Synchro Arts VocAlign Pro 4 Test

Timing-Angleichungen mehrerer Audiospuren erfordern viel Editierarbeit – sollte man meinen. Softwarehersteller Synchro Arts hat mit VocAlign ein Plug-in entwickelt, das genau den Editing-Job automatisch erledigt. Ursprünglich wurde das Plug-in entwickelt, um mittels ADR (Automatic Dialog Replacement) Sprache in Filmen nachträglich zu synchronisieren. Schnell machten sich Tontechniker und Producer das Tool zunutze, um in der Musikproduktion das Timing von Backing-Vocals automatisch zur Hauptstimme anzugleichen. Auch Musikinstrumente sollen sich mit dem Plug-in synchronisieren lassen. 

Synchro_Arts_Vocalign_Pro_Bild_01_Aufmacher Bild


In Version 4 wurde der Algorithmus des auditiven Synchronschwimmers verbessert, um die Tracks noch akkurater anzugleichen. Hinzu kommt ein neuer One-Pitch-Modus, mit dem auch Drums synchronisiert werden können. Ferner sollen Bereiche ausgeklammert werden können, die nicht synchronisiert werden sollen. Ebenso sind erstmalig Sync-Points vom User erstellbar, was manuelle Anpassungen erlaubt. Wie das Ganze in der Praxis funktioniert und ob die Ergebnisse authentisch klingen, zeigt der Test.

Details

Kompatibilität, Verfügbarkeit und Preis

Das Plug-in gibt es für Windows ab Vista (SP 2) als VST3/AAX/ARA/AudioSuite-Plug-in sowie für macOS 10.6 oder neuer als AU/VST3/AAX/ARA/AudioSuite-Plug-in. Die Software gibt es zudem auch als Standalone-Variante. Zur Aktivierung der Lizenz ist ein iLok-Account inklusive USB-Key erforderlich. Auf der Herstellerwebsite findet ihr eine Liste, die euch zeigt, mit welchen DAW-Versionen VocAlign kompatibel ist.
Neben der großen Version VocAlign Pro 4, die für rund 337 Euro zu haben ist, bietet Synchro Arts eine abgespeckte Version namens VocAlign Project 3, die für die meisten Anwendungen ausreicht und für vergleichsweise günstige 129 Euro erhältlich ist. Wer nicht nur das Timing, sondern sogar Korrekturen von Tonhöhe, Lautstärkeverläufen und S-Lauten von Guide-Spuren auf Backings übertragen möchte, der greift zu Revoice Pro, das mit rund 494 Euro zu Buche schlägt. Die genauen Unterschiede hat Synchro Arts in einer Tabelle zusammengefasst.

Wie funktioniert VocAlign?

VocAlign ist ein Prozess, der das Timing zweier Audiosignale vergleicht und die Zweitspur (Dub) an die Hauptspur (Guide) angleicht. Dabei macht sich das Plug-in einen Timestretching-Algorithmus zunutze, der drei Schritte durchläuft. Zunächst werden beide Signale analysiert; im zweiten Schritt vergleicht ein sogenannter „Time Alignment Algorithm“ die Timingunterschiede der Dub-Spur und verschiebt diese mittels Timestretching zu guter Letzt passend zur Guide-Spur.

Unter der Haube durchläuft der Algorithmus drei Schritte.
Unter der Haube durchläuft der Algorithmus drei Schritte.

Anwendungsbereiche

Obwohl der Algorithmus ursprünglich zum Synchronisieren von Sprachaufnahmen entwickelt wurde, lässt er sich in weiteren Bereichen einsetzen und dient dabei als echter Problemlöser in puncto Editing. Dazu zählen folgende Anwendungsbereiche:

  • O-Ton-Synchronisierung in Postproduktionen Film und Video 
  • Angleichung von Backings zur Leadvocal (Gesang, Rap, Shouts etc.)
  • Synchronisation von Instrumentenspuren (z. B. zwei Rhythmusgitarren) 
  • Synchronisierung von Drums (auch Drum Machine Sounds zum Groove eines Schlagzeugers)
  • Einem Sänger den Groove eines anderen Sängers verleihen

Was gibt’s Neues?

In VocAlign Pro 4 ist es erstmals möglich, Bereiche von der Bearbeitung auszuschließen, die nicht angeglichen werden sollen. Ein durchaus sinnvolles Feature – schließlich weicht nicht immer das gesamte Signal der Dub-Spur von einer Guide-Spur ab. Ferner erlaubt das Update eigene Sync-Points zu setzen, wodurch man das angeglichene Signal präziser manuell anpassen kann. In den vorigen Versionen ließen sich lediglich die vom Algorithmus generierten Sync-Points bearbeiten.
In der Pro Tools-Version gibt es eine Funktion zum direkten Vergleich zwischen bearbeitetem und unbearbeitetem Signal bestimmter Sektionen. Das Plug-in ist nunmehr in der Lage, bis zu 5 Minuten am Stück zu analysieren, was besonders Postproduktionen von längerem One-Take-Filmmaterial zugutekommt.

