JZ Microphones BT-201/1S Test

Das JZ Microphones BT-201/1S im bonedo-Test – Die Kleinmembran-Kondenser BT-201 sind nicht die ersten Produkte des lettischen Herstellers JZ Microphones, die ich mit den Ohren befühlen konnte. Dabei ergab sich bislang ein recht heterogenes Bild. Während mich einige begeistern konnten (wie etwa das hervorragende BT301), traf das für manche weniger, für andere ganz und gar nicht zu.

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In welche Richtung die beiden 201 das Pendel der Gesamtbewertung der JZ-Produktpalette ausschlagen lassen können, wird dieser Test zeigen. Was jetzt schon feststeht: Sie sind sehr auffällig, die Mikrofone, vielleicht sogar die auffälligsten unter den 42 simultan getesteten Mikrofonen des Testmarathons.

Details

Alberne Spielchen der Designer? Nein! In Lettland scheint man sich mit der schnöden Zylinderform der meisten Mikrofone generell nicht abfinden zu wollen. So gibt es Mikrofone nach alter Neumannflaschen-Optik, solche mit Loch, plattgedrückte und eben solch merkwürdige Gebilde wie das BT-201. Ein Mikrofon dieser Bauform aus der “Bat”-Serie haben wir schon im bonedo-Test gehabt und waren recht angetan. Auch wenn es den Anschein haben mag, dass sich am BT-201 ein frisch von der Hochschule abgegangener Jungdesigner ausgetobt hat: Die Form mit dem sich hinter der Kapsel stark verjüngenden Korpus ist aus akustischen Gesichtspunkten keine schlechte Idee.

Im akustischen Idealfall wäre sogar der dünne Stab auf der Rückseite einfach nicht vorhanden – doch das geht natürlich nicht.
Im akustischen Idealfall wäre sogar der dünne Stab auf der Rückseite einfach nicht vorhanden – doch das geht natürlich nicht.

Der idealen Kapsel nämlich befindet sich nichts im Weg (am besten sogar nicht einmal sie selbst). Da so etwas in der Realität natürlich nicht zu bauen ist, kann man doch immerhin dafür sorgen, dass das Schallfeld so wenig wie möglich behindert wird. Kugeln etwa müssen auch rückwärtigen Schall aufnehmen, ein Korpus schattet aber nun einmal ab. Je kleiner der Korpus, desto weiter nach oben verschiebt sich der Frequenzbereich, ab dem diese Effekte greifen. Doch auch bei Nieren – wie bei beiden Testmikrofonen – ist von der Rückseite eintreffender Schall nicht irrelevant. Schließlich ist es von Vorteil für den Frequenzgang (vor allem jenseits der Hauptaufsprechrichtung), wenn dieser Schall möglichst unverändert auf Membran und Laufzeitglied trifft, um dort seine Arbeit zu verrichten, und sei es nur, um ausgelöscht zu werden. Reflexionen sorgen für Frequenzgang- und Phasenunterschiede und beteiligen sich an den in Richtung Off-Axis sehr wellig werdenden Polardiagrammen vieler Mikrofone. Es muss an dieser Stelle auch gesagt werden, dass der Einfluss des Korpus (genau wie der eines Grills übrigens!) bemerkbar und auch messbar ist, sich seine Auswirkungen aber insgesamt in Grenzen halten. Immerhin gibt es Mikrofone, die sehr, sehr gut sind und auf eine Abweichung von der Zylinderform pfeifen.

Genial: Ein Magnetverschluss hält die Kapsel auf dem Korpus.
Genial: Ein Magnetverschluss hält die Kapsel auf dem Korpus.

It‘s not a trick – it‘s magnetic!

