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Electric & Company EC5B Test

Electric & Company“ ist schon irgendwie eine schräge Firmenbezeichnung. Zudem ist das nicht gerade Suchmaschinen-freundlich. Was soll’s: E&C aus Austin, Texas haben sich schon lange ihren formidablen Ruf in einer kleinen Gemeinde erarbeitet. Vor allem durch Service und Restauration von Ampex-Preamps wie jenen der 351-Maschinen (siehe auch Warm Audio WA-MPX) und den Bau eigener auf diesem Design aufbauender Preamps hat dem Firmengründer Mattie Smith eine unvergleichliche Expertse gebracht. Der erste Blick auf den Electric & Company EC5B zeigt jedoch: Das ist kein Mikrofon-Preamp, das ist ein Kompressor/Limiter. Und was für einer!

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Sechs Röhren Mono Limiter

Quick Facts zum Electric & Company EC5B

  • vollsymmetrischer Comp, basierend auf Universal Audio 175b
  • sechs Röhren
  • Ratio 12:1

Wer ist eigentlich dieser 1176?

Alle Welt schreit nach 1176 und LA-2A. Universal Audio freut das natürlich. Dass die Originale und die Geräte der Copycat- und der DIY-Szene überall die Studioracks füllen, kann Universal Audio nur recht sein. Allerdings gibt es ja noch andere Dynamikprozessoren, die mit dem Namen Universal Audio verbunden sind. 176 und 175b zum Beispiel, die gerne als (Röhren-)Urahnen des 1176 ezeichnet werden. Dass sich ein Hersteller dieses Konzepts annimmt ist nicht neu, einer der bekanntesten Vertreter ist wahrscheinlich der Retro 176. Electric & Company haben aber keinen möglichst originalgetreuen Nachbau angefertigt, sondern dort, wo es sinnvoll erscheint, Erweiterungen eingebaut. 

Oh mein Gott, ist das ein schönes Gerät!

“Bitte sabbern sie jetzt.” – Der EC5B ist wirklich eine Schönheit. Das Aussehen steht zwar wirklich nicht an erster Stelle, aber der Electric & Company ist eine ausgewiesene Grazie – was ihn deutlich von den bisherigen E&C-Geräten unterscheidet, die eher „normal“ rüberkommen. Schwarze Frontplatte, ein großes, beleuchtetes und umschaltbares (IP/OP/GR) VU-Meter, zwei große Attenuator (IP/OP), dazu kleinere Schalter für Attack(samt Bypass, wie beim 1176), Release und Sidechain-Filter (100 Hz, 200 Hz, Off) mit Bakelitkappen. Zwei Knebelschalter gibt es: Power und „Mode“. Letzterer erlaubt das Balancing der Röhren von der Front aus mit Hilfe eines internen 60Hz-Tons (der wahrscheinlich aus der Netzztspannung generiert wird, bei der für den 50Hz-Markt bestellbaren EC5B-Version also sehr wahrscheinlich auch 50 Hz beträgt). Es sind drei Regelpunkte auf der Frontplatte zu finden, Plate Balance und Cathode Balance sowie GR Zero für das Meter. Ein Werkzeug und eine verständliche Anleitung befinden sich im Lieferumfang des EC5B. 

VU-Meter
Fotostrecke: 8 Bilder Das große VU-Meter ist hintergrundbeleuchtet.

Nicht schlecht für eine Mono-Kiste: Sechs Röhren

Die komplette Einheit ist symmetrisch aufgebaut, daher finden sich vor allem (sehr gut gematchte) Doppeltrioden. Wenn es um die reine Anzahl Röhren geht, „gewinnt“ immer ein Fairchild, der in seiner Stereoversion mit 22 Röhren daherkommt. Beim Electric & Company sind es immerhin sechs Stück. Die dickste unter ihnen könnte Gitarristen bekannt vorkommen, es ist der GZ34-Gleichrichter. Diese auch 5AR4 abgekürzte Rectifier-Röhre findet sich auch in vielen Röhren-Gitarrenverstärkern. In der Ausgangsstufe verrichtet eine 12BH7-Doppeltriode ihren Dienst. Neben 12AX7 kommen auch Röhren zum Einsatz, die heute nicht mehr hergestellt werden. Die 0B2 (Spannungsregler), 6AL5 (Gleichrichter im Sidechain) und vor allem die 4BC8 (Gain Reduction) sind nur noch als NOS erhältlich – immerhin in großen Stückzahlen und zu halbwegs moderaten Preisen. E&C verbauen alternativ zur 4BC8 auch eine 6BC8. Der einzige Unterschied ist die Heizspannung. Ob eine Röhre mit 4 oder 6 Volt verbaut ist (und als Ersatz dann auch mit dieser Spannung notwendig wäre), ist auf dem Gerät hinten vermerkt. Die Sockel sind identisch, alle (Klang-)Eigenschaften auch. Input-, Interstage- und Output-Transformer sind neben den Röhren maßgeblich am Charakter des Geräts beteiligt. 

