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Lydkraft Tube-Tech RM-System Test

Sicher hat sich jeder von uns schon einmal beim Abgrasen der 19”-Racks auf Studiofotos mit verklärten Augen ertappt. Ich könnte mir vorstellen, dass bei dieser Art von „Tontechniker-Pornografie“ Geräte von Tube-Tech – falls vorhanden –  für eine relativ hohe Verweildauer der Blicke sorgen. Diese besondere Anziehungskraft ist natürlich nicht unbegründet, eilt den Röhrengeräten des dänischen Herstellers Lydkraft doch ihr High-End-Ruf voraus.

Dabei haben Tube-Tech nie versucht, das Rad neu zu erfinden. Stattdessen hat man sich darauf verlegt, bewährte Schaltungen neu umzusetzen und sie so beispielsweise mit einem breiteren Spektrum auszustatten und rauschärmer zu machen. Eines der Hauptbetätigungsfelder der Dänen sind dabei  die legendären und auf dem Gebrauchtmark schier unbezahlbaren amerikanischen Pultec-Geräte. Es spricht sehr für Tube-Techs Entwicklungsabteilung, dass einige Produkte mittlerweile über sehr viele Jahre unverändert gebaut werden und gebrauchtes Tube-Tech-Equipment entsprechend rar ist. Es verkauft nur, wer unbedingt muss. Ich hatte das Glück, vor Jahren durch eine Studioauflösung den zweikanaligen Mikrofon-Vorverstärker MP 1A vergleichsweise “günstig” zu bekommen und verstehe daher diese Einstellung nur zu gut. Er gehört zu den wenigen materiellen Dingen, die ich wahrscheinlich zur Not auch mit Waffengewalt verteidigen würde. Doch dazu später mehr (zum MP 1A, nicht zur Waffengewalt natürlich). Wie es sich für hochwertige Studiogeräte gehört, kamen die Tube-Techs bislang in zwei oder sogar drei Höheneinheiten daher. Ich muss daher zugeben, einigermaßen verwundert gewesen zu sein, dass die Dänen sich auf so etwas Profanes wie einen Trend einzulassen schienen, indem sie einige ihrer Geräte auf ein eigenes, kleines Modulformat portierten. Im Stile alter deutscher Rundfunktechnik und dem jüngeren API-System mit vielen Drittanbietern sind in letzter Zeit derartige Modullösungen auch von Solid State Logic, Audient und dem niederrheinischen Hersteller SPL auf dem Markt erschienen.

Stellt sich die Frage: Bedeutet geringe Baugröße nun auch geringere Klangqualität oder sonstige Abstriche? Nun, der Blick auf die Sternchenbewertung und die Pro-/Contra-Liste auf dieser Seite nimmt die Antwort ja im Grunde schon vorweg, doch gehören diejenigen unter euch, die sich für hochwertiges Equipment interessieren, sicher zu dem Menschenschlag, der gerne alles etwas genauer wüsste. Recht habt ihr, und enttäuscht werden sollt ihr auch nicht.

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Details

Als Habitat für die neuen Module stehen zwei „Häuschen“ zur Auswahl. Das RM8 kann – wie die Bezeichnung suggeriert – bis zu acht dieser immer gleich breiten Einheiten aufnehmen, das neuere RM2 bietet nur zweien eine Heimat. Dementsprechend ist RM2 deutlich kleiner und auch preiswerter. Rückwärtig liefert das Housing je zwei Ein- und zwei Ausgänge als XLR-Buchsen von Neutrik, Netzanschluss, Sicherung und Spannungswahlschalter. Wie man es auch von vielen Rack-Geräten des Herstellers kennt, ist der blaue Trafo hinten am Gehäuse angesetzt. Der große RM8 verfügt zusätzlich zu den XLRs über Multipin-Ins und -Outs im DB25-(Tascam-)Standard. Im Gegensatz zum kleinen System zeigt der RM8 mit LEDs auf der Vorderseite die Funktion der zum Betrieb der Module notwendigen Spannungen an: +270, +48, +12 sowie +15 und -15 Volt.

