Wenn der Name Programm ist: Mit SSL Revival 4000 schrumpft ein kompletter SSL Channel-Strip der legendären SL 4000 Console in appetitliche 19-Zoll-Breite. Ein Mono-Kanalzug, der wichtigste Zutaten der B- und E-Series vereint: Jensen-Übertrager im Preamp, B-Style De-Esser, mächtige E-Dynamics sowie der EQ mit umschaltbarer Brown/Black-Charakteristik. Dazu kommen SSL-typische Workflow-Extras – fertig ist das „Best of 4000“ im 1-HE-Format.

This is Revival
Mit dem Revival 4000 setzt sich SSL selbst ein Denkmal, zumal die Briten lange keinen Channelstrip im Portfolio hatten. “Assembled in China” versammelt der 3,8 kg schwere 1-HE Bolide 22 bunte Potis und 25 Taster mit LEDs üppigst auf moderner, dunkler Front.

Der Channel ist reichhaltig ausgestattet, bleibt aber komfortabel zu bedienen – selbst wenn es fummelig wirkt: am EQ hat man den meisten Platz – gut so.
Der Name allein („4000 Revival“) verrät indes nur wenig, da die echte 4000er-Konsolen zwischen 1976 und 2002 im Kern und im Äußeren sehr ähnlich gebaut wurde. Die entscheidenden Evolutionsstufen wurden durch Buchstaben markiert: B, E und G+ gelten bis heute als die prägendsten Varianten.

Jensen – zurück zu den Wurzeln
Ein wichtiger Wendepunkt der 4000er-Historie war der Abschied vom Übertrager-Design: ab 1980 setzte SSL auf trafolose, sprich DC-gekoppelte Eingänge, was mehr Headroom und geringere Verzerrungen versprach – und sich ab sofort für modernen, schnellen SSL-Sound verantwortlich zeigte.
Später wurde es “noch sauberer”, was dann unter dem SuperAnalogue-Label mit der 9000er Serie began. Aber das nur am Rande.


Da es sich hier ganz offensichtlich um ein herrlich traditionelles Revival handelt, sitzt dem Preamp erneut ein Trafo namens Jensen JT-115K-EPC vor. Genau, wie in den B- und frühen E-Series von 1976 bis 1979. Vor allem das verleiht dem Signal den gesättigteren, manche würden auch sagen, heißen Old-School SSL-Crunch.
Dennoch gilt Jensen bereits seit den 70ern als einer der besten Übertrager-Hersteller weltweit, sodass die Übertrager-Stufe trotz Vintage-Anmutung bereits ausgesprochen clean und präzise arbeitet. Härter angefahren entwickelt sich aber zweifelsohne eine angenehm-prickelnde Lebendigkeit, es wird saftig und man komprimiert auch bereits deutlich.
Preamp mit allen Schikanen
Der Mic-Pre bietet jedenfalls kräftige 70 dB Gain sowie 20 dB zusätzlichen “Clean-Gain” über den nachgeschalteten Trim, der alternativ auch die Line-Level-Betreuung übernimmt.
Hinzukommen Standard-Features: +48 V, Phasenumkehr und Pad. Zugang gibt es auf der Rückseite via XLR. Einen DI-Eingang oder gar einen Kopfhörer-Ausgang gibt es indes nicht. Schade eigentlich.

Alle Taster am Gerät rasten aber satt ein und werden allesamt von bunten LEDs eindeutig quittiert. Ein separater Line-Eingang steht rückseitig bereit und wird über den Line-Taster aktiv – allerdings ohne den Übertrager im Signalweg.
B-De-Esser – kompakt gelöst
Die frühe SL4000-B-Serie brachte einen Compressor mit, der auch als De-Esser nutzbar war – Vorläufer des später legendären SSL Bus-Compressors.
Das Konzept hat SSL im 500er-Format als B-Dynamics kürzlich wiederbelebt. Weitere Details zu den Unterschieden zwischen Bus-Comp, B- und E-Comps findet ihr im Test.
Im Revival 4000 steckt jedenfalls B-Dyn-DNA: Ein One-Knob-De-Esser, festgelegt auf 7 kHz mit einer Ratio von 10:1.
Steuerbar ist der De-Esser aber lediglich über die Intensität (Threshold) mit einem Poti. Das erinnert im Ansatz an Six und Big Six, wobei sich an dieser Stelle ein einfacher “Over-Easy”-Comp fand.
Für Vocals bringt die Lösung sicherlich Mehrwert – für Drums fehlt die wählbare Einsatzfrequenz. Es bleibt ohnehin die Frage: Wäre ein VHD/Fusion Drive an der Stelle nicht das spannendere Geschenk gewesen?
E-Dynamics – Workhorse pur
Der funktionale Kern des Channel-Strips sind zweifelsohne die E-Series Dynamics, mit Compressor sowie dem mächtigen Gate/Expander. Beide kommen in originaler Besetzung, sprich diskreter VCA-Bauweise in Class-A Technik.

