„Hier bin ich früher in die Schule gegangen“, erzählt der DSDS-Gewinner Tobias Regner. Wir sind in Regners Geburtsort Teisendorf auf der Suche nach einem einigermaßen ruhigen Plätzchen. Das Festival „Markt on Feier“ im Herzen des Ortes hat bereits begonnen. Fans mit „Tobi-Fanclub“-T-shirts sind schon zu Hauf auf dem Veranstaltungsgelände zu sehen. Trotzdem nimmt sich der Sänger Zeit für ein ausführliches Interview. Unkompliziert und zugänglich, so beschreibt man Tobias wohl am besten. Wir nehmen Platz auf Sitzsteinen mitten im Grün des Schulgartens und ohne jegliche Berührungsängste erzählt der gefundene Superstar von 2005 über sich und seine Karriere.
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Bonedo: Die Band, mit der du heute hier spielst,heißt „Regner“, das Wort Tobias ist nur noch klein geschrieben. Was gibt es sonst Neues?
Ich habe seit Dezember ein neues Management und wir versuchen gerade alles neu auf die Füße zu stellen. Wir arbeiten an einem kompletten Konzept. Momentan sieht es so aus, dass ich weiter die Musik schreibe. Die Songs sollen nach mir klingen. Ich will nicht 08/15 Nummern, die vielleicht ein paar Wochen im Radio laufen und dann vergessen sind. Die Musik soll etwas besonderes sein und mich widergeben. Bei den Texten arbeite ich mit anderen zusammen. Vorerst wird das Ganze schon noch als Tobias Regner und Band beworben. Aber ich möchte, dass der Name Regner künftig im Mittelpunkt steht. Deshalb hängt bei den Konzerten auch schon unser neues Banner, nur mit „Regner“. Das ist für die Übergangszeit, damit sich die Leute daran gewöhnen können. Wenn wir schon jetzt nur noch mit Regner werben würden, würde nicht jeder checken, dass ich dahinterstecke. Meine neue Website ist auch schon voll auf die Band zugeschnitten. Bisher hatte ich ja nur die Homepage der Sony. Da ich aber nicht mehr bei denen bin, brauchte ich einen neuen Internetauftritt.
B: Gab es die Band mit der du jetzt arbeitest auch schon vor DSDS?
Nein, die Idee entstand Ende 2006, als sich die Sony fragte, wie man mich weiter vermarkten wird. Damals wurde mir mehr oder weniger freigestellt, welche Musiker ich suche und auch angeboten, dass ich die Songs schreiben kann. In meinem Ehrgeiz habe ich dann alles alleine gemacht: Musik, Texte, Leute gesucht. Doch der Plattenfirma war das nicht stimmig genug, deshalb brach das alles wieder auseinander. Die aktuellen Musiker habe ich dann in München gefunden. Aber es ist immer schwer, als bekannter Einzelact, eine Band aufzubauen. Es heißt dann immer: „die Band vom Regner“. Ich habe jetzt Gottseidank nur noch mit super Musikern zu tun. Aber man muss schon schauen, dass vor allem das Gesamtpaket passt, dass die Geschmäcker der Musiker harmonieren. Es würde nicht passen, wenn zum Beispiel der Bassist irgendwelche schrägen Jazzläufe spielen würde, obwohl wir ja Rockmusik machen. Aber so wie es jetzt ist, groovt es total.
B: Hast du „I still burn“ noch im Programm?
Klar, warum soll ich das nicht spielen? Es sind nur wenige Leute, die sagen „jetzt spielst du das immer noch“. Die meisten Fans warten ja darauf. Es ist sogar so, dass viele nur dieses Lied kennen. Von der aktuellen Band kenne sie ja noch nichts. Und wenn die Leute die Songs nicht kennen, ist es schwer sie zum Mitmachen zu bewegen. Deshalb werden ja überall die Coverbands engagiert. Und ich habe das Glück einen Song zu haben, den die Leute aus dem Radio kennen, also warum soll ich ihn nicht spielen? Ich war bei DSDS, habe das durchgezogen und gewonnen, obwohl ich nie gedacht hätte, dass ich so weit komme. Ich habe mich entschieden, bis zum Ende mitzumachen und „I still burn“ aufzunehmen. Klar krieg ich den Song nicht mehr los, aber warum auch? Die Leute mögen ihn. Allerdings hatte ich schon auch mal eine Zwischenphase, wo ich ihn nicht mehr spielen wollte. Jetzt ist das anders.
