Toontrack Orchestral Percussion SDX Test

In der mittlerweile zwanzigjährigen Firmengeschichte hat das Team von Toontrack eine stolze Anzahl großer und teils geschichtsträchtiger Tonstudios auf der ganzen Welt bereist, um erweiterten Content für den Superior Drummer und den kleineren EZdrummer aufzunehmen. Im Zentrum standen dabei stets Samples von Drumsets und Percussion-Instrumenten, die für die Verwendung in Rock, Pop, Jazz und Co. vorgesehen waren. Dass die Schweden mit der Orchestral Percussion SDX nun einen ausgewachsenen Vorstoß in die Bereiche der großen Orchestermusik wagen, ist also durchaus etwas Außergewöhnliches.

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Vor allem daran, dass hier in feinster Tradition des Superior Drummer hochgradig detaillierte und natürlich klingende Samples mit zugehörigem MIDI-Content angeboten werden, die mit maximaler Freiheit den eigenen Klangvorstellungen angepasst werden können, ändert sich aber nichts. Und auch der Preis bleibt gemessen an der orchestralen Konkurrenz verhältnismäßig günstig. Da hier eine erweiterte Zielgruppe angesprochen wird, ist es zudem eine feine Sache für Neulinge, dass die Library auch in einem vergünstigten Bundle-Angebot mit dem zur Verwendung benötigten Superior Drummer 3 in der Orchestral Edition erhältlich ist. Alle weiteren wesentlichen Details zur Library klären wir im Review.

Details

Zurück in den Galaxy Studios

Genauso wie schon die Core Library des Superior Drummer 3 wurde auch die Orchestral Percussion SDX in den Galaxy Studios in Belgien aufgenommen. Der mit 330 Quadratmetern Grundfläche und acht Metern Deckenhöhe ausgesprochen große Aufnahmeraum ist durch eine freischwingende Lagerung auf Federn vollständig von der Außenwelt entkoppelt und gehört zu den leisesten seiner Art. Ein guter Ort also, wenn es darum geht, bei Aufnahmen auch die ganz feinen Nuancen einzufangen – und auch wenn dies grundsätzlich immer zu begrüßen ist, so ist es gerade im Kontext von Orchestermusik mit ihrem oft hohem Dynamikumfang natürlich besonders wünschenswert.

Fotostrecke: 5 Bilder Die Orchestral Percussion SDX wurde im 330 Quadratmeter großen Live-Room der Galaxy Studios in Belgien Aufgenommen. Foto: Toontrack.

120 Instrumente in zwei Teil-Libraries

Die Orchestral Percussion SDX belegt in ihrer verlustfrei komprimierten Form etwa 65 GB Speicherplatz auf der Festplatte und enthält nach meiner Zählung Samples von exakt 120 real aufgenommenen orchestralen Schlaginstrumenten. Um all dies übersichtlich zu halten und ein sinnvolles Mapping der vielen zugehörigen Artikulationen auf dem Masterkeyboard zu ermöglichen, gliedert sich die Library in zwei große Teile.

Teil 1 konzentriert sich auf das große Besteck und bietet eine 36″ große Bassdrum, eine Snare mit sieben Alternativen zwischen Concert-Snares, Marching-Snares und der obligatorischen Ludwig Black Beauty, ein Set aus vier Pauken in unterschiedlich gestimmten Varianten, Tubular Bells, japanische Taikos, Toms, Becken, Gongs und einige Effekt-Sounds. Teil 2 kümmert sich dagegen um das tendenziell unauffälligere „Drumherum“. Um ein Set aus Congas und Bongos reihen sich Woodblocks, verschiedene Chimes, ein Set aus Boobams (Verwandte der Octobans), einige Stomps, Claps und Snaps und viele weitere Kleininstrumente.

Fotostrecke: 4 Bilder Die 36 Zoll große Gran Cassa aus dem Hause Bergerault ist wohl die größte Bassdrum, die jemals von Toontrack gesampelt wurde. Foto: Toontrack.