Die Dänen bieten momentan drei Einschübe an: einen Mikrofon-Vorverstärker, einen Kompressor und einen Equalizer. Die gesamte Palette ist selbstredend in Röhrentechnik aufgebaut. Wir haben uns die ersten beiden Module im RM2 kommen lassen – selten war die Vorfreude auf einen Produkttest bei mir so hoch. In der Küche wäre es ein Unding, würde man die besten Filetstücke in einfacher Mehlschwitze oder gar Ketchup ertränken. Ähnliches gilt auch für hochwertiges Studio-Equipment. Daher habe ich mich mit bonedo-Autor und Gitarrist Bassel El-Hallak in Berlin zusammengesetzt, um ausführlich die Kompetenzen der kleinen Röhrengerätchen mit verschiedenen hochwertigen Signalen zu überprüfen. Ja, es stimmt: Wir waren wirklich etwas aufgeregt! Doch immer langsam mit den jungen Pferden.

PM 1A

Mit seinem Buchstabendreher suggeriert der Mikrofonpreamp-Einschub PM 1A eine technische und klangliche Nähe zum mir liebgewonnenen MP 1A, wenn er auch über einige zusätzlichen Funktionen verfügt, die mich doch etwas neidisch machen. Dieser Vollröhren-Amp schaltet die Vorverstärkung nicht nur in Schritten à zehn Dezibel wie der 19”-Vater, sondern zusätzlich mit einem weiteren gerasterten Regler mit einer Genauigkeit von 2 dB. Lydkraft setzt auf Altbewährtes und verwendet die Bakelit-Knöpfe im schlichten, aber unmissverständlichen Vintage-Design. Zweite Erweiterung: Die Eingangs-Impedanz des PM 1A lässt sich mit einem kleinen Kippschalter von 0,6 auf 1,2 oder 2,4 kOhm erhöhen. Dadurch sind leichte Charakteränderungen des Mikrofonsignals erreichbar. Steckt ein Kabel im frontseitigen D.I.-Input, ist es ein frequenzabhängiger Widerstand von einem Mega-Ohm, mit dem es das Signal zu tun bekommt. In der gleichen Reihe mit der Impedanzwahl findet man alltäglichere Bedienelemente, namentlich eine Vorabsenkung, die das Signal um 20 Dezibel verringert, daneben die obligatorische Phantomspeisung. Als Hochpassfilter kommt das vom MP bekannte zum Einsatz, welches auf 20 oder 40 Hz seinen -3dB-Punkt setzt. Die Steilheit des Filters wird vom Hersteller nicht angegeben, liegt aber wahrscheinlich bei 12 dB/Okt. Die Möglichkeit zur Signalinvertierung (wie so oft im Grunde falsch mit der Gradzahl „0“ und „180“ gekennzeichnet – das wäre ein für alle Frequenzen unterschiedlich großes Delay!) ist das letzte Bedienelement auf der Frontplatte.

Das kleine Modul PM 1A bietet also auf einem Fünftel der Baubreite des Neunzehnzöllers MP 1A mehr Features, eine Pegelanzeige ist jedoch wie beim großen Bruder nicht dabei. Die Tatsache, dass nur eine simple Overload-Leuchte verbaut ist, ist die unmissverständliche Aufforderung an den Engineer, sich ausschließlich auf seine Ohren zu verlassen und den Zerrgrad mit den zur Verfügung stehenden Bedienelementen zu bestimmen. Weit über den Hörbereich des Menschen geht der Frequenzgang des Geräts hinaus: Die -3dB-Punkte liegen bei 5 Hz und 60 kHz, das Rauschen liegt nach CCIR mit -70 dBu bei 20 dB Verstärkung und sollte daher nie ein Problem darstellen. 

CM 1A

Weitaus mehr “Knöppe” hat der Kompressor-Einschub CM 1A aufzuweisen. Auch dieses Gerät hat ein 19″-Pendant. Doch mit einem Buchstaben-Dreher ist es diesmal nicht getan: Das Vorbild ist nicht etwa ein fiktiver “MC 1A”, sondern der beliebte Mono-Kompressor CL 1B. Diesen als hervorragenden Vocal-Kompressor zu bezeichnen, ist zwar sicher nicht verkehrt, wird dem riesigen Gerät aber nicht vollständig gerecht. Denn er eignet sich ebenso gut für viele weitere Signale, von Schlagzeug-Einzelsignalen bis hin zu Gitarren, Bässen, Synthies … you name it! Auch die „Schrumpf-Version“ arbeitet mit einem Optokoppler zur letztendlichen Verringerung der Dynamik. Das bekannteste Gerät dieser Schaltungsart ist der legendäre Teletronix LA-2A, der heute noch von Universal Audio hergestellt wird, aber über deutlich weniger Eingriffsmöglichkeiten verfügt. Die Ähnlichkeiten der Produktbezeichnung des Klassikers mit der vieler heutiger Geräte kommen natürlich nicht von ungefähr.

