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Gibson Les Paul Deluxe WR 2015 Test

Beim Öffnen des Koffers mit der Kandidatin für unseren bondeo-Test, der Gibson Les Paul Deluxe WR 2015, fällt mir auf, wie spannend es doch immer noch ist, eine dieser legendären E-Gitarren auszupacken. Immerhin gibt es unsere kultige Paula schon seit über sechzig Jahren, ohne dass sie an Faszination eingebüßt hätte. Und die Frage, was Gibson sich beim Thema Produktpflege hat einfallen lassen, stellt sich bei jedem Upgrade und bei jeder Modellvariante neu.

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Demzufolge sind auch die neuen 2015er Gitarren mit einigen aktuellen Features bestückt, die wir im folgenden bonedo-Test an’s Licht befördern wollen.

Details

Optik/ Verarbeitung:

Schon das besagte Transportbehältnis erweist sich als Schmuckstück – ein funky aussehender Rechteck-Koffer in Gold! Darin finden sich neben der Gitarre eine Qualitäts-Checkliste, ein Foto des Instrumentes, eine Gebrauchsanweisung und ein Netzteil, auf das ich später noch zu sprechen komme. Beim Herausheben allerdings fällt mir das relativ hohe Gewicht auf. Nun ja, es ist halt eine Les Paul, denke ich … Und ein Blick auf die Waage bestätigt meinen ersten Eindruck: Exakt 4459 Gramm müssen geschultert werden – dem interessierten Gitarristen empfehle ich deshalb einen extrabreiten Gurt oder bei längeren Gigs eine Sitzgelegenheit. Was mich in diesem Zusammenhang etwas verwundert ist die Tatsache, dass das Instrument mit einem Weight Relief mit neun Löchern versehen ist. Der Korpus dieser Les Paul Deluxe besteht aus zwei Teilen Mahagoni, auf dem eine ebenfalls zweiteilige Ahorndecke verleimt wurde. Diese wird von einem cremeweißen Binding umrahmt, das optisch ganz wunderbar zur weinrot lackierten Gitarre passt.

Fotostrecke: 3 Bilder Der Korpus der Deluxe: 2-teilige Mahagoni-Basis mit Ahorndecke (2-teilig)

Elektronik

Als Pickups kommen zwei neue Mini-Humbucker zum Einsatz, die beide in ebenfalls cremeweissen Rahmen stecken und sich mittels kleiner Schrauben wie üblich in der Höhe verstellen lassen. Natürlich muss auch das Pickguard farblich zu Binding und Pickup-Rahmen passen. Die vernickelte Tune-O-Matic Bridge mit Stop Tailpiece besteht aus Zamak, einer Zink-Druckgusslegierung, deren Bezeichnung für Zink, Aluminium, Magnesium und Kupfer steht, und sie weist eine weitere Neuerung auf: Die Böckchen sind aus Titan und lassen sich natürlich einzeln justieren.

Fotostrecke: 6 Bilder Typisch Deluxe: Zwei Mini-Humbucker sorgen für den guten Ton

Die Deluxe besitzt drei Potis, wobei zwei jeweils die Lautstärke der beiden Pickups regeln und ein weiteres für den Gesamtklang verantwortlich ist. Beide Volumenpotis verfügen über eine Push/Pull-Funktion und ermöglichen ein Coil-Splitting der Mini-Humbucker. Der aufmerksame Leser wird sicherlich den Kippschalter an der Stelle bemerkt haben, an der sich normalerweise ein weiteres Tone-Poti befindet. Dieser sorgt für einen satten 15dB Boost. Geschaltet werden die Tonabnehmer mit dem traditionellen Dreiwegschalter, der an gewohnter Stelle im vorderen oberen Korpusbereich angesiedelt ist.

