Mit ihrem Understatement-Konzept hat die texanische Firma FMR Audio eindrucksvoll bewiesen, dass sich professionelle Audiohardware und schlichtes Äußeres nicht zwingend gegenseitig ausschließen müssen. Und auch uns hat ihr RNLA7239 Levelling Amplifier im Test ja bereits vollkommen überzeugen können. Doch dieTexaner haben noch zwei weitere Puderdöschen im Regal, die weltweit für Aufsehen sorgen. Schauen wir jetzt einmal an, was der FMR Mikrofon-Preamp RNP8380 auf dem (und im) Kasten hat.
Anzeige
AUFBAU, TECHNISCHE WERTE UND EINSATZGEBIET Als potenzielle Käufer des RNP kommen prinzipiell alle Tontechniker oder Musiker in Frage, denen bewusst ist, warum sich die Investition in vernünftige Preamps lohnt und die nicht immer gezwungen sein wollen, auf die in Pulten oder Audio-Interfaces verbauten Verstärker zurückgreifen zu müssen. Diese sind nämlich erst in hohen Preisregionen wirklich ordentlich. Kleinere Mic-Pres wie den RNP gibt es zwar einige, doch sind diese entweder im absoluten Hochpreissegment zu finden, oder eben von minderer Qualität. Laut Hersteller FMR kann der RNP also zumindest akustisch mit den edlen Vorverstärkern mit ihren wuchtigen Frontplatten mithalten.
Die Platine des RNP8380 ist in das gleiche Gehäuse aus grauem Kunststoff verbaut, das auch die beiden Kompressoren des Herstellers beherbergt. Auf der Frontplatte grüßen alte Bekannte. Wie bei fast allen Vorverstärker (außer einigen Paradiesvögeln) ist für beide Kanäle je ein Gain-Regler vorhanden, der hier in 6dB-Schritten gerastert ist. Dadurch sind wiederholbare und – wenn die Bauteil-Toleranzen gering genug sind – kanalgleiche Einstellungen möglich. Die Regler machen einen sehr stabilen Eindruck, allerdings sollte man beim Bedienen das federgewichtige Gerätchen festhalten. Jeder Kanal verfügt weiterhin über einen Invertierungsschalter, der die Polarität des Signals tauscht. Diese oft fälschlicherweise “Phase” genannte Funktion ist hier korrekt mit Invert beschriftet. Wie bei Preamps üblich, lässt sich auch beim RNP eine 48V-Phantomspeisung über die Mikrofonkabel schicken, um Kapseln oder auch Mikrofonelektronik zu versorgen. Auch diese ist für jeden Kanal separat schaltbar. Hi-Z kennzeichnet die Hochimpedanzeingänge, mit denen zum Beispiel Gitarrensignale vorverstärkt werden können. Der Entwickler Mark McQuilken scheint an dem Tag, an dem er die Rückplatte designt hat, einen Kasper gefrühstückt zu haben: Guzintas steht unter den XLR-Mikrofon-Inputs, Guzoutas unter der Sektion, die die 6,3mm-Klinkenbuchsen für Line-Out und Insert-Send-Return beinhaltet. Ok: Kleine Abwechslung im trockenen Technik-Alltag, und glücklicherweise so versteckt, dass man nicht jeden Tag damit konfrontiert wird. Denn das würde nerven. Der ISR ist leider nicht schaltbar, doch werden viele Kompressoren, De-Esser oder EQs, die man einsetzen will, aus einer Preiskategorie stammen, in der ein Hard-Bypass zum guten Ton gehört.
