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MuTools MuLab 9 Test

MuLab App vs. Plugin

MuTools nutzt bei MuLab 9 einen neuen Ansatz, der die Softwarewelt auf den Kopf stellt, weil er das Ende der Rewire-Funktionalität bedeuten könnte. Das Programm gibt es jetzt in zwei Versionen: als App und als Plugin! Die App-Version ist die eigentliche DAW, die es aber nur als Standalone gibt. Dafür fällt die Installation weg und die User können MuLab 9 direkt aus dem zugehörigen Ordner starten. Lobenswert ist, dass die Software keine Dateien außerhalb des Ordners erstellt oder ablegt. So ist man mit dieser DAW total flexibel und vor allem mobil. MuLab 9 ist so immer auf einem USB-Stick dabei und ihr könnt sie auf jedem Rechner einsetzen.  

So weit so gut, richtig spannend wird es allerdings erst bei der zweiten Form der DAW. MuLab 9 gibt es jetzt auch als Plugin mit entsprechender Architektur. Damit ist es zum Beispiel möglich, eine komplette Komposition aus MuLab 9 in jede andere DAW zu exportieren, sie dort als Plugin einzubinden und weiter daran zu arbeiten. Diese Möglichkeiten enden aber nicht bei Musikprogrammen: MuLab 9 funktioniert so etwa auch in einer Video-Editing-Software. Dadurch verschwimmen einige Grenzen, die der Musikproduktion bisher gesetzt waren. Gleichzeitig tun sich viele neue Möglichkeiten auf. Das könnte in Zukunft noch richtig spannend werden.   

MuTools MuLab 9 Test Bedienoberfläche DAW MuLab 9 als Plugin
Durch die neue zweigeteilte Architektur kann man MuLab 9 jetzt auch als Plugin in jeder anderen DAW einsetzen.

Flexibles Interface für mehrere Inkarnationen

Die eigentliche Form der Software ist nicht festgelegt, bedeutet: MuLab 9 nimmt unterschiedliche Gestalt an und tritt entweder als komplette Komposition mit zugehörigem Arrangement-Fenster oder einfach nur als Instrument (Synth, Sampler oder Sound-Generator), Effekt, ganze FX-Chain oder als Kombination aus all diesen Optionen auf. 

Erstellt man ein neues „Arrangement“ begegnen einem unter den vorhandenen Templates deshalb verschiedene Optionen. Das Interface passt sich automatisch an die gewählte Option an. Auch das kenne ich von keiner anderen DAW. Besonders die Nutzung von MuLab 9 als Plugin innerhalb einer anderen DAW wird dadurch einfacher: Man muss sich nicht immer mit dem kompletten GUI des Composers beschäftigen, wenn man eigentlich nur ein FX-Rack in eine andere DAW exportieren möchte.

Um die jeweiligen Fenster bewegen zu können, muss man mit der Maus übrigens das Drag-Symbol ganz rechts oben, direkt neben der Minimieren-Schaltfläche, mit der Maus anklicken und anschließend die gewünschte Bewegung ausführen. 

MuTools MuLab 9 Test Bedienoberfläche
MuLab 9 nimmt je nach Einsatzgebiet verschiedene Interface-Formen an.

Modular Composer und modulare Projektstruktur

Die Grundlage für die Flexibilität von MuTools MuLab 9 ist die Tatsache, dass nun auch der Composer selbst als Modul behandelt wird, genau wie bisher Oszillatoren, Filter oder Step Sequencer. Damit hat MuTools die Modularität der DAW deutlich erweitert. Nun könnt ihr die Composer-Module in einem Projekt nicht nur untereinander, sondern auch mit allen anderen Modultypen kombinieren. Damit fungiert das gesamte Arrangement als modularer Baukasten. 

Möchtet ihr den „Bauplans“ eines Projektes grafisch darstellen, weil ihr Veränderungen mit der Maus vornehmen und Module anlegen möchtet, dann nutzt ihr das entsprechende Symbol direkt neben der Transport-Bar am oberen Rand des GUIs. Ansonsten erreicht ihr alle Composer-Racks der Modular Area auch über die Modulleiste am unteren Rand – so ähnlich, wie man das von Live oder Bitwig kennt.     

Um den Einstieg in die Produktion zu erleichtern, startet das Default-Projekt der DAW lediglich mit einem Composer-Modul in der Modular Area. Weitere müsst ihr manuell hinzufügen. Bei all diesen modularen Möglichkeiten muss man sich erst einmal zurechtfinden und nachdenken, welche man in die Produktionen einsetzen kann. Trotzdem gut, dass MuTools MuLab 9 sie zur Verfügung stellt.   

MuTools MuLab 9 Test Bedienoberfläche Modular Area
MuTools MuLab 9 bietet über die Modular Area die volle Routing-Kontrolle über alle verfügbaren Module und das gesamte Projekt.

Live Clip Matrix

Ebenfalls neu in MuLab 9 ist der clip-basierte Workflow. So kann man den Composer, also das Arrangement-Fenster von MuLab 9, entweder als Time Line, wie man es von jeder anderen DAW her kennt, oder als sogenannte Live Matrix nutzen. Darin ladet ihr Audio-, MIDI- und Envelope-Clips, die ihr auf der Matrix der beiden Achsen der Track-Reihen und Scene-Spalten platzieren könnt. Eine Szene kann natürlich auch Clips von mehreren Tracks beinhalten.  

Neben einem globalen Sync-Modus könnt ihr für jeden Clip andere Einstellungen vornehmen – zum Beispiel Polyrhythmik und flexible Beats. Interessant ist, dass die beiden Versionen des Composers, Time Line und Live Matrix, auch gleichzeitig und damit komplementär agieren können. Clip-Starts und Stopps könnt ihr außerdem auch in der Time Line festhalten. Sie konsolidiert das Ganze dann als herkömmliches Arrangement mit Datei-Events. So könnt ihr dann wieder an den Events arbeiten und sie inhaltlich verändern.

