Rob Papen ist in erster Linie Sounddesigner. Doch da es sich auf fremden Synthis nicht so schön programmiert lässt wie auf dem Eigenen, hat er kurzerhand selbst angefangen, Soft-Synths zu entwickeln und zu vermarkten. Und das recht erfolgreich. Seitdem assoziiert man vor allem seine Synth-Schöpfungen Predator, Blue, Albino und SubBoomBassmit ihm, welche nicht zuletzt auch auf Grund der verdammt guten Presets ein voller Erfolg waren – und das auch weit abseits von “Holland-Rave”. Sein Portfolio bietet aber auch Obskures, wie z.B. seinen RG Rhythm Guitar Synth und den ein oder anderen Effekt.
Was noch fehlte, war ein waschechter Drum-Synth. Und welch ein Zufall, um den geht es jetzt hier: Er heißt “Punch”. Noch Fragen? Dann bitte hier entlang…
Punch ist ein Software-Instrument mit VST-, AU- und RTAS-Schnittstellen und sowohl als 32-Bit als auch 64-Bit Plug-In verfügbar. Eine Standalone-Version gibt es nicht, aus meiner Sicht ist dies aber auch nicht notwendig. Wie der Name “Punch” vieleicht schon nahelegt, handelt es sich um einen Drum-Instrument.
Der Unterschied zu den typischen Mitbewerbern liegt in der Tatsache begründet, dass Punch sowohl Synthese- als auch Sampling-Techniken bedient. Dabei greift das Plug-In nicht nur auf fertige Samples zurück, sondern lässt auch die Verwendung eigener Samples zu. Als Hardware-Vergleich wäre hier die Machinedrum zu nennen.
Garniert wird das Ganze von einem internen Step-Sequenzer, der jedoch etwas extravaganter ausgefallen ist und dem wir uns später genauer widmen wollen. Abgerundet wird das Gesamtpaket von einer umfangreichen Effekt- und Mixer-Abteilung.
So ein komplexes Plug-In fördert natürlich das “in-the-box”-Denken, wodurch man gern in dieser einen Instanz bleiben möchte und nicht unbedingt in der DAW layern, routen und Effekte einbauen muss. Wer das doch nicht lassen kann oder will, dem gibt Rop Papen bis zu acht Stereo-Outs an die Hand bzw. Maus. Das muss man sich aber vor dem Laden des Instruments überlegen, da es zwei VST-Varianten gibt.
Die Rahmenbedingungen wären geklärt, widmen wir uns den “wahren” Details: In der unteren, linken Ecke finden wir die 16 Drum-Pads plus acht Sample-Drum-Pads. Ein Klick auf sie, und der entsprechende Sound wird getriggert. Ist „Dyn Select“ (dynamisches Selektieren) ausgewählt, wird beim Klick auf das Drum-Pad auch die entsprechende Pad-Page mit geöffnet. Anhand der kleinen Mini-Buttons innerhalb der Drum-Pads sieht man, welche Pad-Page gerade aktiv ist (Türkis). Das sieht für die BD, SN, HH, CLAP, T(o)M, USER, SAMP(ler) dann in etwa so aus:
Die Pad-Page enthält je nach Pad (Instrument) und ausgewähltem Modul mehr oder weniger umfangreiche Parameter zu Formung des Klangs. Die Verknüpfung aus Pad und Modul kann nicht vollständig selbst gewählt werden, so gibt es also auf den BD-Pads andere Module zu laden als auf den Clap-Pads sowie nur unter “Sample 1” bis “Sample 8” die Möglichkeit, eigene Samples zu laden, was sie auch durch den extra Browser unterscheidet. Die Einschränkung bei der Verknüpfung sorgt für eine gewisse Disziplin beim Programmieren und Belegen mit eigenen Sounds, was wiederum die Austauschbarkeit von Kits und MIDI-Clips fördert.
