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Tonelux TX5C Test

Die API-Kassette TX5C von Tonelux im bonedo-Test – Bei Tonelux gibt ein Industrie-Veteran den Ton an, der bereits an anderer Stelle sehr erfolgreich war. Paul Wolff ist unter Class-A-Aficionados kein Unbekannter. Wir können es daher kaum erwarten, den TX5C-Kompressor unter die Lupe zu nehmen.

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Paul Wolff erwarb den amerikanischen Class-A-Traditionshersteller API in der Mitte der 80er-Jahre. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich API längst als einer der erfolgreichsten Player am Markt etabliert und eine fast vierstellige Zahl großformatiger Konsolen hergestellt. Wolff sollte diese Geschichte um einen weiteren Meilenstein erweitern: Als Besitzer und leitender Ingenieur zeichnet er verantwortlich für einen der beliebtesten VCA-Kompresoren aller Zeiten, den 2500 Bus Compressor. Dieses Feature-Monster glänzt mit hervorragenden Eiegnschaften und wird weltweit vor allem für die Bearbeitung von Subgruppen- und Summensignalen geschätzt.
Es erscheint also wenig verwunderlich, dass Paul Wolffs neue Firma Tonelux, die er vor einigen Jahren etablierte, im Prinzip genau dort weitermacht, wo er bei API aufgehört hat. Auch Tonelux zeichnet sich durch Class-A-Transistortechnik und übertragersymmetrierte Schaltungen aus, schreibt also die Schaltungstopologien fort, die seit den späten 60er- und frühen 70er-Jahren den Sound ganzer Genres definiert haben. Seine Schaltungen bietet Tonelux heute in einer Bandbreite von Darreichungsformen an. Neben einem eigenen Modulformat und 19“-Einheiten können auch großformatige Konsolen konfiguriert werden, und es war wohl nur eine Frage der Zeit, bis Wolff auch auf den Modulstandard seiner Ex-Firma einschwenken würde – am 500-Standard kommt heute einfach niemand mehr vorbei…

Details

Weiterentwicklung

Zu den Modulen, die Tonelux aktuell anbietet, zählt auch der TX5C, ein VCA-Kompressor, der einerseits seine Herkunft nicht verhehlen kann und will, der andererseits aber auch unverkennbar neue, eigenständige Wege beschreitet. An vielen Stellen wird die Verwandschaft zu APIs 2500 deutlich, aber der TX5C bietet ein paar Features, die man definitiv als Weiterentwicklung bezeichnen kann und die durchaus – auch über die Grenzen des 500-Modulstandards hinaus – Maßstäbe setzen können.

Der TX5C nutzt den verfügbaren Platz voll aus und bietet eine Vielzahl an Einstellmöglichkeiten.
Tonelux TX5C: Vielseitiger VCA-Kompressor fürs 500-Format