Gewohnt hohe Standards und erweiterte Auswahl an „Tools“

Die Orchestral Percussion SDX reiht sich mit ihrem Detailgrad nahtlos in die Riege der Libraries für den Superior Drummer ein und geht an manchen Stellen sogar darüber hinaus. Je nach Instrument gibt es eine variierende Anzahl von Artikulationen, und in manchen (wenigen) Fällen liegt diese auch einmal bei einer einzelnen (z. B. bei Chimes oder einigen Kleininstrumenten). Meist findet man aber eine durchaus ansehnliche Auswahl an verschiedenen Spieltechniken pro Instrument. So lässt sich beispielsweise die Bassdrum nicht nur in offener und gedämpfter Form am Schlagfell, sondern auch am Spannreifen der Trommel anschlagen. Die Taikos bieten vier Artikulationen, eine Cowbell lässt sich auf sechs unterschiedliche Arten spielen und das TamTam kommt dank einiger Effekt-Sounds sogar auf zwölf unterschiedliche Möglichkeiten, zum Schwingen gebracht zu werden. All diese Spielweisen wurden mit gewohnt vielen Velocity-Layern für unterschiedliche Anschlagstärken und natürlich zusätzlich über die Raumkanäle verfügbar gemacht.

Fotostrecke: 2 Bilder Im Falle der Taikos gibt es überschaubare vier Artikulationen: Center, Side, Muted und Rim.

Neben dem allgemein hohen Detailgrad von Libraries für den Superior Drummer 3 hat die Orchestral Percussion SDX für viele Instrumente eine erweiterte Auswahl an „Tools“ anzubieten. So wurden beispielsweise die Pauken mit drei unterschiedlich harten Arten von Schlägeln und die Bassdrum zusätzlich noch mit Sticks und von drei Percussionisten gleichzeitig angespielt. Bei den Becken und Snares finden sich Sticks, Mallets und Besen, wobei es bei den Snares zum Teil auch Varianten mit gelöstem Teppich gibt. Die Auswahl ist allgemein wirklich enorm, und insgesamt geht all das schon ein ganzes Stück weit über den „ganz normalen Sampling-Wahnsinn“ einer solchen Library hinaus.

Fotostrecke: 4 Bilder Einige der bei den Aufnahmen verwendeten „Tools“. Foto: Toontrack.

Praxis

Großer und natürlicher Klang

Die Orchestral Percussion SDX verbindet den wahrhaft großen und wirklich fantastischen Raumklang der Galaxy Studios mit einer Natürlichkeit, wie man sie von vergleichbaren Libraries kaum kennt. Ein Grund dafür ist neben dem hohen Detailgrad der Samples sicherlich auch, dass hier vollständig auf Impulsantworten aus einem Faltungshall verzichtet wird und dass es sich bei all den Raumkanälen um „echte“ Aufnahmen handelt. Als Nutzer des Superior Drummer 3 kann man durchaus vom Gefühl beschlichen werden, diesen Sound der Galaxy Studios bereits gut zu kennen – wenn auch aus einem anderen Zusammenhang.

Die Hauptansicht der Orchestral Percussion SDX mit einem MIDI-Groove im Song-Track.
Die Hauptansicht der Orchestral Percussion SDX mit einem MIDI-Groove im Song-Track.

Ein erwähnenswerter Punkt ist bei alledem, dass sich die Orchestral Percussion SDX ihre klangliche Größe nur ungern ausreden lässt, denn auch im Bereich der Close-Mics ist der Raumklang schon recht deutlich zu hören. Um beispielsweise die Congas in einer super-trockenen Form einzusetzen, müsste man ein wenig tricksen und die Release-Phasen der Samples kürzen, wozu es im Superior Drummer auch einen entsprechenden Parameter gibt. Dies funktioniert zwar, es gibt aber natürlich Libraries, die sich besser für solche Zwecke eignen.

