TSC Tracktion 5 Test

Pünktlich zur NAMM 2014 präsentierte TSC Tracktion 5 und damit bereits die zweite Version seit der Abkapselung von Mackie aka Loud Technologies. Nur wenige Monate ist es her, da hatten wir Tracktion 4 auf dem bonedo-Prüfstand. Was sich seitdem getan hat und ob sich das Update bzw. der Neukauf lohnen, finden wir wie gewohnt für euch heraus!

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Der etwas tristen Oberfläche von Tracktion 4 ging es für Version 5 gehörig an den Kragen.

Details

Mit Tracktion 5 liefern die Entwickler von TSC eine umfangreiche Audio-Software, die alle Funktionen aufweist, die man von einer ausgewachsenen DAW erwartet. Es werden dabei die beiden bekanntesten Betriebssysteme, Microsoft Windows und Apple Mac OS X, bedient sowie 32 Bit und 64 Bit Versionen zur Verfügung gestellt.

Fotostrecke: 3 Bilder In Sachen Projektverwaltung besticht Tracktion 5 wie sein Vorgänger durch ein separates Fenster mit angepassten Optionen.

Die Linux-Gemeinde wird hingegen nicht mehr explizit gefeatured, allerdings gibt es noch eine kostenfreie 64 Bit Betaversion von Tracktion 4 zum Download auf der offiziellen TSC-Webseite. Einzige Voraussetzung hierfür ist übrigens die Verwendung der Distribution Ubuntu 12 und eine Registrierung. 
Plugin-seitig werden die Schnittstellen VST (unter Windows) sowie VST und AU (unter Mac OS X) unterstützt. Mit EQ, Kompressor, Delay, Chorus, Phaser, Pitch Shifter und Reverb liefert Tracktion sogar einige wichtige Effekte als interne Plugins gleich mit. 
Natürlich gehen mit dem Update auch einige Neuerungen einher. Allem voran sei da das unübersehbare Re-Design der gesamten Oberfläche erwähnt, welches nun deutlich frischer und zeitgemäßer wirkt als der etwas triste Vorgänger. Dabei betreffen die Änderungen vorrangig die Gestaltung der einzelnen Elemente und nicht das grundsätzliche Layout, welches samt One-Window Philosophie beibehalten wurde.

Fotostrecke: 2 Bilder MIDI Clips können in Tracktion 5 nun direkt in der jeweiligen Spur bearbeitet werden.

Größere Neuerungen bietet Tracktion 5 vor allem im Umgang mit MIDI. So stehen nun weitaus mehr Editiermöglichkeiten zur Verfügung, als dies in den Vorgängerversionen der Fall gewesen ist. Weiterhin können MIDI-Clips nun „Inline“, das heißt direkt in der jeweiligen Spur bearbeitet werden. Tracktion verzichtet demnach auf ein separates Edit-Fenster, was in diesem Zusammenhang auch durchaus Sinn macht und zur besseren Übersichtlichkeit beiträgt.
Mit dem neuen integrierten Browserfenster lassen sich in Tracktion 5 nun wichtige Inhalte wie bspw. Loops, Presets oder Marker kategorisieren bzw. filtern. Dieses Feature ist in der Welt der DAW-Softwares zwar keinesfalls neu, wird jedoch auch hier gern gesehen, da so das mühselige Zusammensuchen von, zum aktuellen Projekt passenden,  Inhalten stark vereinfacht wird. 
Generell erweckt das Update den Anschein, als wären die Steigerung des intuitiven Umgangs mit der Software sowie die Vereinfachung des globalen Workflows die Hauptziele der Entwickler gewesen. Dies äußert sich z.B. in der Integration von “Project Tabs”, mit welchen sich gleich mehrere Projekte innerhalb der Software öffnen und verwalten lassen. Ähnlich wie bei einem Webbrowser verbergen sich diese dann hinter einzelnen Tabs, zwischen denen dann so unkompliziert navigiert werden kann.