Wie bei vielen Kleingeräten muss man auch beim 8380 mit einem externen Netzteil leben. Dies geschieht in erster Linie aus Kostengründen, denn dadurch lässt sich ein Gerät leichter “internationalisieren” und es kann auf eine Reihe an Prüfsiegeln verzichtet werden. 9-12 Volt Gleichstrom mit einem halben Ampère Stromstärke erwecken ihn zum Leben. Die Hauptplatine im Inneren ist in die Haltungsschienen des Gehäuses eingeschoben, eine kleinere, im 90-Grad-Winkel angebaute Platine trägt die Bedienelemente sowie die Meter. Ein Großteil der verwendeten Bauteile ist als SMD (Surface-Mounted Devices) ausgeführt, also entsprechend klein und sicherlich automatisch bestückt. Ein Blick auf die Platine (oder das Blockschaltbild) macht deutlich, dass der pfiffige Texaner eine kleine Überraschung bereithält: Es gibt eine digitale Regelung. Nein, keine Panik, das Mikrofonsignal wird hier an keiner Stelle in die Rasterung der digitalen Welt gezwungen. Eine kleine CPU übernimmt die Aufgaben der Pegelanzeigen sowie sämtlicher Schaltvorgänge – auch der automatisierten. Dies erlaubt einige Features, die selbst Geräte blass aussehen lassen, die ein Vielfaches kosten. Zum Beispiel fehlt das sonst typische Knacken im Signalweg, wenn die Phantomspeisung an- oder ausgeschaltet wird. Dies hat zwei Gründe: Zum einen werden die 48 Volt nicht einfach auf die Inputs gepustet, sondern langsam hochgefahren. Zum anderen werden beim Auf- und Abbau der Spannung die Outputs und sogar die Sends gemutet! Da hat mal jemand mitgedacht! Noch eine kleine Feinheit ist, dass der ebenfalls digital gesteuerte Invert-Schalter hinter dem Send-Abgriff liegt. Dadurch ist es möglich, ein M/S-Stereo-System mit diesem Gerät komplett zu dematritzieren, denn das Signal der quer liegenden Acht (so genanntes Seitensignal) kann sowohl invertiert (über den Line-Out), als auch mit normaler Polarität (über den Send) verschickt werden. Dem M-(Mitten-)Signal können dann im Pult oder in der DAW die beiden dekodierten S-Signale mit harten L-/R-Panorama-Einstellungen zugemischt werden – fertig! Ebenfalls digital gesteuert wird die Eingangsumschaltung auf DI, wenn in den frontseitigen Input ein Kabel gesteckt wird. Das “Metering” fällt etwas dürftig aus und muss sich die Frage gefallen lassen, ob es sich denn überhaupt als solches bezeichnen lassen darf. Eine grüne LED zeigt an, dass überhaupt ein Signal vorhanden ist, eine orangefarbene Diode mittleren Pegel, eine rote ein Over bei +28dBu. Naja, besser als nichts, und mehr Platz geben die Frontplatte und die dahinter liegende Platine wohl auch nicht her.
Um Problemen mit hochfrequenten Störsignalen entgegenzuwirken, ist nicht weit hinter dem Input ein 18db/oct-Tiefpass-Filter zu finden. Dieses schneidet allerdings nicht kurz über dem Hörbereich ab, sondern weit darüber: 240kHz liegen in einem Bereich, den selbst Fledermäuse als Ultraschall bezeichnen. Das real nutzbare Spektrum ist eher durch das Mikrofon und die Weiterverarbeitung beschränkt, doch ist eine derart hohe Filterung ein Hinweis darauf, dass der Preamp “schnell” und “impulstreu” arbeitet. Die Verstärkung der verschwindend geringen Mikrofonpegel auf Line-Level erfolgt mittels Class-A DC-Servo-Verstärkern. Dies ist audiotechnisch sicher nicht die schlechteste Lösung, hat jedoch einen Nachteil: Die Kiste wird warm. Verdammt warm. Es hat also doch einen Grund, weshalb viele Mikrofonvorverstärker in derart üppige Gehäuse eingebaut werden. Aber so ist das nun mal: Gute Preamps brauchen viel Strom und werden sehr warm. Das kann selbst FMR nicht aus der Welt schaffen.