Protected Signal Blocks in roter Farbe erlauben das Ausklammern bestimmter Bereiche.
Protected Signal Blocks in roter Farbe erlauben das Ausklammern bestimmter Bereiche.

Praxis

Konfiguration

Zunächst wird das Plug-in in die zu bearbeitende Spur (Dub) eingefügt – beispielsweise in eine Backing-Vocal-Spur. Im Sidechain-Eingang des Plug-ins lässt sich daraufhin die Guide-Spur auswählen, in dem Fall die Leadvocal-Spur. Die Konfiguration ist also einfach und schnell durchgeführt.

Synchro_Arts_Vocalign_Pro_Bild_04_sidechain-waehlen Bild

Bedienung 

Damit VocAlign die Guide-Spur analysieren und mit der Dub-Spur vergleichen kann, wird der Capture-Button gedrückt und der Song bzw. der betroffene Bereich im Cycle abgespielt. VocAlign erkennt, dass der Cycle durchlaufen wurde und beendet den Capture-Modus automatisch. Mit einem Klick auf Analyze zeigt das VocAlign Unstimmigkeiten zwischen den beiden Spuren. Durch Betätigung des Align-Buttons wird das Audio-Signal noch nicht angeglichen, wie man es durch die Benennung vielleicht vermuten könnte. Vielmehr wird die Dub-Spur in der grafischen Darstellung der Guide-Spur mittels einer gelben Kontur visualisiert. So sind beide Signale gleichzeitig in einer grafischen Spur zu sehen. Zoomt man näher ran, sind die Unterschiede dann deutlich zu erkennen. Erst durch die Bestätigung des Edit-Buttons wird die Änderung wirksam und das Audio der Dub-Spur wird an die Guide-Spur angeglichen. Wer sich die Timing-Unstimmigkeiten nicht anzeigen lassen möchte, kann gleich nach dem Capturing den Edit-Button drücken, woraufhin das Audio synchronisiert wird.

Fotostrecke: 3 Bilder Nach dem Capturing werden Guide-Spur (oben) und Dub-Spur (unten) visualisiert.

Die Charakteristiken der Modi

Das Plug-in kann in vielen Situationen hilfreich sein. Abgesehen vom ursprünglichen Nutzen, also dem Angleichen von Synchronstimmen an O-Ton-Aufnahmen, leistet VocAlign auch in der Musikproduktion ganze Arbeit, und zwar bei Gesang genauso gut wie bei Rap-Vocals. In den folgenden Klangbeispielen hört ihr als Erstes das unbearbeitete Material. Zunächst die Leadvocal, die später auch als Guide-Spur dient. Im zweiten Klangbeispiel kommen die originalen Backing-Vocals dazu.

Audio Samples
0:00
01. Leadvocal (Guide) 02. Leadvocal + Backings

Jede Backing-Vocal liegt auf einer eigenen Spur, in der jeweils eine Instanz von VocAlign geladen ist. Im Sidechain Input wähle ich die Main-Vocal aus, betätige Capture und lass die Hook laufen. Nach dem Angleichen klingt das Ergebnis wie folgt. Im Kontext mit der Musik fällt der Unterschied zwar minimaler aus, da die Fehler vom Beat kaschiert werden. Dennoch klingt das bearbeitete Resultat in sich ruhiger und sauberer, wodurch auch das Instrumental besser zur Geltung kommt.

Audio Samples
0:00
03. Leadvocal + Backings (aligned) 04. Song 05. Song (Backing-Vocals aligned)

Das Ganze funktioniert auch mit unterschiedlichen Stimmen. In den nächsten Klangbeispielen hört ihr einen Sänger und eine Sängerin, die in unterschiedlichen Tonlagen singen. Hinzu kommt, dass die beiden nicht durchgehend synchron sind und der Sänger einige Wörter länger singt. Nach der Bearbeitung mit VocAlign klingt es, als hätten sie beide perfekt synchrone Takes abgeliefert. Und Artefakte sind dabei keine zu hören!

Audio Samples
0:00
06. Male and Female Vocals 07. Male and Female Vocals (aligned)

Mal sehen, was VocAlign draufhat, um synthetischen und quantisierten Drums den Groove eines Schlagzeugers zu verleihen, der ein akustisches Drumset spielt. Dazu nehme ich als Guide-Spur akustische Drums. Der Modus Low Flexibility erreicht das beste Ergebnis, für eine ernst gemeinte Produktion empfinde ich das Resultat aber dennoch nicht wirklich brauchbar, da VocAlign manche Transienten abschwächt, wodurch die Drums ihren stellenweisen Punch verlieren.