Die fünf Drehregler lassen die Veränderung der üblichen Kompressions-Parameter zu: Die Attack-Time lässt sich von “Knacksgarantie”-Zeit (0,5 ms) bis zu einer knappen Drittelsekunde einstellen, die Release natürlich mit höheren Zeiten: 50 Millisekunden bis zur durchschnittlichen Reaktionszeit eines Rhythmusgitarristen auf die Taktänderung im Song: 10 Sekunden. Im Sidechain werden übrigens Halbleiter eingesetzt, allerdings haben diese natürlich keinen (also auch keinen negativen) Einfluss auf den Sound, denn sie sitzen ja nicht im Signalweg. Mit einem kleinen Schalter können die Attack- und Release-Zeiten bei Bedarf festgesetzt oder automatisiert werden, jedoch anders, als man es von manchen anderen Geräten mit Auto-Release gewohnt sein mag: “Manual” erlaubt Kontrolle über beide Werte von Hand, “Fixed” setzt beide Zeitparameter auf ihren (annähernd) geringsten Wert. “Fixed/Manual” ist ein wenig komplexer: Hier wird Attack auf Fast gesetzt, die Release wird vom Quellsignal abhängig gemacht und bewegt sich dann zwischen mittlerer und langer Rückregelzeit. Allerdings hat man zusätzlich eine Hold-Funktion vor Beginn der Release zur Verfügung, die man mit dem Attack(!)-Regler wählen kann. Das Meter kann mit seinen 11 Segmenten entweder das Output-Level von -20 dB bis 3 dB und Overload oder die Gain-Reduction anzeigen. Ein Input-Metering wie beim CL 1B mit seinem VU-Meter gibt es nicht. 

TubeTechRM2_10FIN_01

Bei der Verwendung mehrerer Mono-Kompressoren sollte es immer die Möglichkeit geben, die Steuersignale der verschiedenen Geräte zu vereinigen. Tube-Tech erlauben beim CM 1A nicht nur die Verbindung zweier Geräte, sondern die Erstellung eines kompletten Sidechain-Busses. Moment, halt, stopp: die Erstellung von zwei Sidechain-Bussen…!? Es können in einem Bus bis zu zehn Kompressoren gelinkt werden. Multichannel, here we come! Der tiefstmögliche Threshold ist auf der Frontplatte mit -30 dBu angegeben, das sollte mit dem maximalen Input von 21 dBu dicke für enorme Hubarbeit ausreichen. Mit bis zu 30 dB Make-Up kann man das zusammengefaltete Signal wieder nach oben hieven – erst bei 26 dBu liegt die THD bei 1%. Die wählbare Ratio beginnt nicht etwa bei 1:1 oder 1,5:1, sondern setzt mit 2:1 ein. Die Kurve lässt sich steiler stellen, bis bei 10:1 Limiter-Charakteristik erreicht ist. Dort ist dann im wahrsten Sinne das Limit erreicht, denn dies ist das maximal einstellbare Verhältnis. Um komprimiertes und nicht prozessiertes Signal zu vergleichen, dient ein kleiner “In/Out”-Switch, der auf Knackser im Signalweg verzichtet.

Exotische Röhren werden bei Tube-Tech nicht eingesetzt: Das Kompressormodul CM 1A verwendet je eine ECC82 und eine ECC83, die Anzahl der Trioden im Vorverstärker PM 1A ist um einiges höher: Zwei 82er und ganze vier 83er werden dort eingesetzt, wodurch sich die mit 19 Watt um 4 Watt höhere Leistungsaufnahme des Preamp-Moduls erklärt.