Audio Samples
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Timpani: Hard Timpani: Medium Timpani: Soft Taikos, Bassdrum, Toms: Hard Taikos, Bassdrum, Toms: Soft Bassdrum, Toms, Becken, Gongs Congas Conguitas Conguitas (nur Close-Mics) Zusammenstellung Kleininstrumente

Grooves im Orchester-Kontext

So wie alle Libraries für den Superior Drummer kommt auch die Orchestral Percussion SDX mit einer Sammlung an MIDI-Grooves. Allgemein sind solche vorgefertigten Passagen im orchestralen Kontext nicht so ergiebig wie im weiten Feld der Rock- und Popmusik. Als Ausgangsbasis für eigene Percussion-Arrangements können sie aber durchaus sehr gut funktionieren – und zwar nicht zuletzt als Beispiele dafür, wie sich die Artikulationen eines Instruments sinnvoll einsetzen lassen. Vor allem bei Kandidaten wie den Congas mit ihren neun Spieltechniken kann das für Nicht-Schlagzeuger sehr hilfreich sein. Und auch der Punkt, dass hier schon menschliches Timing und Dynamik mit im Spiel sind, ist natürlich ein dickes Plus, das gerade im Bereich der Kleininstrumente (z. B. Shaker oder Kastagnetten) das schnelle Zaubern von einfachen Begleitfiguren vereinfacht. Grundsätzlich wurden alle Audio-Beispiele dieses Reviews mit dem enthaltenen MIDI-Content und nur geringem zusätzlichem Programming erzeugt.
 

Fotostrecke: 4 Bilder Auch die Grooves der Orchestral Percussion SDX sind in die zwei großen Teilbereiche der Library gegliedert. Dank der Filterfunktion ist es ein Leichtes, nach Material für bestimmte Instrumente zu suchen – wie hier nach Grooves für die Congas.

Die Groove-Library der Orchestral Percussion SDX bietet insgesamt knapp 100 Grooves für einzelne Instrumente oder kleine Instrumentenkombinationen. Eine Besonderheit ist, dass es zusätzlich noch etwa 60 „MIDI-fizierte“ Rudiments und Wirbel gibt – also spezielle Schlagfolgen, die zum Handwerkszeug jedes ausgebildeten Trommlers gehören. Diese steuern standardmäßig die Snare an, lassen sich über das Edit-Play-Style-Feature des Superior Drummer aber kinderleicht auch auf andere Instrumente übertragen und als Bausteine eigener Arrangements verwenden. Eine Besonderheit bei alldem ist der Smoothing-Parameter, der schnelle Schlagfolgen zu glatten Wirbeln zusammenschweißen kann. Im Gegensatz zu starren Samples, wie man sie oft in vergleichbaren Libraries findet, lassen sich die Dauer und der dynamische Verlauf von Wirbeln dadurch wunderbar frei bearbeiten. Das funktioniert wirklich hervorragend und verdient ein dickes Plus!

Audio Samples
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Snare (Ludwig Black Beauty): Rudiments mit Smoothing Snare (Ludwig Black Beauty): Rudiments ohne Smoothing Snare (WFL Field Drum): Rudiments mit Smoothing Snare (WFL Field Drum): Rudiments ohne Smoothing Paukenwirbel mit Smoothing Paukenwirbel ohne Smoothing

Viele Mixer-Kanäle und wenige Presets

Die Orchestral Percussion SDX kommt mit sechs großen Presets für beide Library-Teile (und drei weiteren für die Pauken aus Teil 1), die jeweils in eigenen Varianten für die Bereiche Stereo, Surround und Height Surround verfügbar sind. Neben der Auswahl von einzelnen Instrumenten sowie weichen oder harten Schlägeln haben diese Voreinstellungen größtenteils Auswirkungen auf die Balance von Close-Mics und Raumkanälen im Mixer.
 

In Teil 1 der Orchestral Percussion SDX finden sich insgesamt neun Presets. Die Timpani-Presets verteilen die Samples der Pauken chromatisch über die Tasten des Masterkeyboards.
In Teil 1 der Orchestral Percussion SDX finden sich insgesamt neun Presets. Die Timpani-Presets verteilen die Samples der Pauken chromatisch über die Tasten des Masterkeyboards.

