G&L USA Kiloton Test

Als G&L Anfang 2016 ein neues Bassmodell angekündigten, gab es in der Szene heftige Spekulationen darüber, was sich die Company aus Fullerton wohl diesmal für uns Tieftöner ausgedacht haben könnte. Im Herbst wurde dann der Vorgang gelüftet und G&L präsentierte ihren neuen Sprössling, dem sie den stolzen Namen “Kiloton” mit auf den Weg gaben.

G_L_Kiloton_ALW_RW_006FIN


Genau genommen handelt es sich beim Kiloton nicht wirklich um eine Neuentwicklung, sondern um eine Kombination der Features zweier sehr populärer G&L Bassmodelle: Kurz gesagt wurde der elegante SB-2 statt mit der üblichen P/J-Tonabnehmerkonfiguration schlicht und einfach mit dem Magnetic Field Design Humbucker aus der L-Serie ausgestattet. Ob den Entwicklern aus Fullerton die Verschmelzung zweier G&L-Klassiker gelungen ist, wollen wir in diesem bonedo-Test herausfinden.

Details

Auf den ersten Blick erinnert der Kiloton an einen alten Bekannten aus dem Hause Fender. Ganz klar: die Korpusform orientiert sich an Leos legendärem Precision Bass. Der Kiloton wirkt mit seinen geschwungenen Linien und den schlankeren Korpushörnern allerdings etwas eleganter und graziler als sein Vorbild.
Für den Korpus meines Testkandidaten kommt altbewährte Erle zum Einsatz, und als Finish wurde eine schlichte “Alpine White”-Hochglanzlackierung gewählt. Der Kiloton ist allerdings auch als Sumpfesche-Version und mit attraktiven Premier-Finishes erhältlich. Passend zur Korpusfarbe wurde mein Test-Kiloton mit einem dreilagigen Pickguard in weiß/schwarz/weiß ausgestattet.
Aufgrund seiner relativ traditionellen Precision-Optik und dem kernigen Name würden viele Tieftöner beim Kiloton vielleicht auch ein eher kerniges Halsprofil vermuten. Doch weit gefehlt, das jüngste G&L-Modell besitzt nämlich einen sehr zierlichen Jazz-Bass-Hals mit einer klassischen Sattelbreite von 38 mm.

Fotostrecke: 5 Bilder Die Optik des G&L Kiloton trägt eindeutig die Handschrift von Leo Fender und orientiert sich am legendären Precision Bass.

Klassisch ist auch die Materialwahl der sechsfach verschraubten Halskonstruktion: Das Profil besteht aus Hard Rock Maple, darauf sitzt ein Griffbrett aus Palisander. 21 Bünde im Medium Jumbo-Format und große runde Perlmutteinlagen komplettieren schließlich den Hals. Die Bundierungen aller USA G&L-Bässe werden übrigens mit einer Plek-Maschine optimiert, damit die Saitenlage der Instrumente möglichst perfekt für einen hohen Spielkomfort eingestellt werden kann.

Fotostrecke: 3 Bilder Beim Hals mit einer klassischen Sattelbreite von 38 mm kommt Hard Rock Maple zum Einsatz.

Optimierte Hardware-Komponenten tragen wiederum ihren Teil zum hervorragenden Schwingungsverhalten der Instrumente bei. Eine nicht zu unterschätzende Rolle spielt dabei ohne Zweifel die von Leo Fender entwickelte Saddle-Lock-Bridge, welche nicht wie herkömmliche Brückenkonstruktionen flach auf den Korpus sitzt, sondern mit einem massiven Metallblock tief in das Korpusholz greift. Die soliden Saitenreiter können außerdem mit einer Imbusschraube an der unteren Flanke der Brücke nach der Justierung der Saitenlage arretiert werden, um Vibrationen oder einen Bewegung der Reiter zu unterbinden.

Fotostrecke: 3 Bilder Die massive, von Leo Fender entwickelte und patentierte G&L Saddle-Lock-Bridge greift mit einem massiven Metallblock tief in das Korpusholz.

Einen gleichermaßen hochwertigen Eindruck wie die Brücke machen die Ultralite-Tuner von G&L, die neben einem runden Saitenniederhalter in einer Reihe auf der Kopfplatte des Kiloton sitzen. Die leichten offenen Stimmmechaniken im Vintage-Stil laufen butterweich und arbeiten sehr exakt.