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Praxis

Ein RM2 hätte den Namen „Lunchbox“ verdient, wenn dieser Begriff nicht von API für deren Modulsystem verwendet würde. Es ist geradezu handlich, was man von Lydkrafts 19”-Boliden sonst nicht gerade behaupten kann. Meinen MP 1A transportiere ich nur ungern, ein RM2-System würde ich wahrscheinlich – wenn ich eines hätte – mit ein paar speziellen Mikrofonen als mein Standard-Reisegepäck zum Paket schnüren. Der RM8-Frame hingegen, den ich auch schon in Augenschein nehmen konnte, ist schon unbestückt ein außerordentliches Monstrum, vollgepackt mit Einschüben muss man zur Positionsveränderung schon beinahe ein Schwerlastunternehmen aus den Gelben Seiten beauftragen. Das annähernd handgepäcktaugliche RM2-System lässt sich wirklich überall dort hinstellen, wo man es gerade benötigt, zum Beispiel zur Verhinderung langer Leitungswege mit geringem Level (und dadurch bedingten Höheneinbußen!) in unmittelbarer Nähe der Mikrofone im Aufnahmeraum.

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Einen Nachteil haben die geringen Gehäusemaße allerdings: Die Bedienelemente liegen recht nah beieinander, die Drehregler sind daher nicht sonderlich groß. Bewegt man beim guten, alten MP 1A den Gain-Regler, erinnert das an Steuerpulte der Kernenergie-Technik aus den 1950ern. Die etwas fragil wirkenden Schalter für HPF & Co sind allerdings schon bei vielen Tube-Tech 19”-Geräten vorhanden. Dennoch bleibt es beim Modulsystem der Dänen ein haptischer Genuss, die Bakelitregler zu bewegen. Beim PM 1A fehlt selbst das massive „Klock”-Geräusch der gerasterten Regler nicht. Alles ist solide verbaut, sämtliche Bedienelemente sind frei von Spiel und nicht krumm und schief eingebaut. Ich weise deshalb darauf hin, weil das selbst unter den Supergeräten dieser Welt nicht gerade selbstverständlich ist! Die Installation der Einschübe ist denkbar einfach und sollte jedem möglich sein, der von seinem Umfeld nicht gerade als „Doppel-Linkshänder” gehänselt wird. Man sollte dennoch den Sitz der Module doppelt und dreifach überprüfen, da bei selbstverschuldetem Kurzschluss sicher auch der härteste Tontechniker Tränen in die Augen bekommt.

Bei der Produktion des kleinen Tube-Tech-Testsongs habe ich nie ein Meter am Preamp vermisst. Durch mein Gehör und das Input-Metering des A/D-Wandlers fühlte ich mich immer ausreichend über die Arbeit des PM 1A informiert. Das Gehör ist es auch, das meine Drüse, die die Glückshormone ausschüttet, kräftig geschüttelt hat: Der Preamp klingt einfach wahnsinnig gut. Diesen Ausdruck möchte ich etwas genauer beschreiben: Der PM 1A ist – wie man sich denken kann – kein klinisch rein arbeitendes Gerät, sondern verändert das Mikrofonsignal. Da wäre zum Beispiel die ständige leichte, harmonische Zerrung, die sich als angenehme Unterstützung der im Signal schon vorhandenen Obertöne bemerkbar macht. Diese Harmonischen geringerer Ordnung, die dem Signal hinzugefügt werden, machen sich besonders auf den lang gezogenen Vokalen der Gesangsstimme bemerkbar. Die Stimme wirkt dadurch etwas dicker und glänzender, ohne jemals spitz oder kratzig zu werden. Im Vergleich zu vielen anderen Röhren-Preamps fällt auf, dass der Sound des Lydkraft trotz der Färbung immer glasklar, durchsichtig und greifbar ist. Es wird nichts komprimiert oder „verschmiert”. Hier punktet der PM 1A ganz massiv: Er ist für ein Röhrengerät ausreichend schnell. Vor allem bei den so kritischen „S”- und „T”-Lauten macht sich dieser Zusammenhang bemerkbar. Diese Konsonanten mit einem großen Anteil an hohen Frequenzen werden zwar stark gefärbt, im Spektrum leicht nach oben erweitert und etwas massiver, klingen dadurch aber nur etwas edler – verwaschen oder scharf klingen sie nie. Man muss schon eine deutlich schlechte Aussprache besitzen und das für die Stimme falsche Mikrofon nutzen, um übertriebene „S”-Laute zu generieren.

