Heritage Audio RAM System 2000 Test

Obwohl Spanien nicht zwingend als Wiege legendärer Audiotechnik gilt, erfreut sich der in Madrid beheimatete Hersteller Heritage Audio einer hohen Akzeptanz unter Ton- und Musikschaffenden.

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Bereits am Erscheinungsbild der Produkte des 2011 gegründeten Unternehmens erkennt man eine eindeutige Affinität zur Hardware der Audiohersteller-Ikone Neve, wodurch das Portfolio aus diversen Repliken historischer Vorverstärker, Kompressoren und EQs besteht.
Dabei belässt Heritage Audio es nicht, wie es heutzutage häufig anzutreffen ist, bei der fokussiert kostenoptimierten Nachbildung prominenter Schaltungen, sondern nutzt hochwertige Bauteile, die in Handarbeit montiert werden und somit auch kritische und anspruchsvolle Anwender zufriedenstellen soll. Bei unserem Testobjekt handelt es sich um einen Monitorcontroller, dem kein konkretes Vorbild aus dem Hause Neve zugrunde liegt, der sich aber trotzdem den charakteristischen Look zu Eigen macht. Der RAM System 2000 positioniert sich zwischen den ebenfalls neuen Monitorcontrollern RAM System 500 im kompakten 500er-Serie-Format und dem 5.1-Surround-Flagschiff RAM System 5000. Wie profiliert sich der für den Stereobetrieb sehr interessant ausgestattete RAM System 2000? Was hat der Test ergeben?

Details

Der erste Eindruck

Stabil, absolut seriös und für seine Größe recht schwer steht der Heritage Audio RAM System 2000 vor mir. Das hochwertig verarbeitete Gehäuse aus Metall und die robusten wie präzisen Bedienelemente und Anzeigen verkünden den Premiumanspruch des Monitorcontrollers im Neve-Look. Der große Lautstärkeregler gleicht einem überdimensionalen Poti des englischen Herstellers und wirkt optisch, im krassen Gegensatz zum restlichen Gerät, bei näherer Betrachtung leider extrem billig. Abgesehen von diesem subjektiven Empfinden bietet das tadellose Desktop-Gerät absolut nichts Kritikwürdiges.

Fotostrecke: 2 Bilder Corporate Identity mit dem Holzhammer – der überdimensionale Lautstärkeregler des Monitorcontrollers

Anschlüsse

Mit Ausnahme der beiden Kopfhörerbuchsen (6,35 mm), welche sich an der linken und rechten Geräteseite befinden, sind alle Anschlüsse auf der Rückseite platziert. Bis auf den koaxialen S/PDIF-Eingang sind die verbleibenden Audioanschlüsse als 6,35mm-Klinkenbuchse ausgelegt. Vier symmetrische Stereoeingänge (Input 1, 2, 3, CUE In) stehen zur Verfügung, wobei sich Input 3 per Tastenkombination auf Homerecording-Pegel (-10 dBV) umschalten lässt.
Ausgangsseitig bietet der RAM System 2000 fünf Stereopaare plus einen Mono Out zum Anschließen eines Subwoofers. Während Output 1 bis 3 nicht gleichzeitig nutzbar sind und üblicherweise zum Umschalten verschiedener Monitore verwendet werden, könnte der zusätzliche Mix-Ausgang (Pre-Fader) im Zusammenspiel mit den CUE-Ein- und Ausgängen zum Erstellen eines Monitoring-Mixes während der Aufnahme nützlich sein oder schlicht zum Durchschleifen an ein externes Medium genutzt werden.

Für etwas flexiblere Kombibuchsen fehlte offenbar Platz, dennoch sollten die Anschlussmöglichkeiten professionelle Anwender zufriedenstellen.
Für etwas flexiblere Kombibuchsen fehlte offenbar Platz, dennoch sollten die Anschlussmöglichkeiten professionelle Anwender zufriedenstellen.

