Zwar blieb seiner Band Annihilator hierzulande der große Erfolg verwehrt, aber dass Mister Waters Gitarrenkünste definitiv über jeden Zweifel erhaben sind, zeigt sein Platz auf einem der vorderen Ränge unter den Top 10 Metal-Gitarristen. Auch wenn man nicht unbedingt zum inneren Fankreis gehört, lohnt sich das Reinhören in seine Werke, denn zu entdecken gibt es eine Menge. Übrigens erscheint in diesem Jahr sein dreizehntes Studioalbum. Und dass Jeff Waters offensichtlich sehr konkrete Vorstellungen von seiner Musik hat, zeigt sich einerseits im häufigen Wechsel seiner Bandkollegen, aber andererseits auch in der Wahl seines Instrumentes. Dort zeigt er sich sehr konstant und bedient sich seit Jahren gemäß alter Metal-Tradition unerschütterlich einer Flying V. Und was lag deshalb für eine Firma wie Epiphone näher, als ihm sein Lieblingsinstrument auf den Leib zu schneidern – eine Signature-Gitarre nach den Wünschen des Meisters.
Zugegeben, eine Flying V schaffte es noch nie auf die vorderen Plätze meiner Wunschliste, und aus diesem Grund habe ich mich auch nie näher mit diesem speziellen Gitarrendesign beschäftigt. Umso spannender war es für mich, den Karton zu öffnen und ihm ein extrem schnittiges schwarzes Teil zu entnehmen.
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Details
Die Epiphone Jeff Waters Flying V gibt es in zwei Farben – einmal in Schwarz mit weißen und in Rot mit schwarzen Griffbretteinlagen.
Der Korpus besteht aus Mahagoni, aber die perfekt aufgetragene mattschwarze Lackierung lässt nicht einmal erahnen, aus wie vielen Teilen er zusammengesetzt ist.
Die Innenseiten der beiden Flügel wurden durch Fräsungen „customized“ und fügen sich gut in das Erscheinungsbild ein.
Jeder, der schon einmal eine Flying V in der Hand, oder noch besser, auf dem Schoß hatte, weiß um die Problematik: Die Instrumente lassen sich im Sitzen recht unbequem bespielen. Aufgrund der Bauform rutschen sie immer vom Bein und müssen mit der Greifhand in der Waagerechten gehalten werden. Aus genau diesem Grund wurde unserer Testkandidatin ein Streifen Gummi auf dem unteren Flügel verpasst, was dem Rutschen doch erheblich entgegenwirkt.
Ganz anders sieht es jedoch am Gurt aus, der mithilfe der mitgelieferten Security-Locks am Instrument befestigt werden kann und ein ausbalanciertes Spielen ermöglicht.
Wie der Korpus besteht auch der Hals aus Mahagoni und ist wie dieser mattschwarz lackiert. Interessanterweise hat Epiphone für das Griffbrett Phenolharz verwendet und nicht wie üblich Palisander. Pechschwarz und vor allem glänzend fügt es sich perfekt in das Design der Gitarre ein. Weiße Punkte an den üblichen Stellen erleichtern die Orientierung auf den 24 perfekt eingefassten Bünden. Am zwölften Bund ist ein kleines Teufelchen eingelegt, auch das tadellos – die Einlegearbeiten sind insgesamt sehr gut ausgeführt.
Der Hals ist sauber in den Korpus eingeleimt und verspricht eine gute Tonbildung, dazu aber später mehr. Die Halsform lässt sich am besten mit “fettem“ D beschreiben und gibt dem Gitarristen ordentlich Fleisch in die Hand. Mir gefällt es jedenfalls. Die Kopfplatte wirkt wuchtig und ist ebenfalls schwarz lackiert, auf ihrer Rückseite prangt Jeff Waters Signatur.
