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Native Instruments Absynth 6 Test

Damit dürfte wohl kaum jemand gerechnet haben: Absynth ist zurück. Wieder mit Entwickler Brian Clevinger, wieder mit einigen der epischsten Pad-Sounds des gesamten Synth-Markts – mit dem Versuch, an die frühere Größe anzuknüpfen. Es gibt ein frisches Interface, einen modernen Browser, doch unter der Haube bleibt vieles bewusst beim Alten. Gelingt dieser Neuanfang?

Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • Epische Soundscapes und komplexe Pad-Sounds
  • Mutator zum schnellen Erzeugen von Preset-Variationen
  • Presets der Vorgänger können unverändert geladen werden
  • Hochauflösende, skalierbare GUI
  • MPE-Unterstützung erlaubt ausdrucksstarkes Spiel
Contra
  • Umständliches Modulationssystem
  • Kein Undo, kein Reset per Doppelklick, kryptischer Tempo-Sync
Artikelbild
Native Instruments Absynth 6 Test

Native Instruments hat sich in den letzten Jahren im Wesentlichen nur auf neue Libraries für ihr Flaggschiff-Sampler Kontakt konzentriert. Innovative Instrumente wie FM8, Reaktor oder Massive ließ man links liegen oder, wie im Falle von Absynth, einfach auslaufen. Entsprechend groß war die Enttäuschung in der Community.

Highlights Absynth 6

  • Semimodularer Software-Synthesizer mit drei Channels
  • Ca. 400 neue Presets, dazu 1600 Presets aus Absynth 1-5 
  • Überarbeiteter Browser mit neuer Visualisierung
  • Neuer Look: dunklere Farbgebung, skalierbar
  • Unterstützt MPE und MTS-ESP (mikrotonale Skalen)
  • Surround-Sound-Option

DETAILS

Was bisher geschah

Absynth 5 war 2010 seiner Zeit voraus: epische Pads, Drones, hybride Streicher-Synth-Flächen, dazu komplexe Hüllkurven, der legendäre Aetherizer und klangliche Möglichkeiten, die viele Software-Instrumente erst Jahre später nachreichten.

Alt gegen neu
VST-Plugins Absynth 5 und Absynth 6 von Native Instruments

2022 erklärte NI Absynth für beendet. Entwickler Brian Clevinger reagierte sichtbar enttäuscht und gründete anschließend Rhizomatic, wo er den Physical-Modelling-Synth Plasmonic und später den Multieffekt Synestia veröffentlichte.

Rhizomatic Plasmonic
Plasmonic, der von Brian Clevinger veröffentlichte Synth

Wer Brian in dieser Phase gefolgt ist, findet sich in Absynth 6 sofort zurecht: Optisch wirkt es wie eine Mischung aus Plasmonic und Absynth 5 – vertraut, aber modernisiert.

Wie klingt Absynth 6? 

Neben dem neuen Look interessiert Fans vor allem eines: Wie klingt die neue Version?
Absynth 6 bringt zunächst 415 frische Presets mit und übernimmt zusätzlich rund 1.600 Sounds aus den Vorgängern. Die wachsende Klangsammlung durchstöbert man im neu gestalteten Preset-Browser, dessen Punktwolke stark an die Sample-Browser von Atlas oder XLN Audio XO erinnert.

Neue Browser-Ansicht von Absynth 6
So sieht Absynth 6 beim ersten Laden aus.

Der Nutzen des neuen Browsers erschließt sich mir jedoch nicht vollständig. Ein klassisches, tag-basiertes Suchsystem hätte denselben Zweck erfüllt. Immerhin lässt sich diese Ansicht per Klick ausblenden und durch eine vertraute Spaltenansicht ersetzen. Links im Browser finden sich zudem zahlreiche Sortieroptionen, etwa nach Soundkategorie, Preset-Pack oder weiteren Klangcharakteristiken.

Jeder Sound lässt sich per Klick einfach vorhören – und das, was hier geboten wird, könnte jede Sci-Fi-Serie oder jeden True-Crime-Podcast sofort vertonen. Überraschend stark sind auch die Bass-Sounds: Sie drücken, fauchen und dröhnen auf herrliche Art und Weise. Hören wir doch einmal rein!

