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Sontronics Sonora II Test

Der Sontronics Sonora II ist – wie man sich denken kann – die Neuauflage des beliebten Stereo-Preamps Sonora. Es handelt sich allerdings nicht um ein einfaches Facelift, sondern es hat durchaus Änderungen gegeben. Auf der Musikmesse im letzten Jahr wurde das Gerät schon vorgestellt, ist jetzt aber erst in den Handel gelangt. Wir haben uns schnell ein Item aus der Serie gesichert und zur großen Hauptuntersuchung bei uns gebeten.

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Schon die auf der Verpackung prominente Flagge Großbritanniens deutet darauf hin, dass Sontronics die höheren Stundenlöhne in Westeuropa gerne in Kauf nehmen und die Vorteile einer kontrollierbareren Produktion nutzen: Der Sonora II wird im Land von Royal Mail, Brown Ale und des vorbildlichen Schlangestehens entwickelt und gebaut, aber zum Redesign hat auch das Feedback vieler User des Vorgängers beigetragen, darunter Dave Grohlund Josh Homme.

Details

Gutes Zeichen: Dickes, externes Netzteil

Der Sontronics Sonora II (in Sontronics’ Dokumenten “Sonora 2” geschrieben) ist eine kleine, portable Box, welche mit einem externen Netzteil mit Spannung versorgt wird – das hält böse Einstreuungen aus dem Preamp fern. Bei der Power-Supply handelt es sich mitnichten um ein fummeliges Steckernetzteil oder ein Universalgerät ostasiatischer Produktion, sondern um eine ebenfalls im Land der Queen hergestellte, mit über einem Kilogramm recht gewichtige Box, welche 230 oder 110 Volt transformiert und die 15 Volt für den Amp und die 48 Volt für die Phantomspeisung bis in die vierpolige Buchse mit Schraubverschluss am eigentlichen Preamp bugsiert. Der Schlüssel zu hoher Klangqualität liegt bekanntlich gerade bei Mikrofonvorverstärkern in Dimensionierung und qualitativer Ausführung des Netzteils. Das weiß man bei Sontronics offenbar: Sogar der im Netzteil verbaute Ringkerntransformator stammt ebenfalls nicht von der Stange, sondern ist eine Eigenentwicklung.

Fotostrecke: 4 Bilder In trauter Zweisamkeit: Preamp und Netzteil

HPF, Pad, Phantom und Phase Inversion

Die Frontplatte teilen sich die Bedienelemente der beiden Kanäle. Eine Zeile bilden dabei die oben angeordneten Bedienelemente, die bei Mikrofonvorverstärkern keineswegs fremd sind. Ein 12dB/Oct-Hochpassfilter, welches bei 75 Hz seinen -3dB-Durchlaufpunkt besitzt, macht den Anfang. Bei Bedarf verringert eine Vorabschwächung den Pegel des anliegenden Signals um 20 Dezibel. Eine Neuerung gegenüber dem Vorgänger ist, dass es nun endlich eine Phaseninvertierung gibt – bei beiden Kanälen. Und natürlich darf auch ein Schalter zur Aktivierung der Speisespannung für Kondensatormikrofone nicht fehlen.

Maximal 66 dB Gain

Für die Höhe der Verstärkung ist in jedem Kanal ein Rasterpoti zuständig, welches in 6dB-Schriten eine Maximalverstärkung um 66 dB ermöglicht – das ist bei geringem Rauschen auch genug für schwachbrüstige Bändchen. Trotz grober Schritte des Gains (immerhin Pegelverdoppelung!) gibt es kein separates Trim-Poti. Doch seien wir mal ehrlich: Bei den meisten Anwendungsfeldern reicht das aus – nur ein Gaintracking bei der Aufnahme ist so  natürlich nicht möglich. Im Gegenzug erlaubt die Rasterung den einfacheren Stereobetrieb. Dieser wiederum setzt geringe Unterschiede beider Kanäle voraus – das kann ich vor dem Praxis-Teil dieses Reviews auch schon positiv bestätigen.