Audio Samples
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Vocals 600 Ohm Vocals 2,4 kOhm Vocals HPF 40 kHz Vocals Vergleichsamp

Der Klang der Stimme begeistert nicht nur den Tontechniker, sondern offensichtlich auch die Sängerin. Die Frage „Darf ich noch ein wenig so vor mich hin singen? Die Stimme klingt so toll hier auf dem Kopfhörer!”, hört man recht selten, und könnte alleine schon als Lob für den PM 1A dienen. Zugegeben, ein Mikrofonvorverstärker allein macht noch keinen tollen Sound, aber wenn der Rest der Aufnahme- und Wiedergabekette auch stimmt, kann er seine Qualitäten richtig ausspielen. Im gesamten Test zeigte sich, dass der Lydkraft eben kein Spezialgerät für manche Anwendungen ist, sondern wirklich als Standard-Preamp taugt. Ob ich nun eine „Vierzwölfer”-Box mikrofoniert habe, Akustikgitarre oder sonst irgendetwas aufgenommen habe, diese Art der subtilen Klangveredelung erschien nie fehl am Platze. Meine Erfahrung mit dem großen MP 1A zeigt jedoch, dass man bei der Verwendung von Kleinmembran-Kondensatoren meist lieber auf schnellere und sauberere Mic-Pres zurückgegreift – das gilt aber für die meisten Röhren-Pres, die ich kenne.
Die Impedanzumschaltung des Tube-Techs hat zwar Auswirkungen, jedoch sind diese erwartungsgemäß eher zart. Manchmal hilft die Einstellung dabei, dem Signal schon die gewünschte Tendenz in der Klangfarbe zu geben, es also gleichsam schon einmal in die richtige Richtung zu schubsen. Mit der Veränderung des Ohm-Wertes ändert sich beim PM übrigens nicht nur in der Frequenzebene etwas, auch dynamisch macht sich etwas bemerkbar – allerdings auch hier eher in homöopathischen Dosen. Das Filter greift solide zu und entfernt Pegelanteile im Tiefbassbereich, wie es seine Aufgabe ist. Das Passband bleibt davon annähernd unbeeindruckt, selbst wenn die Grenzfrequenz auf 40 Hz gestellt wird. Die Schaltung arbeitet absolut vorbildlich und besitzt wirklich keine störenden Eigenschaften – den Unterschied im Signal zwischen „20 Hz”- und „Off”-Stellung des Schalters muss man sich schon einreden.

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Bass PM 1A Bass anderer Röhrenamp Bass U5

Der D.I.-Sound ist ebenfalls von allererster Güte. Hier wird der „Vintage”-Charakter etwas deutlicher, was für Bass, E-Pianos und Co absolut hervorragend sein kann. Ein angenehmerer Sound ist mir wirklich noch nie untergekommen, ein klarerer und transparenterer allerdings schon. Nicht, dass wir uns hier falsch verstehen, der Tube-Tech ist auch mit D.I.-Signal gefüttert absolut „Top Notch”. Man sollte jedoch vor Augen haben, dass der PM 1A nun mal ein Röhrengerät ist. Will man einen analytischen Hochglanz-Sound, gibt es ein Gerät, das dem Dänen das Wasser reichen kann und alle anderen mir bekannten D.I.s „nass macht”: den Avalon U5. Wer sowohl diese D.I.-Box als auch einen Tube-Tech-Preamp im Rack hat, der braucht sich mit der Frage nach einer geeigneten Box nie wieder zu beschäftigen. Entweder wird die eine benutzt oder eben die andere, je nach Gusto. Beide stellen für ihre Bauart meiner Meinung nach schlicht und einfach mit das hochwertigste auf dem Markt erhältliche Werkzeug zur Direct Injection dar.