Audio Samples
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01. Aarctic Drift 02. Ares 03. Pulse Ripper 04. Berlin Undertow 05. Seraph Dust 06. Melted Keys 07. Evil in Sequence

Absynth 5 vs. 6 – Was ist vom Vorgänger geblieben? 

Das grundsätzliche Gerüst aus drei Kanälen (Channel A, B und C), komplexen Hüllkurven und esoterischen Effekten ist quasi unverändert. Anders könnte man die alten Presets sicherlich auch nicht laden. 

Menü mit Synthese-Arten in Absynth 6
Die Synthese-Arten wurden in Absynth 6 quasi unverändert übernommen

Die Semi-Modularität, durch die man pro Oszillator Filter, Effekte und Modulation frei kombinieren kann, ist geblieben, genau wie die Marco-Regler im Fenster unten zum schnellen Anpassen. Bei den Synthese-Arten bringt Absynth 6 weiterhin subtraktive, FM-, Wavetable- und Granularsynthese sowie Sample Playback mit. Und auch der Mutator ist wieder von der Partie!

Der Mutator im Browser in Aktion. 

Mit diesem lässt sich ein Preset mit einem Klick „mutieren“, indem man im Browser eine Sound-Kategorie auswählt und Absynth es auf deren Basis verändert. Das funktioniert immer noch und macht immer noch genauso viel Spaß. Wie lange ich mich wieder in „Mutationssessions“ verloren und zig neue Sounds damit gemacht habe… Toll! 

Was ist neu in Absynth 6? 

Hoch aufgelöst, in fünf Stufen skalierbar und aufgeräumter als der arg vollgestopfte Vorgänger zeigt Absynth 6, wie allein der Look die Modernisierung treibt. Ferner ist Absynth 6 jetzt MPE-fähig und unterstützt polyphonen Aftertouch – wie auch alle Komplete Kontrol Keyboards. Die MTS-ESP-Unterstützung ist für mikrotonale und nicht-europäische Tonleitern zuständig

Menü mit verschiedenen mikrotonalen Tonleitern in Absynth 6
Mikrotonale Tonleitern wählt man entweder direkt in Absynth 6 oder über das Freeware-Plugin MTS-ESP Mini

Dazu hat man ein runderneuertes Ladder-Filter integriert (Low Pass, High Pass, Band Pass und Notch), das im Vergleich zur alten Version aus Absynth 5 um einiges wärmer und analoger klingt. Auch hat NI dem Oszillator-Effekt Cloud und dem Aetherizer einen „High Density“-Modus spendiert, der die granular glitzernden Sounds noch einmal verdichtet. 

Auch neu in Absynth 6: Jeder Insert-Effekt hat Dry/Wet! 

In der Granular-Engine soll der High-Density-Modus für eine bessere Klangqualität sorgen, statt 8 sind nun Werte bis 32 möglich – für dichter-düstere Ambient-Soundscapes perfekt. Eine weitere, willkommene Änderung findet man im Sample-Oszillator: dieser unterstützt jetzt auch die Formate MP3, OGG und FLAC.


PRAXIS

Eigene Sounds in Absynth 6 bauen

Als langjähriger Absynth-Fan bin ich zwiegespalten: Die Freude über die Rückkehr ist groß – doch einige Fragen bleiben. Absynth 5 glänzte mit epischen Sounds und extrem komplexen Hüllkurven, zugleich war die Modulation in der Praxis oft ungewöhnlich bis sperrig. Daran hat sich wenig geändert. Das Anlegen und Bearbeiten der komplexen Envelopes ist nach wie vor eher „quirky“ – und wirkt, bei aller Liebe, ein wenig aus der Zeit gefallen.

Envelopes NI Absynth 6
Tolle Hüllkurve, aber auch leider weiterhin viel Arbeit!

Und wer von heutigen Flaggschiffen wie Serum oder Pigments kommt, wird sich auf viele dieser Eigenheiten von Absynth 6 einlassen müssen. Kein Reset von Parametern per Doppelklick, kein Undo, keine Notenwerte beim Sync von LFOs: Absynth-Kenner beherrschen das dem Effeff und bauen abgefahrene Sounds. Neulinge brauchen etwas Geduld.  

