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sE Electronics BL8 Test

China-Mikros“ haftet noch immer ein etwas unschöner Beigeschmack an, man denkt an harsche Höhen und OEM-Produktion. Die Firma sE Electronics hat sich jedoch als Qualitätsmarke etabliert. Eine hochwertige Verarbeitung, Kooperationen mit Audio-Legende Rupert Neve und nicht zuletzt ein ausgeklügeltes Marketing in den sozialen Netzwerken haben eine stabile Fanbase geschaffen. Kürzlich hat man das Sortiment um einen weiteren Schallwandler ergänzt, nämlich das sE Electronics BL8, ein Grenzflächenmikrofon.

Grenzflächenmikro

Wie von sE gewohnt, haben sich die Konstrukteure nicht damit begnügt, Vorhandenes zu kopieren. Stattdessen wartet der Testkandidat sE Electronics BL8 mit etlichen Spezialitäten auf, die es in dieser Kombination woanders nicht gibt. Neben den bekannten Low Cut- und Pad-Schaltungen gibt es auch eine Sound-Schaltung, die Einfluss auf den Frequenzgang nimmt. Doch damit nicht genug, die verbaute Kapsel kann getauscht werden. Ob das Konzept in der Praxis aufgeht, lest ihr auf den folgenden Zeilen in diesem Test. 

Quick Facts zum sE Electronics BL8

  • Grenzflächenmikrofon mit tauschbarer Kapsel (installiert: Niere)
  • Pegelabsenkung (schaltbar): -10 oder -20dB
  • Character-Schaltung: Flat, Classic und Modern

Das sE BL8 ist robust gebaut

Das sE Electronics BL8 kommt in einer kompakten Schachtel, neben der Bedienungsanleitung und einem Aufkleber finde ich darin außerdem eine Transporttasche aus Nylon. Das Mikrofon selbst besitzt die für Grenzflächen-Mikros typische, flache Form, und erinnert mich an eine verrundete Version des bekannten Shure Beta 91A. Sowohl das Gehäuse als auch das – rot unterfütterte – Schutzgitter bestehen aus Metall, mit knapp über einem halben Kilogramm Gewicht liegt das Teil schwer und solide in der Hand. Dreht man das BL8 um, stößt man gleich auf ein Trio aus Schaltern, eine vollflächige Gummierung soll das Verrutschen verhindern. Für eine Festinstallation hält das Testobjekt zudem die üblichen zwei Schraublöcher bereit. 

XLR-Buchse
Keine Ecken und Kanten, vergoldete XLR-Pins 

Es darf geschaltet und geschraubt werden

Kommen wir nun zu den technischen Daten, Schaltungen und Besonderheiten des sE Elewctronics BL8. Denn davon gibt es einige. Unter dem Schutzgitter arbeitet sE Electronics’ sE8-Nierenkapsel, bekannt aus dem Kleinmembran-Mikrofon sE8. Diese liefert einen Übertragungsbereich von 20 bis 20000 Hertz und eine hohe Empfindlichkeit von 25 mV/Pa. Tieffrequente Signalanteile können per Low Cut-Schalter wahlweise bei 80 oder 160 Hertz mit einer Flankensteilheit von sechs dB pro Oktave entfernt werden, besonders lauten Schallquellen kann mit einer Pegelabsenkung um wahlweise zehn oder 20 dB begegnet werden. Ist die zweite Stufe aktiviert, darf das BL8 mit maximal 159 dB SPL schadensfrei beschallt werden.

All dies ist natürlich eine nette Sache, spannend wird es jedoch erst mit dem Character-Switch, welcher neben der Neutral/Flat-Stellung ebenfalls zwei Alternativen anbietet: „Classic“ und „Modern“. Während die Flat-Position einen sehr linearen Frequenzgang mit leichter Präsenzanhebung bei etwa 7000 Hertz bietet, gehen die anderen Optionen klar in Richtung Bassdrum-Anwendung. Steht der Schalter des sE Electronics BL8 auf Classic, werden die Mitten um gute zehn dB breitbandig abgesenkt, mit der Modern-Position sind es sogar 15. 

Schalter
Hier wird es spannend: Low Cut, Pegelabsenkung, Character-Schaltung
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Das sE BL8 bietet etliche Klangoptionen in der Bassdrum 

In Sachen Handling verhält sich unser Testobjekt sE Electronics BL8 erwartungsgemäß sehr problemlos. Man schließt es an, aktiviert die Phantomspeisung und platziert die „Flunder“ einfach in der Bassdrum. In unserem Falle ist eine 20“ x 14“ Oriollo Aluminiumkesseltrommel mit vorgedämpftem Schlag- und gelochtem Resonanzfell. Um Verzerrungen zu vermeiden, aktiviere ich das 20dB-Pad, für den ersten Soundcheck stehen alle Schaltungen auf „Flat“. 