Fotostrecke: 6 Bilder 2 x Volume, 1x Master-Tone

Natürlich kann auch ein Gurt angebracht werden, dafür stehen zwei Aluminium-Gurtpins bereit, die jedoch nicht mit einem Filzring unterlegt sind und somit direkt auf dem Lack ruhen. Auch wenn ich kleinlich erscheinen mag, aber in meinen Augen muss das nicht sein, und keinesfalls bei einer Gitarre in dieser Preislage.
Ein Blick auf die Rückseite zeigt neben der Ausfräsung für den Pickup-Schalter, den sogenannten Toggle Switch, auch das Elektronikfach, in dessen Deckel ein Batteriefach integriert ist. Auch darauf komme ich noch zu sprechen.

Fotostrecke: 3 Bilder Die weinrote Rückseite

Weiter geht es mit dem Hals, der selbstverständlich mit dem Korpus verleimt ist und aus einem Stück Mahagoni besteht, darauf ein Palisandergriffbrett mit 22 Jumbo-Bünden. Diese sind tadellos entgratet und hochglanzpoliert. Die klassischen Perlmutt Trapez-Inlays dienen ebenso wie kleine schwarze Punkte an der Halskante der Orientierung, und auch hier gibt es verarbeitungsmäßig nichts zu beanstanden. Ein cremeweißes Binding setzt das Griffbrett von der Halsrückseite ab und integriert es optisch perfekt in das Outfit der schmucken Gitarre. Auch bei unserer Kandidatin kam eine Plek-Maschine zum Einsatz, die für eine perfekte Saitenlage und beste Bespielbarkeit garantieren soll. Beim Sattel hat sich Gibson in der Tat etwas Neues einfallen lassen. Er nennt sich Zero Fret Nut und besteht aus Messing. Bei ihm laufen die Saiten über einen Nullbund, der mithilfe des beiliegenden Schlüssels in der Höhe verstellt werden kann. Vor allem die Slide-Spieler werden diese Nachricht besonders gern hören und es ist, wie ich finde, eine großartige Idee!

Fotostrecke: 3 Bilder Trapez-Inlays verzieren das Palisandergriffbrett

Die Saiten laufen von dort aus zu den sechs Mechaniken, die endlich auch die wahrscheinlich größte Neuerung offenbaren, das G Force Tuning System, den Nachfolger des bisher verbauten Min-ETune. Dabei handelt es sich um ein automatisches Stimmsystem mit motorisierten Mechaniken. Die Bedienung ist recht einfach, es muss lediglich der On-Knopf gedrückt und alle Saiten angeschlagen werden. Das sollte man ruhig öfter tun, da so die Stimmgenauigkeit erhöht wird. Die noch zu stimmenden Saiten werden rot dargestellt, gestimmte Saiten grün.
Ist das Resultat nicht zufriedenstellend, kann auch ein langsamer Modus aktiviert werden. Dafür muss der On Button länger gedrückt werden. Über das Für und Wider solcher Gadgets lässt sich sicherlich streiten, aber wer mit unterschiedlichen Stimmungen spielt, wird das G Force Tuning System als wahren Segen empfinden. Gibson hat für diesen Zweck verschiedene Tunings bereitgestellt, die über einen Links/Rechts-Taster ausgewählt werden, per Up/Down-Taster erreicht man die jeweilige Preset-Bank. Das Instrument lässt sich aber auch ganz normal per Hand stimmen, dafür muss das G Force Tuning System ausgeschaltet sein.

Fotostrecke: 5 Bilder Kopfplatte im typischen Gibson-Shaping

In der folgenden Grafik seht ihr eine Übersicht der möglichen Stimmungen.

Das mitgelieferte Netzteil dient zum Aufladen der Stimmmechanik-Batterie, die zu diesem Zweck entnommen und in das Ladegerät gesteckt werden muss. Das Batteriefach auf der Korpusrückseite versorgt den oben genannten Booster.

