerfer handelt. Kerzenlicht lässt sich nicht wirklich nutzen.

Konventionelle Scheinwerfer sind aus diversen Gründen überholt. Zum Teil dürfen sie gar nicht mehr verwendet werden. Verbleibt, die Möglichkeiten zeitgemäßer Lichttechnik menschenkompatibel einzusetzen. Und dabei liegt das Geheimnis meistens in der vorsätzlichen Reduktion.

Beispiel Weihnachtsmarkt

Ein mit LED-Spots inszenierter und wild blinkender Weihnachtsmarkt ist nach technischen und energieeffizienten Anforderungen perfekt ausgestattet. Dennoch scheint die beschauliche und besinnliche Atmosphäre auf der Strecke zu bleiben. Verloren geht dieses heimelige Etwas, das uns alle irgendwie an unsere eigene Kindheit erinnert. Wie Klänge und Düfte sollen die Lichtstrahlen das Unterbewusstsein der Menschen treffen.

Das ist aber nun mal – so liegt es in der Natur der Sache – nicht programmierbar. Das besonders Ansprechende der Vergangenheit war paradoxerweise, dass eben noch nicht alles möglich war. Vielen reichte das aber vollkommen aus. Und das, wie oben angesprochen, nicht grundlos. Sie fühlten sich mitgenommen und eben nicht unter dem permanenten Druck der Signal-Rennbahn.

Was wir bei all der faszinierenden Technologie und Lichttechnik im Vergleich mit nostalgischen Zeiten lernen können, ist vor allem dies: Ausschließlich der Mensch steht im Mittelpunkt. Und der darf keinesfalls in seiner Sinneswahrnehmung überfordert werden. Zwischendurch mal auf die Bremse der Reizüberflutung zu treten, ist zwischen weihnachtlichem Vorgarten und Big-Bühne durchaus mal angesagt. Hektik gibt’s im Alltag sicherlich schon genug und die Betrachter sollten den Scheinwerfern nicht permanent hinterherrennen müssen. Möglicherweise, weil sie es gar nicht können. Vielmehr aber, weil sie es intuitiv gar nicht wollen. Sie wollen und sollen sich schlichtweg wohlfühlen.

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