Rückansicht
Fotostrecke: 3 Bilder Bei der Vielzahl Röhren und Übertrager kaum zu glauben, dass das ein Mono-Gerät ist.

Der E&C EC5B ist nicht so schnell wie ein 1176

Eingangs- wie ausgangsseitig zeigt der EC5B 600 Ohm Impedanz, das maximale Gain, erreichbar durch komplett aufgedrehte Input- und Output-Attenuatoren, beträgt 28 dB. Der maximale Output ist mit +15 dBm nicht riesig. Ganz so schnell wie ein 1176 (20 Mikrosekunden) oder gar ein Spectra V610 (100 Nanosekunden) ist die minimale Attackzeit des EC5B nicht, mit 100 Mikrosekunden aber dennoch reichlich flott. Das Maximum liegt bei 2000 Mikrosekunden. Release ist von 27 Millisekunden bis zu einer halben Sekunde regelbar. Die Ratio beträgt fest 12:1, womit man sich deutlicher im Limiting denn in der Kompression befindet. Den Frequenzgang gibt man bei Electric & Company mit 20 Hz bis 20 kHz an, bei einer Abweichung von weniger als +/- 1 dB typisch sei aber ein halbes dB. 

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2HE? Nur in der Theorie.

Der Electric & Company ist qualitativ von allererster Güte. Die beiden großen Kappen für Input und Output sind wundervoll anzufassen, auch Attack und Release liegen perfekt und lassen sich gut und sicher drehen. Dass Bypass immer die Attack-Settings „löscht“, kennt man vom 1176 – ich bin eher ein Freund von separaten Bypass-Schaltern oder hätte mich über ein Pull-Poti gefreut. Im Rack sollte man unbedingt darauf achten, dass die Abwärme des Geräts entweichen kann und dass es Zuluft für ausreichende Ventilation gibt. Es glüht ordentlich auf der Rückseite, bei über das Gehäuse ragendem Gerät oberhalb des EC5B sind Lüftungsgitter Pflicht, ich habe dem Gerät insgesamt drei HE im Rack gegönnt, mit je einer halben HE Lochblende über und unter dem Röhrenmonster. 

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Röhren-Limiter
Das Lochblech auf der Oberseite ist trotz auf der Rückseite frei liegender Röhren absolut ernst gemeint.

Warten auf den Electric & Company EC5B: Geduld lohnt sich

Ungefähr 20, 30 Minuten Aufwärmzeit sollte man dem Gerät einräumen, wenn man seine vollen klanglichen Vorzüge genießen will. Vor allem in den ersten Minuten ist der Texaner etwas fahl und eindimensional. Warten ann in diesem Falle ganz schön die Ungeduld fördern, denn das Gerät ist eine absolute Wucht. Es zeigt sich, dass Electric & Company nicht nur ein gutes Design auf die Beine gestellt haben, sondern auch die Bauteile sorgsam ausgewählt haben, denn der EC5B wirkt ahnsinnig gut abgestimmt und klingt auch in allen Extremsettings einfach nur hervorragend. Auch, wenn die Dynamik eines Signals unangetastet bleiben soll, ist es eine hervorragende Idee den Limiter im Bypass zu durchlaufen und als THD-Veredler zu nutzen. 

