Koch Gitarrenamp-Sounds sind bei uns immer noch relativ unbekannt, dabei kommen die Edelverstärker quasi von „umme Ecke“, aus dem Land der legendären Holz-Clogs, Windmühlen und des bei uns so beliebten Käses – aus Holland. Im Hause Koch ist man der Überzeugung, dass der Einsatz von Technologie bei Gitarrenverstärkern eine sensible Herangehensweise erfordert. Ein Gitarrenverstärker erfüllt im Grunde die gleiche Funktion wie die Decke einer akustischen Gitarre. Er ist nicht nur eine Apparatur zum „lauter machen“, sondern Teil des Klangs. Ein gut klingender Gitarrenverstärker ist viel mehr als nur die Summe eines cleveren elektronischen Designs, ausgesuchter Komponenten und Materialien. Wollen wir mal sehen, ob Koch mit dem Studiotone diese Aspekte erfüllt.
Der Studiotone von Koch ist ein dreikanaliger Gitarrencombo in Vollröhrentechnik. Seine Abmessungen entsprechen in etwa denen eines Fender Princeton, einem Amp, der ja auch eher für die Arbeit im Studio konzipiert wurde als für die Gitarrenbeschallung großer Bühnen. Insgesamt macht unser Testkandidat einen sehr robusten und kompakten Eindruck und ist offenbar so gut durchkonzipiert, dass auch bei näherem Hinschauen kaum Wünsche offenbleiben. Features wie die konsequente Glaskolben-Technologie oder die Möglichkeit, Recording-Equipment direkt an den Amp anzuschließen, verstärken diesen Eindruck. Alles da! Das gute Stück ist zu diesem Zweck mit Boxen-Simulationen und einem Kopfhörer-Ausgang versehen, während ein Powersoak im Inneren die Endstufe vor Beschädigungen schützt, wenn mal wieder eine nächtliche Kopfhörersession angesagt ist.
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Details
Beim Studiotone handelt es sich um einen Class-A Röhrenverstärker, der mit zwei 12AX7 und einer ECC83 Röhre in der Vorstufe und zwei EL84 in der Endstufe aufwarten kann. Der Amp leistet 20 Watt, die er hervorragend ausschöpft. Kräftemäßig bewegt er sich damit jedoch in einer Grenzregion, denn mit seiner Leistung ist der Studiotone perfekt fürs Wohnzimmer, das Studio und für moderate Proben geeignet, zu leise aber für Gigs ohne PA-Verstärkung. Eine Info vorab: Diesen Amp gibt es auch in einer stärkeren 40-Watt-Ausführung unter dem Namen Studiotone XL, mit denselben Features, nur eben mit mehr Kraftreserven.
Seine zwei Kanäle werden per Relais umgeschaltet, hier kastriert kein Halbleiter den Signalweg des zarten Gitarrensignals. Im Inneren des Chassis herrschen absolute Ordnung und sauberer Platinenaufbau. Es kommen nur ausgesuchte Bauteile zum Einsatz, Porzellansockel zum Beispiel, goldkontaktierte Buchsen und großzügig dimensionierte Trafos und Ausgangs-Übertrager. Die offene Bauweise ermöglicht nicht nur einen großen, dreidimensionalen Klang, sondern auch einen ungehinderten Einblick in die Eingeweide des kleinen Riesen (abgesehen davon, dass man bei einem offenen Gehäuse beim Recording auch mal von der Rückseite mit Mikrofonen experimentieren kann). Die Endstufenröhren stecken kopfüber im Chassis und sind mit einem Schutzgitter gesichert. Auf dem Boden befindet sich die Accutronics-Hallspirale, die bei Erschütterungen den charakteristischen Schepperton erzeugt. Sie ist mittels Cinch-Kabeln direkt mit dem Verstärkerteil verbunden und kann dem Signal bei Bedarf stufenlos beigemischt werden. Das Holzgehäuse ist mit einem grob strukturierten Kunstleder bezogen, die Ecken sind mit sechs Metallkappen geschützt. Ein robuster Tragegriff auf der Oberseite und vier Gummifüße auf der Unterseite runden das Bild ab.