Fotostrecke: 3 Bilder Die Inverstierung der Phase ist in der Version 2 des Sontronics Sonora neu hinzugekommen

“Metering” und Anschlüsse

Über die drei XLR-Pins der Neutrik-Combobuchse entern wahlweise Mikrofon- oder Line-Level-Signale den Vorverstärker, das dicke Loch in der Mitte (6,3mm Klinkenbuchse) nimmt Instrumentensignale auf, wodurch sich der Sonora II auch als DI-Box für Gitarre, Bass, Rhodes und dergleichen verdingen kann. Das Metering besteht pro Kanal nur aus einer Signal- und einer Over-LED. Pro Kanal hält die Rückseite direkt zwei parallel betreibbare Ausgänge bereit: eine symmetrisch oder unsymmetrisch abgreifbare Klinkenbuchse sowie eine XLR-Männchen-Buchse – übrigens alles ebenfalls von Neutrik aus Liechtenstein. Zudem liegt hier hinten auch der Ground Lift.

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Übertragerlos

Der Sontronics Sonora II verstärkt in Class-A-Transistortechnik und orientiert sich eben nicht, wie so viele andere Preamps, an bekannten Designs. Trotz hoher Linearität und Bandbreite (annähernd ebener Frequenzgang von 20 Hz – 20 kHz) ist laut Chef Trevor Coley ein leichter Vintage-Touch zu spüren – vor allem durch einen sanften Roll-Off in den Höhen. “Sanft” sollte man angesichts von nur 0,4 dB Absenkung bei 20 kHz im Pegelfrequenzgang auch für voll nehmen – denn “höhenarm” wäre definitiv etwas anderes. Bei vielen alten oder nach altem Vorbild gebauten Vorverstärkern sind Übertrager wesentliche Soundmaker. Im Sonora II sind hingegen keine derartigen Transformatoren verbaut.

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Praxis

“Britisch Elend”? Nix da!

In der Audiobranche hat die Fertigungsqualität auch mancher sehr hochpreisiger britischer Hersteller einen eher zweifelhaften Ruf. Über “Made in Britain” wurde und wird auch insgesamt viel gespottet. Doch gibt es schließlich auch Unternehmen wie beispielsweise den Automobilbauer McLaren, dem man viel nachsagen kann, nur bestimmt nicht eine miese, nachlässige Verarbeitung. Dass der Sonora II in einem englischen Werk produziert wird, das auch Teile für McLaren, Ferrari und die Eurofighter Jagdflugzeug GmbH fertigt, sollte ausreichen, um den Qualitätsanspruch zu unterstreichen. Und tatsächlich macht alleine schon das im Vergleich zum Vorgänger etwas größere und massivere Gehäuse den Eindruck, häufige Standortwechsel und auch mal versehentlich ruppigen Umgang sehr gut zu verkraften.

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Bedienbarkeit ordentlich

Ausstattungsseitig kann man natürlich schnell meckern. Ein umfangreiches Metering, stufenlose HP-Filter, umschaltbare Impedanz und dann noch dies und dann noch das und dann noch jenes… Ich persönlich freue mich immer über ein umfangreiches Metering, wenngleich mein Lieblingspreamp aber überhaupt keines hat. Ich benutze ihn trotzdem, ich lebe noch, die Welt dreht sich weiterhin. Für die Fehlersuche sind aber die Ausstattungsmerkmale des Sonora II hilfreich genug, darunter die rudimentäre Pegelanzeige und die weithin sichtbare Information über eingeschaltete Phantomspeisung. Überhaupt geht die Bedienung des Preamps gut von der Hand, mit der Anordnung kann man sehr zufrieden sein, die schön kontrastreiche Beschriftung dürfte höchstens noch etwas größer sein, aber das ist eher unerheblich. Wichtiger: Die Potis des Sontronics laufen nicht zu schwer und nicht zu leichtgängig, sondern genau richtig und konstant: Sie verfügen über eine ordentliche haptische Rückmeldung, sind aber leichtgängig genug, damit sich beim einhändigen Betrieb als Desktop-Box nicht der ganze Preamp bewegt. Gut so, denn das könnte ziemlich nerven. Nicht ganz glücklich bin ich mit der Wahl der Potikappe, da man ihre Position bei manchen in Regie-, Aufnahme- oder Proberäumen und natürlich Live herrschenden Lichtverhältnissen nicht gut erkennen kann.