Der Compressor wird über Threshold und Ratio geregelt. Die Release ist stufenlos, der Attack schaltbar: 30 ms normal oder 3 ms im Fast-Attack-Modus – letzteres wirkt wie ein Limiter. Ferner lässt sich das Release-Verhalten zwischen Linear/Exponentiell sowie das Knee zwischen Hard/Soft umschalten.
Der dahinter liegende VCA arbeitet mit einer RMS im Sidechain und kann das Filter oder den EQ bei Bedarf zusätzlich verwenden, beispielsweise um nerviges Bass-Pumpen zu entfernen. Ferner kann der Sidechain für Stereo gelinked sowie mit externen Key gefüttert werden.
Flexibles Gate/Expander
Mit der Range steuert man hier die Spreizung des Gate/Expander-Eingriffs. Mit dem Threshold wird indes der Arbeitspunkt inklusive dynamischer Hysteresis gewählt, welche das Abschalten übernimmt. Von subtiler, teils kreativ-rhythmischer Pegelsenkung bis zum harten Zumachen ist alles möglich!
Eingestellt wird das Schließ-Verhalten über EXP, was die Ratio von 10:1 (Gate) zu 2:1 (Expander) verändert. In Verbindung mit der Release gut anpassbar, lassen sich so auch Atem- oder Nebengeräusche kontrollieren oder Drums eben punktiert freistellen. Ich mag den Expander-Effekt besonders auf Percussion-Gruppen, hier gibt er freshen Shuffle.

Der vorgelagerte De-Esser als Einzelnes sowie die Dynamics als Ganzes lassen sich auch POST-EQ schalten, hinzukommt ein Insert, der nach dem Eingang oder kurz vor dem Ausgang wirken kann. Flexibel zeigt sich außerdem die umfangreiche Pegel-Ampel aus fünf LEDS, die sowohl Input als auch Output visualisieren kann.
Der Insert-I/O wurde auf TRS ausgeführt, der Mic Ein- und Ausgang auf XLR. Der S/C-Link setzt indes auf T(R)S, der externe Sidechain-Input wiederum auf Combo, wie der Line-in. Warum nur zur Hölle so viele unterschiedliche Formate, SSL? Der Strom wiederum kommt ganz normal und IEC-mäßig weltweit.
Classic EQ – Brown & Black
Last but not least: der Equalizer. Ein vollwertiger 4-Band-EQ mit zwei vollparametrischen Mittenbändern und Außenbändern, die sich als Shelf oder Glocke nutzen lassen. Ein absoluter Klassiker – und ohne Zweifel das klangliche Highlight dieses Channelstrips.
Besonders luxuriös und nicht in der API-500-Serie zu finden: die mächtigen Low- und High-Cut-Filter, welche variabel von 20 Hz bis 500 Hz bzw. von 3 kHz bis 13 kHz inklusive Bypass nutzbar sind.

Hinzu kommt ein Black-Knob-Mode (BLK), der EQ und Filter etwas bissiger macht: Der Gütefaktor der Bänder steigt so in den Extremen merklich, die Filter werden also steiler sowie der mögliche Eingriff kräftiger. Im Black-Mode sind beispielsweise bis zu 18 dB Bass-Boost möglich – der normale Shelf hingegen liefert „nur“ 13 dB. Auch deswegen finden sich keine expliziten Beschriftungen an den Gain-Potis.