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Golden Age Project PRE-73 DLX & EQ-73 Test

Clones von Neve-Klassikern wie dem 1073 und dem 1081 gibt es wie den sprichwörtlichen Sand am Meer. Während im preislichen Spitzenfeld um das letzte Quäntchen Originalgetreue gewetteifert wird, geht Golden Age Project mit Pre-73 DLX und EQ-73 bewusst einen anderen Weg: Hier geht es um die Essenz der Neve-Qualitäten zum Budgetpreis.

GAP Pre-73 DLX und der zugehörige Equalizer EQ-73
GAP Pre-73 DLX und der zugehörige Equalizer EQ-73


Vor rund einem Jahr hat mein Kollege Nick Mavridis bereits dem GAP Pre-73 MKII auf den Zahn gefühlt, einem voll diskreten Class-A-Micpreamp, der sich die Vorverstärkersektion des ehrwürdigen Neve-Channelstrips 1073 zum Vorbild genommen hat. Nun haben sich die Schweden dieses Thema noch einmal vorgenommen und schicken den PRE-73 DLX ins Rennen. Als gewissermaßen „aufgebohrte“ Version des PRE-73 MKII soll die neue Version dem begehrten Ziel noch etwas näher rücken. Und dazu gibt es dann noch den EQ-73, eine externe Einheit, die den Preamp um die EQ-Sektion der originalen Neve-Kassette ergänzt. Schwedisch, preisgünstig und Baukastensystem – das kennen wir doch irgendwoher…

Details Pre-73 DLX

An dieser Stelle sei für die allgemeinen Grundlagen zum Golden-Age-Vorverstärker noch einmal auf den Test der MKII-Version verwiesen. Hier wollen wir uns vorrangig die Neuerungen der DLX-Version anschauen, welche auf zwei unterschiedlichen Feldern liegen: Zum einen wurde der Funktionsumfang des Preamps beinahe dramatisch erweitert, und zum anderen gibt’s unter der Haube auch noch den einen oder anderen Schaltungskniff. Fangen wir einmal mit letzterem an. GAP hat dieser Version des Preamps Tantal-Kondensatoren spendiert, die dem Sound des Neve-Originals näher kommen sollen. Auch der DLX verfügt über die drei Übertrager des MKII, aber die Platinen wurden entsprechend vorbereitet, so dass diese auch in Eigenregie gegen die originalen Carnhill-Übertrager ausgetauscht werden können. Bitte bedenken: Die drei Übertrager alleine kosten kleines Vermögen! Die Schaltfunktionen des Pre-73 (Phasendrehung etc.) werden nun per Relais ausgeführt, was für einen kürzeren Signalweg im Gerät sorgt.

Golden Age Project PRE-73 DLX und EQ-73: Ein Neve 1073 als Baukastensystem?
Golden Age Project PRE-73 DLX und EQ-73: Ein Neve 1073 als Baukastensystem?

Daneben gibt es noch eine ganze Reihe funktionaler Neuerungen bzw. Erweiterungen, die die Einsatzmöglichkeiten des Preamps insgesamt auf eine andere Stufe heben. Zunächst hat der Preamp ein Hochpassfilter bekommen, das sich an den Eckfrequenzen 50, 80, 160 sowie 300 Hz einsetzen lässt. Standesgemäß handelt es sich dabei um ein sogenanntes LC-Filter auf Spulenbasis. Weiterhin gibt es nun eine schaltbare Pegeldämpfung, die hinter dem Ausgangsübertrager liegt. Damit ist dieses Bedienelement vergleichbar mit dem Kanalfader am Mischpult oder dem Ausgangspegelregeler eines 19“-Rackträgers für Neve-Kassetten. Der Clou: Der Ausgangsübertrager lässt sich nun bequem in die Sättigung fahren, ohne dass nachfolgende Geräte übersteuert werden – kein ganz unwichtiges Detail, werden doch die diskreten Neve-Channels vor allem auch für ihr Klangverhalten an oder jenseits der Übersteuerungsgrenze geschätzt.

Fotostrecke: 4 Bilder Der Golden Age ist in der DLX-Version mit einem Hochpassfilter ausgestattet.

Außerdem hat Golden Age dem Preamp noch ein paar kleine Helferlein spendiert. Das wichtigste darunter: Es gibt nun einen schaltbaren Insert, der alternativ auch als Signal-Splitter genutzt werden kann. Vor allem aber kann man den Preamp damit um die externe EQ-Sektion EQ-73 erweitern. Und das ist super, wird doch der EQ beim originalen 1073 mindestens ebenso geschätzt wie der reine Vorverstärker.