Grob gesagt gibt es für die ersten 16 Pads die Möglichkeit, zwischen zwei verschiedenen Klangerzeugungsarten zu wählen: Darunter gibt es pro Pad zwei bis zwölf “Models”, das heißt algorithmische Klangerzeuger, und die samplebasierten “Classic” Engines, welche als Grundlage unterschiedliche Samples von 808, 909, CR-78 und Co benutzen. Weiterhin gibt es eine “Punch” genannte Unterkategorie, die auch auf Samples basiert, allerdings direkt Herrn Papens Sammlung entstammen und weniger als fertige Samples, sondern vielmehr als Grundlage für weitere Soundmanipulationen verstanden werden sollten. Bedienunterschiede zwischen Classic und Punch gibt es nicht. Somit stehen insgesamt folgende Varianten zur Verfügung.
BD1 / BD2: vier verschiedene Bassdrum-Algorithmen, vier auf “klassischen” Samples (TR, CR, etc.) basierende Samples-Engines sowie 20 Punch-Sample-Engines.
SN1 / SN2: zwei verschiedene Snare Algorithmen, vier Classic Sampledecks und 61 Punch-Samples.
CL-HH1 / OP-HH1 / CL-HH2 / OP-HH: drei “Model” genannte Algorithmen sowie vier Classic Closed Samples, vier Classic Open Samples und je sieben Punch-Samples pro Kategorie Open/Closed.
TM/US1 und TM/US2: zwei Tom-Models, drei Classic-Samples und acht Punch-Samples.
TM/US3: wie TM/US1 jedoch mit 44 anderen Punch-Samples plus 64 zusätzlichen Percussion-Samples.
USER4 bis USER6: neun “Noise-Synth”-Models, 22 Classic-Samples für Percussions aller Art sowie dieselben 44 Punch-Samples und 64 Percussion-Samples, die auch TM/US3 zu bieten hat.
Alles klar?! Hinzu kommen, wie bereits angesprochen, die acht Sample-Decks mit der Bezeichnung SAMP1 bis SAMP8. Sie können jeweils zwei Samples laden und diese alternierend, gemixt und Velocity-gesplittet/gespreaded wiedergeben – soweit deren Besonderheit gegenüber den Classic- und Punch-Samples. Ansonsten gibt es für alle Samples umfangreiche Tuning-, Filter- und Amp-Envelope-Settings.
Jedes Pad verfügt außerdem über vier sogenannte “Quick-Edit” Regler, die grundlegende Klangänderungen schnell ermöglichen. Weiterhin kann jedes Pad auf Einzelausgänge, auf die vier FX-Busse/Engines oder Choke-Gruppen, geroutet werden, wobei Choke das Wechselspiel aus Closed und Open HiHats ermöglicht. Distortion-FX steht in jedem Pad mit 19 verschiedenen Zerr-Varianten und maximal zwei Parametern zur Verfügung. Allerhand.
Der eingebaute Sequenzer ist sehr witzig und mir persönlich in dieser Art und Weise noch nicht bekannt. Er kann acht Patterns gleichzeitig spielen, wobei jedes Pattern wiederum aus bis zu vier Tracks besteht, die in typischer Step-Sequenzer-Manier und mit 16-Steps programmiert werden können. Man baut also kleinere Micro-Grooves, die dann über acht Notenbefehle gestartet werden können (C3 bis G3).
So kann Pattern 1 zum Beispiel nur aus Kick und Snare bestehen, Pattern zwei aus einer HiHat-Figur und Pattern 3 aus einem anderen Percussion-Arrangement. Über die MIDI-Klaviatur kann man nun die einzelnen Pattern starten und so sehr einfach jammen. An sich sehr simpel, in der Praxis dennoch sehr effektiv und vor allem musikalisch. Darüber hinaus bietet der Sequenzer pro Step Einstellungsmöglichkeiten von Velocity, Panning, Tuning, Flaming, Envelope Speed, Time-Offset und Free-Run. Hinzu kommen pro Pattern Swing, Flaming-Speed und Humanize. Gerade letzteres ermöglicht wunderschön minimalistische Grooves. Und so schaut das Ganze in der Praxis aus:
Natürlich können alle Drum-Pads auch ganz konventionell über Notenbefehle gesteuert sowie die meisten Parameter auch über die DAW automatisiert werden. Das ist aber irgendwie selbstverständlich, oder?