Der Kleine ist im Grunde mit zweieinhalb Kanälen ausgestattet. Zweieinhalb Kanäle deswegen, weil der OD+ im Gegensatz zum regulären OD-Kanal eine Schippe mehr Gain besitzt. Das resultiert daraus, dass hier eine Zerrstufe mehr im Signalweg Dienst tut. Außerdem bietet sich die Möglichkeit, in diesem Modus zusätzlich den Low-, Mid-, oder High-Bereich zu featuren. Aber dazu später mehr. Die Kanäle werden über den mitgelieferten Zweifach-Fußschalter gewechselt. Beim Umschalten von High-Gain zu clean ist ein Knacken zu hören, das ich zunächst als Defekt identifiziert hatte. Dieses Phänomen erklärt der Hersteller auf seiner Homepage jedoch als völlig normalen Effekt, verursacht durch die Relais-Schaltung. Alle Kanäle teilen sich ein und dieselbe Klangregelung, bestehend aus den Klassikern Bass, Mid und Treble. Zur weiteren Klanggestaltung finden sich zwei Kippschalter auf dem Frontpanel. Mit ihrer Unterstützung lassen sich der Mitten- und Obertonbereich weiter veredeln. Auch diese beiden Mini-Schalter beeinflussen alle Kanäle, was sich jedoch nicht nachteilig auswirkt. Das Konzept ist sehr gut durchdacht und man findet schnell seinen eigenen Sound. Dank seiner ausgeschlafenen Features ist der Verstärker äußerst vielseitig einsetzbar. Der Bedienoberfläche des Clean-Kanals besteht nur aus einem Volume-Regler, während der Overdrive-Bereich mit einem Gain- und Volume-Poti ausgestattet ist – klare Sache, denn wie sollte man sonst auch den Verzerrungsgrad regeln. Der Gain-Regler ist für beide Zerrkanäle zuständig. Man kann also keinen leicht angezerrten Rhythmus-Sound einstellen und dann auf das Mörderbrett umschalten, deshalb meine Rede von zweieinhalb Kanälen. Aber seien wir doch mal ehrlich, mit dem Volume-Poti an der Gitarre kriegt man sowieso die besten angezerrten Sounds hin, oder?
Schauen wir uns die Rückseite des Studiotone Combos einmal genauer an. Hier sitzt der Special Design Speaker von Koch in einer 60 Watt an acht Ohm Ausführung. Der Aufkleber weist auf den Hersteller „Sica“ hin, der in Italien Jensen Speaker fertigt. Ich will ja nichts sagen, aber ich frage mich doch, wie der Amp erst mit einem G12H oder dem Tonetubby klingen würde. Es juckt zwar in den Fingern, aber ich bastele grundsätzlich nicht an Testgeräten herum! Bis auf den Gitarreneingang auf der Front sitzen alle verbleibenden Buchsen auf der Rückseite des Chassis. Neben dem Anschluss für das Netzkabel findet sich dort auch die Buchse für den mitgelieferten Fußschalter. Es folgt der serielle Effekteinschleifweg, der so ausgelegt ist, dass sowohl 19“-Prozessoren als auch Bodengeräte angeschlossen werden können. Die folgende Recording-Sektion dürfte für Homerecording-Freaks sehr interessant sein, denn hier steht ein frequenzkorrigiertes Ampsignal zu Aufnahmezwecken oder für den FOH-Mixer zur Verfügung. Dieses Signal wird an den Lautsprecherausgängen abgegriffen, sodass alle bei Röhrenverstärkern klangformenden Eigenschaften der Endstufenröhren erhalten bleiben. Zum Feintunen stehen sowohl zwei simulierte Mikrofonstellungen als auch die Simulation einer 4×12“ bzw. einer 1×12“ Box zur Verfügung. Sollte der Amp zu leise sein, besteht die Möglichkeit, eine weitere Endstufe oder den Clean-Kanals eines zweiten Gitarrenverstärkers anzusteuern. Klasse Sache und wirklich gut durchdacht. Weiter geht es mit den Lautsprecherausgängen. Hier werden drei Klinkenbuchsen angeboten, je eine für 4, 8 und 16 Ohm. Die Buchsen dürfen jedoch nicht dazu benutzt werden, mehrere Lautsprecher gleichzeitig zu betreiben. Neben der 16 Ohm Speaker-Buchse befindet sich ein Mini-Switch, der den internen Lastwiderstand, den sogenannten „Dummy-Load“ aktiviert und den Speaker gleichzeitig ausschaltet – ideal, will man den Amp zu Recordingzwecken stummschalten.
