Es war 1995, als die Ingenieure von Hughes & Kettner mit dem ersten TriAmp ihre Vision eines Gitarrenverstärkers verwirklichten, der kompromisslos in der Lage sein sollte, jeden gewünschten Sound zu liefern, vom cleanen Countryton bis zum brachialen Metalbrett. Das Geheimnis dieses neuartigen Amps waren die drei Verstärkerbereiche mit jeweils zwei Kanälen und eigenen Klangregelungen. Eine Ausstattung, die in punkto Flexibilität und Klangvielfalt kaum Grenzen kannte. Bei der neuen Version, dem TriAmp II, wurden die einzelnen Kanäle komplett überarbeitet und die Endstufensektion völlig neu designt. Ziel war eine Soundqualität, die auch für Puristen keine Wünsche mehr offen lässt, und eine noch größere Flexibilität.
Der Anspruch, mit dem Hughes & Kettner Triamp MK II ein Topteil der Oberklasse zu bauen, ist absolut gelungen, wenngleich dieser Luxus mit einem relativ hohen Preis verbunden ist. Aber wie pflegt der Kölner so schön zu sagen? „Wat nix kost is nix!“ Jedenfalls ist mir bei der Recherche zum Triamp II aufgefallen, dass sehr oft Finanzierungen angeboten werden, ganz wie bei Kleinwagen. Vielleicht erleben wir ja bald auch eine Abwrackprämie für alte Gitarrenamps.
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KONZEPT Um nicht direkt mit der „Eierlegenden Wollmilchsau“ ins Haus zu fallen, auf deren Suche schon so mancher Amphersteller verloren gegangen ist, kann man das Konzept des Triamp II in etwa mit drei Amps in einem Chassis vergleichen. Der Vergleich mit drei separaten Gitarrenamps geht natürlich nur bedingt auf, denn auch die unterschiedlichen Ausgangsübertrager formen den Sound entscheidend, ebenso wie unterschiedliche Lautsprecherboxen. Damit sich der Klang der Endstufe beim Umschalten der einzelnen Kanäle ebenfalls ändert, wird jedes Mal auch der Presence-Dämpfungsfaktor über einen speziellen Kondensator automatisch mitgeschaltet. So erhält jeder Kanal eine eigene Färbung. In punkto Vielseitigkeit kommt der Triamp so dem Traum des Multiverstärkers näher als irgendein anderer Amp.
Jeder Kanal bietet zwei unterschiedliche Färbungen, die dank einer aufwändigen Röhrenschaltung realisiert wurden. Im Inneren arbeiten schließlich nicht umsonst insgesamt zwölf Glaskolben an der Klanggestaltung, die je nach Sound in unterschiedlichen Konstellationen geschaltet werden. Insgesamt werden also sechs Sounds geliefert, die über den mitgelieferten Fußschalter direkt abrufbar sind und äußerste Flexibilität bieten. Ein Umschalten vom absolut cleanen Ton auf das Mörderbrett vor dem Herren gestaltet sich daher völlig unproblematisch. Jeder Sound wird mittels Knopfdruck abgerufen und besitzt einen separaten Lautstärkenregler. Die außerordentliche Brachialität und Direktheit dieses Verstärkers verbunden mit drei separaten Klangregelungen und abspeicherbaren Lautstärken machen ihn zum idealen Partner für anspruchsvolle Livegitarristen.