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B: Vor einigen Monaten hast du im Bayerischen Rundfunk im Rahmen der Fernsehsendung „Südwind“ alleine mit Akustikgitarre gespielt. Machst du auch Solokonzerte, Regner unplugged sozusagen?
Nein, ich spiele eigentlich keine Solokonzerte. Fürs Fernsehen ist das was anderes, aber ein ganzes Konzert – nein. Es macht einfach mehr Spaß mit mehreren Leuten zu spielen, du kannst mit mehrstimmigen Gesang arbeiten und alles klingt voller.
B: Wann hat es bei dir mit der Musik angefangen?
Ich habe schon als kleines Kind mit meiner Familie musiziert und wir singen immer noch jedes Weihnachten vor der Bescherung Weihnachtslieder. Mein Opa und meine Oma kommen extra aus Österreich. Also von daher habe ich schon mein ganzes Leben musiziert. Ich weiß noch, dass wir immer, wenn wir bei meinen Großeltern waren, irgendetwas gespielt haben: Trommeln, Klavier, Marimbaphon. In der Grundschule begann ich dann für sechs Jahre Klavier zu lernen, so wie es sich gehört. Mit 14 Jahren stieg ich in die erste Band ein, wo ich zunächst Keyboard spielte. Bald spielte ich in zwei Bands und vor DSDS war ich sogar in fünf Gruppen (lacht). Meine Mutter, sie ist Gitarrenlehrerin, brachte mir dann das Gitarrespielen bei. Mein Bruder spielt schon seit 12 Jahren Schlagzeug und da das Drumkit bei uns im Keller rumstand, begann ich auch zu trommeln.
B: Man kennt dich aber meist bzw. sogar ausschließlich mit Gitarre. Dein Lieblingsinstrument?
Mittlerweile ja, denn am Klavier kann ich eigentlich fast nichts anderes spielen, als Elton-John-Balladen (lacht). Außerdem schreibe ich auch meine Songs mit der Gitarre. Allerdings habe ich beim Schreiben als Erstes eh immer eine Melodie im Kopf. Das funktionert sehr gut beim Joggen. Durch den Laufrhythmus habe ich ein natürliches Metronom und dann entstehen von selbst Melodien. Die singe ich dann ins Laptop und suche mir dann die entsprechenden Akkorde zusammen.
B: Ab wann hast du Profiambitionen entwickelt? Schon vor DSDS?
Hm, so richtige Profiabsichten hatte ich eigentlich nie….
B: … bist du momentan Profi, das heißt, lebst du von der Musik?
Ja, momentan lebe ich von der Musik. Ich spiele meine Auftritte, von denen ich leben könnte, und es ist auch noch Geld von DSDS da. Außerdem brauche ich nicht viel. Ich habe mein Handy, mein Auto und meine Krankenversicherung (lacht).
B: Und wie kam es dann zu den Profiambitionen?
Ich habe ja in Salzburg Grafiker studiert und wollte den Beruf auch ausüben. Nach dem Diplom machte ich aber erst mal zwei Monate Urlaub, da ich nach dem ABI gleich Zivi war und danach ohne Unterbrechung das Studium begann Deshalb wollte ich eine Pause. Irgendwann kam in dieser Zeit dann die Einladung zum DSDS-Casting, obwohl ich nicht damit gerechnet hatte. Ja, ich ging dann hin, kam einmal weiter, kam zweimal weiter und dann war ich auch schon im Recall. Beim Recall musst du dann im Prinzip nur dreimal vorsingen und schon bist du unter den letzten 20. Das ist alles sehr schnell gegangen. Die Absicht, Musik richtig professionell zu machen, hat sich dann erst im Laufe von DSDS ergeben.
B: Auch wenn es nur Spaß war, muss es wohl einen Auslöser für die Bewerbung gegeben haben.