Standard-Parameter und Spezielles

Wie auch der 2500 ist der TX5C ein Kompressor, bei dem an Funktionen und Einstellmöglichkeiten nicht gespart wurde. Das bedeutet in der Konsequenz, dass die Frontplatte des Moduls randvoll mit Bedienlementen gepackt wurde, hier ließe sich schlichtweg keine weitere Funktion mehr unterbringen. Tonelux arbeitet fast durchgehend mit konzentrischen Doppelpotis, so dass trotz des Moduls mit nur nur einer Slotbreite insgesamt neun Parameter kontinuierlich mit Potis justiert werden können. Es finden sich die fünf VCA-Standardparameter Threshold, Ratio, Attack, Release sowie Make-Up Gain ebenso wie ein paar weitere Funktionen, die diese Basis-Ausstattung abrunden und verfeinern. Ein Wet/Dry-Mixer (hier mit Mittenrastung in der 50/50-Position) kann heute schon fast als Standard-Ausstattung zählen, ebenso ein Sidechain-Filter. Dieses ist aber kein gewöhnlicher Lowcut: Vielmehr hat Tonelux hier sein eigenes Tilt-Filter integriert, mit dem man den Frequenzgang des Detektorsignals um eine Mittenfrequenz „kippen“ kann – es werden also die Frequenzbereiche ober- und unterhalb der Eckfrequenz gleichzeitig um den selben Betrag angehoben bzw. abgesenkt, und das funktioniert auch in beide Richtungen. Soll heißen: Das Filter kann nicht nur verwendet werden um die Bässe aus der Kompression herauszunehmen, sondern man kann auch das Gegenteil erzielen. Es handelt sich hier also um die „Thrust“-Schaltung des 2500, nur dass man den Frequenzgang flexibel kontrollieren kann. Mit einem weiteren Poti kann definiert werden, wie stark die Pegelreduktion mehrerer TX5C-Einheiten verkoppelt werden kann. Auch dies ist eine Reminiszenz an die – zugegeben noch flexiblere – Link-Sektion des API 2500. Das letzte Poti des TX5C schließlich ermöglicht eine Funktion, die auf den 2500 nochmals einen draufsetzt und die ich in dieser Form glaube ich noch nirgendwo sonst bei einem Hardware-Kompressor gesehen habe: Der TX5C bietet nicht nur die Wahlmöglichkeit zwischen Feedback- und Feed-Forward-Kompression, sondern man kann zwischen beiden Betriebsweisen sogar stufenlos überblenden. Damit hat man hier nicht nur die Wahl zwischen A und B, sondern man kann feinfühlig justieren, ob das Gerät eher zackig (hier „90’s“ genannt) oder eher rund (laut Tonelux à la „60’s“) regeln soll.

Fotostrecke: 4 Bilder Das Tonelux-Logo erinnert zu Recht an den Look der 70er-Jahre: Der TX5C basiert auf Schaltungstechniken, die in dieser Ära populär waren.

Negative Ratios

Die Vielseitigkeit des TX5C erschöpft sich aber nicht mit diesen spezielleren Funktionen. Auch die Standardparameter offenbaren das eine oder andere Feature, das über einen stromlinienförmigen Alltags-VCA hinausgeht. Mittels eines X5-Multiplikatorschalters kann der Attackparameter sehr weit gefasst werden, ohne dass der gesamte Parameterweg auf eine Potidrehung verteilt werden muss. Mit Werten von 30 Mikro- bis 150 Millisekunden geht beides: Transienten in 1176-Manier fast gänzlich plätten, oder diese aber in all ihrer Knalligkeit herausstellen. Auch die Releasephase bietet mit 100 ms bis 3 s eine große Bandbreite. Der Ratio-Parameter bietet einen Standardbereich von 1,5:1 bis ∞:1, darüberhinaus aber das sogenannte Overcompression-Feature, hinter dem sich sogenannte „negative Ratio-Werte“ verbergen, wie sie beispielsweise auch der Elysia Xpressor 500 bietet. Hier wird der Ausgangssignal leiser, wenn der Eingang lauter wird, im Prinzip lässt sich die Dynamik des Augangsmaterials invertieren. In Verbindung mit längeren Attackwerten kann man diese Funktion also gewissermaßen als Expander für schlappe Transienten nutzen, erst Recht, wenn man das Signal des TX5C mit dem Wet/Dry-Mixer dem Direktsignal beimischt.

Wenig Platz für das Metering

Aufgrund der üppigen Parametrisierung fiel der verfügbare Platz für optische Kontrollinstrumente eher knapp aus: Eine LED-Kette mit lediglich sechs Segmenten zeigt die Pegelreduktion an, eine weitere LED leuchtet auf, sobald das Eingangssignal die Ansprechschwelle des Kompressors überschreitet. Auch dieses Feature, klein aber fein, kennen wir vom 2500: Es hilft ungemein, um zu definieren, welche Transienten die Kompression triggern sollen. Das Modul verfügt über einen schaltbaren Bypass und außerdem über einen Schalter, mit dem die Link-Funktion aktiviert werden kann. Zu diesem Zweck müssen zwei TX5C mittels der frontseitigen „Tiny Telephone“-Buchsen verbunden werden. Über eine weitere TT-Buchse kann ein externes Sidechain-Signal eingespeist werden. Diese TT-Lösung ist genial, denn es handelt sich hier erstens um ein Standardformat (zumindest in vielen professionellen Studios) und außerdem um eine sehr platzsparende, aber qualitativ hochwertige Lösung.