Die Kategorisierung von Presets oder Loops erleichtert das kreative Arbeiten deutlich. Sogar an eine Suchfunktion wurde gedacht.
Die Kategorisierung von Presets oder Loops erleichtert das kreative Arbeiten deutlich. Sogar an eine Suchfunktion wurde gedacht.

Ein weiteres nützliches Feature bildet die Verwendung sogenannter “Edit Clips”. Mit Hilfe dieser Funktion können mehrspurige Sessions durch ein globales Offline-Rendering in eine Stereospur „geparkt“ werden, um diese z.B. in einer neuen Session weiter verarbeiten zu können. Dies empfiehlt sich vor allem bei leistungsschwachen Systemen, weil so wichtige Ressourcen eingespart werden können. Das Besondere dabei ist aber, dass die auf diese Art neu erzeugte Spur immer noch mit der ursprünglichen Multitrack-Session verknüpft ist, sodass sich auch im Nachhinein noch Änderungen vornehmen lassen, falls dies erforderlich sein sollte. Top! 
Ebenfalls neu sind die “Freeze-Points”, mit denen manuell Markerpunkte in den Signalfluss eingefügt werden können, um zu bestimmen, bis zu welcher Stelle die jeweilige Spur eingefroren werden soll. Im Normalfall kann die Freeze-Funktion einer DAW nur dazu verwendet werden, die gesamten Spur inklusive aller Effekte zu rendern. Nun können aber weitere Arbeitsschritte dank der Freeze-Point Markierung davon ausgeschlossen werden! In der Praxis bedeutet dies konkret, dass z.B. eine MIDI-Spur inkl. des verwendeten Software-Instrumentes zu jedem Zeitpunkt eingefroren werden kann, während die darauf folgenden Bearbeitungsschritte wie EQ oder Reverb nach wie vor verfügbar und editierbar bleiben. Das ist ebenfalls sehr elegant gelöst.

Mit Hilfe des CPU-Managers können leistungshungrige Plugins blitzschnell identifiziert und eingefroren werden.
Mit Hilfe des CPU-Managers können leistungshungrige Plugins blitzschnell identifiziert und eingefroren werden.

Abgerundet werden die neuen Performance-Features von Tracktion 5 durch das Realtime-CPU-Management. Mit Hilfe dieser Funktion lassen sich, ähnlich wie beim Windows-Taskmanager, einzelne Prozesse der Software – mitsamt des jeweiligen Ressourcenverbrauchs – einsehen. Sofern die leistungsabhängigsten Plugins dann erst einmal identifiziert wurden, können diese mit einem einzigen Mausklick eingefroren werden – und die so belegten Kapazitäten wieder anderen Anwendungen freigemacht werden.

Praxis

Nach einer problemlosen Installation erfordert Tracktion 5 eine Registrierung durch das Anlegen eines User-Accounts auf der offiziellen Tracktion-Homepage. Neben der Möglichkeit zur Verwaltung der erworbenen Lizenzen können hier auch Updates bzw. ältere Versionen heruntergeladen werden.
Öffnet man die DAW dann zum ersten Mal, darf man sich über ein weitestgehend übersichtliches User-Interface freuen, welches aufgrund seiner aufgeräumten Oberfläche sogar auf kleineren Laptop-Displays eine gute Figur macht. Zwar gewinnt Tracktion auch nach dem Update auf Version 5 keinen Preis für das schönste Software-Design – im Vergleich zum Vorgänger ist jedoch ein deutlicher Aufwärtstrend erkennbar! Auffällig sind dabei vor allem die verbesserte Hervorhebung der Schaltflächen durch den Einsatz farbiger Hintergründe sowie die neu gestaltete Filter-Rack Oberfläche, was nun als separates Fenster angezeigt wird.