Aufbau Das Flaggschiff der Hughes & Kettner Custom Tube Series sitzt in einem robusten Multiplexgehäuse und ist mit schwarzem Kunstleder bezogen. Die Ecken sind durch schwarzen Protektoren aus schlagfestem Kunststoff geschützt – eine Maßnahme, die ihn bestens für den regelmäßigen Bühneneinsatz rüsten. Sehr eindrucksvoll wird auch das Innere des Triamp II in Szene gesetzt: Ein optischer Augenschmaus hinter einer mit dem Firmenlogo versehenen Plexiglasscheibe, der vor allem dank der internen Beleuchtung auf dunklen Bühnen gut zur Geltung kommt. Die Front Zunächst findet man sich vor einem scheinbar undurchdringlichen Dschungel aus Potis und Schaltern wieder, dem wir uns im Folgenden widmen, um trotz vieler Bäume den Wald nicht aus den Augen zu verlieren. Deshalb beginnen wir die Reise beim Gitarreneingang auf der rechten Seite und schauen uns gleich die einzelnen Kanäle an. Links neben der Eingangsbuchse befindet sich die cleane Abteilung, bestehend aus sechs Potis und drei Tastern. Diese Sektion bietet eine komplette Dreibandklangregelung, einen Master und zwei Gainregler für die beiden unterschiedlichen Soundvarianten. Mit den beiden Tastern, die sich unter den dazugehörigen Gainreglern befinden, werden die Sounds angewählt. Ein weiterer Taster mit der Bezeichnung „Tight“ bewirkt eine Absenkung mulmiger Bassbereiche, wenn der Amp über eine 4×12 Box gespielt wird. Der Sound wird bei Aktivierung dieses Schalters schlanker und setzt sich besser im Bandgefüge durch. Die beiden Kanäle in diesem Bereich unterscheiden sich dadurch, dass Kanal A keinen eigenen Masterregler hat und der Gainregler direkt auf die Endstufe geht. Um diesen Kanal zum Zerren zu bringen, bedarf es wirklich großer Lautstärken. Das ändert sich im Kanal B, der sowohl einen eigenen Gain- als auch Masterregler besitzt.
Kommen wir zur zweiten Verstärkersektion, wo sich die Reihenfolge der Bedienelemente wiederholt. Immerhin besitzt jeder der drei Kanäle eine komplette Klangregelung, die dem User eine riesige Bandbreite unterschiedlicher Sounds ermöglicht. Also auch hier Treble, Mid und Bass und die beiden Gainregler mit den dazugehörigen Tastern für die Anwahl der beiden Klangvarianten. Das Gleiche wiederholt sich auch im dritten Kanal. Die beiden Soundvarianten der jeweiligen Kanäle unterscheiden sich teilweise gewaltig, obwohl man hier in keine absolut andere Klangwelt entführt wird. Weiter geht es mit der Mastersektion. Hier befindet sich das Poti für die Gesamtlautstärke des Triamp II sowie der Presence-Regler. Die Presence-Frequenzen sind für jeden Bereich optimiert und werden im Grunde beim Kanalwechsel auch mitgeschaltet. Dies geschieht jedoch automatisch und kann vom User nicht verändert werden. Zwei weitere Taster dienen der Aktivierung des Effektloops und als Learn-Taste für den Midinutzer.
Die Rückseite Auch die Rückseite ist höchsten professionellen Ansprüchen gewachsen und bietet jede Menge Features fürs Geld. Neben der obligatorischen Kaltgerätebuchse und den Lautsprecheranschlüssen befindet sich dort der Einschleifweg, der sowohl parallel als auch seriell betrieben werden kann. Ich persönlich ziehe serielle Einschleifwege vor, bei denen die Dynamik des Verstärkers vollständig erhalten bleibt. So wird das Effektsignal nur beigemischt und nicht komplett digitalisiert und umgewandelt. Ein weiteres Feature ist die Speakersimulation, die sich hier in Form einer DI Buchse mit der Überschrift Red Box zeigt.
In jedem Fall ein interessantes Tool, wenn es schnell gehen soll oder der Tontechniker sein Praktikum an der Käsetheke gemacht hat. Aber auch wenn die Box bereits per Mikrofon abgenommen wird, kann man hier seinem Sound eine weitere Tiefe beimischen. Allerdings sollte man dabei auf eventuelle Phasenauslöschungen achten. Mit „Half Power“ lässt sich der Amp auf halbe Leistung herunterregeln. Dabei wird nicht einfach alles leiser, sondern vor allem etwas weicher und das Klangbild erscheint weniger straff. An die Buchse mit der Aufschrift „Stageboard“ wird das beigelegte Schaltpedal angeschlossen. Weiterhin besteht die Möglichkeit, den Amp mittels eines optional erhältlichen Midimoduls via Midi in ein größeres Setup und damit auch in programmierte Abläufe einzubinden.