Schauen wir uns die Hardware etwas näher an. Mit Grover-Mechaniken greift man auf bewährte Technik zurück, und auch der Sattel aus Graphit gibt keinen Anlass zur Kritik, zumal die Saiten passgenau in den Einkerbungen liegen – bei Instrumenten dieser Preisklasse nicht unbedingt die Regel! Hinter dem Sattel allerdings laufen sie wie beim Original von Gibson nicht mehr parallel zu den einzelnen Wirbeln hin – normalerweise ein Manko für die Stimmstabilität.
Sämtliche Hardware ist – wie sollte es auch anders sein – schwarz wie die Nacht. Der Rest ist schnell aufgezählt: Eine Tune-O-Matic Bridge, die man auch auf Les Pauls findet, ein Volumen-Poti und ein stabiler Dreiwegschalter für die Tonabnehmer. Und auf den ersten Blick ist das auch schon alles.
Bei genauerem Hinsehen allerdings erschließen sich weitere Details wie die Push/Pull-Funktion des Volumenreglers, der die Tonabnehmer splittet, und an der Stelle, an der sonst ein Ton-Poti zu Hause ist, findet sich ein Taster. Dieser trägt den Namen Kill-Switch und dient dazu, beim Herunterdrücken das Signal komplett abzuschalten. Diesen Effekt kennt man auch von Les Pauls, bei denen man ein Tonabnehmer herunterregelt und dann mithilfe des Dreiwegschalters Stotter-Effekte realisieren kann.
Die Pickups sind speziell für Jeff Waters gewickelt und hören auf den Namen JWT Ceramic-8 am Steg und JWR Alnico II am Hals.
Insgesamt ist die Verarbeitung der Gitarre sehr gut und kann durchaus mit einer ganzen Reihe an Instrumenten mithalten, die nicht selten ein Vielfaches kosten.
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Praxis
Wie bereits erwähnt, gestaltet sich die Bespielbarkeit des wirklich sehr gut eingestellten Instrumentes im Sitzen nicht einfach. Hier wird es schnell nervig und das Spiel wird dadurch behindert, dass die linke Hand nicht nur mit dem Griffbrett beschäftigt ist, sondern auch konstant das Instrument ausbalancieren muss. Im Stehen ändert sich das jedoch schlagartig und dann zeigt die Gitarre, was sie wirklich draufhat. Schon trocken angespielt besticht sie durch ihren voluminösen und ausgewogenen Grundsound – die Gitarre ist wirklich laut!
So, die Röhren sind vorgeglüht, das Mikro steht vor der Box und es kann losgehen.
Als Verstärker kommt ein Marshall TSL 100 mit einer Randall 2×12“ Box mit Vintage 30 Pappen zum Einsatz. Abgenommen wird ganz klassisch mit einem Shure SM57. Natürlich habe ich keine weitere Bearbeitung mit Hilfe von EQs, Kompressoren oder Hall vorgenommen.
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Steg – CleanMid – CleanNeck – Clean
Ich spiele jeweils dasselbe Beispiel, um die Unterschiede klar herauszuheben und beginne mit dem Hals-Tonabnehmer.
Der klingt sehr angenehm glockig und warm – kein Wunder bei der Holzzusammenstellung. Oft tendieren Mahagoni-Gitarren in Verbindung mit Humbuckern an der Neck-Position zur Basslastigkeit, was hier glücklicherweise nicht der Fall ist.
In der Mittelposition werden die tiefen Frequenzen weniger, das Mittenbild höhlt sich aus und die Höhen nehmen zu. Heraus kommt ein Sound, der sich wunderbar für Pickings eignet.
Der Steg-Pickup klingt wiederum typisch für diese Position. Sehr mittig geht er zu Werke und komprimiert den Ton etwas. Trotzdem verfügt er über ein sehr angenehmes Höhenbild, womit auch er sich für Pickings jeder Art eignet.
Insgesamt lässt sich feststellen, dass die Tonabnehmer keine Schreihälse sind und sich dadurch auch clean hervorragend einsetzen lassen. Sehr gut!
Für die nächsten Klangbeispiele – ebenfalls wieder eine identische Linie – habe ich mithilfe des Volumenreglers die Push-/Pull-Funktion aktiviert, welche die Tonabnehmer splittet, sodass nur noch eine Spule aktiv ist.