Modulatoren dürfen natürlich auch nicht fehlen. Die Mod/FX-Page bietet dazu zwei weitere AHD-Modulationshüllurvengeneratoren, zwei LFOs mit Humanize- und Symmetrie-Parametern für die ausgewählte Wellenform und eine kleine, feine Modulationsmatrix mit acht Slots. Hier werden auch die Effekte geladen und konfiguriert. Zwar kann nur ein FX pro Bus geladen werden, also maximal vier Effekte gleichzeitg (Distortion ausgenommen), doch die Auswahl an Effekten ist sehr gut. So bietet der Reverb auch gleich ein eingebautes GATE, was für Phil Collins Fans durchaus von regem Interesse sein sollte. Die FX-Sektion beherbergt auch weitere, allerhand nützliche und vielfältig Werkzeuge – 26 an der Zahl und im folgendem benannt: Mono Delay, Stereo Delay, Comb Filter, Reverb, HQ Reverb, Chorus, Chorus/Delay, Flanger, Phaser, WahWah Delay, Distort, Low Fi, Amp Sim, Waveshaper, Widener, AutoPan, Gator, Ring-Mod, Filter, Equalizer, Compressor, Noise-Gate, Ensemble, Cabinet, Multi Distort, AutoWah. Zusätzlich stehen fünf verschiedene Routingmöglichkeiten zur Verfügung.
Der Mixer sollte auch erwähnt werden: Lautstärke, Panning, Mute und Solo sowie die Konfiguration der vier FX-Returns können hier vorgenommen werden.
Weiterhin gibt es auch noch eine weitere “Easy” genannte Page, die ich aber eher als “Macro-Control”-Seite verstehe, da hier einfach nur ein Befehl an ein und dieselben Parameter aller Models, Sampler und Co geschickt wird, wobei es in jedem Drumpad für diese Funktion auch noch einen Bypass dafür gibt: “Easy Page Bypass”. Für Effekte ganz cool.
Was gibt es noch zu erwähnen? Ach ja, es gibt noch einen sehr detaillierten Manager, der die Verwaltung von Grooves und Presets sehr komfortabel gestaltet. Hier merkt man wieder einmal besonders, dass Herr Papen ein waschechter Sounddesigner ist und Organisation dabei das halbe Leben ist. Solch einen umfangreichen und internen Browser sieht man eher selten. Leider, denn die meisten Hersteller begnügen sich oftmals mit hässlichen und eingeschränkt-bedienbaren Betriebssystem-Ordnerstrukturen. Sehr gelungen das Ganze.
Das Schöne daran ist, dass man entweder ganz unkompliziert sehr tiefgehend selber programmieren kann oder aber auch wunderbar in Lauerstellung verfallen kann, um sich durch die große, aber dennoch übersichtliche und sehr funktionell gestaltete Library klicken zu können. Ich bin eigentlich kein großartiger Presetsurfer, aber bei Rob Papen Produkten macht es immer wieder Spaß. Seine Presets liefern beständig brauchbare Sounds – Punch macht da keine Ausnahme!