Kurzer Zwischenstand: Der Preamp ist wirklich allererste Sahne und hat somit die Messlatte für den Kompressor innerhalb unseres Tests wirklich sehr hoch gelegt. Mir fällt ein über viele Umwege herbeigeholtes Adjektiv ein, um den Sound des CM 1A zu beschreiben: „teuer”! Mit Superlativen und Übertreibungen sollte man ja in einem Produkttest etwas vorsichtig hantieren, aber es stimmt nun einmal: Während der Arbeit mit dem Gerät haben mein Kollege Bassel El Hallak und ich uns manchmal einfach nur stumm und kopfschüttelnd angesehen und dann fast ungläubig grenzdebil gelacht. Es ist dieser dicke, wichtige Sound, der entsteht, wenn der Kompressor richtig zu tun bekommt. Bei Gain-Reduction jenseits der 6 dB produziert der CM 1A eine dynamische Verzerrung, die sich wie eine Art Patina auf das Signal legt, es wie „Edelschimmel” umgibt. Selbstredend matscht der Kompressor trotzdem nicht. Bei hohen Reduktionen wird das Signal dick und bauchig, wo andere Geräte schon mal ein dünnes, konturloses Brett hinterlassen.

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Drums Soft Drums Soft 2 Drums Smash Drums Smash 2 Bass Flattening Bass Medium Vocals Medium Vocals Soft Vocals Hard Limit

An den Drumfiles und der Summe merkt man besonders, dass der Tube-Tech ein „Großmacher” und „Teuerklinger” ist. Durch das Optokompressor-Regelglied ist das Dynamikgerät schnell genug, außerdem haben derartige Geräte oft eine Kompressionskennlinie, die nicht im eingestellten Verhältnis (= Ratio) bleibt, sondern sich bei sehr hohen Eingangspegeln wieder langsam der 1:1 nähert. Gemeinsam mit der generellen Schnelligkeit sind das sehr gute Nachrichten für Transienten! Im Vergleich zum Bypass-Signal fällt auf, dass es dieser Sound ist, nach dem man in einer Produktion häufig sucht. „The Compressor is your friend”, soll Bruce Swedien einst geäußert haben. Eigentlich dürfte er diesen Spruch in Anbetracht des CM gerne auf dem Berg Sinai auf eine Steinplatte meißeln. Dieses Röhrengerät ist nicht nur ein technischer Zusammendrücker, sondern wirklich ein Soundformer. Gott sei dank ist bonedo.de multimedial: Hört euch den CM 1A an, hört ihn über Studiomonitore und Kopfhörer!Achtet auf die Bassdrum, auf die Snare, die sich öffnende Hi-Hat, die Räumlichkeit! Selbst mit wirklich übertrieben auffälligem Regelvorgang im Release wird das Signal zwar kompakt, aber nie unbrauchbar. Eine lustige Gegebenheit war, als ich nach der Kompression des Basses den Vocal-Kanal durch den Kompressor schickte, ohne die Bedienelemente auch nur noch einmal zu berühren. Bassel und ich schauten uns mit großen Augen an und dachten gleichzeitig „perfekt”! Ohne einen Ton zu sagen und auch nur einen weiteren Moment zu zögern, habe ich den Bounce-Shortcut in der DAW gedrückt, einen Dateinamen eingegeben und bestätigt. Das Ergebnis könnt ihr als Vocals Medium im Audioplayer hören. Das Wort „unfassbar” fiel in der Session recht häufig, und immer war der CM 1A gemeint. Die Stimme rückt bei starker Kompression weiter nach vorne, was sich im Spektrum sowohl bei tonalen als auch geräuschhaften Stimmanteilen mit dem Signal tut, ist wirklich grandios. Bei „Running around”, welches mit deutlich höherem Pegel gesungen ist, lässt sich erkennen, was die Röhren im Inneren des Einschubs schönes mit dem Signal anstellen. „S”- und „T”-Laute bekommen den letzten Schliff, der das Signal wirklich nach Weltklasse klingen lässt. Der Lydkraft-Kompressor spielt schlicht und einfach in der gleichen Liga wie die alten Teletronix – ich wage sogar das Undenkbare: wie ein Fairchild. Der Fairchild ist der heilige Gral, heute teurer als so mancher deutsche Neuwagen. Dennoch: Es ist die gleiche Liga.

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Summe Bypass Summe (+Vocals)

Auch die Summenbearbeitung steht dem Modul recht gut. Zu diesem Zweck habe ich zwei Kompressoren in den RM2 geschraubt. Bei dem Song für diesen Test sind übrigens keine anderen Mic-Pres, D.I.s oder Kompressoren als die des RM2-Systems zum Einsatz gekommen. Fett, oder? Noch eine weitere Anmerkung: Die Arbeit mit dem Sidechain-Bus und der speziellen Zeitautomatik ist gewöhnungsbedürftig, aber wirklich praktisch.