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Praxis

Sound/Bespielbarkeit

Der Hals der Deluxe liegt recht breit in der Hand und ist für mich, der mit normal großen Händen durch die Welt rennt, ziemlich ungewohnt. Es sei denn, man kommt prinzipiell eher von der Nylongitarre, die von Natur aus ein paar Millimeter mehr bietet. Mit den zusätzlich etwa drei Millimetern mehr, die Gibson der Les Paul schon am Sattel spendiert, soll unter anderem das Ziehen der Saiten und Hammer-Ons und -Offs erleichtert werden. Ich persönlich empfinde es eher als Hindernis, denn beim häufigen Wechseln von Instrumenten zum Beispiel bei einem Gig kann das meiner Meinung nach eine echte Hürde darstellen.
Was leider überhaupt nicht geht, ist das hohe Gewicht, das trotz Weight Relief 4,5 kg beträgt und damit eindeutig zu hoch ausfällt. Über die Vor- und Nachteile schwerer Instrumente kann man sicherlich streiten, aber ich bevorzuge die Ansprache leichter Instrumente, weil bei ihnen das Holz schlicht und ergreifend schneller in Schwingung gerät, vom Tragekomfort ganz abgesehen. Aber einen Vorteil hat das Ganze, denn dank des schweren Korpus ist die Deluxe nicht kopflastig – nun ja …
Die Einstellung und Verarbeitung des Instrumentes ist insgesamt auf hohem Niveau, es gibt keinerlei Grund zur Beanstandung, und wir begeben uns direkt in die Praxis.

Soundtechnisch präsentiert sich die Les Paul Deluxe 2015 sehr vielseitig
Soundtechnisch präsentiert sich die Les Paul Deluxe 2015 sehr vielseitig

Trocken angespielt zeigt sich die Deluxe mit einem gesunden, gleichmäßig ausschwingenden Sustain und einem ausgewogenem Klangbild. Ich habe auf dem Griffbrett keine Dead-Spots aus-machen können – ein Resultat der guten Einstellarbeit.
Deshalb jetzt direkt an den vorgeglühten Amp. Ich verwende einen JVM 410 Marshall in Verbindung mit einer Kammler 1×12″ Box mit einem Blue Bulldog. Abgenommen wird klassisch mit einem Shure SM57. Als Preamp kommt ein Tube Tech MP1a zum Einsatz, der das Signal an ein Avid HD i/o weitergibt. EQs oder Kompressoren gibt es keine, lediglich eine Prise Hall aus dem Amp, um nicht völlig nackt dazustehen.
Im folgenden Audiobeispiel habe ich alle drei Positionen durchgeschaltet, ich beginne am Hals-PU. Der Amp ist clean eingestellt.

Audio Samples
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Alle drei PU-Kombinationen Clean-Sound Normal

Die Gitarre klingt schon clean satt und fett, die Pickups gefallen mir ausgesprochen gut, da sie einerseits ein gutes Pfund an den Amp weitergeben, dabei aber immer noch das Holz des Instrumentes transportieren. Die Mittelstellung zeigt wie gewohnt ein drahtiges Klangbild und der Steg-Humbucker ballt die Mittenfaust, so wie wir es kennen und wie es sein soll.
Ich aktiviere jetzt die Split-Funktionen beider Tonabnehmer und spiele das Ganze noch einmal.

Audio Samples
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Alle drei PU-Kombinationen mit aktivierter Split-Funktion

Huch, da wird es ja richtig stratig! Normalerweise überzeugen mich Splitsounds nicht unbedingt, aber hier hat Gibson wirklich ganze Arbeit geleistet und das Instrument um drei weitere, vollwertige Klänge bereichert. Nicht schlecht!
Ich drehe den Gain des Amps etwas auf und spiele zwei Mal dieselbe Linie, wobei ich im zweiten Durchgang den Boost aktiviere.

Audio Samples
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Sound mit aktiviertem Boost Switch
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Wie erwartet, verdichtet sich der Sound und trägt auch länger. Trotzdem verändert sich der Grundsound nicht, sodass man den Boost als eine wirkliche Bereicherung bezeichnen kann und sich tatsächlich ein Pedal spart.
Jetzt geht es in den Crunch-Kanal. Im ersten Beispiel spiele ich den Steg-Humbucker normal, im zweiten Beispiel dann gesplittet.

