Fender Bassman TV Fifteen Test

Der Fender Bassman ist ein Verstärker mit einer zwar extrem langen, aber leider nicht immer glorreichen Geschichte. Das erste Modell erschien 1951 zusammen mit dem Fender Precision Bass und wurde von Leo Fender auch speziell zur Verstärkung dieses legendären Viersaiters konzipiert. Der Original Bassman hatte einen 15-Zoll-Lautsprecher und lediglich 26 Watt, zur Verstärkung des fett klingenden Precision Basses war er damit aber nicht ausreichend gerüstet. Die Bassisten beklagten sich über ständig durchgeblasene Lautsprecher und zu wenig Leistung, um sich in der Band ordentlich Gehör verschaffen zu können. 1954 folgte dann der klassische Bassman mit einer 4×10 Konfiguration und immerhin 50 Watt Leistung. Das sind natürlich immer noch keine Zahlen, mit denen man einen wuchtigen Basssound zaubern kann, aber zusammen mit dem 1957 leicht überarbeiteten Precision war die Performance für damalige Verhältnisse akzeptabel. Mit satter Leistung konnte dieser Fender Amp also nie punkten, dafür aber mit seinem legendären warmen und vollen Röhrensound, für den ihn heute immer noch zahlreiche Musiker lieben.

Grund genug für Fender, sich des Schicksals ihres Bassman anzunehmen und – so die Absicht – ihn in einer neuen Inkarnation zu einer praxistauglichen Bassanlage zu machen. Ein löbliches Vorhaben, das Kenner und Liebhaber aufhorchen lässt und hoffentlich die positiven Tugenden seiner Vorfahren nicht vernachlässigt. Die neuen Tweed Combos hören auf den Namen Bassman TV und werden in vier Ausführungen angeboten. Die kleinen Modelle mit einem 10-Zoll oder einem 12-Zoll-Speaker und einer Leistung von 150 Watt sind für den schnellen Einsatz zwischendurch im Probenraum oder zu Hause wohl die geeignete Wahl, während die zwei großen Combos mit 2×10 Zoll oder 1×15 Zoll Bestückung und 350 Watt Endstufen sich als ernst zu nehmende Bassanlagen für den Livebetrieb anbieten. Schick sind die Tweed Combos mit ihrer erstklassigen Vintage-Optik allemal. Wir wollten wissen, ob sie auch mit anderen Werten glänzen können.

Details

Mein Testkandidat ist der Bassman TV Fifteen, also das Modell mit einem 15 Zoll Eminence Speaker und einer 350 Watt Class D Endstufe. Das TV im Namen hat übrigens keinen technischen, sondern nur einen optischen Hintergrund, denn die Ähnlichkeit mit einem großen alten Fernseher ist in der Tat nicht zu leugnen. Der Bassman ist wirklich ein extrem ansehnlicher Verstärker, das ganze Gehäuse ist mit dem bereits erwähnten schicken, braunen Tweed Bezug überzogen, auf der Front sitzt ein schönes Fifties-Style Fender-Logo und auch die chromfarbene Bedienplatte orientiert sich mit den „Chicken Head“ Knöpfen komplett am legendären Vorbild aus den 50er Jahren. Zum Transport ist auf der Oberseite ein Koffergriff vorgesehen, zusätzlich kann man den 28kg schweren Combo mit den mitgelieferten Rollen bestücken und so zumindest ebenerdig mühelos an seinen Bestimmungsort befördern. Sollten die Rollen beim Gig klappern (was bei mir nicht vorkam), kann man sie natürlich schnellstens entfernen und den Amp rutschfest auf seinen vier Gummifüßen platzieren.