Fotostrecke: 3 Bilder Farbenfroh und fein strukturiert sind nun auch die Detailmenus von Tracktion 5…

Die Software selbst versteckt viele der Funktionen hinter Submenüs, welche zumeist durch einen Klick auf die rechte Maustaste oder über das Kontextmenü aufgerufen werden können. Dieses befindet sich im Fall von Tracktion nicht wie gewohnt am oberen Displayrand, sondern unten links unterhalb des Datei-Browsers. Das klingt vielleicht im ersten Augenblick alles ein wenig ungewohnt, macht aufgrund der „One-Window“-Oberfläche aber durchaus eine Menge Sinn. 
In Sachen Bedienbarkeit setzt man bei TSC weiterhin vor allem auf Drag & Drop, was aufgrund der kurzen Distanzen zwischen den einzelnen Oberflächenfenstern auch vollkommen in Ordnung ist. Einziger Kritikpunkt an dieser Stelle ist die zum Teil äußerst störende Einblendung umfangreicher Hilfetexte, welche trotz nützlicher Inhalte oft den gesamten Bildschirm in Beschlag nehmen und so die Arbeit behindern. Diese hätte man vielleicht lieber in ein separates Fenster auslagern sollen. Zum Glück können die Pop-Up-Einblendungen über das Kontextmenü im Punkt „Help“ aber auch ausgeblendet werden.

Vielen Dank an TSC für die ausführliche Beschreibung der Funktionen. Eine etwas platzsparendere Lösung wäre jedoch durchaus auch Nerven-schonender gewesen.
Vielen Dank an TSC für die ausführliche Beschreibung der Funktionen. Eine etwas platzsparendere Lösung wäre jedoch durchaus auch Nerven-schonender gewesen.

In Sachen mitgelieferten Plugins hat sich die Version 5 leider noch nicht wirklich verändert. Zusätzliche Instrumente sucht man bis auf den recht rudimentären Sampler vergebens. Angesichts der mittlerweile hohen Anzahl an kostengünstigen oder gar kostenfreien Varianten (bspw. NI Komplete Players) lässt sich dieser Umstand verkraften, jedoch bleibt ein leicht bitterer Nachgeschmack. Hier darf gerne nachgebessert werden!

Fotostrecke: 3 Bilder Auch Tracktion 5 bietet in Sachen Plugins leider nur das Allernötigste.
Audio Samples
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Acoustic – Dry Acoustic – EQ, Comp, Reverb Bass – Dry Bass – Chorus Drums – Dry Drums – Reverb Vocals – Dry Vocals – Triplet Delay

Ähnlich sieht es mit einer mitgelieferten Sample-Library aus, welche schlichtweg nicht vorhanden ist. An dieser Stelle sei jedoch erwähnt, dass TSC während der Registrierung die Möglichkeit zum kostenfreien Download einer Elastik 2 Demo Soundbank von Ueberschall ermöglicht, welche stellvertretend bereitgestellt wird, aber andererseits auch nicht weiter der Rede wert ist.
Ein großes Manko von Tracktion besteht meiner Meinung nach weiterhin in dem Verzicht auf eine separate Mixer-Oberfläche. Zwar ist es sicherlich kein Problem, einfache Volume- oder Panoramaanpassungen auch direkt im Kanalzug vorzunehmen, jedoch fällt es zumindest mir so sehr schwer, den Überblick zu behalten. Gerade bei komplexeren Sessions mit verschiedenen Aux-Wegen, Sub-Gruppen, etc. kann das schnell zum Problem werden, wenn die Zeit im Nacken sitzt. Positiv hingegen wirkt sich die Integration der Features “Clip Edits” und “Freeze Points” auf den Workflow aus, da diese den Umgang mit großen Sessions auch auf weniger potent ausgestatteten Systemen ermöglichen. Vor allem Anwender mobiler Workstations können so die Ressourcen ihrer Systeme optimal ausnutzen.
Ein eigentlich nett gemeintes Feature von Tracktion ist die Prüffunktion aller auf dem System installierten Plugins, welche vor der Integration auf Kompatibilität mit der Software getestet werden. Prinzipiell ist dagegen natürlich nichts einzuwenden, nur leider führt dieser Scan-Vorgang sehr schnell zu einem Einfrieren des gesamten Systems, sobald man stolzer Besitzer von mehr als einer Handvoll Plugins ist. Wer diesen Umstand umgehen möchte, sollte zunächst alle Plugins aus dem systemimmanenten VST- bzw. AU-Ordner entfernen  – dabei aber nicht löschen, sondern nur in einen anderen Ordner verschieben. Nun schiebt man die einzelnen Dateien in 10er Blöcken wieder zurück in den Ordner und lässt Tracktion den Ordner so „teilweise“ scannen. So verfährt man nun, bis alle Plugins wieder im Ordner liegen, lässt Plugins, die immer wieder zum Absturz führen, aber außen vor. Das klingt umständlich, gehört aber zum DAW-Handwerkszeug – ideal auch, wenn sich eine Session nicht mehr öffnen lässt, weil ein Plugin streikt, man aber nicht weiß, wer den Stress verursacht. Dies ist also kein alleiniges Problem von Tracktion.
Ein wenig Schade ist es übrigens auch, das Tracktion immer noch keine vernünftige deutsche Sprachversion bereitstellt. Zwar können deutsche Sprachpakete in den Einstellungen nachgeladen werden, diese basieren allerdings auf Übersetzungen durch Google Translate, welche vor allem bei längeren Textpassagen eher zum Schmunzeln anregen. Hier darf besonders im Hinblick auf die zum Teil ausführlichen Hilfetexte gerne nachgebessert werden.

