Radial Engineering ist eine in Montreal/Kanada ansässige Firma, die sich auf die Entwicklung und Herstellung von allerlei elektronischen Helfern spezialisiert hat. Zum Programm gehören DI Boxen, diverse Schaltlösungen, Splitter, Reampinggerätschaften und eine Reihe von Gitarrenverzerrern. Peter Janis and Denis Rozon gründeten die Firma 1976, zu einer Zeit, als Pete Janis noch seine Brötchen als Gitarrist verdiente und nebenbei in einem Gitarrenladen jobbte. Denis war zu der Zeit als Vertreter unterwegs und versuchte, Bürogeräte an den Mann zu bringen.
Beiden gemeinsam war das Interesse, neue elektronische Geräte zu entwickeln und bestehendes Gitarrenequipment zu verbessern. Nach über 22 erfolgreichen Jahren hat Radial heute in diesem Bereich weltweit einen sehr guten Namen. Mit dem Tonebone Plexitube präsentiert sich im großen bonedo Verzerrer-Testmarathon einer der bekannteren Repräsentanten der Firma.
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KONZEPT UND AUFBAU Ähnlich dem Baldringer Dual Drive wird auch der Radial Tonebone Plexitube vor den cleanen Kanal des Gitarrenverstärkers geschaltet und arbeitet dort wie ein Preamp. Eine zusätzliche Anzerrung des Amps engt die Dynamik des Sounds zu sehr ein und sollte tunlichst vermieden werden. Im Gegensatz zum Dual Drive stehen hier keine vollständig voneinander getrennten Kanäle zu Verfügung, bei denen alle Parameter doppelt vorhanden sind. Dafür findet sich aber ein zusätzlicher Einschleifweg für den zweiten Kanal, der es ermöglicht, zum Beispiel ein Delay oder einen Chorus einzuschleifen und so den Solosound zusätzlich aufzumotzen. Die Namensgebung verrät auch unmissverständlich, dass es beim Plexitube um nichts anderes als britische High-Gain Sounds geht. Wieder eine Parallele zum Dual Drive aus Deutschland, der genau in dieser Disziplin die Latte sehr hoch platziert hat. Im Plexitube kommt eine 12 AX7 Vorstufenröhre zum Einsatz, weshalb das Gerät nach dem Einschalten, ähnlich einem Röhrenverstärker, eine gewisse Warmlaufzeit benötigt. Die Röhrenschaltung zieht massiv Strom, entsprechend hat man ein Pfund draufgelegt und versorgt die Elektronik mit strammen 15 statt der sonst üblichen 9 Volt Gleichstrom. Allerdings wird der große Netzadapter auf üppig bevölkerten Pedalboards, wo eigentlich Platzsparen angesagt ist, unter Umständen recht schnell zum Problem.
Schwer wie ein Pflasterstein liegt das Pedal in der Hand. Kein Wunder, denn das Gehäuse ist aus stabilem Stahlblech gefertigt und somit fast unzerstörbar. Auf der Oberseite gibt es neben den Potis noch zusätzliche Schalterchen, mit denen der Klang nach Belieben modelliert werden kann. Aber kommen wir zunächst zu den Reglern des Plexitube. Beide Kanäle teilen sich sowohl den Drive-als auch den High- und den Lowregler. Jeder der beiden Kanäle besitzt sein eigenes Levelpoti sowie je einen Contour-Regler, der in Kooperation mit einem Voicingschalter arbeitet. Diese Schaltung ist sehr gut durchdacht, denn besonders im sensiblen Mittenbereich kann man den Leadsound noch zusätzlich hervorheben. Die allgemeine Klangregelung, bestehend aus High und Low, dient dem Anpassen an das individuelle Amp-Setup und muss meiner Meinung nach auch nicht doppelt vorhanden sein. Kommen wir zu den Schiebereglern, die unterhalb der Potireihe platziert sind. Der Mid Boost Schieberegler ermöglicht das Anheben des Eingangssignals mittig um 7 oder 12 dB. Mit dem Top End-Schalter werden die Höhen ausgangsseitig angehoben, abgesenkt oder neutral eingestellt. Die beiden Voicingschalter stehen in zwei unterschiedlichen Ausführungen für die beiden Kanäle zur Verfügung. Hier werden Mittenfrequenzen angewählt, die mit den dazugehörigen Contour Potis feingetunt werden. Die Elektronik beinhaltet eine Vorstufenröhre, die auf den ersten Blick für die Verzerrung zuständig ist, obwohl es sich hier nicht um eine normale Röhrenschaltung handeln kann, da hierfür weitaus höhere Spannungen benötigt würden. Aber wenden wir uns dem Sound zu, denn nur darum geht es ja im Prinzip.
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PRAXIS UND SOUND Ich habe den Plexitube zuerst an meinen kleinen Fender Princeton angeschlossen und war erstaunt, welche fette Zerre aus dem kleinen Amp herauskam. Die Zerrstruktur ist fein, hat also nichts mit dem rauen AC/DC Brett gemein, sondern erinnerte mich spontan an 80er Jahre Heavy Metal, an John Sykes von Whitesnake beispielsweise oder an Gary Moore und seine Paula. Der Ton ist leicht sirzig mit viel Gain und teilweise auch recht cremigen Ansätzen – ideal für diese 80er Stilistik, wie ich finde. Dieser Eindruck setzte sich auch beim Einstöpseln in mein Marshall-Topteil fort, obwohl der Sound hier im Gegensatz zum Fendercombo wesentlich brachialer angeschossen kommt.
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Soundbeispiel 1Soundbeispiel 2
Soundbeispiel 1: High 14:00Uhr, Low 13:00Uhr, Contour 12:00Uhr, Drive 12:00Uhr, Top End: Flat, Scope: Mittelposition, Mid Boost: Mittelposition. Soundbeispiel 2: High 14:00Uhr, Low 14:00Uhr, Contour 11:00Uhr, Drive 15:00Uhr, Top End: Bright, Scope; Mittelposition, Mid Boost: Off
Die Klangregelung befindet sich bis auf den Mid Boost, der das Eingangssignal verbiegt, hinter der Zerrstufe. Man hat es hier also mit einem Distortionpedal inklusive einem ausgefeilten Equalizer zu tun. Der Charakter der Zerre bleibt jedoch immer der Gleiche. Eine Vielseitigkeit sehe ich bei diesem Pedal trotz aller Regler nur bedingt, weil vor allem der angezerrte Sound recht bröselig und steif wirkt. Man merkt einfach, dass die Entwickler diesen gezähmten Zerrbereich nicht im Auge hatten. Bluessounds sind deshalb nicht wirklich die Stärke dieses Pedals. Hier geht es immer um saftige Distortion ohne Wenn und Aber. Der ausgewogene Distortionbereich liegt bei Einstellungen zwischen 11 und 14 Uhr, danach wird das Pedal zunehmend undynamischer. Ab der 15 Uhr Position scheint sich der Sound zu verschlucken und setzt sich im Bandgefüge nicht mehr durch.
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FAZIT
Wer auf den Sound der 80er Metallhelden mit langen, dauergewellten Haaren steht, der ist hier genau richtig. Vor den cleanen Amp geschaltet, hat man schnell diesen typischen 80er Whitesnake-Sound mit viel Gain und Sustain. Das habe ich in dieser Ausprägung so auch noch nicht gehört. Ob sich das Teil auch im Livebetrieb durchsetzt, bleibt die Frage, denn seine Dynamik hält sich bei hohen Gain-Einstellungen in Grenzen, wodurch schnell eine undurchdringliche Wall of Sound entstehen kann.
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