Anzeige
KLANG Was auffällt: Der RNP gehört nicht zu den rauschärmsten Mikrofonvorverstärkern, die der Markt zu bieten hat. Mit -120 dB EIN (“Equivalent Input Noise”) liegt er im Mittelfeld (der professionellen stand-alone Mic-Pres, wohlgemerkt!), allerdings ist aufgrund der anscheinend guten spektralen Verteilung im Normalfall nicht allzu viel davon mitzubekommen. Heutige Mikrofon-Designs haben einen recht hohen Übertragungsfaktor, so dass der Gain nicht allzu weit aufgerissen werden muss, und der Rauschteppich im Normalfall vom Nutzsignal maskiert wird. Es bleibt aber immer genügend Headroom, ohne das Signal zu stark zu verrauschen. Allerdings sollte man vorsichtig sein: Clippings gibt es zwar erst bei verdammt hohen Pegeln, dafür machen diese sich aber sofort negativ bemerkbar. Den Preamp “heiß” zu fahren funktioniert also nicht. Für hochdynamisches Material wie Klassikaufnahmen wird man vielleicht noch hochwertigere Preamps einsetzen wollen. Von Vorteil bei jeder Art von Material ist die wirklich außerordentliche “Schnelligkeit” des Verstärkers: Impulse werden weitergegeben, ohne dass sie verschleift und vermatscht wirken. Dies ist in erster Linie durch das breite Spektrum des RNPs möglich. Vor allem an “T”- und “S”-Lauten der Stimme lässt sich das bemerken. Man hat manchmal jedoch das Gefühl, als würde der FMR das Eingangssignal ganz leicht und sanft komprimieren. Klanglich wirkt der Texaner eher verhalten, von Signalfärbung kann man nicht sprechen (dadurch natürlich auch nicht von “Charakter”). Man hat das Gefühl, dass der FMR genau eine Sache macht: verstärken. Dies tut er mit Subbässen genauso wie mit Höhen. Der FMR arbeitet erstaunlich frequenzlinear. Um in der Sprache des Fotos zu bleiben: Er liefert die ungeschminkte Wahrheit. Für den DI-Input gilt genau das Gleiche.
Hinweis: Die Aufnahmen wurden im Tonstudio unter professionellen Bedingungen durchgeführt. Um die Eigenschaften genau erkennen zu können, solltest Du mit hochwertigen Kopfhörern oder über ein gutes Lautsprechersystem abhören. Verwendet wurden: Mikro: CAD Equitek E-200 MKI; E-Piano: Fender Rhodes MKI Stage 73 (per DI); Kabel: van Damme Starquad; Audio I/O: MotU 828 MKI Vergleichspreamps: Lydkraft Tube-Tech MP-1A Focusrite Blue Range ISA220
Wirklich erstaunlich und absolut nützlich im Praxisbetrieb ist die Kanalgleichheit des kleinen Stereo-Amps. Nur zu häufig stimmen die abgelesenen, manchmal auch die gerasterten Gain-Stellungen nicht überein oder haben Kanäle einen leicht unterschiedlichen Frequenzgang oder sogar Impulsverhalten. Dies wäre ein Hinweis auf nicht sonderlich gut selektierte und auf einander abgestimmte Bauteile (denn das ist es, was Bauteile teuer macht!). Ob es sich beim FMR allerdings um zufällig passende Fertigungstoleranzen handelt, kann kaum festgestellt werden, vielleicht ist es bei anderen RNPs anders; allerdings macht es nicht den Anschein.
Audio
Samples
0:00
/
0:00
0:00
Athmo-Aufnahme
Verwendet wurde hier ein Pärchen Oktava MC012 mit DE-Kapseln in Klein-AB-Aufstellung.
Der FMR ist also insgesamt als eher “klinisch” und “seelenlos” zu bezeichnen, was durchaus positiv gemeint ist. Oft will man eben keine Färbung durch den Mic-Pre, sondern überlässt das lieber den Kompressoren oder EQs, wenn überhaupt.
Anzeige
FAZIT Das Döschen klingt deutlich besser, als es aussieht. Angesichts des Preises muss man auch eine ordentliche klangliche und technische Leistung erwarten können – das Gehäuse wird den Preis sicher nicht rechtfertigen. Und genau so ist es: Der RNP überzeugt durch transparenten und unaufdringlichen Sound und zeigt keine Schwächen im Bereich der niedrigen und hohen Frequenzen. Außerdem gibt es einige wirklich durchdachte Features, die man selbst bei viel teureren Geräten vergeblich sucht. Ohne schlechtes Gewissen kann jedem zum FMR geraten werden. Für einen fairen Preis erhält man ein wirklich hochprofessionelles Gerät. Der “Mitnehm-Wühltisch-Faktor” wird allerdings deutlich dadurch eingeschränkt, dass der RNP gut doppelt so viel kostet wie seine dynamischen Geschwister RNLA und RNC.
Unser Fazit:
3,5 / 5
Pro
faires Preis-/Leistungsverhältnis
hochwertiges Verstärkerdesign mit unauffälligen Klangeigenschaften
durchdachte und praktische Details
keine feststellbaren Unterschiede vom linken zum rechten Kanal
Contra
keine ausreichend aufgelöste Pegelanzeige
Kunststoff-Gehäuse
hohe Wärmeentwicklung
FMR Audio Really Nice Mikrofon-Vorverstärker RNP8380 Test
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Facebook. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Instagram. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von X. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.