Die Gewinde, mit denen die Kapseln am Korpus verschraubt sind, sind nicht sonderlich gut geschnitten. Sonderlich schlecht aber auch nicht: Es gibt sie gar nicht! Die Liebe zum Magnetismus geht bei JZ Microphones so weit, dass nicht nur der Verschluss der Holzschatulle, sondern auch die Kapseln des BT-Systems per Magnet fixiert werden. Da wundert es fast, dass es sich um Kondensator- und nicht um dynamische Mikrofone handelt. Denn die arbeiten bekanntlich entweder mit einem Topfmagneten für die Tauchspule oder mit meist sehr dicken Magneten, die ein flächiges Magnetfeld für ein Aluminiumbändchen erzeugen. Doch natürlich ist es ein Elektrostat, dessen Elektronik 48 Volt Phantomspeisung zum Leben benötigt. Die Ausgangsimpedanz beträgt schlanke 50 Ohm, sodass auch an Mikrofonvorverstärkern mit geringen Eingangsimpedanzen nicht mit negativen Effekten zu rechnen ist.

Andere Kleinmembrankapseln nutzbar

Neben den mitgelieferten Nierenkapseln sind auch Kugeln und Nieren mit integriertem Pad erhältlich. Auch wenn es nach erster Sichtung des Produktportfolios den Anschein haben mag, das hochinteressante BT-301, ein Mittenmembranmikrofon, ist nicht mit dem BT-201-Kleinmembransystem kompatibel. Mit einem halben Zoll Durchmesser sind die Kapseln des hier getesteten JZ eindeutig und klar der Gruppe der Kleinmembraner zugeordnet.

Ordentlich pegelfest: Die Kleinmembraner von JZ Microphones
Ordentlich pegelfest: Die Kleinmembraner von JZ Microphones

Fortlaufende Nummern

Mit 11 mV/Pa ist das JZ Microphones Kleinmembranmikrofon nicht übermäßig empfindlich, doch dafür liegt der maximale Schalldruckpegel bei 140 dB SPL – für 0,5 %, nicht 1 %. Bedenkt man, dass das Eigenrauschen mit 12 dB(A) angegeben ist, ergibt sich ein ordentliches Bild. Body und Kapseln tragen jeweils fortlaufende Seriennummern und werden in einer ausgekleideten Holzkiste geliefert, mit dem besagten Magnet-Mechanismus. Außer mit ein wenig Papierwerk kommt das BT-201/1Set ohne Zubehör.

Praxis

Soviel scheint klar: Zur dezenten, unauffälligen Mikrofonierung (und dafür wurde die Gattung der Kleinmembran-Kondensatormikrofone einst überhaupt entwickelt) taugen die auffälligen JZ nicht. Damit stehen sie ganz in der Familientradition, denn jedes Mikrofon des baltischen Herstellers ist ein Hingucker. Ob man es schön findet oder nicht, muss man natürlich selbst entscheiden. Etwas anders verhält es sich bei den klanglichen Leistungen des Schallwandlers. Zwar gibt es immer einen gewissen Spielraum für Charaktereigenschaften, doch ist dieser verhältnismäßig klein, insbesondere, wenn man bedenkt, was Käufer von Kleinmembran-Kondensern üblicherweise von derartigen Mikrofonen verlangen. Außerdem wären wirkliche Fehler eine klare Kontraindikation für eine Anschaffung. Und da JZ sich diesbezüglich sehr heterogen gezeigt hatte und absolut verneigungswürdige Meisterwerke genauso abgeliefert hat wie recht problembehaftete Stücke, war ich natürlich gespannt, wo sich das BT-201 einsortieren lässt. Die Sternchen und die Pro- und Contra-Liste wird jeder schon gesehen haben. Ja, es ist leider eher die letztgenannte Kategorie. Das Audiofile klingt besonders dann auffällig “verändert”, wenn man sich im Anschluss daran anhört, wie ein Mikrofon seine Aufgabe auch richtig und sehr unverfälschend erledigen kann. Bitte also beide einmal durchhören:

Audio Samples
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Referenz Schoeps CMC-64 JZ Microphones BT-201