Das Ergebnis ist ein offener, detaillierter Sound, der alle Klanganteile im Inneren der Trommel ausgewogen abbildet. Der von Bassdrum-Mikrofonen gewohnte, aufgeräumte Sound stellt sich natürlich nicht ein, denn die Mitten werden weitgehend linear übertragen. Diese Einstellung dürfte für den Einsatz als Klavier-, Raum-, und Konferenzmikro ideal sein, wer einen „vorgeformten“ Bassdrumsound sucht, wird hier jedoch nicht fündig.

Boundary Layer
BL8 in der Bassdrum (natürlich nur für das Foto herausgezogen)

Das ändert sich in der „Classic“-Stellung deutlich, welche dem Klang durch die Mittenabsenkung einen kompakteren, aber auch bassigeren und Attack-lastigeren Anstrich verleiht. Weil es sich hier um eine passive Schaltung handelt – also etwas weg genommen wird – muss am Preamp entsprechend nachgepegelt werden. Mir gefällt an dem Setting, dass das sE Electronics BL8 trotzdem noch detailliert genug klingt und man das „Atmen“ der Felle sowie das Sustain noch hört. Wer es noch fokussierter mag, schaltet auf „Modern“, hier geht es dann in Richtung stark vorgeschneiderter Bassdrum-Mikros wie beispielsweise dem Audix D6 – viel Tiefbass und ein kompakter, schmatziger Anschlag. Ein zum Vergleich aufgenommenes Beyerdynamic TG D71 liefert mehr Höhenanteile bei etwas weniger Bauch untenrum. Zum Spaß habe ich das BL8 auch einmal im Zusammenspiel mit einem Solomon Subkick Mikro aufgenommen und die zweite Low Cut-Stufe zugeschaltet. 

Audio Samples
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Auch als Drum-Room kann das sE BL8 überzeugen

Eine von vielen weiteren Anwendungsmöglichkeiten eines Grenzflächenmikros ist der Drum-Room. Dafür lege ich das Teil etwa einen Meter vor der Bassdrum auf den Studioboden und aktiviere die „Flat“-Schaltung. Das Ergebnis ist ein sehr gut formbarer Gesamtklang, mit welchem sich der Drumsound räumlich gestalten läßt. Wie zu erwarten, liefert das zum Vergleich angetretene TG D71 mehr Höhen und einen etwas künstlicheren Klang, schließlich hat es keine Schaltungen und ist primär für die Bassdrum konzipiert. Hier hat das sE Electronics BL8 die Nase vorn, das Resultat klingt natürlicher und ist damit flexibler zu gestalten.

Audio Samples
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BL8, Room, komplettes Set BL8, Room, solo Beyerdynamic TG D71, Room, komplettes Set Beyerdynamic TG D71, Room, solo
Das sE Electronics BL8 aus diesem Test kann mehr als nur “Bassdrum innen”.
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Test des sE Electronics BL8: Fazit

Ein Grenzflächenmikrofon fehlte noch im sE-Produktsortiment. Das getestete sE Electronics BL8 füllt diese Lücke. Und das tut es mit Erfolg, denn es besitzt nicht nur einen sehr guten Grundklang, sondern auch eine ungewöhnlich große Flexibilität. In der Bassdrum erleichtert der Character Schalter die Suche nach dem passenden Sound zwischen natürlich und stark vorgeformt, die verbaute Kleinmembranerkapsel dürfte aber auch für viele andere Aufgaben gerüstet sein. Dass man sie bei Bedarf herausschrauben und gegen eine sE-Omni-Kapsel tauschen kann, erweitert die Möglichkeiten zusätzlich. Nimmt man nun noch die gute Verarbeitung und den angemessenen Preis hinzu, steht einer klaren Antestempfehlung nichts mehr im Wege! 

  • Wandlerprinzip: Kondensator 
  • Richtcharakteristik: halbe Niere
  • Ausstattung: schaltbares Pad -10, -20 dB. Schaltbarer Low Cut wahlweise bei 80 oder 160 Hertz. Dreistufige Character-Schaltung: Flat, Classic, Modern 
  • Besonderheiten: tauschbare Kapsel
  • Empfindlichkeit: 25 mV/Pa
  • Frequenzgang: 20 bis 20000 Hertz
  • Lieferumfang: Tasche
  • hergestellt in: China
  • Webseite des Herstellers: https://seelectronics.com/
  • Preis: € 285,– (Straßenpreis am 3.8.2023)
Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • sehr guter Grundklang
  • flexible Einsatzmöglichkeiten dank außergewöhnlich umfangreicher Ausstattung
  • saubere, solide Verarbeitung
Contra
  • -
Artikelbild
sE Electronics BL8 Test
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