Britischer Charakter, aber genau das mit englischer Zurückhaltung

Füttert man die kleine schwarze Kiste mit Mikrofonsignalen, kann man sich über die Art und Weise freuen, mit der sie hochverstärkt werden: Der neue Sonora klingt frisch, aber nicht zu brillant oder gar harsch. Sicher ist “Ausgewogenheit” ein arg strapazierter Begriff, doch hier passt er. Gerade Sänger mit scharfen Konsonanten und zu kratziger, britzeliger oder dünner Stimme begegnet er mit leichten Streicheleinheiten: Ein wenig scheint er die Härte aus den Signalen zu nehmen zu können, ohne sie dabei matt oder lustlos wirken zu lassen. Ja: Es ist ein bisschen das, was man von englischen Vorverstärkern erwartet. Gegenüber der bekannten Firma mit dem Zacken-N ist er aber weitaus klarer und definierter (vielleicht einfach nicht ganz so schöngeistig und “sophisticated”). Hier macht sich bemerkbar, dass im Preamp keine Ausgangsübertrager verbaut wurden. Für sämige Popvocals mag man dahingehend etwas vermissen, doch halte ich im Gegenzug die Vielseitigkeit des Sonora II für größer. Kleinmembraner, feinste Strukturen von Ridebecken oder Akustikgitarren? Hier ist der Preamp definitiv zuhause. Ich kann den offenbar etwas unterkoffeinierten Sänger Chul-Min im Audiobeispiel zu Wort kommen lassen, der bei mir über den Preamp gesungen hat. Seinen Konsonanten wird etwas die Kantigkeit genommen, ohne dass das Ergebnis allzu indifferent oder “beschwichtigend” daherkommen würde. Auch hat man nicht das Gefühl, dass der Sontronics dem Signal seinen Stempel aufzudrücken versucht – der Charakter ist wirklich sehr subtil.

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The Singer Needs Coffee Sontronics Sonora II Tube-Tech MP-1A MotU 896 mkIII Sontronics Sonora II Pad

Ebenfalls sehr unaufgeregt greift das Filter. Es liegt tief genug und ist nicht sonderlich steil (und damit tendenziell wellig). Zum Entrumpeln eines Signals taugt es also gut, zur Kompensation eines Nahbesprechungseffekts natürlich eher weniger.

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Sontronics Sonora II, HPF
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Fazit

Mit dem Sonora II hat der englische Hersteller Sontronics einen Preamp auf den Markt gebracht, der in erster Linie durch eine hervorragende Balance zwischen einem sehr klaren, deutlichen Klang und einer leichten Zurücknahme von Schärfe und Kratzigkeit begeistert. Wer ein Charaktermonster sucht, wird mit dem Sonora nicht glücklich sein, wer einen anderen derart hochwertigen Stereopreamp sucht, wird zumindest keinen preiswerteren in dieser Güteklasse finden. Positiv – und dem Gerät durchaus anzumerken – ist, dass es im nicht gerade als Billiglohnland bekannten Vereinigten Königreich hergestellt wird. Neben den genannten Punkten machen die räumliche Trennung von Power Supply und Unit, sehr viel eigene Entwicklung und eine recht umfangreiche Ausstattung das Stereogerät zu einem höchst interessanten Vorverstärker für eine Vielzahl möglicher Anwendungen.

Pro
  • sehr detaillierter Klang
  • nicht harsch oder spitz
Contra
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Technische Spezifikationen
  • Stereo-Mikrofonvorverstärker
  • Phantomspeisung: +48 Volt
  • Phaseninvertierung
  • 20 dB Pad
  • Hochpassfilter (12dB/oct bei 75 Hz)
  • Mikrofon-, Line- und Instrumenteneingang (Kombibuchsen)
  • maximales Gain: 66 dB
  • zweiteilige Pegelanzeige
  • XLR- und TS-Ausgang
  • externes Desktopgehäuse
  • Preis: EUR 899,- (UVP)
Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • sehr detaillierter Klang
  • nicht harsch oder spitz
Contra
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Sontronics Sonora II Test
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