Ja, das war mein kleiner Bruder, der sich mit einem Kumpel beworben hatte. Ihr Plan war zum Spaß mit Lederhose zum Casting zu fahren und mit der Akustikklampfe Gstanzln (Anmerkung: besondere Form der bayerischen Volksmusik) vorzusingen. Normalerweise spielen sie in einer Ska-Reggae-New-Metal-Band. Sie haben sich angemeldet und sind dann letztendlich doch nicht hingefahren. Für mich kam die Idee, mich anzumelden, als ich meinen Bruder eines Tages mit dem Anmeldeformular herumlaufen sah. Ich dachte mir damals aber auch, dass ich ja letztendlich die Entscheidung selbst treffe, ob ich zum Casting gehe, falls ich wirklich eingeladen werde. Dann aber kam der Tag des Vorsingens immer näher und alle Kumpels meinten, dass ich hingehen soll, weil ich ja nichts zu verlieren habe. Der Einzige, der dagegen war, war mein Bruder. Der meinte, dass man sich dort nur zum Kasperl von Dieter Bohlen macht. Im Prinzip hatte er ja sogar recht. Aber andererseits war er dann auch der letztendlich Ausschlag, dass ich hingefahren bin. Denn am Tag vor dem Casting meinte er: „Fahr hin und mach sie fertig!“ (lacht)
B: Und, hast du es jemals bereut?
Wenn ich ehrlich bin, gibt es Tage wo ich es schon bereut habe! Aber das, was ich durch die Show gewonnen habe, ist viel größer, als das Opfer, das ich dafür bringen musste. Es ist auch eine Herausforderung, plötzlich im Rampenlicht zu stehen, auf der Straße erkannt zu werden. Da ist ein enormer psychischer Druck, der mir die meisten Probleme gemacht hat! Ich stehe gerne im Mittelpunkt, aber unter vielen Leuten zu sein und zu spüren, dass dich jeder beobachtet und schaut, was du machst, das ist für mich nicht einfach. Dazu kommt das Gefühl, dass du immer meinst, du musst die Leute unterhalten. In den Umgang mit den Fans musste ich schon etwas reinwachsen. Ich bin ja auch ein riesiger Fan von James Hetfield und ich weiß nicht, ob ich ihn jemals treffen werde. Aber erst durch die Unnahbarkeit entsteht ja so eine Art Vergötterung. Und ich kann mir vorstellen, wenn man dann plötzlich die Chance hat, so jemanden zu treffen, dann will man ihn ganz für sich vereinnahmen. So geht es den Fans dann auch mit mir. Und das war und ist nicht immer einfach.
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B: Ich dachte eigentlich, dass die meisten Probleme dann entstanden sind, als der große Hype vorbei war, als viele das Interesse verloren haben. Bist du da in ein Loch gefallen, hattest du mit der plötzlichen Leere zu kämpfen?
Grundsätzlich habe ich die Situation damals einfach als einen beendeten Lebensabschnitt gesehen. Klar, war ich irgendwann „alleine“ und keiner hat sich mehr um mich gekümmert. Aber ich habe da nie jemanden die Schuld gegeben und gesagt, dass sie mich fallengelassen hätten. Klar war da ein Loch, denn in gewisser Weise hatte ich mich an den ganzen Rummel gewöhnt, auch wenn es im Endeffekt nur sechs Monate waren, wo das meiste Programm war. Danach denkst du schon: „Was war das jetzt für ein Film, für ein Traum?“ und fragst dich, wie es weitergeht. Die ganzen sechs Monate wusste ich, dass der große Hype irgendwann vorbei ist. Und auch, dass ich im Vergleich mit anderen Künstlern eigentlich wenig dafür tun musste. Ich habe ja lediglich bei DSDS gesungen – und nicht mal meine eigenen Lieder, sondern ich habe nachgesungen! Deshalb war mir klar, wenn der Erfolg so weitergehen würde, dann wäre das das Schlaraffenland. Und mir war bewusst, dass ich danach verantwortlich für meine Karriere bin, dass ich dafür sorgen muss, wieder hoch zu kommen. Und das aus eigener Kraft, total unerfahren, als Teisendorfer Bua (lacht).
B: Dein Resümee: Kannst du die Teilnahme an DSDS für aufstrebende Musiker empfehlen und wenn ja, welche Tipps kannst du mit auf den Weg geben?