Bluetooth

Weiterhin glänzt der Monitorcontroller von Heritage Audio auch mit unsichtbaren Anschlüssen. Der RAM System 2000 ist mit einem Bluetooth-Empfänger ausgestattet, wodurch Smartphones sowie sonstige mobile Abspielgeräte und Computer kabellos als Eingangsquelle angewählt werden können. Dies ist kein blödes Gimmick, sondern entspricht tatsächlich den zeitgenössischen Anforderungen im Studiobetrieb. Im Heritage Audio BT-500 wurde die Funktionalität schon eingesetzt. Zwar ist es noch nicht soweit, dass man zwingend über Bluetooth mit seinem Laptop mischt, aber der schnelle Check einer Mischung oder eines Remixes mit dem Smartphone gehört zu den alltäglichen Vorkommnissen im Studio. Indem man die gängigen, qualitativ hochwertigen Codecs (AAC, APTX, SBC) lizensiert hat, wurde das Thema Bluetooth von Heritage Audio konsequent umgesetzt. Die Antenne gewährleistet selbst aus benachbarten Räumen eine stabile Übertragung. Top!

Die LEDs bieten die optische Rückmeldung über eine erfolgreiche Kopplung und den verwendeten Codec.
Die LEDs bieten die optische Rückmeldung über eine erfolgreiche Kopplung und den verwendeten Codec.

Features

Die wesentliche Funktion eines Monitorcontrollers ist die klangneutrale Regelung der Lautstärke, was Heritage Audio mit hochwertigem Signalweg und 64-stufigem Relais-Dämpfungssystem in 1dB-Schritten von technischer Seite auf professionell hohem Niveau umsetzt. Außen Neve und innen billig gehört nicht zur Philosophie der Spanier. Auch die hohe Funktionalität und bereits erwähnte Flexibilität bezüglich der Eingangsquellen und Abhörwerkzeuge sollte professionelle Anwender befriedigen, die ausschließlich im Stereobetrieb zu Hause sind. Neben den obligatorischen Dim- (-20 dB), Mute- und Mono-Funktionen lassen sich zwei Lautstärke-Presets sichern. Weitere Profi-Features sind die Mute- und Solo-Funktionen einzelner Lautsprecher inklusive Subwoofer. Flexibel bezüglich der Eingangsquelle zeigen sich auch beide Kopfhörerverstärker, welche wahlweise vom angewählten Input oder dem CUE-Eingang gespeist werden, was bei beiden Verstärkern separat einstellbar ist. Hierdurch ist es möglich, während einer Session mit zwei unterschiedlichen Kopfhörermischungen zu arbeiten. Der Heritage Audio RAM System 2000 bietet außerdem ein eingebautes Talkbackmikrofon, welches über separate und nicht einrastende Buttons für den CUE-, Mix-Ausgang oder alle Ausgänge aktiviert werden kann. Weiterhin erwähnenswert ist das Nichtvorhandensein eines Power-Schalters, was man leider bei so manchem Profi-Gerät antrifft. In Studios erfolgt die Stromversorgung zwar häufig über zentrale Schalter, dennoch würde ich eine separate Bedienbarkeit der Stromversorgung bevorzugen.

Fotostrecke: 2 Bilder Der rote Button dient zum Umschalten des Quellsignals – hier Kopfhörerweg 2.

Praxis

Testbedingungen

Für diesen Test habe ich den Heritage Audio RAM System 2000 unter Verwendung diverser Kabel der Marken Vovox und Cordial in mein Studiosetup eingebunden und alle analogen Stereoverbindungen mit „Kabelpärchen“ des gleichen Modells und gleicher Länge hergestellt. Zusätzlich zu Hörchecks mit meinen Monitoren (Neumann KH120 + Adam Sub8, Sony SRS-Z1, IK Multimedia iLoud) und Kopfhörern (AKG K812, Ultrasone Pro 580i) habe ich einige Audiobeispiele unter Verwendung eines UAD Apollo 8 aufgenommen. Zum Check der digitalen und kabellosen Eingänge dienten der S/PDIF Out des Apollo 8 und mein iPhone SE, welches nach erfolgter Bluetooth-Kopplung automatisch den AAC-Codec im Monitorcontroller aktivierte.