Fazit

Es ist schon recht sportlich, dass TSC nach nur zwei Jahren einen Tracktion-Nachfolger präsentiert, der so viele Neuerungen integriert, dass dabei ein kompletter Versionssprung herauskommt. Aufgrund der Integration zahlreicher Performance-Features konnte die DAW unter der Haube gehörig optimiert werden, während das Äußere ein eindeutig zeitgemäßeres Auftreten vorzuweisen hat. Auch wenn sich viele der neuen Funktionen im Gesamtkontext als nützlich erweisen, fehlt es der DAW im Vergleich zur namhaften Konkurrenz a la Cubase, Logic oder Pro Tools weiterhin an eindeutigen Argumenten, welche die Mehrheit der Anwender zum Umstieg bewegen könnten – vom äußerst günstigen Preis einmal abgesehen. Dennoch bleibt Tracktion auch in Version 5 eine mehr als würdige Anwendung für Einsteiger oder ambitionierte Hobby-Produzenten, dessen Funktionsumfang für schlappe 60 Dollar für den Neukauf bzw. 29 Dollar für das Update mehr als angemessen ausfällt!

Pro:
  • verbesserte Performance
  • Freeeze-Features
  • verbesserte Optik
  • Drag and Drop
Contra:
  • Plugins recht rudimentär
  • keine Mixer-Übersicht
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Der etwas tristen Oberfläche von Tracktion 4 ging es für Version 5 gehörig an den Kragen.
FEATURES:
  • DAW-Software für Mac OSX, Windows PC und Linux (Beta)
  • VST und AU Schnittstelle
  • 32 Bit und 64 Bit Support
  • WMA, WASAPI, ASIO
  • inklusive Compressor, 4-Band-EQ, Reverb, Delay, Chorus, Phaser, Pitch Shifter, LP/HP Filter
Preis:
  • 60 US-Dollar (UVP)
  • 29 US-Dollar (Update)
Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • verbesserte Performance
  • Freeeze-Features
  • verbesserte Optik
  • Drag and Drop
Contra
  • Plugins recht rudimentär
  • keine Mixer-Übersicht
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Der etwas tristen Oberfläche von Tracktion 4 ging es für Version 5 gehörig an den Kragen.

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zettberlin sagt:

#1 - 06.09.2014 um 01:24 Uhr

0

Tracktion 5 ist genauso wie T4 durchaus für Linux zu haben. Und es funktioniert auch sehr gut unter Linux...

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