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Sennheiser Evolution e 602-II Test

Mit dem Sennheiser e 602-II haben wir ein weiteres dynamisches Mikrofon für die Abnahme der Bassdrum im Review. Es ist sicherlich keine Übertreibung, wenn man behauptet, dass die Mikrofonierung der Bassdrum eines der wichtigsten, wenn nicht gar das wichtigste Element bei der Ab- beziehungsweise Aufnahme von Schlagzeugen ist.

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Besonders im weiten Feld der Backbeat-Musik braucht es sowohl einen körperlich-druckvollen Bassbereich als auch klar ortbare Präsenzen, um dem Instrument zu Hörbarkeit und Durchsetzungsfähigkeit zu verhelfen. Zu guten Ergebnissen kommt man dabei auf verschiedenen Wegen.
Nach wie vor setzen viele Toningenieure auf Klassiker wie das Electro Voice RE20 oder das Sennheiser MD 421, wenn es um das Bannen von Bassinstrumenten auf Tape oder Festplatte geht. Aufgrund ihrer Konstruktion als weitgehend neutral klingende Allrounder, bedarf es bei diesen legendären Werkzeugen der Audiokunst allerdings einer geübten EQ-Hand, um zu tollen Ergebnissen zu gelangen. Plug and Play ist hier – zumindest für einen modernen Bassdrumsound – eher nicht angesagt. Außerdem muss man für die genannten Mikrofone mindestens 400 Euro auf den Tresen des Musikladens legen, was für die reine Anwendung als Bassdrum- oder Bassamp-Mikro schon eine recht stattliche Summe ist. Weniger als die Hälfte kostet hingegen unser Testkandidat Sennheiser e 602-II. Damit tummelt sich das Gerät im großen Haifischbecken der auf Bassabnahme „geschneiderten“ Mikrofone vom Schlage eines AKG D112, Shure Beta 52a, Electro Voice N/D 868 und vielen anderen. Ob das 602er eine gute Alternative zur mächtigen Konkurrenz darstellt, lest ihr in den folgenden Zeilen. 

Details

Leicht, aber stabil präsentiert sich das e 602-II

Der erste Griff in den schlanken Karton offenbart gleich den ersten großen Pluspunkt des e 602-II: sein geringes Gewicht von nur knapp über 300 Gramm. Sicherlich ist die elegante und schnörkellose Form des Aluminiumgehäuses auch nicht zu verachten, genauso wenig wie die anthrazitfarbene, sauber aufgebrachte Lackierung. Gerade im Live-Betrieb gehört es allerdings zu den besonders nervigen Szenarien, wenn das altersschwache Mic-Stativ unter einem zu schweren Schallwandler in die Knie geht und das montierte Gerät langsam in Richtung Resonanzfellloch oder Bassdrum-Kessel zieht. Dieser Gefahr nimmt unser Test-Exemplar jedenfalls zumindest einen Teil ihres Schreckens. Zum Vergleich: ein Shure Beta 52a wiegt 600 Gramm, ein Sennheiser 902 440 und ein EV RE20 satte 1400 Gramm. Mit unter 300 Gramm Gewicht und einer kürzeren Bauweise können nur wenige Konkurrenten aufwarten, darunter zum Beispiel das Audix D6 sowie das EV N/D 868. 

Fotostrecke: 6 Bilder Die XLR-Buchse ist in den Korpus eingelassen, das Mikrofon verfügt über ein eingebautes Gelenk.