Erstaunlich, oder? Wenn man fies wäre, würde man sagen, dass es sich wohl um zwei unterschiedliche Instrumente handeln müsste, die dort aufgenommen worden sind – mit dem JZ aufgezeichnet, klingt die Akustikgitarre eher nach Dobro denn nach einem Instrument aus Holz. Während die unteren Mitten des Instruments im Ergebnis deutlich unterrepräsentiert sind, sind die Präsenzen um 5 kHz deutlich zu stark. Es scheint in diesem Frequenzband geradezu zu vibrieren und resonieren; eben sehr ähnlich, wie man es von einer Metall-Resonanzgitarre kennt. Nun ist es nicht unüblich, durch Resonanzsysteme, auch mechanische, den Frequenzgang einer Kapsel zu beeinflussen, doch idealerweise geschieht das unauffällig und ohne dieses lange, schepperige Nachklingen, wie es das BT-201 produziert. Das wäre eher hilfreich bei den Resonanzplatten, die manche Autohersteller verwenden, um das Motorengeräusch schön prollig zu machen.

Hat in der Praxis für erstaunte Gesichter gesorgt: BT-201
Hat in der Praxis für erstaunte Gesichter gesorgt: BT-201

Der etwas unangenehme Klangeindruck wird durch zwei weitere Eigenschaften verstärkt. Zum einen ist das Air-Band recht schwach (eigentlich der Hauptkritikpunkt an den Mikrofonen der Budget-Klasse), zum anderen ist das Gesamtsignal sehr dicht. Dies hat auch zur Folge, dass die Gitarre etwa komprimiert klingt und die Attacks verschleift, weshalb das Instrument seiner Klarheit beraubt wird. Das Stereosignal wirkt durch diese Mängel insgesamt sehr klein und lustlos. Um eine Montagsproduktion wird es sich bei den Mikrofonen nicht handeln, denn in ihren Eigenschaften sind sie sich ziemlich ähnlich.
Natürlich kann ein Signal, wie es ein Pärchen der beiden JZ produziert, für eine Recordingsituation genau richtig sein, doch ich möchte behaupten, dass dieser Fall recht selten eintritt. Und für selten benutzte Effektmikrofone ist der Spaß dann doch etwas zu kostspielig.

Fazit

Die JZ Microphones BT-201/1 können sich optisch und klanglich von Konkurrenzprodukten deutlich absetzen. Allerdings ist das Äußerliche klare Ansichtssache und das Klangliche zu weit ab von der Performance, die man von dieser Produktgattung und diesem Kaufpreis erwartet. Besonders störend ist dabei der resonierende Charakter des Mikrofons, aber auch der Frequenzgang generell und die fahrige und das Signal verbreiternde Dynamik machen nicht viel Spaß. Ich weiß, was die Ingenieure bei JZ zu leisten imstande sind, doch das Stereoset BT-201/1S reiht sich leider nicht in die Top-Produkte mit ein.

Pro
  • extravagantes Äußeres
  • Modularsystem
Contra
  • resonierender Klang
  • Dynamik
Optisch vielleicht eine Besonderheit, klanglich jedoch keine Meisterleistung: JZ-Kleinmembranpärchen
Optisch vielleicht eine Besonderheit, klanglich jedoch keine Meisterleistung: JZ-Kleinmembranpärchen
Spezifikationen
  • Empfängerprinzip: Druckgradientenempfänger
  • Richtcharakteristik: Niere
  • Wandlerprinzip: Kondensator
  • Betriebsspannung: 48 V Phantomspeisung
  • Frequenzgang: 20 Hz – 20 kHz
  • Übertragungsfaktor: 11 mV/Pa
  • THD+N: 12 dB(A-bewertet)
  • maximaler Schalldruckpegel: 140 dB SPL (0,5% THD+N)
  • Preis (Paar): 809,- € (UVP)
Unser Fazit:
2,5 / 5
Pro
  • extravagantes Äußeres
  • Modularsystem
Contra
  • resonierender Klang
  • Dynamik
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JZ Microphones BT-201/1S Test
Für 639,00€ bei
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