Einerseits ist es beeindruckend, wie variabel der Klang der Library bereits auf dieser Ebene ist, andererseits wird die durchaus vielseitige Effekt-Suite des Superior Drummer 3 dabei nicht einmal angefasst. Bei aller Wertschätzung des natürlichen Klangs der Library wären einige weitere Presets mit grundlegender Signal-Bearbeitung (z. B. ein wenig Parallelkompression für Direktkanäle und/oder Raumkanäle) eine wirklich feine Sache gewesen!

Audio Samples
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Preset: Default Preset: Close Position Hard Preset: Conductor’s Position Hard Preset: Audience Position Hard

Im folgenden Video sind die Kanäle der Orchestral Percussion SDX separat zu hören. Was es nach wie vor gibt, ist die Möglichkeit, die Lautstärke der einzelnen Instrumente in den Raumkanälen anzupassen. Die Übersprecher in andere Close-Mics, also zum Beispiel der Klang einer Pauke im Mikrofon an der Snare, werden in diesem Fall aber nicht mit eingeschlossen – und man kann wohl ruhigen Mutes zustimmen, dass dies auch nicht nötig ist und den Speicherbedarf unnötig um ein Vielfaches aufblasen würde.

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Mehr Informationen

Fazit

Mit der Orchestral Percussion SDX bringt Toontrack dem Superior Drummer 3 bei, eine stattliche Anzahl von Percussion-Instrumenten aus dem Orchestergraben zu spielen. Die Samples liegen in herausragend hohem Detailgrad vor und bieten nicht nur genügend Velocity-Layer, um ein realistisches Klangverhalten zu erzeugen, sondern für die meisten Instrumente auch eine reiche Auswahl an verschiedenen Artikulationen. Dass man sich bei vielen der tragenden Instrumente aus Teil 1 der Library zusätzlich noch zwischen mehreren verschiedenen Schlägeln entscheiden kann, erweitert die klangliche Flexibilität beträchtlich. Ein wirkliches Alleinstellungsmerkmal ist aber die enorme Anzahl der Raumkanäle, die Surround-Mixes bis 11.1 ermöglicht und gleichzeitig für herausragende Freiheit beim Formen des Raumklangs in Stereo-Mixes sorgt. Dass Wirbel, die aus Einzelschlägen zusammengesetzt wurden, dank der Smoothing-Funktion teils hochgradig realistisch klingen und sich dabei noch vollständig frei über MIDI bearbeiten lassen, ist ebenfalls ein dickes Plus – und all das bei einer im Vergleich mit der orchestralen Konkurrenz doch ausgesprochen günstigen Library.
Als einzigen kleinen Kritikpunkt an der Orchestral Percussion SDX kann ich die recht überschaubare Anzahl an Presets finden, die zudem vollständig ohne die Verwendung der im Superior Drummer 3 enthaltenen Effekte auskommt. Im Gegenzug muss man der Library zugestehen, dass sie auch ohne weitere Effekte wirklich fantastisch klingt!

Pro
  • großer und natürlicher Klang
  • hochgradig detaillierte Samples
  • viele separate Raumkanäle für Stereo- und Surround-Mixes (bis 11.1)
  • erweiterte Auswahl an „Tools“ für viele Instrumente
  • realistische Wirbel aus Einzelschlägen dank Smoothing
Contra
  • wenige Presets
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Features
  • Library für Toontrack Superior Drummer 3.1.4
  • 65 GB große Sample-Library in zwei Teilen
  • 120 orchestrale Percussion-Instrumente in umfangreichen Sets aus Multisamples
  • sieben Raumkanäle (sechs davon Stereo) für Surround-Mixes bis 11.1
Preis
  • EUR 189,– (Straßenpreis 05/2019)
Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • großer und natürlicher Klang
  • hochgradig detaillierte Samples
  • viele separate Raumkanäle für Stereo- und Surround-Mixes (bis 11.1)
  • erweiterte Auswahl an „Tools“ für viele Instrumente
  • realistische Wirbel aus Einzelschlägen dank Smoothing
Contra
  • wenige Presets
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