Die Characteristics Modi
Die Characteristics Modi
Audio Samples
0:00
08. Akustik Drums 09. Synth Drums 10. Synth Drums (aligned)

Die Charakteristiken der fünf Modi

Zu guter Letzt möchte ich noch herausfinden, wie gut VocAlign auf polyphone Instrumente reagiert. Dazu habe ich zwei Rhythmusgitarren, die in etwa das gleiche Riff spielen, angleichen lassen. Das hat teilweise gut funktioniert; problematisch wird es nur dann, wenn einer der beiden Gitarristen stellenweise vom Rhythmus abweicht. Dann kommt VocAlign aus dem Tritt. Solange beide exakt denselben Rhythmus spielen, kommt der Algorithmus gut damit zurecht. Im Modus Maximum Expansion habe ich in dem Fall das beste Ergebnis erzielt. In den letzten beiden Audiobeispielen ist die Editierarbeit von VocAlign dann im Kontext mit weiteren Instrumenten zu hören. Dadurch, dass den Gitarren die rhythmische Unstimmigkeit ein wenig genommen wird, harmonieren sie auch besser mit dem restlichen Arrangement. Das hätte man per Hand auch nicht wirklich besser machen können!

Audio Samples
0:00
11. Guitars 12. Guitars aligned 13. Song 14. Song (Guitars aligned)

Leider muss das Audiosignal von Guide- und Dub-Spur ungefähr gleich lang sein und auch einen sehr ähnlichen Content haben. Beispielsweise ist es nicht möglich, reine AdLips (Endungen einer Textpassage) an eine Refrain-Spur anzugleichen. Hier muss man also Editing-mäßig selbst Hand anlegen.

Fazit

Mit VocAlign Pro 4 hat Synchro Arts ein kleines Wundermittel gegen asynchrone Vocal-Takes erschaffen. Nicht nur im Pop- und Rockbereich, sondern auch bei der Korrektur von Rap macht der Einsatz von VocAlign in der Musikproduktion besonders Sinn. Das Plug-in punktet mit einer einfachen, überschaubaren Bedienoberfläche und einem Workflow, mit dem das Angleichen von Vocals mit wenigen Klicks durchgeführt ist. Obwohl das Tool ursprünglich zur Synchronisierung von Sprache in Postproduktionen erfunden wurde, wirkt es in der Musikproduktion wahre Wunder und spart viele Stunden Timing-Editier-Arbeit. Guide- und Dub-Spur müssen allerdings in etwa den gleichen Inhalt besitzen, sonst kommt der Algorithmus durcheinander. VocAlign ist daher nicht jeder Aufgabe gewachsen. Natürlich könnte man auch jedes Wort in der DAW selbst schneiden, faden und kleben, doch gerade bei aufwendigen Vocal-Arrangements kann VocAlign eine Menge Arbeit ersparen – synchrone Vocals auf Knopfdruck!

Pro
  • einfache Konfiguration und Bedienung
  • schnelle, authentische Ergebnisse
  • keine Artefakte hörbar
  • fünf Modi mit unterschiedlichen Charakteristiken
Contra
  • wenige, manuelle Eingriffsmöglichkeiten
  • Ausgangsmaterial darf nicht zu stark voneinander abweichen
  • stolzer Preis für die Vollversion
Synchro_Arts_Vocalign_Pro_Bild_01_Aufmacher Bild
Features
  • Synchronisations-Werkzeug
  • automatische Synchronisierung zweier Audiotracks
  • synchronisiert Vocals, Instrumente und Drums
  • Bearbeitung des Time-Stretchings via Sync-Points
  • 5 Algorithmen reagieren unterschiedlich auf Ausgangsmaterial
  • kompatibel mit AU, VST3, AAX, ARA und AudioSuite
  • inklusive Standalone-Editor
  • Neu in Version 4
  • eigene Erstellung von Sync-Points
  • Ausklammern bestimmter Bereiche des Dub-Materials mit Protect Signal Blocks
  • verbessertes Time-Stretching
  • fortgeschrittener Algorithmus zum Angleichen von Drums
  • Verarbeitungslänge auf 5 Minuten erweitert
  • Systemvoraussetzungen: Windows ab Vista (SP 2), macOS 10.6 oder neuer, VST3/AAX/ARA/AU-fähige DAW
  • Systemvoraussetzungen: Windows ab Vista (SP 2), macOS 10.6 oder neuer, VST3/AAX/ARA/AU-fähige DAW
Preis
  • Vollversion: 337,48 EUR,- EUR
  • Upgrade von VocAlign Project: 260,- EUR
  • Upgrade von VocAlign Project LE 287,- EUR
Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • einfache Konfiguration und Bedienung
  • schnelle, authentische Ergebnisse
  • keine Artefakte hörbar
  • fünf Modi mit unterschiedlichen Charakteristiken
Contra
  • wenige, manuelle Eingriffsmöglichkeiten
  • Ausgangsmaterial darf nicht zu stark voneinander abweichen
  • stolzer Preis für die Vollversion
Artikelbild
Synchro Arts VocAlign Pro 4 Test
Hot or Not
?
Synchro_Arts_Vocalign_Pro_Bild_01_Aufmacher Bild

Wie heiß findest Du dieses Produkt?

Kommentieren
Schreibe den ersten Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.
Bonedo YouTube
  • iZotope Ozone 12 Bass Control Demo (no talking)
  • LD Systems ICOA Pro Series - All you need to know!
  • Watch THIS if you use analog gear! Everything you need to know about the Freqport FreqInOut FO1