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Praxis
Mit seinen 20 Watt ist der Koch Studiotone nicht gerade ein Muskelpaket, aber für Leute, die eher moderat proben oder für den kleinen Club-Gig zwischendurch völlig ausreichend. Im Studio sieht es kraftmäßig anders aus, denn hier spielt die Lautstärke keine Rolle. Bestes Beispiel dafür ist der Fender Deluxe, der zwar auf unzähligen Produktionen zu hören ist, mit seinen 22 Watt jedoch kaum im Live-Betrieb auftaucht. Abgesehen von der Leistung dieses Combos offenbart sich der Koch Studiotone als ein wahres Klangwunder. Beginnen wir mit dem Clean-Kanal. Klar und ausdrucksstark, fast Fender-mäßig tönt meine Stratocaster wunderbar brillant und leicht schmatzend, so wie es sein sollte. Ausgewogen und satt mischen sich impulstreue Bässe und beseelte Mittenanteile ins Klanggeschehen. Der Ton ist straffer als der meines alten Princeton, der mir sowieso viel zu schnell ins Clipping geht. Mit der Klangregelung sind von Country bis hin zu Bebop alle Stilistiken sehr gut reproduzierbar.
Für eine schöne Blues-Zerre muss man den kleinen Brüller sehr weit aufreißen, soll die Endstufe in die Sättigung fahren. Lautstärkenmäßig kann man damit bei einer Blues-Session glänzen und einen satten Stevie Ray Sound zum Besten geben. Die Overdrive-Sektion bietet ebenfalls überdurchschnittlich gute und vielseitige Sounds. Bereits im gemäßigten Overdrive-Kanal kann man von einer geschmackvollen leichten Anzerrung bis hin zu AC/DC und Van Halen-Sounds alles realisieren. In Gain-Einstellungen um die 10 Uhr lässt sich auch bei Zimmerlautstärke eine geschmeidige Blues-Zerre erzeugen. Ab dann nimmt jeder Millimeter feinfühlig Einfluss auf die Zerrintensität und die Obertonstruktur des Tons, der immer geschmackvoll und dynamisch aus dem Speaker tönt. Der maximale Gain dieses Kanals ist allemal ausreichend für klassischen Hardrock und bietet bei Bedarf einen gepfefferten Marshall-Growl. Erklärte Highgain-Lead-Sounds bietet der OD+ Kanal. Klar hat er nicht so viel Gain wie z.B. ein Rectifier, aber was der Koch bietet, ist schon klasse. Im OD+ Modus greift eine weitere Zerrstufe ins Klanggeschehen ein, die auch Metal-Herzen höher schlagen lässt. Gleichzeitig mit der höheren Verzerrung stellt sich ein sehr angenehmes Spielgefühl ein. Der Ton ist zwar etwas undynamischer als der des ersten Overdrive-Kanals, klingt aber immer noch ausgesprochen definiert. Der Amp arbeitet übrigens auch bei Vollgas-Gain sehr sauber und Nebengeräusche sind ein absolutes Fremdwort. Einzig der Hall will mich nicht so recht überzeugen. Um ein wenig Tiefe zu schaffen, reicht es natürlich, aber einen Fender-mäßigen California-Sound bekommt man mit ihm nicht hin.
Audio
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Clean 1Clean 2Clean 3Overdrive 1Overdrive 2Overdrive 3Overdrive Plus 1Overdrive Plus 2
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Der Koch Studiotone ist ein sehr edler und gut klingender Allround-Gitarrencombo. Sein Name trifft den Nagel tatsächlich auf den Kopf, denn seine riesige Bandbreite prädestiniert den Combo für das Arbeiten im Studio. Klanglich bietet der Studiotone einen gelungenen Mix aus Fender und Marshall. Top 40 Gitarristen sollten sich vielleicht die 40 Watt Version, den Studiotone XL, einmal genauer ansehen, denn mit 20 Watt könnte es „On Stage“ unter Umständen eng werden. Allerdings ist er durchaus zu mehr als nur zum Üben zu gebrauchen – ich denke da an kleinere Club-Gigs, die möglich sind. Ein Amp, der wirklich Spaß macht – vor allem, weil er seine Sounds überraschend groß und dynamisch präsentiert. Das macht es fast unmöglich, einen unbrauchbaren Sound einstellen. Die Möglichkeit, das Verstärkersignal DI-mäßig oder über einen frequenzkorrigierten Ausgang abzugreifen, runden das Bild ab und machen den Verstärker zu einem äußerst attraktiven Gitarren-Combo.
"... der mit zwei 12AX7 und einer ECC83 Röhre in der Vorstufe [...] aufwarten kann" - bisher war ich ja davon ausgegangen, dass das die gleichen Röhren sind.