Sound und Praxis Einschalten und loslegen war erst einmal nicht drin. Vor dem ersten Einschalten sollte man zuerst alle Gain- und Masterregler zurückdrehen, damit sich die Box nicht in Schall und Rauch auflöst. Gedacht, getan und mit einem Klick war ich im Reich des Triamp MK. II. Beginnen wir mit dem cleanen Bereich, dem Amp 1. Sound A ist ein ultracleaner Sound ohne Masterregler oder die Möglichkeit, den Sound anzuzerren. Hier fühlen sich Jazzer und Countrygitarristen am wohlsten. Von klinischer Sauberkeit ist jedoch nichts zu spüren, stattdessen ein schöner erdiger Röhrensound mit kräftigen Reserven.
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Amp 1Amp 1 im Band-Kontext
Kanal B hingegen bietet das Ganze nun mit einem eigenen Masterregler. Man kann den Sound also schon in Grenzen verzerren und kommt in bluesige und countryrockige Bereiche, die sich leicht herb und lebendig präsentieren. Klanglich bewegen wir uns in einem Bereich zwischen Marshall und Fender, also sehr ehrlich und direkt. Der zweite Bereich, der hier „Amp 2“ genannt wird, bietet britische Zerre à la Marshall. Auch hier kommt das Brachiale der erhabenen Endstufe dem wirklich „Großen“ Sound dieses Topteils zugute. Wer heißgemachte Marshalls liebt, der wird hier seine wahre Freude haben. Klasse! Wie bei Amps dieser Güte ist jedoch der Spieler den Offenbarungen des Amps gnadenlos ausgeliefert, denn nichts wird beschönigt oder weichgespült. Für große Bühnen und fette Rockmucke ist das der Sparringspartner schlechthin. Im Kanal „B“ präsentiert sich der Ton etwas feiner in seiner Zerrstruktur und bietet mehr Sustain. Beide Sounds unterscheiden sich in Nuancen, wobei sich Kanal B besser für die Soloarbeit eignet.
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Amp 2 Bsp. 1Amp 2 Bsp.2
Kommen wir nun zum „Modern Gain“ Bereich des Triamp II. Hier geht es um High Gain Sounds, die in ihrer Struktur noch feiner aufgebaut sind und einen eher amerikanischen Grundsound liefern. Kanal A bietet einen sehr direkten High Gain ohne Matschfaktor, ist also trotz viel Zerre immer durchsichtig und klar – bestens geeignet für Metal und Powerrock. Mit tiefer gestimmten Gitarren versteht er sich hervorragend. Auch hier klingt es sehr schön nach Röhre, und Angst vor einem billigen sirzigen Brutzelsound ist absolut kein Thema. Schaltet man nun auf Kanal B, wird der Sound sahniger und eignet sich wunderbar fürs Solieren. Beide Kanäle haben im High-Gain-Bereich die Nase ganz weit vorne und lassen sich mittels der Klangregelung unglaublich gut modellieren.
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Amp 3Amp 2 und 3 RhythmAmp 3 – Lead
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FAZIT Der Triamp II aus dem Hause Hughes & Kettner ist ein sehr guter Allround-Vollröhrenamp für Rocker und Top 40 Gitarristen. Ein exzellentes Teil also für große Bühnen und ehrliche Sounds. Von Country über Fusion bis zu Rammstein ist alles sofort abrufbar. Der Amp bietet eine erstaunlich kraftvolle und direkte Ansprache – eine Eigenschaft, die man in Verbindung mit dem warmen Röhrensound anderer Amps leider oft vergebens sucht. Deshalb meine Empfehlung: Unbedingt anspielen!
Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
Vielseitigkeit
Sound
Verarbeitung
Contra
Recht hoher Preis
Hughes & Kettner TriAmp MK II Test
Technische Daten Triamp MK.II
100 Watt Vollröhre
Endstufe 4 X EL34 (Half – Power – Switch)
Vorstufenröhren 8 x 12 AX7A
3 Kanäle, 6 Sounds
Effektloop Seriell/Parallel
Inklusive Stageboard
Midisteuerung optional
Anschlüsse: Input, FX Send, FX Return, Red DI Box – Out,
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