Audio Samples
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Crunch Riff mit Steg-Humbucker normal Crunch Riff mit Steg-Humbucker gesplittet

Auch verzerrt machen die Split-Optionen Sinn. Anstatt wie üblich eher dünn und plärrig zu tönen, bekommt der Sound hier mehr Draht, ohne jedoch seine Grundcharakteristik zu verlieren.
Abschließend noch ein kleines Metallriff im vierten Kanal des JVM 410.

Audio Samples
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Metal Sound

Dafür ist mir die Gitarre dann doch ein wenig zu fett. Der Klang macht sich recht breit, sodass mir das Spritzige fehlt, das schnelle Zupacken bei den Anschlägen. Für das Riff zwischendurch aber sicherlich gut zu gebrauchen.

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Fazit

Die Les Paul Deluxe WR 2015 ist eine auf hohem Niveau gefertigte und mit vielen Neuerungen ausgestattete Gitarre. Sie klingt satt und bietet mit dem Coil-Splitting neue, eigentlich Les Paul untypische Soundwelten. Dazu liefert ihr 15dB Boost einen Turbo, mit dem sich ein Amp ordentlich anpusten lässt.
Das neue G Force Tuning System verrichtet seine Arbeit tadellos und dank des langsameren Modus ist auch sehr exaktes Stimmen möglich. Das sehr hohe Gewicht von viereinhalb Kilo trotz eines 9-Hole-Weight-Reliefs und der bei den neuen Modellen etwas breitere Hals dürfte die potentielle Spielerschaft polarisieren. Die Individualisten, die etwas mehr Masse am Gurt bevorzugen und ihren Fingern mehr Platz gönnen, sind dagegen bei der Gibson Les Paul Deluxe 2015 goldrichtig. Auch der Preis ist, gemessen an Verarbeitung und Sound, absolut gerechtfertigt.

Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • Verarbeitung
  • Sound
  • Boost
  • Zero Fret Sattel
  • Coil Split
Contra
  • hohes Gewicht
  • Hals sehr breit
Artikelbild
Gibson Les Paul Deluxe WR 2015 Test
Für 798,00€ bei
Das 2015er Les Paul Deluxe Modell wartet mit einigen Features auf
Das 2015er Les Paul Deluxe Modell wartet mit einigen Features auf
Technische Spezifikationen
  • Hersteller: Gibson
  • Bezeichnung: Les Paul Deluxe WR 2015
  • Farbe: Wine Red
  • Korpus: Mahagoni
  • Decke: Ahorn
  • Hals: Ahorn
  • Griffbrett: Palisander
  • Halsprofil: Asymetrical Rounded C
  • Bünde: 22
  • Mensur: 628mm
  • Sattelbreite: 46mm
  • Pickups: 2x Mini Humbucker
  • Gewicht: 4559 Gramm
  • Brücke: Tune-O-Matic Steg mit Titan-Reiter
  • Besonderheiten: Koffer, Coil Split (push/pull), 15dB Boost Schalter, G Force Tuning System, Zero Fret Sattel, Weight Relief (9 hole)
  • Preis: 2.099,00 Euro
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Jakob sagt:

#1 - 10.02.2015 um 00:14 Uhr

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Danke für den Test. Ich möchte nur anmerken: ENDLICH verbaut mal jemand ordentliche Hälse! Dass überall immer nur diese 42 - 43 mm Griffbretter zu finden sind, benachteiligt einfach all jene, die eine alternative Spieltechnik haben, wie mich. Bisher konnte ich nur Gitarren mit geschraubten Hälsen spielen, für die ich extra Hälse eingekauft habe oder sogar habe machen lassen. Fantastisch, dass jetzt EIN Hersteller aus dem üblichen Scharverhalten ausschwenkt und ärgerlich, dass das sofort zu einer negativen Bewertung führt, nach dem Motto: bitte sofort wieder genau dasselbe tun, was alle anderen auch tun.

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