Oh, das ist schwer zu sagen. DSDS hat Vor- und Nachteile, das ist klar. Man sollte sich auf jeden Fall keine allzu großen Chancen ausrechnen. Wenn man wirklich Karriere machen will, dann kann man natürlich hingehen, aber man sollte sich immer in Klaren sein, dass nur einer gewinnen wird und vielleicht der eine oder andere von den ersten Zehn noch einen Plattenvertrag bekommt – im Optimalfall. Und man geht das Risiko ein, durch den Kakao gezogen zu werden. Denn davon lebt DSDS ja auch: die Leute zu verarschen und damit die Zuschauer zu unterhalten. Und es kann auch sein, dass man dann zwei Wochen lang durch die Presse geistert und keinen Einfluss darauf hat! So wie der Teilnehmer der letzten Staffel, der vor laufender Kamera den Anfall bekam, als er nicht weiterkam. Wer eine langfristig angelegte Karriere machen will, mit Fans, die bleiben, die auf die Musik, auf den Künstler abfahren, und nicht da sind, weil sie einen aus dem Fernsehen kennen, der sollte das Ganze Schritt für Schritt aufbauen. Die Fans sollten ausschließlich wegen seiner Musik kommen. Bei DSDS wird ein Gesamtpaket verkauft, in dem halt auch Musik mit drin ist, aber alles andere mindestens genauso stark gewichtet wird. Wenn nicht sogar mehr, man braucht nur an die ganzen Skandalstories denken, von denen die Sendung ja auch lebt.
B: Ich denke da an „We are the Champions“ von der letzten Finalshow, wo im Endeffekt die Schlechtesten der Castings noch einmal vor einem Millionenpublikum vorgeführt wurden. Für mich schon jenseits aller Grenzen…
…was? Das habe ich gar nicht gesehen! Aber die Show lebt ja davon. Und wenn man ein Produkt hat, muss man es immer wieder „verfeinern.“ Und RTL und DSDS haben sich da wohl in eine Schiene verrannt und müssen jetzt immer noch extremer werden. Auch bei der Jury klingen die Kommentare manchmal, als wenn in der Schulklasse die letzte Reihe irgendwelche Sprüche macht. In der letzten Staffel schmissen sie sich einmal weg vor lachen, nur weil ein Kandidat reinkam und irgendetwas sagte. Er hatte noch nicht mal gesungen. Da denkt man sich dann schon, was ist denn jetzt los? Man erwartet ein fachkundiges Urteil über eine Leistung, aber nicht so etwas.
B: Was wird deine neue CD bringen?
B: Was wird deine neue CD bringen?
Sie wird mehr Tobias Regner werden. Härter als die erste CD. Es sollen aber auch wieder Popsongs drauf sein. Ich stehe auf harte Popsongs. Vielleicht werden sie etwas Riff lastiger, mehr „Tobi artig“. Ich stehe auf Audioslave-artige Gitarrenriffs und natürlich Metallica. Allerdings habe ich inzwischen gemerkt, dass meine Musik nicht wirklich Metallica sein kann, da ich zum Beispiel sehr viel Pop in mir habe. Ich stehe auf gute Hooks, da stellt es mir die Haare auf. Erst vor kurzem habe ich mit ein paar Kumpels „Weist a Herz hast wia a Bergwerk“ von Rainhard Fendrich gejammt. Da hatte ich Gänsehaut an beiden Armen! Deshalb wird auch die neue CD gitarrenlastige Popsongs enthalten. Hauptsache es schiebt und hat gute Melodien. Wir haben jetzt mal Anfang 2009 für die Veröffentlichung angepeilt.
B: Metallicafan und Rainhard Fendrich-Hörer – eine breite Palette, die du hörst und spielst!
Meistens höre ich die harten Sachen. Stone Sour, Slipknot, Seven Dust… Da habe ich dann ein Grinsen im Gesicht, weil die Musik einfach nur noch geil ist. Bei emotionalen Sachen, da ist das weniger auf Bands bzw. Interpreten bezogen. Da sind es einzelne Songs, die bei mir Gänsehaut verursachen.
B: Was machst du, wenn sich eines Tages herausstellen sollte, dass es mit der Musikkarriere doch nichts wird? Ist da der Grafiker als Beruf noch im Hinterkopf?
Ja, schon. Ich mach mir da aber keinen so großen Stress. (Pause) Obwohl, eigentlich wäre es schon schade, wenn man schon so viel erreicht hat und dann plötzlich geht es nicht weiter.
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