Kein neutraler Frequenzgang – ist auch nicht gewünscht

Im hinteren unteren Drittel des Gehäuses befindet sich das Schraubgewinde zur Befestigung am Stativ, auf der Rückseite ist die XLR-Buchse eingelassen. Schalter, wie beispielsweise zur Frequenzganganpassung oder Pegelabsenkung (Pad), gibt es nicht. Beim e 602-II handelt es sich um ein dynamisch arbeitendes Mikrofon, hinter einem schwarzen Drahtgitter verrichtet eine auf eine besonders leichte Tauchspule aufgebrachte Membran ihren Dienst. Ein Blick auf das Frequenzdiagramm verrät, dass das e 602-II mitnichten der Neutralität verpflichtet ist, im Gegenteil: Im Bereich von 60 sowie von 5000 Hertz gibt es ausgeprägte Berge zu bestaunen, die Mitten behandelt das Mikrofon – laut Frequenzkurve – stiefmütterlich. Insgesamt weist Sennheiser einen Übertragungsbereich von 20 bis 16 000 Hertz aus, was in Anbetracht der Spezialisierung auf bassbetonte Instrumente völlig ausreichend ist.  

Sennheiser: Dieser Schriftzug steht für Qualität Made In Germany.
Sennheiser: Dieser Schriftzug steht für Qualität Made In Germany.
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Praxis

Zwei Bassdrums für den Test

Im Einsatz gibt das Sennheiser Evolution e 602-II – wie zu erwarten – keinerlei Rätsel auf. Es lässt sich auch mit schwächlichen Stativen sicher positionieren, passt durch relativ kleine Resonanzfell-Öffnungen und gibt sich optisch unauffällig. Kommen wir also zu den klanglichen Eigenschaften des Testkandidaten. Zwei weitere Mikrofone aus meinem persönlichen Fundus dienen mir im Verlauf des Tests als Referenz: ein EV N/D 868 sowie ein DM 1B des englischen Herstellers Sontronics. Da es heutzutage eine immer beliebter werdende Praxis ist, verschiedene Bassdrum-Mikrofone miteinander zu kombinieren, hört ihr in einigen Soundfiles zusätzlich noch ein Solomon LoFReQ, ein als Mikrofon arbeitender Lautsprecher. Zwei Bassdrums, die sich konstruktiv und von der Größe her stark unterscheiden, dienen mir als Schallquellen. Einmal eine Pearl Masters MBX Birken-Bassdrum mit dünnem, an den Rändern verstärktem Kessel in der Größe 20×16 Zoll sowie eine Wahan Acryl-Bassdrum, 24×13 Zoll groß. Während die Pearl eher einen modernen Pop-Rock-Sound repräsentiert, fungiert die Wahan mit ihrer klassischen Größe und breiter Fellauflage eher als Beispiel für einen traditionelleren Klang. Auch am Floortom habe ich das 602 eingesetzt, hier kam das zur Pearl-Bassdrum passende 14×12-Modell zum Einsatz. 

Das Sennheiser Evolution e 602-II im Praxiseinsatz vor der Bassdrum
Das Sennheiser Evolution e 602-II im Praxiseinsatz vor der Bassdrum

602 punktet mit Druck und Präsenz

Bereits beim Soundcheck wird deutlich, worauf es den Sennheiser-Konstrukteuren beim 602 ankam, nämlich Druck im Bass und Präsenz in den Höhen. Oder anders: Das 602 liefert das, was die meisten Drummer wollen und was sich in den meisten Situationen durchsetzt, ohne großartig bearbeitet werden zu müssen. 

Klangbeispiele mit der 20“-Bassdrum

Die verwendete 20“-Holz-Bassdrum ist auf der Schlagfellseite mit einem klaren Remo Powerstroke 3 ausgestattet und relativ weit herunter gestimmt. Das Resonanzfell ist ein klares, ventiliertes Ambassador, mittig in der Öffnung befinden sich die Mikrofone. In der Trommel liegt ein kleines Daunenkissen, welches das Resonanzfell leicht dämpft. Ziel war also ein kontrolliert-offener, aber druckvoller Ton, wie er für das weite Feld der Backbeat-Musik passen könnte. Für jedes der drei Mikrofone habe ich den gleichen Groove gespielt, ihr hört ihn jeweils einmal in der Gesamt-Mikrofonierung mit dem Solomon Subkick-Verschnitt, einmal ohne das Subkick und einmal das Mikrofon solo. 

