Damit dürfte wohl kaum jemand gerechnet haben: Absynth ist zurück. Wieder mit Entwickler Brian Clevinger, wieder mit einigen der epischsten Pad-Sounds des gesamten Synth-Markts – mit dem Versuch, an die frühere Größe anzuknüpfen. Es gibt ein frisches Interface, einen modernen Browser, doch unter der Haube bleibt vieles bewusst beim Alten. Gelingt dieser Neuanfang?

- Epische Soundscapes und komplexe Pad-Sounds
- Mutator zum schnellen Erzeugen von Preset-Variationen
- Presets der Vorgänger können unverändert geladen werden
- Hochauflösende, skalierbare GUI
- MPE-Unterstützung erlaubt ausdrucksstarkes Spiel
- Umständliches Modulationssystem
- Kein Undo, kein Reset per Doppelklick, kryptischer Tempo-Sync

Native Instruments hat sich in den letzten Jahren im Wesentlichen nur auf neue Libraries für ihr Flaggschiff-Sampler Kontakt konzentriert. Innovative Instrumente wie FM8, Reaktor oder Massive ließ man links liegen oder, wie im Falle von Absynth, einfach auslaufen. Entsprechend groß war die Enttäuschung in der Community.
DETAILS
Was bisher geschah
Absynth 5 war 2010 seiner Zeit voraus: epische Pads, Drones, hybride Streicher-Synth-Flächen, dazu komplexe Hüllkurven, der legendäre Aetherizer und klangliche Möglichkeiten, die viele Software-Instrumente erst Jahre später nachreichten.

2022 erklärte NI Absynth für beendet. Entwickler Brian Clevinger reagierte sichtbar enttäuscht und gründete anschließend Rhizomatic, wo er den Physical-Modelling-Synth Plasmonic und später den Multieffekt Synestia veröffentlichte.

Wer Brian in dieser Phase gefolgt ist, findet sich in Absynth 6 sofort zurecht: Optisch wirkt es wie eine Mischung aus Plasmonic und Absynth 5 – vertraut, aber modernisiert.
Wie klingt Absynth 6?
Neben dem neuen Look interessiert Fans vor allem eines: Wie klingt die neue Version?
Absynth 6 bringt zunächst 415 frische Presets mit und übernimmt zusätzlich rund 1.600 Sounds aus den Vorgängern. Die wachsende Klangsammlung durchstöbert man im neu gestalteten Preset-Browser, dessen Punktwolke stark an die Sample-Browser von Atlas oder XLN Audio XO erinnert.

Der Nutzen des neuen Browsers erschließt sich mir jedoch nicht vollständig. Ein klassisches, tag-basiertes Suchsystem hätte denselben Zweck erfüllt. Immerhin lässt sich diese Ansicht per Klick ausblenden und durch eine vertraute Spaltenansicht ersetzen. Links im Browser finden sich zudem zahlreiche Sortieroptionen, etwa nach Soundkategorie, Preset-Pack oder weiteren Klangcharakteristiken.
Jeder Sound lässt sich per Klick einfach vorhören – und das, was hier geboten wird, könnte jede Sci-Fi-Serie oder jeden True-Crime-Podcast sofort vertonen. Überraschend stark sind auch die Bass-Sounds: Sie drücken, fauchen und dröhnen auf herrliche Art und Weise. Hören wir doch einmal rein!
Absynth 5 vs. 6 – Was ist vom Vorgänger geblieben?
Das grundsätzliche Gerüst aus drei Kanälen (Channel A, B und C), komplexen Hüllkurven und esoterischen Effekten ist quasi unverändert. Anders könnte man die alten Presets sicherlich auch nicht laden.

Die Semi-Modularität, durch die man pro Oszillator Filter, Effekte und Modulation frei kombinieren kann, ist geblieben, genau wie die Marco-Regler im Fenster unten zum schnellen Anpassen. Bei den Synthese-Arten bringt Absynth 6 weiterhin subtraktive, FM-, Wavetable- und Granularsynthese sowie Sample Playback mit. Und auch der Mutator ist wieder von der Partie!

Mit diesem lässt sich ein Preset mit einem Klick „mutieren“, indem man im Browser eine Sound-Kategorie auswählt und Absynth es auf deren Basis verändert. Das funktioniert immer noch und macht immer noch genauso viel Spaß. Wie lange ich mich wieder in „Mutationssessions“ verloren und zig neue Sounds damit gemacht habe… Toll!
Was ist neu in Absynth 6?
Hoch aufgelöst, in fünf Stufen skalierbar und aufgeräumter als der arg vollgestopfte Vorgänger zeigt Absynth 6, wie allein der Look die Modernisierung treibt. Ferner ist Absynth 6 jetzt MPE-fähig und unterstützt polyphonen Aftertouch – wie auch alle Komplete Kontrol Keyboards. Die MTS-ESP-Unterstützung ist für mikrotonale und nicht-europäische Tonleitern zuständig

Dazu hat man ein runderneuertes Ladder-Filter integriert (Low Pass, High Pass, Band Pass und Notch), das im Vergleich zur alten Version aus Absynth 5 um einiges wärmer und analoger klingt. Auch hat NI dem Oszillator-Effekt Cloud und dem Aetherizer einen „High Density“-Modus spendiert, der die granular glitzernden Sounds noch einmal verdichtet.

In der Granular-Engine soll der High-Density-Modus für eine bessere Klangqualität sorgen, statt 8 sind nun Werte bis 32 möglich – für dichter-düstere Ambient-Soundscapes perfekt. Eine weitere, willkommene Änderung findet man im Sample-Oszillator: dieser unterstützt jetzt auch die Formate MP3, OGG und FLAC.




