Der EC5B ist kein One-Trick-Pony – und wenn doch, dann viele

Darf der Sidechain aber von der Leine und dem Signal Dynamikänderungen aufdrücken, wird es so richtig spannend. Von sehr vorsichtigem Eingrenzen zur gemächlichen Verdickung über das gezielte, schnelle Absäbeln von Peaks bis hin zu wirklich klangformenden, heftigen Regelvorgängen macht das Gerät alles so, als sei es ganz genau dafür gebaut. Kein One-Trick-Pony, nicht einfach ein Allrounder, sondern eine ganze Herde One-Trick-Ponys in einem Gehäuse. 

Electric & Company als Vocal Compressor

Vocals gewinnen durch das bei Bedarf starke Anreichern mit Harmonischen. Eher zu kalte Kondensatormikrofon-Signale, besonders von eher analytischen Transistormodellen, können gezähmt werden und klingen „teurer“, sanfte und weiche Bändchenmikrofonstimmen können bei nicht zu geringen Attackzeiten Biss und, durch das reichere Spektrum harmonischer Verzerrungen mehr Durchsetzungskraft bekommen. 

Audio Samples
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Vocals, EC5B, fast Vocals, EC5B, med., hot, SC-Filter 200 Hz Vocals, Heritage Herchild, TC1 Vocals, Chandler RS660,TC1

Röhrendimension

Akustikgitarren sind so wundervoll griffig geworden, dass es eine untragbare Enttäuschung war, den EC5B wieder aus dem Signalweg zu entfernen. Wie bei Bässen, Rhodes und vielen anderen Signalen zeigt der Electric mit Bravour, was viele Engineers an diesem Gerät finden: „Dreidimensionalität“. Bei passenden Settings wird der Klang überlebensgroß, plastisch und konturiert, als würde man eine riesige Lupe in die Mischung halten. 

Der E&C ist bei den meisten Settings dennoch tendenziell auf der etwas weicheren Seite unterwegs, wenn man auf die Transienten achtet. Nichtsdestotrotz konnte ich Drums ordentlich knallen lassen, wenn die Attack hoch und die Release recht kurz war und das SC-Filter den Detektorweg unter 200 Hz beschnitten hat. Bei zu hohem Maß an Verzerrungen entsteht dann aber natürlich dennoch ein vielleicht für manche Mischungen zu breites Signal. Das wäre dann eher ein Bedien- oder Mixing-Fehler, dennoch konnte bei ähnlichen Settings mein Fairchild-Derivat Amtec 099 (nicht mehr erhältlich) knackiger zu Werke gehen – das ist aber auch eine seiner ausgewiesenen Spezialitäten. 

Audio Samples
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Drums, bypass Drums, EC5B Drums, Amtec 099
linke Seite
Wer sich einen EC5B ins Rack schraubt, wird ihn sehr sicher dauernd verwenden wollen.
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Test des Electric & Company EC5B: Fazit

Mir ist bewusst, dass man sich bei Lobpreisungen eines Geräts absolut sicher sein muss. Das bin ich. Der Electric & Company EC5B ist eine absolute Granate, die mich begeistert wie kaum ein anderes Gerät. Der Limiter trieft nur so vor Mojo, kann aber auch brav. Er ist durch seine Zeiten und die Sidechainfilter so flexibel, dass man eigentlich acht Stück haben will. Und, auch wenn das natürlich nebensächlich ist: Die Kiste sieht umwerfend aus. Es gibt nichts, was mich davon abhält, allen entgegen zu brüllen „Get one while you can!“. Oh, doch: NOS-Röhren können abschreckend wirken und natürlich der Anschaffungspreis (der für das, was es ist, aber vollkommen in Ordnung geht). 

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Sechs Röhren Mono Limiter
  • einkanaliger Limiter
  • Derivat des Universal Audio 175b
  • sechs Röhren
  • Ratio: 12:1
  • Attack: 100 – 2000 µs
  • Release: 27 – 527 ms
  • Sidechain-Filter: HPF bei 100 oder 200 Hz
  • hergestellt in: USA
  • Webseite: electricandcompany.com
  • Preis: € 3629,– (Straßenpreis am 28.5.2023)

Unser Fazit:
5 / 5
Pro
  • sinnvoll erweiterter 175b-Vari-Mu
  • hervorragende Klangqualität
  • kann enorm färben, ohne zu matschen
  • hervorragende Herstellungsqualität, Bedienlogik und Haptik
Contra
  • -
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Electric & Company EC5B Test
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Universal Audio 175b / 176 Clone

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