System 2000 im Praxistest
System 2000 im Praxistest

Klang

Mein positiver erster Eindruck ist die Abwesenheit von hörbarem Rauschen, welches ich aus der Nahfeld-Konstellation meiner Neumann-Monitore und einem SPL-2Control-Monitorcontroller allerdings auch gewohnt bin. Allerdings weiß ich aufgrund verschiedener Tests (Monitorcontroller, Monitore) für bonedo.de, dass dies keine Selbstverständlichkeit ist. Somit hat der RAM 2000, dessen Rauschabstand vom Hersteller mit -99 dBu angegeben ist, den Rauschtest schon einmal bestanden. Bevor ich mit dem System 2000 ausgiebig vertrautes Material angehört und ihn in meine DAW-Tätigkeiten integriert habe, musste ich dem Monitorcontroller aber erst einmal mit Klemmbrett und weißem Kittel auf den Zahn fühlen. Dabei habe ich herausgefunden, dass der Stereogleichlauf über den kompletten Dämpfungsweg lediglich Abweichungen von 0,1 bis maximal 0,3 dB hat, was ein sehr gutes Ergebnis ist und (zumindest von mir) nicht wahrzunehmen ist. Bei „gewöhnlichen“ Lautstärke-Fadern vernimmt man an verschiedenen Faderpositionen nicht selten spürbare Abweichungen zwischen linkem und rechtem Kanal. Positiv anzumerken ist auch die mit etwa -83 dB geringe und nicht relevante Übersprechung beider Stereokanäle. Neben diesem „Zahlenfirlefanz“ ist aber auch mein subjektives Empfinden bezüglich der Wiedergabeeigenschaften des RAM System 2000 sehr gut. Eine Klangfärbung kann ich bei bestem Willen nicht feststellen, eher klingt der spanische Monitorcontroller noch eine Nuance transparenter als mein Controller von SPL.
In den folgenden Audiobeispielen ist zunächst ein digital gerenderter Mix und anschließend die Aufnahme über den RAM (inklusive A/D-Wandlung mit dem UAD Apollo 8) zu hören:

Audio Samples
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Mix – Original Mix – RAM System 2000

Die beiden unabhängigen Kopfhörerverstärker wurde bisher nur beiläufig erwähnt. Laut Hersteller werden diese als audiophil bezeichnet und tatsächlich arbeiten diese mit bemerkenswert hoher Auflösung, geringem Rauschpegel und einem hohen, verzerrungsfreien Output, sodass die Anschaffung eines separaten, professionellen Kopfhörerverstärkers für den ambitionierten Studiobetrieb redundant ist. 

Fotostrecke: 2 Bilder Beide Kopfhörerverstärker klingen hervorragend.

Sonstige Eindrücke

Das Klacken der Relais bei der Lautstärkeregelung und dem Umschalten verschiedener Ein- und Ausgangszuweisungen vermittelt ein Gefühl der Seriosität und Professionalität, was auch daran liegt, dass bei den beschriebenen Umschaltvorgängen keine weiteren Störgeräusche zu vernehmen sind. Leider trifft das nicht auf das Aktivieren der Talkback-Funktion zu. Betätigt man die entsprechenden Buttons, welche in unmittelbarer Nähe des eingebauten Mikrofons liegen, werden teilweise doch erhebliche Klackgeräusche durch die offensichtliche Übertragung der mechanischen Betätigung produziert. Hier wäre eine andere Position oder die Anschlussmöglichkeit eines externen Mikrofons oder Fußschalters zur Aktivierung vorteilhaft gewesen.