Fotostrecke: 2 Bilder Auf dem Headstock befinden sich vier G&L Ultralite Mechaniken in offener Bauweise,…

Für die Tonabnahme ist beim Kiloton, wie in der Einleitung bereits erwähnt, der von Leo Fender entwickelte MFD-Tonabnehmer (Magnetic Field Design) zuständig. Der mit Keramik-Magneten und individuell justierbaren Polepieces ausgestattete Humbucker ist für seinen kräftigen und klaren Sound bekannt und kommt seit vielen Jahren in einigen anderen Modellen von G&L zum Einsatz – wie beispielsweise dem L-2500.

Fotostrecke: 5 Bilder Wie bei der L-Serie kommt beim Kiloton ein MFD-Humbucker mit individuell justierbaren Polepieces zum Einsatz.

Mithilfe eines kleinen Schalters kann der MFD-Humbucker beim Kiloton im parallelen, im seriellen oder auch im gesplitteten Modus (bei dem nur die vordere Spule eines jeden Pickups arbeitet) betrieben werden. Hier wurde also für einige Klangvariationen gesorgt! Das Regler-Set des Kiloton ist insgesamt recht simpel, denn neben dem Pickup-Schalter gibt es im Cockpit lediglich einen Lautstärkeregler sowie eine passive Tonblende.

Praxis

Als ich den Kiloton zum ersten Mal aus dem Tolex-Koffer nahm und die ersten Töne darauf spielte, war ich auf Anhieb von der Boutique-mäßigen Haptik und der erstklassigen Verarbeitungsqualität des Instrumentes beeindruckt. Der schmale und schlanke Hals mit dem geschmeidigen Satin-Finish lässt sich traumhaft leicht spielen, und durch die Plek-Behandlung der Bundierung klingt jeder Ton absolut sauber, obwohl die Saitenlage ab Werk sehr niedrig und komfortabel eingestellt wurde.
Am Gurt hängt der 4,1kg schwere Kiloton super stabil und hervorragend ausbalanciert, sodass von Kopflastigkeit keine Rede sein kann, was sicher nicht zuletzt den super leichten Stimmmechaniken geschuldet ist. Lange Gigs konnte ich mit meinem Testbass ohne Schulterschmerzen oder Ermüdungserscheinungen in der linken Hand absolvieren, obwohl man das Exemplar nicht wirklich als Fliegengewicht bezeichnen kann.
In Sachen Qualität und Spielkomfort gehen meine Daumen für den Kiloton also steil nach oben und es wird jetzt wirklich Zeit, den jüngsten G&L-Sprössling am Verstärker zu checken. Wer jetzt übrigens denkt, dass ein passiver Bass mit nur einem Tonabnehmer beim Thema Sound schnell abgefrühstückt ist, der täuscht sich gewaltig, denn mit dem MFD-Humbucker geht dank der drei Spulen-Verschaltungsmöglichkeiten wirklich so einiges.

Für den ersten Clip habe ich alle drei Schaltmöglichkeiten der Spulen nacheinander aufgenommen – im ersten Durchlauf steht der Switch auf Parallel-Betrieb, darauf folgt der Split-Modus, und zuletzt hört ihr den MFD-Pickup im seriellen Betrieb. Erwartungsgemäß geht die Reise schon deutlich in Richtung des klassischen Music-Man-Sounds, der Kiloton besitzt aber durchaus seinen eigenen Charakter und klingt insgesamt nicht so aggressiv wie der Klassiker aus Ernie Balls Bassschmiede.

Audio Samples
0:00
Parallel / Singlecoil / Seriell
Der G&L Kiloton liefert eigenständige, durchsetzungsstarke Sounds, die man in nahezu allen Musikrichtungen einsetzen kann.
Der G&L Kiloton liefert eigenständige, durchsetzungsstarke Sounds, die man in nahezu allen Musikrichtungen einsetzen kann.

Positiv fällt außerdem auf, dass der MDF-Pickup den Sound trotz seines kräftigen Output-Signals in allen Schalterstellungen transparent und artikuliert abbildet. Im parallelen Betrieb klingt der Kiloton für meine Ohren sehr ausgewogen und smooth: das Fundament ist solide, die Mitten werden ebenmäßig wiedergegeben, und der Höhenbereich strahlt unaufdringlich.
Die Klangrichtung verändert sich überraschend deutlich, wenn man den Humbucker mit dem Switch im Cockpit des Kiloton splitted. Der Sound wird nun wesentlich knochiger und in den Mitten etwas schlanker. Gleichzeitig kommt aber auch eine dezente Preci-ähnliche Klangfärbung ins Spiel. Das ist bei genauerer Betrachtung eigentlich auch kein Wunder, denn im Split-Modus ist beim MFD-Humbucker die vordere Spule aktiv, sodass erfreulicherweise viel Tiefmitten- und Bassanteile abgegriffen werden. Der Kiloton klingt deshalb auch im Singlecoil-Betrieb sehr punchy und ist in der Lage, ein solides Fundament für einen tragfähigen Begleitsound in der Band zu liefern.