Kürzere oder längere Zeiten, einen tiefer angesetzten Threshold oder ein geringeres Kompressionsverhältnis vermisst man in der Praxis nie. Ein kleiner Schönheitsfehler war, dass ein Kompressormodul – trotz der offensichtlich sehr geringen Bauteiltoleranz – zu Beginn des Tests im Bypass-Modus eine ständige Gain Reduction von „+1 dB” mit einer gelb leuchtenden LED anzeigte. Nach einer halben Stunde schien das System auf Betriebstemperatur zu sein, und das Meter war ok. Allerdings war das System beim Transport den Temperaturen im sagenumwobenen Januar 2010 in Berlin ausgesetzt. In „Novoberlinsk” hatten wir in der Nacht vor der Lieferung -15°C, das Gerät wurde sofort nach der Lieferung angeschlossen. Unter diesen Umständen: Peanuts!
Beide getesteten Module haben gezeigt, dass Lydkraft sich treu geblieben sind. Das neue System verkleinert zwar die Baugröße, behält aber die hohe Klangqualität bei. Der Preamp reiht sich wie von selbst in die Reihe der großen Putnam- und Siemens-Geräte ein, der Kompressor gehört definitiv in eine Liga mit den üblichen Verdächtigen unter den Röhrenkompressoren. „Zum Glück” besitze ich keinen ADL1500 (das in meinen Augen beste LA2A-Derivat), denn der CM 1A hätte in einem Vergleich möglicherweise das von mir vergötterte Gerät von seinem Thron gestoßen. Ich glaube, er hat das Zeug dazu. Im Vergleich zum MP 1A reizt der PM 1A mit zusätzlichen Features. Einen generellen klanglichen Quantensprung des Neulings kann ich nicht feststellen, was wiederum sehr für Tube-Tech insgesamt spricht.

So viel Enthusiasmus in diesem Test, doch wie schaut es mit dem Preis-Leistungs-Verhältnis aus? Dies ist schliesslich eine Angabe, nach der man als Tester aus guten Gründen immer wieder gefragt wird. Manchmal sind derartige Aussagen jedoch nicht einfach zu treffen, denn der Gegenwert muss bei derartigen Geräten differenziert betrachtet werden:
Für denjenigen, der mit Tontechnik auch Geld verdient, ist das Verhältnis sehr gut, für denjenigen, der dies nur in geringem Maße tut, wird sich die Anschaffung möglicherweise nie amortisieren. Trotz voller Punktzahl steht daher unter Contra der Anschaffungspreis des Systems, denn er ist nun einmal aufgrund seiner Höhe ein Argument, das gegen den Kauf spricht. Ich halte die Preisgestaltung des Modulsystems jedoch aus mehreren Gründen für absolut gerechtfertigt: Hohe Qualität verlangt gute, idealistische Ingenieure und enorme Entwicklungszeit, aber bei Lydkraft-Produkten ist eben auch kein Kunde inoffizieller Beta-Tester. Die verkauften Stückzahlen sind gering und müssen neben diesen Kosten auch die teure Bauteilselektion und Qualitätskontrolle tragen. Das RM2-System ist somit auf keinen Fall überteuert. Außerdem ist ein Tube-Tech immer eine Investition für das gesamte (Berufs-)Leben, denn wer einen besitzt, wird ihn kaum nach kurzer Zeit leid sein. Zudem sind die skandinavischen Geräte zwar charaktervoll, aber immer moderat. Dadurch lassen sie sich dennoch an den verschiedensten Stellen in unterschiedlichsten Produktionen einsetzen. Eine Tube-Tech-Kette im Studio, dazu eine weitere hochwertige, die aus äußerst cleanen Elementen besteht – und man kann sein Leben lang Ruhe haben, kann sich statt um die stetige Suche nach dem nächsten bezahlbaren Gerät schlicht und einfach um die Arbeit kümmern (um diese Investition zu refinanzieren…). Ich behaupte überdies, dass man damit auf lange Sicht sogar preiswerter fährt. Schlimmstenfalls verkauft man eben wieder, die dankbaren Abnehmer stehen Schlange, der Wertverlust ist gering.
Wem beim Blick in die Preisliste trotzdem die Tränen in die Augen kommen, der sollte nicht vergessen: Letztendlich sind es ja in erster Linie die Komposition und die Performance, die eine gute Produktion ausmachen, nicht die Werkzeuge (Ich weiß: Dies ist auch nur ein schwacher Trost. Aber hey: Ich habe es immerhin versucht…).
Ich würde mir übrigens einen RM4 oder vielleicht sogar RM3 wünschen, denn ein RM8-Rahmen ist groß und sehr teuer, ein hingegen RM2 fasst eben nur zwei Module, das halte ich für etwas wenig. Mit einem Backbone mit drei oder vier Einschüben könnte man sich mit Preamp, Kompressor und dem ebenfalls erhältlichen Equalizer EM 1A einen tollen Channelstrip schnüren.