Das Talkback-Mikrofon befindet sich unmittelbar oberhalb der Buttons.
Das Talkback-Mikrofon befindet sich unmittelbar oberhalb der Buttons.
Audio Samples
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Talkback

Ergonomie und Bedienung

Die grundsätzliche Bedienung des Heritage RAM System 2000 ist komfortabel und der Status der beleuchteten Buttons stets eindeutig. Die wenigen Funktionen/Doppelbelegungen, die durch das gleichzeitige Drücken des Shift- und des entsprechenden Funktionsknopfs aktiviert werden, sind gut lesbar auf der Gehäuseoberfläche beschriftet. Auch das Display und die LEDs zur Anzeige des Eingangspegels und des Bluetooth-Status geben eine klare, gut lesbare Rückmeldung über Werteeingaben, Pegel sowie eine vorhandene Bluetooth-Kopplung und den verwendeten Codec. Die Buttons und Drehregler lassen sich präzise bedienen und hinterlassen einen langlebigen Eindruck des durch seine vier Gummifüße ausreichend standfesten RAM System 2000.

Fotostrecke: 2 Bilder Die Buttons des Monitorcontrollers sind beleuchtet.

Fazit

Der Heritage Audio RAM System 2000 überzeugt durch neutrale Wiedergabeeigenschaften sowie eine praxisgerechte Ausstattung und ist für professionelle Studioanwendungen absolut zu empfehlen. Weitere hervorstechende Merkmale sind die Bluetooth-Funktionalität und seine beiden hochwertigen Kopfhörerverstärker. Kritikwürdig ist lediglich die etwas inkonsequent umgesetzte Aktivierung des Talkback-Mikrofons. In der Summe seiner Eigenschaften ist der neue Monitorcontroller des spanischen Audiospezialisten eine runde Sache und eine hochinteressante Alternative zu den ambitionierten Konkurrenzprodukten anderer Hersteller.

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • umfangreiche professionelle Ausstattung und Funktionalität
  • vielfältige Anschlussmöglichkeiten (analog und digital)
  • hervorragende und färbungsfreie Audioqualität
  • Bluetooth und Kompatibilität zu wichtigen Codecszwei hochwertige Kopfhörerverstärker
  • robuste Verarbeitung
Contra
  • Störgeräusche beim (De-)Aktivieren des Talkback-Mikrofons
Artikelbild
Heritage Audio RAM System 2000 Test
Für 859,00€ bei
Heritage_Audio_RAM_System_2000_B13_FUll_RU
Features und Spezifikationen
  • Desktop-Monitorcontroller mit Bluetooth-Funktionalität
  • 3 stereofone, symmetrische Analogeingänge mit +4 dBu (Eingang 3 auf -10 dBV schaltbar)
  • separater Cue-Ein-/Ausgang
  • S/PDIF-Eingang mit D/A-Wandler von Burr Brown (24 Bit/96 kHz)
  • Bluetooth-Eingang (Codecs: AAC, APTX, SBC)
  • 3 Stereoausgänge
  • unabhängiger Mixausgang (Abgriff vor dem Masterfader)
  • Subwoofer-Ausgang
  • 64-stufiges Relais-Dämpfungssystem mit 1-dB-Rasterung
  • Mute/Solo für einzelne Lautsprecher
  • 2 Presets für Standardeinstellungen
  • integriertes Talkback-Mikrofon (Routing auf Cue, Mix oder alle Ausgänge)
  • 2 Kopfhörerverstärker (Routing auf Mix oder Cue)
  • LED-Pegelanzeige
  • externes Netzteil mit automatischer Anpassung an die regionale Stromversorgung
  • Dim: -20 dB
  • Rauschabstand: > -99 dBu
  • THD:
  • Maße: 8,0 x 26,5 x 20,5 cm (H x B x T)
  • Gewicht: 2,37 kg
  • Preis: € 899,– (Straßenpreis am 15.5.2018)
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