Ich habe selber die XL-Version und kann auf jeden Fall bestätigen, dass der Amp äußerst vielseitig ist. Der Mid Shift und die dritte Stellung beim Bright-Schalter (statt nur ein/aus) bringen im Zusammenspiel mit dem deutlich zupackenden EQ sehr viele Varianten. Vor allem klingen die für mich alle auf ihre Art sehr gut, und nicht nur an dem einen "Sweet Spot" wie bei vielen Röhrenamps.
Ein paar Sachen aus dem Text muss ich aber doch korrigieren:
Der Schalter für den OD+ hat NICHT die Funktion, "zusätzlich den Low-, Mid-, oder High-Bereich zu featuren", sondern er ersetzt quasi einen zweiten Gain-Regler. Es ist also ein geringer, mittlerer oder starker Gain Boost vorwählbar. Der Classic-Rocker dürfte mit "M" gut bedient sein. Hat man schon eher Metal-Gain im OD-Kanal, lässt sich mit "L" ein Overkill vermeiden, und spielt man nur angezerrt-bluesig, ermöglicht die "H"-Einstellung schon noch einen richtig singenden Leadsound im OD+.
Zum XL darf ich noch sagen, dass der nicht exakt die gleichen Features hat, sondern zusätzlich einen eigenen Volumeregler für den OD+. Das war mir tatsächlich auch wichtiger als die Extra-Leistung, denn so kann man gerade Soli halt doch feiner in der Lautstärke anpassen. Auch das etwas größere Gehäuse tut dem Sound gut, das klingt gleich etwas erwachsener, weniger "boxy".
Wer viel Headroom braucht, etwa für glasklare Cleansounds und runtergestimmten Metal, ist sicher mit der 40 Watt-Version besser aufgestellt. Die Anmerkung "der Fender Deluxe, der zwar auf unzähligen Produktionen zu hören ist, mit seinen 22 Watt jedoch kaum im Live-Betrieb auftaucht" halte ich allerdings für ein Gerücht. Nach dem, was ich jedenfalls so auf Bühnen sehe, ist das einer der meistgespielten Live-Amps überhaupt. In Sachen Lautstärke wird man von Behörden und Veranstaltern ja eh immer mehr eingebremst.
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olaf sagt:
#1 - 30.12.2021 um 21:31 Uhr
"... der mit zwei 12AX7 und einer ECC83 Röhre in der Vorstufe [...] aufwarten kann" - bisher war ich ja davon ausgegangen, dass das die gleichen Röhren sind.
Alex sagt:
#2 - 13.03.2024 um 12:57 Uhr
Ich habe selber die XL-Version und kann auf jeden Fall bestätigen, dass der Amp äußerst vielseitig ist. Der Mid Shift und die dritte Stellung beim Bright-Schalter (statt nur ein/aus) bringen im Zusammenspiel mit dem deutlich zupackenden EQ sehr viele Varianten. Vor allem klingen die für mich alle auf ihre Art sehr gut, und nicht nur an dem einen "Sweet Spot" wie bei vielen Röhrenamps. Ein paar Sachen aus dem Text muss ich aber doch korrigieren: Der Schalter für den OD+ hat NICHT die Funktion, "zusätzlich den Low-, Mid-, oder High-Bereich zu featuren", sondern er ersetzt quasi einen zweiten Gain-Regler. Es ist also ein geringer, mittlerer oder starker Gain Boost vorwählbar. Der Classic-Rocker dürfte mit "M" gut bedient sein. Hat man schon eher Metal-Gain im OD-Kanal, lässt sich mit "L" ein Overkill vermeiden, und spielt man nur angezerrt-bluesig, ermöglicht die "H"-Einstellung schon noch einen richtig singenden Leadsound im OD+. Zum XL darf ich noch sagen, dass der nicht exakt die gleichen Features hat, sondern zusätzlich einen eigenen Volumeregler für den OD+. Das war mir tatsächlich auch wichtiger als die Extra-Leistung, denn so kann man gerade Soli halt doch feiner in der Lautstärke anpassen. Auch das etwas größere Gehäuse tut dem Sound gut, das klingt gleich etwas erwachsener, weniger "boxy". Wer viel Headroom braucht, etwa für glasklare Cleansounds und runtergestimmten Metal, ist sicher mit der 40 Watt-Version besser aufgestellt. Die Anmerkung "der Fender Deluxe, der zwar auf unzähligen Produktionen zu hören ist, mit seinen 22 Watt jedoch kaum im Live-Betrieb auftaucht" halte ich allerdings für ein Gerücht. Nach dem, was ich jedenfalls so auf Bühnen sehe, ist das einer der meistgespielten Live-Amps überhaupt. In Sachen Lautstärke wird man von Behörden und Veranstaltern ja eh immer mehr eingebremst.