Aetherizer Absynth 6
Abgefahrener Audioeffekt auch außerhalb vom Plugin: der Aetherizer

Hat man diesen leicht verqueren Workflow aber einmal verinnerlicht, baut man so einzigartige Sounds, dass allein das eines der Hauptargumente für Absynth 6 ist. Der Software-Synthesizer klingt wie kein anderer. 

Alte Sounds in neuem Gewandt

Wie klingen die alten Sounds im neuen Absynth 6? Ich kann da keine klanglichen Unterschiede feststellen. Zwar nullt das gleiche Preset von Absynth 5 nicht mit dem in Absynth 6, dafür passiert wahrscheinlich doch zu viel zufällige Modulation unter der Haube. Wer aber wie ich noch einige Absynth-5-Preset-Packs von Drittanbietern besitzt, kann diese ohne Umschweife weiter nutzen. 

Audio Samples
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08. Alien Trumetdrones in Absynth 5 09. Alien Trumetdrones in Absynth 6 10. Trace in Absynth 5 11. Trace in Absynth 6 12. Vocal Loop mit Absynth 6 FX Preset “Aetherizer” 13. Gitarren-Loop mit Absynth 6 FX Preset „Slipstream”

Auch Absynth FX ist wieder mit dabei. Diese zweite Version des Plugins erlaubt es, Aetherizer und Co. als separate Audioeffekte zu nutzen. Für den aktuellen Ambient-Trend mit immer mächtigeren Granular- und Reverb-Wolken hat man damit gleich ein passendes Tool, um aus Klavier- oder Vocal-Aufnahmen glitzernde Atmosphären-Sounds zu erzeugen – ganz ohne komplizierten Absynth-Synthese-Workflow

In der FX-Version kommt ein Input-Modul statt eines Oszillators zum Einsatz.
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FAZIT – Braucht man Absynth 6 im Jahr 2025?

Als langjähriger Fan sage ich eindeutig: Ja. Die neuen Sounds überzeugen, das Interface ist skalierbar und deutlich aufgeräumter, die kreativen Möglichkeiten bleiben enorm. Zudem laufen alte Presets weiterhin problemlos. Wer allerdings den Workflow moderner Synths wie Serum oder Pigments gewohnt ist, wird bei Absynth 6 zunächst stolpern. So richtig zugänglich ist dieser Soft-Synth leider nicht. Doch genau hier stellt sich die Gegenfrage: Wenn ein Instrument so einzigartige Klangwelten bietet – ist es dann nicht trotzdem wert, sich einzuarbeiten? Auch bei Effektpedalen wie Chase Bliss oder manchen Roland-Synths nimmt man den Lernaufwand in Kauf. Und fast immer zahlt es sich aus. Absynth 6 gehört klar in diese Kategorie.

Features

  • Semi-Modularer Software-Synthesizer
  • 3 Oszillatoren: VA, FM, Wavetable, Granular, Fractalize, Ringmod, Sample
  • Separate Insert-Effekte: LP/HP/BP/Notch-Filter, Comb, Supercomb, Cloud, Freq Shift, Ringmod, Waveshaper)
  • Neu designter Preset-Browser mit 415 neuen und 1600 Legacy-Presets, vollständig kompatibel mit alten Presets
  • Preset Mutation zum einfachen Verändern von Presets
  • Komplexe Hüllkurven mit bis zu 68 Punkten
  • Globale Audioeffekte: Aethrizer, Multicomb, Resonators, Pipe, Echoes, Multitap
  • Unterstützung von polyphonem Aftertouch und MPE, dazu mikrotonale Tonleitern über MTS-ESP
  • Surround-fähig, separate FX-Version
  • VST3 und AU, ab Windows 11 (64bit) und macOS 14 (Apple Silicon Native)
  • PREISE:
  • Native Instruments Absynth 6 EUR 199,- (Straßenpreis am 09.12.25)
  • Upgrade-Preis für Absynth 2-5-Besitzer: EUR 99,- (Straßenpreis am 09.12.25)
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