Audio Samples
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602-II in 20er solo 602-II in 20er Set 602-II in 20er Set mit Subkick EV ND 868 in 20er solo EV ND 868 in 20er Set EV ND 868 in 20er Set mit Subkick DM 1 B in 20er solo DM 1 B in 20er Set DM 1 B in 20er Set mit Subkick

Fester, wuchtiger Sound

In den Soundfiles hört ihr schnell, dass das Sennheiser die Bässe und Höhen herausstellt, besonders die Übersprechungen von Hi-Hats und Snaredrum im Solo-Modus verdeutlichen die Präsenzanhebung. Im Groovekontext wird daraus ein fester, wuchtiger Rocksound, den man ohne großartige Nachbearbeitung verwerten kann. Im Vergleich zum neutraler ausgelegten Sontronics fällt allerdings auch auf, dass der Sound insgesamt künstlicher daherkommt, es fehlt schlicht die mittige Kesselresonanz. Auch an die Natürlichkeit der Bässe des Electro Voice kommt das Sennheiser nicht ganz heran. Im Verbund mit dem Solomon Subbass-Mikro ergibt sich an der Test-Bassdrum ein großer, solider Rock-Bassdrumsound, der kaum Wünsche offen lässt. Der große Vorteil ist hier, dass es eben kaum EQ-Korrekturen braucht, um die Trommel solide im Mix unterzubringen. Auch dynamisch ist das e 602-II auf Zack, die leichte Membran setzt Luftbewegungen schnell um und sorgt damit für eine lebendige Transientenwiedergabe. Dass diese wiederum nicht wirklich realistisch wirkt, sondern fast ein bisschen „digital“ klingt, dürfte auch auf die Präsenzbetonung der Elektronik zurück zu führen sein.

Typische Position im Inneren einer Bassdrum
Typische Position im Inneren einer Bassdrum

Klangbeispiele mit der 24“-Bassdrum

Für die Soundfiles mit der großen Bassdrum befinden sich die Mikrofone jeweils mittig etwa fünf Zentimeter vor dem Resonanzfell. Beide Felle sind einlagig und klar, ein kleines, vier Zoll großes Loch im Resonanzfell sorgt für die Sustain-Kontrolle. Die Stimmung der Felle liegt im mittleren Bereich.
Verwendet man das 602 als einziges Mikrofon, ergibt sich ein sehr runder, erstaunlich bassiger Ton, der mir auf Anhieb gut gefällt. Der Vergleich mit dem akustischen Sound der Bassdrum im Raum als auch mit dem neutraleren Sontronics verrät allerdings auch hier, dass das 602 Bässe stark betont und Mitten stark beschneidet. In Kombination mit dem Solomon-Subkick-Verschnitt würde ich die Bässe des 602 per Low Cut beschneiden, hier kommen sich die Frequenzen sonst phasenmäßig in die Quere. Homogener und realistischer klingen hier die Kombis aus Solomon und den beiden Vergleichsmikrofonen. Für den natürlichen, klassischen Bassdrum-Ton wäre das 602 im Studio also nicht meine erste Wahl, obwohl es auch hier niemanden davon abhalten sollte, einen guten Sound zu erreichen. Ich habe euch hier das 602 und zum Vergleich das EV 868 aufgenommen. 

Audio Samples
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602-II in 24er solo 602-II in 24er Set 602-II in 24er Set mit Subkick EV ND 868 in 24er solo EV ND 868 in 24er Set EV ND 868 in 24er Set mit Subkick
Auch vor 24"-Acryl-Bassdrum arbeitet das Mikro ordentlich.
Auch vor 24″-Acryl-Bassdrum arbeitet das Mikro ordentlich.