Details EQ-73

Zwar benötigt die EQ-Einheit ein eigenes Netzteil, aber sie lässt sich dennoch nicht standalone nutzen. Mittels mitgeliefertem Insertkabel wird der EQ in den Preamp eingeschleift, es handelt sich also um eine Erweiterung des Vorverstärkers, die sich mangels eigener Ein- und Ausgangsstufen nicht einzeln verwenden lässt. Eineseits ist das ein bisschen schade, andererseits hilft dieses Prinzip aber auch, Kosten zu sparen. Und zusammen sind beide Einheiten auf diese Weise außerdem näher an der Schaltungstopologie des Originals dran, als wenn beides Standalone-Geräte wären – auch kein ganz unwichtiges Kriterium!
Da das Hochpassfilter ja bereits direkt in den Preamp integriert wurde, reichen dem EQ-73 drei Bänder, um zusammen mit dem Vorverstärker dem klassischen 1073-System zu entsprechen. Die Frequenzanwahl erfolgt dabei jeweils per Drehschalter, während für die Filteramplituden drei mittengerasterte Potis zuständig sind.  Alle Bänder lassen sich separat aktivieren, dafür gibt es aber keinen globalen Bypass am EQ. Das macht aber nichts, denn das erledigt schließlich der Insert-Schalter am Preamp, der die EQ-Einheit bei Bedarf ganz aus dem Signalweg nimmt. Hier ist also trotzdem für maximale Flexibilität gesorgt.

Fotostrecke: 4 Bilder Per Insertkabel wird der GAP EQ-73 mit dem Pre-73 DLX verbunden

In puncto Eckfrequenzen gibt sich der EQ-73 sogar etwas verspielter als das Original. In jedem Band bietet der Golden-Age-EQ deutlich mehr Optionen als das große Vorbild, das erweitert die Einsatzmöglichkeiten beträchtlich. So hat der „echte“ 1073 beispielsweise eine feste Eckfrequenz von 12 kHz im Höhenband, während der EQ-73 außerdem die Frequenzen 8, 10, 16, 20 sowie 24 kHz bietet. In den Mitten greift er bei 160, 240, 350, 500, 700 Hz sowie 1, 1,6, 2,4, 3,2, 4,8, 7 und 10 kHz. Das sind mit doppelt so vielen Centerfrequenzen wie beim 1073 eine ganze Menge, hier sollte man in der Praxis nichts vermissen. Sechs Eckfrequenzen bietet das Bass-Band: 20, 33, 55, 100, 175 und 300 Hz (im Original 35, 60, 110 und 220 Hz). Während die LF- und MF-Bänder beide Anhebungen und Absenkungen von bis zu 15 dB erlauben, hat das HF-Band ganze 18 dB „Hub“. Wenn das mal nicht reichen sollte, dann gibt es sehr wahrscheinlich an anderer Stelle ein gravierendes Problem…
Schaltungstechnisch setzt Golden Age auch beim EQ-73 auf Tantal-Kondensatoren. Im  MF-Band kommen zwei Spulen zum Einsatz, und auch diese können auf Wunsch gegen die Carnhill-Originale getauscht werden.

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Praxis

Es bleibt dem Anwender überlassen, ob man die kleinen roten Kästchen einfach auf der Arbeitsfläche stapeln möchte, oder ob man sie nebeneinander mittels eines optional erhältlichen Rahmens ins 19“-Rack schraubt. Die Hardware fühlt sich nicht nur in Relation zum günstigen Preis ziemlich wertig an, zudem hat Golden Age an viele nützliche Details gedacht, wie beispielsweise die gelbe Status-LED für den Insert-Weg am PRE-73 DLX. Nur ein einziges Detail erscheint etwas unlogisch: Die EQ-Bänder werden jeweils ausgeschaltet, wenn deren Schalter in der gedrückten Position ist. Zu erwarten wäre eigentlich das Gegenteil gewesen. Aber nun ja, ein großer Kritikpunkt ist das nicht.

Die Module können gestapelt oder in einen 1HE/19“-Rahmen eingebaut werden.
Die Module können gestapelt oder in einen 1HE/19“-Rahmen eingebaut werden.