Die “Models” der einzelnen Sounds bieten vielfältige Gestaltungmöglichkeiten, sind dabei sehr praxisrelevant gestaltet und intuitiv zu bedienen, wodurch das Programmieren eigener Sounds sehr schnell vonstatten geht: Boomy 808 oder doch lieber punchy 909, ein wenig Simmons-Toms und ein wenig Noise für die Hats? Alles kein Problem! Auch eigene Samples können hinzugefügt werden, doch ich finde die Werkssounds decken schon ein sehr großen Bereich ab, zumal sich auch “akustische” Sounds unter den Samples finden, die eben weniger mit den Algorithmen zu realisieren gewesen wären. Mir persönlich gefällt das sehr gut, benutze ich für Percussions und Snares gern Samples und für Bassdrums Algorithmen, wofür man sonst oftmals mehrere Spuren in der DAW braucht, da die meisten Plug-Ins entweder auf Samples ODER auf Algorithmen bzw. Modeling setzten. Nur in einem Fenster zu bleiben gefällt mir sehr gut. Auf die Idee, ein realistisches Drumset damit nachstellen zu wollen, wird hoffentlich niemand ernsthaft kommen, denn Punch ist nun mal eine “Techno-Maschine”.
Praktisch auch, dass sich das PlugIn-Fenster um ca. 50% vergrößern lässt, was Bühnenkünstler und 30″-Screen-Besitzer freuen sollte. Apropos Bühne, abgestürzt ist Punch bei mir kein einziges Mal, dennoch gibt es kleinere Workflow-Bugs bzw. sonderbare Verhaltensweisen: So lässt sich z.B. im Manager mit einem Rechtsklick die Drum Presets vorhören. Warum man allerdings auch in das Drumpad-Fenster klicken kann und dieselben Sounds hört, erschließt sich mir nicht. Auch der, nur auf der Manager-Page vorhandene, Close-Button irritiert mich – warum denn nur das “Reiterprinzip” hier aufgeben?! Im Sequenzer können sonderbarerweise auch Werte editiert werden, die eigentlich gar nicht sichtbar sind. Hin und wieder muss man auch “ge-latchte” Grooves neustarten um Änderungen zu aktivieren. Das ist alles in allem ein wenig sonderbar, aber nicht weiter tragisch und mit einem zukünftigen Update bestimmt auch bald behoben.
Richtig schade finde ich hingegen, dass im Sequenzer keine Steps “gezogen” werden können, sondern diese nur durch Einzelklicks gesetzt werden können: Will man 16tel HiHats setzen, muss man also 16 mal klicken – für mich 15 mal zu viel! Auch die mangelnde Möglichkeit, Werte über die Tastatur direkt einzugeben, stört mich ein wenig. Und wenn wir gerade bei den negativen Dingen sind, manche Buttons sind einfach zu fummelig geraten, was die Bedienung teilweise erschwert.
Das wichtigste wäre gesagt, bleibt noch zu erwähnen, dass es auf der Rob Papen Website auch eine Demoversion gibt, anhand deren Hilfe jeder individuell herausfinden kann, ob er Punch lieben wird oder nicht. Mir gefällt Punch, auch wenn er nicht der letzte Drum-Synth in meiner Sammlung sein wird…
Mit Punch rundet Rob Papen sein Soft-Synth Portfolio konsequent mit einem virtuellen Drum-Instrument ab. Es wäre kein Rob Papen Synth, wenn auch er nicht einen speziellen Sequenzer zu bieten hätte, der mit seiner eigenen Herangehensweise sehr musikalische Ergebnisse liefert und vor allem für frische Inspirationen sorgt. Die vielen verschiedenen Drum-Module ermöglichen vielseitige Ergebnisse und liefern durchweg frische Sounds sowie bekannte “Classics”. Die Bedienung ist sehr intuitiv, macht nach kurzer Eingewöhnung viel Spaß und geht insgesamt flott von der Hand. Zu guter Letzt ist die Library mit sehr viel “Rob-Papen-Liebe” gestaltet. Was will man mehr?
Pro:
Top Sound
Kombination von Algorithmen und Samples
Hervorragende Library
8 mal 4-Track Sequenzer
Contra:
kleinere Workflowbugs
Features:
Drum-Synthese/Sampler mit eingebauten Samples und Groove Sequenzer
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