Technisch unterscheidet sich der neue Bassman TV deutlich vom Original. Zwar arbeitet in der Vorstufe nach wie vor eine Doppeltriode für den legendären warmen Röhrensound, für die nötige Power aber sorgt eine topmoderne Class D Endstufe mit kräftigen 350 Watt. Diese Endstufe wirkt sich natürlich neben der drastisch besseren Performance auch äußerst positiv auf das Gesamtgewicht des Combos aus, knapp 28kg sind für diese Leistungsklasse allemal akzeptabel. Auch die Gehäusekonstruktion des Bassman TV unterscheidet sich vom Original: Die Kiste ist nämlich bis auf einen Bassreflex-Kanal hinten geschlossen, um in Relation zur Gehäusegröße die bestmögliche Bassübertragung zu gewährleisten, denn der Bassman aus den 50ern war hinten offen. Auf der Rückseite finden wir außerdem ein kleines Panel mit dem Netzkabelanschluss, einen symmetrischen DI-Ausgang mit Groundlift-Schalter zur Abnahme für die PA oder den Studioeinsatz und einen verhältnismäßig kleinen Ventilator. Der Lüfter beginnt mit seiner Arbeit sofort nach dem Einschalten und kennt keine Pause, wobei sich der Geräuschpegel absolut im Rahmen hält und höchstens beim Üben im Wohnzimmer etwas nerven könnte; bei Proben oder Gigs nimmt man ihn aber nicht wahr.

Kommen wir zur Bedieneinheit des runderneuerten Bassman. Als Eingänge stehen zwei Klinken mit unterschiedlichen Empfindlichkeiten für aktive und passive Bässe zur Verfügung, der Gain-Knopf übernimmt die Aussteuerung der Röhrenvorstufe und der Sound wird mit einer passiven Dreiband-Klangregelung verändert. Zusätzlich stehen zwei EQ-Presets zur Verfügung, ein Deep-Taster zum Anfetten des Sounds und ein Bright-Switch für die Ausleuchtung des Höhenbereiches. Auch diese beiden Klang-Presets arbeiten komplett passiv nach dem Vorbild des Original Bassman, dessen positive Tugenden ja auch möglichst authentisch nachgebildet werden sollen. Ganz rechts sitzen schließlich noch der Volume-Knopf für die Endlautstärke, der Power-Schalter und eine große, rote LED für die Betriebsanzeige, selbstverständlich ebenfalls im Fender 50‘s Style.
Mein erster Eindruck vom neuen Bassman TV ist wirklich sehr positiv, die technische Ausstattung scheint sehr sinnvoll zu sein und dazu geeignet, einen klasse Vintagesound zu produzieren. Auch an der Verarbeitung des Gesamtpaketes gibt es nichts auszusetzen, und mal ehrlich, über die Optik brauchen wir erst gar nicht zu reden, der Tweed Fernseher ist eine Granate.

Praxis

Die Abmessungen und das Gewicht des Bassman Fifteen sind für eine kleine Bassanlage dieser Leistungsklasse durchaus in Ordnung, nicht zuletzt dank leichter digitaler Endstufe und gewichtssparendem Neodym Speaker. Dennoch lässt sich der Combo am Koffergriff gerade von kleineren Menschen nicht sehr komfortabel transportieren. Auf der Ebene helfen die Rollen, bei Treppen wird es aber mühsam, ist man allein. Hier wären seitliche Greifmöglichkeiten extrem sinnvoll, um den Amp zu zweit bequem tragen zu können, was allerdings der Optik des Schönlings nicht unbedingt zuträglich wäre.