Grundsätzlich ist dieser Workflow natürlich nicht neu. Dadurch, dass MuLab 9 nun auch als Plugin in anderen DAWs funktioniert, können alle User ihre Musiksoftware um den clip-basierten Workflow erweitern – und zwar auch dann, wenn die bevorzugte DAW ihn eigentlich gar nicht unterstützt. 

MuTools MuLab 9 Test Bedienoberfläche Live Clip Matrix
Der clip-basierte Workflow ist ebenfalls neu in MuLab 9.

Note Action Map

Die Note Action Map in MuTools MuLab 9 ist eine Art MIDI-CC-System für bestimmte musikalische Funktionen innerhalb eines Composers. Diese Funktionen reagieren auf MIDI-Informationen, die von Taste oder Pad eines externen Controllers stammen. Eine Szene in der Live Matrix triggert man also zum Beispiel über ein Keyboard oder einen Controller im MPC-Style, genau wie einzelne Clips oder bestimmte Abschnitte in der Time Line. Selbstverständlich geht das aber auch über jedes digitale Modul, das Events ausgibt, wie zum Beispiel Step-Sequencer oder gar eine andere DAW.

Auch diese Funktion macht MuLab 9 neben der Hauptaufgabe als DAW zu einer Art vielseitigem Instrument. Besonders in Live-Sets wird die Note Action Map zünden. In komplexen Projekten übernimmt sie aber auch die Steuerung mehrerer Composer-Module. Die Zuordnung könnt ihr in eine der 16 Gruppen einprogrammieren, Drag-and-drop funktioniert aber selbstverständlich auch.  

MuTools MuLab 9 Test Bedienoberfläche Note Action Map
Dank Note Action Map gelingt die Steuerung von MuLab 9 auch über externe MIDI-Controller.

Mehr Flexibilität auch beim Recording

MuTools hat bei MuLab9 auch die Möglichkeiten für Audio- oder MIDI-Signal-Aufnahmen weiter ausgebaut – das Recording ist nun nicht mehr auf die Spurebene begrenzt. Selbstverständlich könnt ihr wie gewohnt einen Rapper in Time Line zu einem Instrumental recorden oder ein Klavier über einen MIDI-Controller einspielen. Das Ganze geht jetzt aber auch auf modularer Ebene.

Unabhängige Recorder-Module nehmen Audio-, MIDI- oder Controller-Informationen nun auch direkt im Modular Composer auf. Damit stehen sie auch als unabhängige Klangquellen zur Verfügung, die ihr manuell oder automatisiert in eine Komposition einbinden könnt. Interessanterweise ist es sogar dann möglich, innerhalb der Plugin-Version von MuLab 9 aufzunehmen, wenn sie in einer anderen DAW genutzt wird.    

MuTools MuLab 9 Test Bedienoberfläche Audio Editor
Auch die Aufnahme von Audiosignalen ist in MuTools MuLab 9 auf allen modularen Ebenen möglich.

Keine neuen Instrumente, Effekte oder Sounds

Da wir uns bisher nur mit rein technischen Dingen beschäftigt haben, hören wir uns zum Schluss noch ein paar Sounds an. Davon enthält MuTools MuLab 9 zwar keine neuen, trotzdem ist der Klang einer DAW für die Kaufentscheidung ja durchaus wichtig.  

MuTools MuLab 9 Test Bedienoberfläche XXX
Synth ist eines der internen Instrumente von MuTools MuLab 9.

Dazu habe ich mich ein bisschen durch den internen Synth von MuLab 9 geklickt und wirklich gute Sounds gefunden. Schon das Preset „Basic Synth“ überzeugt mit klarem Digital-Synth-Sound und auch das dafür genutzte Delay klingt gut. Das „Jump“-Preset „AvB Rain Style“ kommt rund und fett daher, den Sound hätte Eddie Van Halen sicherlich auch gerne genutzt. Und das letzte Beispiel stammt zu Recht aus der Kategorie Soundscapes: Dieses komplexe Preset bildet eine kleine Klangwelt in sich.

Audio Samples
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01 Basic Synth 02 Digital Metallic 1 03 AvB Rain Style 04 Angels
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Profilbild von Carlos

Carlos sagt:

#1 - 31.12.2022 um 00:37 Uhr

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MuLab ist meiner Meinung nach die vielleicht die am meisten unterschätzte DAW am Markt, was sicher auch dem Umstand geschuldet ist, dass hinter dem Produkt keine größere Softwareschmiede oder gar Marketing-Abteilung steht, was mittelfristig auch ein Risiko für das Produkt darstellen mag. Dennoch benutze ich diese DAW sehr gerne, schon seit der Vorversion. Spätestens mit der Version 9 kann ich das Konzept der DAW nur noch als brilliant bezeichnen. Ohne viel Schnickschnack in der GUI finde ich hier einen sehr intuitiven Workflow vor, den ich in dieser Form von keiner anderen DAW, nicht einmal Bitwig, meiner zweiten Lieblings-DAW, kenne. Ich glaube der Mangel an Tutorials und YouTube-Demos (schon mal in YouTube danach gesucht? Ernüchternd im Ergebnis...) ist ein großes Handicap für diese DAW. Schade, denn da steckt so viel Potential drin. Danke deshalb für Euren Bericht, den ich aus User Sicht nur unterschreiben kann. By the way - MuLab 9 als Sequencer/DAW-Plugin innerhalb von Unify ist etwas, womit ich gerade spiele, das scheint eine geniale Kombination zu ergeben.

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