So klingt das 602 am Floortom

Am tief gestimmten Floortom kommen die 602-typischen Charakteristika besonders deutlich zum Vorschein, was sich gut im Vergleich mit dem natürlicher abgestimmten EV N/D 868 zeigt. Während das EV die mittleren Kesselresonanzen der Birkentrommel abbildet, fokussiert das 602 in Richtung Attack und Bass. Ein sauberer, moderner Sound ist auch hier wieder die Folge, eventuell störendes Mittenbrummen wird gar nicht erst übertragen. Was für den Einsatz an Bassdrums gilt, kann also auch auf große Toms übertragen werden. Hier könnt ihr euch die Floortom-Soundfiles anhören:

Audio Samples
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602-II Floortom solo 602-II Floortom Set EV ND 868 Floortom solo EV ND 868 Floortom Set
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Fazit

Für knapp 160 Euro Verkaufspreis bekommt man mit dem Sennheiser e 602-II ein problemlos handhabbares, sowohl im Studio als auch live funktionierendes Bassdrum-Mikrofon mit modernem Sound. Rund und solide sitzt es im Mix, und dürfte besonders im Live-Betrieb in den meisten Fällen direkt zu druckvollen Ergebnissen führen. Wer allerdings auf der Suche nach einem Bassdrum-Mikrofon für natürlichere Anwendungen mit mehr Mittenanteil ist, oder allgemein Wert darauf legt, im Mix möglichst alle Frequenzbereiche zur individuellen Bearbeitung zur Verfügung zu haben, wird beim 602 nicht unbedingt fündig. Dafür hat Sennheiser dann eben Klassiker wie das MD 421 im Programm. Als Alternative zu den Platzhirschen AKG D112, Audix D6 oder Shure Beta52a verdient das e 602-II insgesamt eine klare Antestempfehlung. 

Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • ein moderner, solider Bassdrumsound ist schnell umsetzbar
  • leichte und robuste Verarbeitung
  • moderater Preis
Contra
  • der stark vorgeformte Sound schränkt die Bearbeitungsspielräume etwas ein
Artikelbild
Sennheiser Evolution e 602-II Test
Für 139,00€ bei
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Features und Spezifikationen

  • Hersteller: Sennheiser
  • Bezeichnung: e 602-II
  • Wandlerprinzip: dynamisches Tauchspulenmikrofon
  • Richtcharakteristik: Niere
  • Impedanz: 350 Ohm
  • Frequenzgang: 20-16000 Hz
  • Finish: mattschwarz lackiert
  • Ausgang: XLR
  • Abmessungen: 15,4 x 6,0 Zentimeter
  • Gewicht: 318 Gramm
  • Zubehör: Tasche, Anleitung
  • Herkunftsland: Deutschland
  • Preis: € 189,– (UVP)
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Profilbild von Nikolaus Richter

Nikolaus Richter sagt:

#1 - 25.10.2024 um 23:45 Uhr

0

Das Sennheiser e 602 II mag für manchen ein tolles Mikrofon sein, für mich allerdings nicht . Ich hatte es mir Juni 2021 fürs Recording neu zugelegt. Hatte es 1x getested und war vom Sound nicht so überzeugt. Naja ab in den Mikrofonkoffer, ( veilleicht kann mans ja mal live einsetzen dachte ich. Habs gestern wieder hervorgeholt ums heute am Drumset (BD) einzusetzen. Der Sound war dünn und näselnd...........grausam. Fazit: Das Mikro wurde mir defekt verkauft!!! Ich habs dann aufgemacht ...raus kam der "heiße" Draht war nicht angeschlossen. Nachdem auch eine Reperatur nicht möglich war und Thomann auch keine Kulanz-Garantie ( Kauf Juli 2021) geben konnte oder wollte, habs ich selbst versucht ( ich bin vom Fach und habe schon mehrere Mikros repariert bzw. umgebaut) was gründlich daneben ging ! (naja was will man heutzutage noch an Qualität erwarten) Ich mußte dann auf ein 40 jahre altes ( Sennheiser)MD 421 notgedrungen umsteigen , welches wunderbar funktionierte ! Trotzdem: Die Firma Sennheiser hat sich meines Erachtens zu lange auf ihren Lorbeeren ausgeruht . Ich bin bitter enttäuscht, wie kann man denn allen Ernstes einen solchen Schrott produzieren !

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