Schaltet man die Spulen des MFD-Tonabnehmers in den seriellen Betrieb, macht der Kiloton seinem Namen alle Ehre. Der Output des Humbuckers wird deutlich stärker und ein kräftiger Mittenboost sorgt
Für weitere Klangnuancen hat G&L dem Kiloton eine passive Tonblende spendiert, die in der Tat auch ordentlich zupackt. Im nächsten Clip hört ihr einen kräftigen Fingerstyle-Sound, für den ich den Pickup in den seriellen Betrieb geschaltet und die Blende nur zu etwa 50% aufgedreht habe:

Audio Samples
0:00
Seriell, Tone: 50%

Im Singlecoil-Betrieb kann man mit der Tonblende sogar noch weiter gehen – selbst mit nahezu geschlossener Blende erhält man einen praxistauglichen Sound mit deutlichen Konturen.

Audio Samples
0:00
Singlecoil, Tone: 10%

Für einen amtlichen Slapsound habe ich den parallelen Modus des Pickups verwendet und die Blende (natürlich) zu 100% aufgedreht. Dieser Daumensound kann sich durchaus hören lassen – gerade wenn man bedenkt, dass es sich beim Kiloton ja um einen passiven Bass handelt!

Audio Samples
0:00
Parallel, Slapping

Fazit

Die einst von Leo Fender und George Fullerton gegründete Firma G&L stellt seit vielen Jahrzehnten erstklassige Instrumente her, die in der Tradition verankert sind und trotzdem ihren eigenen, unverwechselbaren Charakter haben. Der Kiloton ist dafür ein weiteres, gelungenes Beispiel – sein schlichter Look erinnert an den legendären Precision-Bass, und der kräftige MFD-Humbucker sorgt für eigenständige, durchsetzungsstarke Sounds, die man in nahezu allen Musikrichtungen einsetzen kann. Das Setup war ab Werk absolut perfekt, sodass sich der Kiloton mit seinem schlanken und geschmeidigen Hals sofort “aus dem Koffer” butterweich spielen ließ. Preismäßig liegt mein Test-Kiloton etwa 100,- Euro über einem Fender Precision aus der American Pro-Serie, was in Anbetracht der absolut erstklassigen Verarbeitungsqualität inklusive einer aufwändigen Plek-Behandlung meiner Meinung nach auch völlig in Ordnung geht.

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • sehr hoher Spielkomfort (Plek-Bundabrichtung)
  • tadellose Verarbeitung
  • Optionen bei der Bestellung möglich (Halsradius, Halsbreite …)
  • kräftiger, transparenter Sound
  • diverse Klangvariationen durch Spulenschaltung
Contra
  • etwas eingeschränkte Soundauswahl mit nur einem Tonabnehmer
Artikelbild
G&L USA Kiloton Test
Für 1.698,00€ bei
Der G&L Kiloton überzeugt mit hohem Spielkomfort und einem kräftigen, transparenten und variationsreichen Sound.
Der G&L Kiloton überzeugt mit hohem Spielkomfort und einem kräftigen, transparenten und variationsreichen Sound.
Technische Spezifikationen
  • Hersteller: G&L
  • Modell: Kiloton
  • Herstellungsland: USA
  • Korpus: Erle, Alpine White Finish, 3-Ply Pickguard (W/B/W)
  • Hals: geschraubt, Hard Rock Maple, Palisander-Griffbrett, Medium Jumbo-Bünde, White Pearl Face Dots, Medium C-Profil, Sattelbreite: 1,5“, Radius 9,5“
  • Hardware: G&L Lock Saddle Bridge, G&L Ultralite Tuners
  • Tonabnehmer: G&L MFD L-Series Humbucker
  • Regler: Volume, Tone, Series/Split/Parallel Mini Toggle Switch
  • Gewicht: ca. 4,1 kg
  • Zubehör: Deluxe Black Tolex-Koffer, Werkzeug, Dokumente
  • Preis: 1.698,- Euro (Ladenpreis im September 2017)
Hot or Not
?
Der in Alpine White gehaltene Korpus besteht aus Erle, wahlweise ist der Bass auch als Sumpfesche-Version erhältlich.

Wie heiß findest Du dieses Produkt?

Kommentieren
Schreibe den ersten Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.
Bonedo YouTube
  • Sire Marcus Miller F10-6 NT - Sound Demo (no talking)
  • First notes on the Sire Marcus Miller F10-6 NT #shorts #sirebass #marcusmiller #siremarcusmillerf10
  • First notes on the Marleaux Consat Custom Bolt-On #bassguitar #marleaux #bass #bassbonedo