Durch den kultivierten Output der Pickups ist auch diese Variante vielseitig einsetzbar und gibt der Gitarre eine große Bandbreite an Sounds.
Insgesamt wird der Klang dünner und in jeder Position kommt eine große Portion Höhen hinzu.
Gleichzeit höhlt sich auch hier der Mittenbereich ein ganzes Stück aus und geht dadurch einen großen Schritt in Richtung Strat, allerdings bauartbedingt mit mehr Tiefbass und Wärme.
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Neck Split- FunkMid Split- Funk
Erstaunlich, wie flexibel die Gitarre ist und ich muss zugeben, das hätte ich so nicht erwartet!
Gerade die Mittelposition geht sehr stark in Richtung Strat-Zwischenstellung, die Attacks werden sehr gut herausgearbeitet und verfügen über ein gutes Durchsetzungsvermögen.
Genug der klaren Töne, jetzt wird gerockt!
Dafür schalte ich in den Crunch-Mode des Marshalls und drehe den Gainregler in die Mittelposition. Natürlich sind alle EQ-Einstellungen, genau wie bei den Clean-Beispielen, in der Zwölf-Uhr-Position.
Beginnen möchte ich mit der Steg-Position.
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Steg Humbucker – Riff
Jeff Waters Wahl der Pickups zeigen seine immense Erfahrung, die er im verzerrten Bereich hat!
Durch die vergleichsweise geringe Ausgangsleistung ist mit der Epiphone ein absolut fantastisches Rockbrett möglich. Die Achtel setzen sich klar durch und Akkorde werden fein gezeichnet, ohne allzu filigran zu klingen.
Es ist ohne Zweifel eine Rock- bzw. Metal-Gitarre, die sich in den klassischen Musikstilen des Heavy Metal am wohlsten fühlt. Die Töne setzen sich sehr gut durch und sind gerade im sensiblen Mittenbereich, in dem sich verzerrte Gitarren bewegen, absolut potent.
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Neck Humbucker – Riff
Ich aktiviere den Hals-PU und auch hier werden keine tiefen Frequenzen verwaschen. Und die Einzeltöne, die ich gegen Ende spiele, lassen keinen Zweifel daran, dass die Epiphone Jeff Waters jederzeit und immer bereit ist, ein Solo abzufeuern, egal in welcher Einstellung.
Jetzt geht es um den Unterschied im Crunch-Mode zwischen dem vollen Humbucker- und dessen Split-Sounds.
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Steg Humbucker – CrunchSteg Splitt – Crunch
Den Humbucker-Sound kennen wir ja aus dem Beispiel zuvor, interessant ist jedoch, wie er sich im Split-Mode schlägt.
Insgesamt wird er etwas dünner, gewinnt an Höhen, bietet aber eine durchaus brauchbare Erweiterung. Für alle diejenigen, denen der Humbucker zu klassisch klingt, dürfte diese Einstellung eine willkommene Alternative sein.
Abschließend möchte ich mich noch dem Kill-Switch widmen.
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Kill Switch !
Dieser spezielle Effekt ist eher etwas für die Freunde etwas abgedrehterer Spielweisen und ganz klar ein Feature, das Jeff Waters für sich und seinen Stil beansprucht.
Beim Betätigen sollte man jedoch etwas beherzter zuwerke gehen, da sonst ein Knacken entsteht.
Nettes Gimmick!
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Fazit
Die Epiphone Jeff Waters ist eine professionelle Gitarre für wirklich wenig Geld, bei der aufgrund ihrer Features und ihrer Verarbeitung auch ein deutlich höherer Preis niemanden wirklich überraschen würde. Die Einstellung ist ab Werk perfekt, Bespielbarkeit wie auch Sound machen sie zu einer äußerst interessanten Alternative zur Variante der Mutterfirma. Und bei wem der Anblick einer Flying V schon immer erhöhten Puls und feuchte Hände verursachte, dem möchte ich dieses Instrument wärmstens ans Herz legen. Mehr Jeff Waters für weniger Geld geht nicht!
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