Die gegenüber der MKII-Version erweiterten Funktionen erfüllen in der Praxis zwei Ziele: Zum einen erhöhen sie ganz schlicht für sich gesehen den Nutzwert des Golden-Age-Preamps in deutlichem Maße. Und zum anderen bringen sie das Teil auch ein Stückchen näher an das Neve-Original heran. Hier sollte aber weiterhin Klarheit herrschen: Zwar orientiert sich der PRE-73 DLX in Konzept und Schaltungsaufbau recht deutlich am Neve-Vorbild (und es lässt sich auch eine gewisse Ähnlichkeit des Grundsounds feststellen) aber letztlich machen doch eine ganz Reihe Details, die der GAP nicht erfüllt, den Unterschied aus zwischen einem „an Neve orientierten“ und einem „Neve zum verwechseln ähnlich klingenden“ Vorverstärker. Es wäre tatsächlich einmal ein interessantes Projekt, die Übertrager und Spulen gegen die Original-Bauteile von Carnhill zu tauschen, denn ich habe den Verdacht, dass das einen ganz gewaltigen Schritt in Richtung Neve-Sound bedeuten würde. Denn das sogenannte „Eisen“ der Übertrager und Spulen ist generell ein wahrer Quell der Klangfarben, bei Neve trifft dies in besonderem Maße zu. Vermutlich würde solch ein Eingriff auch das Sättigungsverhalten positiv beeinflussen. Das Pad hinter dem Ausgangsübertrager ist schon ein guter Schritt, und auf passenden Signalen lassen sich die Sättigungseffekte vorteilhaft nutzen. Allerdings ist die Kennlinie doch anders als beim Original, denn beim Golden Age setzen die Verzerrungen abrupter und auch etwas kratziger ein, das lässt sich beim 1073 feiner dosieren. Wie gesagt: Auf den Platinen des PRE-73 DLX und EQ-73 ist alles vorbereitet, und es reizt mich sehr, das „Eisen“ zu tauschen, um das Optimum aus den Golden-Age-Geräten herauszuholen.

Audio Samples
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Moog Moog mit Sättigung der DLX-Ausgangsstufe Gitarre Rhodes

Der Klang der EQ-Einheit reiht sich nahtlos in dieses Bild ein. Der Grundcharakter der Filter ist schon da, wo er hin soll, aber auch hier vermisse ich in letzter Konsequenz diese buttrig-sämig-reibeligen Qualitäten eines originalen 1073. Der Unterschied zeigt sich beispielsweise auch darin, dass der EQ-73 trotz der auf dem Papier sehr ordentlichen maximalen Anhebungen von bis zu 18 dB relativ sanft eingreift. Ein „echter“ Neve packt viel kräftiger zu, da haben schon kleinste Potidrehungen große Auswirkungen. Trotzdem bleibt der EQ-73 ein gut klingender, effektiver und recht vielseitiger Analog-EQ, dem man wahrscheinlich Unrecht tut, wenn man ihn permanent mit dem großen Vorbild vergleicht. Denn selbst Geräte mit dem zehnfachen Kaufpreis kommen nicht notwendigerweise exakt an den Klassiker aus der Feder von Rupert Neve heran.

Audio Samples
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Moog Original Moog Boost bei 100 Hz Moog Boost bei 100 Hz und 1,6 kHz Rhodes Original Rhodes Boost bei 1 kHz Rhodes mit Sättigung und Boost bei 1 kHz Gitarre Original Gitarre Boost bei 16 kHz
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Fazit

Neve 1073 hier, Neve 1073 da… Man das Pferd auch noch einmal ganz anders aufzäumen, als ich es im Praxisteil gemacht habe: Vergessen wir einmal das „N“-Wort und blicken wir auf das, was Golden Age Project PRE-73 DLX und EQ-73 so an Funktionen und Möglichkeiten mitbringen. Das ist – gemessen am Kaufpreis – wirklich eine ganze Menge. Schließlich handelt es sich hier um einen voll ausgewachsenen Recording-Channel in diskreter Class-A-Technik, der funktionell praktisch keine Wünsche offen lässt und noch dazu deutlich weniger kostet als ein Blick auf die Eigenschaften und Features vermuten lassen dürfte. Dass dabei noch ein gutes Stück Neve-Reminiszenz mitschwingt, ist aus diesem Blickwinkel dann das Tüpfelchen auf dem „i“.

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • Preis-/Leistungsverhältnis
  • Vielseitigkeit
  • Klangeigenschaften
  • üppige Ausstattung
Contra
  • externes Netzteil
Artikelbild
Golden Age Project PRE-73 DLX & EQ-73 Test
Für 389,00€ bei
Auch ohne Neve-Anleihen einfach eine gute Kombination: GA Pre-73 mit EQ-73
Auch ohne Neve-Anleihen einfach eine gute Kombination: GA Pre-73 mit EQ-73
Technische Spezifikationen
  • Diskreter Class-A-Signalweg mit am 1073 orientiertem Schaltungsgdesign
  • Preamp mit 80 dB Gain
  • Trittschallfilter mit LC-Aufbau
  • Pad hinter dem Ausgnagsübertrager
  • schaltbarer Insert
  • 3-Band-EQ mit mehr Frequenzpunkten als das Neve-Original
  • Preise:
  • PRE-73 DLX: € 419,- (UVP)
  • EQ-73: € 279,- (UVP)
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