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Ich möchte das eigentliche Fazit dieses Tube-Tech-Tests mit folgendem Destillat ausdrücken: Die beiden Module sind unfassbar gut!
Für sehr viele unterschiedliche Signale und unterschiedlichste musikalische Anwendungen gehört das RM-System schlicht und einfach zu dem besten, was die analoge Tontechnik zu bieten hat. Sollte es klanglich dennoch nicht passen, liegt es wohl kaum an den Geräten selbst, sondern an der Geräteklasse: „Röhre” passt natürlich nicht immer und überall. Nichtsdestotrotz ersteht man mit der Modulreihe der Dänen ein absolut alltagstaugliches System, dessen Anschaffung vor allem für Profis wirklich lohnenswert ist. Wer wirklich Wert auf hochwertige Audioverarbeitung legt, muss nur leider auch entsprechend tief in die Tasche greifen!

Unser Fazit:
5 / 5
Pro
  • exorbitante Klangqualität
  • enorm flexibel einsetzbar
  • sinnvolle Parameter
  • erweiterbar
Contra
  • hoher Anschaffungspreis
Artikelbild
Lydkraft Tube-Tech RM-System Test
TubeTechRM2_01FIN_01
Technische Daten
  • RM2
  • Rack für proprietäres Modularsystem
  • nimmt zwei Module PM 1A, CM 1A und EM 1A auf
  • stabilisierte Spannungen: +270 V, +48 V, +12V, +15 V und -15 V
  • Bus-System für Sidechain-Link
  • 2 x XLR In
  • 2 x XLR Out
  • eingebautes Netzteil für 110 V und 240 V
  • Preis RM2: 951,- EUR (UVP)
  • PM 1A
  • Röhren-Mikrofonvorverstärker
  • Röhren: 2 x ECC82, 4 x ECC83
  • schaltbare Impedanz: 600, 1200 oder 2400 Ohm
  • Phantomspeisung: +48 Volt
  • Pad: 20 dB
  • Phaseninvertierung
  • HPF bei 20 Hz oder 40 Hz
  • Gain in 10dB- und 2dB-Stufen schaltbar
  • D.I.-Input (automatische Schaltung)
  • maximaler Outputpegel: 26 dBu (bei THD 1%)
  • Frequenzgang: 5 Hz bis 60 kHz (-3 dB)
  • Rauschen: -70 dBU (bei 20 dB, CCIR)
  • Preis PM 1A: 1517,- EUR (UVP)
  • CM 1A
  • Röhren-Opto-Kompressor
  • Röhren: 1 x ECC82, 1 x ECC83
  • Makeup: bis +30 dB
  • Threshold: von -30 dBu
  • Ratio: von 2:1 bis 10:1
  • Attack: 0,5 ms bis 1/3 s
  • Release: 50 ms bis 10 s
  • Zeiten manuell wählbar, fixiert oder fixiert/signalabhängig mit einstellbarer Hold-Zeit
  • zwei Sidechainbusse auswählbar
  • LED-Meter für Gain Reduction und Ausgangspegel
  • maximaler Inputpegel: 21 dBu (bei THD 1%)
  • maximaler Outputpegel: 26 dBu (bei THD 1%)
  • Frequenzgang: 5 Hz bis 25 kHz (-3 dB)
  • Rauschen: -75 dBU (bei 20 dB Gain)
  • Preis CM 1A: 1517,- EUR (UVP)
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