Soundmäßig macht der Combo seiner Retro-Optik alle Ehre, denn hier dominiert trotz der Class D Endstufe eindeutig der runde, warme Röhrensound, für den diese Fender-Verstärker so geliebt werden. Und der wird immer besser, je mehr man den Gain aufdreht. Der Amp produziert dann eine sehr angenehme, warme Verzerrung, wie man es sich für erstklassige Vintage Bass-Sounds wünscht. Ein aktiver Bass mit höherem Output kann die Röhre sogar richtig anspitzen und zum Singen bringen. Durch die Bestückung mit einem 15-Zöller produziert der Bassman Fifteen natürlich einen in der Grundausrichtung sehr sonoren und runden Old School Bass-Sound. Die Freunde supermoderner Klänge kommen hier nicht auf ihre Kosten, denn auch mit aufgedrehten Höhen oder dem Bright Preset wird aus dem Bassman TV ohne Hochtöner kein Hi-Fi-Stack mit Sizzle-Höhen. Gott sei Dank, denn die samtigen Höhen, die dieser Speaker überträgt, verleihen dem Sound unaufdringlich Konturen und passen bestens zum Vintage-Konzept des Verstärkers.
Auch die Bänder der passiven Klangregelung arbeiten sehr musikalisch. Die Grund- oder Flat-Einstellung beim klassischen Fender Tone Stack ist 0 für Bass, 10 für Middle und wiederum 0 für Treble; Bass und Höhen können also nur geboostet, die Mitten nur abgesenkt werden. Fender hat beim neuen Bassman an dieser Stelle kleine Änderungen vorgenommen und nennt als Neutral-Setting 2/10/2, die Potis gehen allerdings bis 12!! Wie auch immer, den Bassregler kann man wirklich beherzt anpacken und den Ton angenehm andicken, ohne dass es matschig und undefiniert wird, und auch mit abgesenkten Mitten ist der Bassman nicht aus der Ruhe zu bringen, der Sound wird nur noch fetter und wärmer. Der Tone Stack macht den Bassman TV wirklich zu einem variablen Amp mit vielen, immer musikalischen Soundmöglichkeiten, die einen deutlichen Vintage-Charakter haben. Diese hervorragenden Klangeigenschaften behält der Combo lobenswerterweise auch bei höheren Lautstärken bei, er ist wirklich absolut pegelfest und kann problemlos bei Clubgigs als vollwertige Bassanlage eingesetzt werden.

Audio Samples
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Flat Gain 12 Deep Bright

Den Fender Bassman TV Fifteen würde ich als „Old School“-Verstärker mit modernem Anspruch beschreiben. Das „Old School“ bezieht sich natürlich auf die erstklassige Retro-Optik, aber auch im besten Sinne auf die Soundeigenschaften, denn der Combo klingt tatsächlich wie ein Vintage-Röhrenamp und produziert runde, warme Bass-Sounds in allen Facetten. Ich bin wirklich erstaunt, wie Fender es geschafft hat, den Geist der alten Vollröhren-Bassmänner in den Bassman TV zu verfrachten, denn schließlich kommt hier nur eine Röhrenvorstufe zum Einsatz. Das Moderne an diesem Amp sind die Gehäusekonstruktion und die digitale Endstufe, die eine zeitgemäße Leistung und Performance ermöglichen, ohne ihn zum Schwergewicht zu machen. Wer also das Beste aus beiden Welten sucht, der sollte die neuen Bassmänner genau unter die Lupe nehmen.

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • Optik
  • Verarbeitung
  • klasse Vintage Sound
  • Leistung / Perfomance
Contra
  • Lüftergeräusch in leiser Umgebung
  • Transport
Artikelbild
Fender Bassman TV Fifteen Test
Für 949,00€ bei
Facts
  • Hersteller: Fender
  • Modell: Bassman TV Fifteen, Hybrid-Basscombo
  • Herstellungsland: Mexiko
  • Leistung: 350 Watt
  • Lautsprecher: 1×15 Zoll Eminence
  • Anschlüsse: 2 x Klinke Input, D.I. Out symmetrisch, Netz
  • Regler/Taster: Gain, Bass, Middle, Treble, Volume, Deep, Bright, Ground Lift, Power
  • Zubehör: Netzkabel, Rollen
  • Masse: 548 X 635 X 355 mm HBT
  • Gewicht: 27,8 kg
  • Preis: 1.141,00 Euro (UVP)
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Profilbild von heiko marquardt

heiko marquardt sagt:

#1 - 18.12.2012 um 11:37 Uhr

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Ich würde ja gerne wissen wie der mit einem Kontrabass klingt.

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