Fotostrecke: 4 Bilder Im Sidechain kann Tonelux’ Tilt-Filter aktiviert werden: Ein sehr flexibles Tool, das über einen simplen Lowcut weit hinausgeht.

Hinter der Frontplatte

Die Fertigung des TX5C genügt allerhöchsten Ansprüchen. Als halboffenes Modul konzipiert, sollte für ausreichend Ventilation gesorgt sein. Der Funktionsumfang wurde mit einem Class-A-Signalweg mit diskreten OpAmps realisiert. Zwei Stück des proprietären Typs TX240 arbeiten im Regelelement, aus Platzgründen mit SMD-Bauteilen konstruiert. Ein weiterer, komplett vergossener TX260 sitzt in der Ausgangsstufe, wobei vermutet werden darf, dass hier konventionelle „Through the hole“-Bauteile die Hauptrolle spielen. Und schließlich darf in diesem Kontext auch ein recht massiver Ausgangsübertrager nicht fehlen.

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Praxis

Das einzige wirkliche Manko des TX5C ist untrennbar mit dem Funktionsumfang des Moduls verbunden: Die etwas unübersichtliche Frontplatte ist wohl die unweigerliche Kehrseite der Feature-Medaille. Deswegen ist es auch kein echter, harter Kritikpunkt. Dennoch dürfte das Layout des TX5C weniger versierte Anwender zunächst ein wenig überfordern, und ich muss gestehen, dass auch ich eine Weile gebraucht habe, um mich gut zurecht zu finden. Das soll uns aber nicht davon abhalten, jetzt in klanglicher Hinsicht in die Vollen zu gehen.

Benötigt aufgrund der Komplexität und des begrenzten Platzes auf der Frontplatte eine gewisse Kennenlernzeit.
Benötigt aufgrund der Komplexität und des begrenzten Platzes auf der Frontplatte eine gewisse Kennenlernzeit.

Eines der Spezialgebiete des API 2500 sind Drums, aus diesem Grund ist es naheliegend, auch den TX5C zunächst mit solchem Material auf die Probe zu stellen. Und in der Tat: Derlei hochdynamische, transientenreiche Signale bieten eine perfekte Folie, vor der sich die Wandlungsfähigkeit des Tonelux-Kompressors abzeichnen kann. Schon im „Normalbetrieb“, also ohne von den Zusatzfunktionen Gebrauch zu machen, zeigt sich, dass der TX5C eine enorme Bandbreite von Einsätzen beherrscht, ohne dass er sich jemals aus der Ruhe bringen lässt. Die auf Wunsch ultraschnellen Zeitkonstanten bringen den Raumanteil auf Drums zur Explosion, und bringt man den Wet/Dry-Mixer ins Spiel, gelingen dicke und trotzdem frisch klingende Overhead-Signale im Handumdrehen. Auch das Tilt-Filter kann hier vorteilhaft eingreifen, etwa um die Bissigkeit der heftigen Kompression zu reduzieren, indem höherfrequente Anteil stärker komprimiert werden. Auf diese Weise entsteht ein wuchtiger, heftiger Drumsound, der trotzdem nicht in den Ohren beißt, bei aller Gewaltigkeit angenehm zurückhaltend in den Präsenzen bleibt – und das alles, ohne dass man externe EQs oder Sättigungstools heranziehen müsste, die unweigerlich den Signalweg verlängern würden.

Audio Samples
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Drums Original Drums Ratio 20:1, Fast Attack, Fast Release Drums Ratio 20:1, Fast Attack, Fast Release, Tilt Filter Drums Ratio 20:1, Medium Attack, Fast Release

Auch das exakte Gegenteil gelingt hevorragend: Man kann die Transienten mit dem TX5C nicht nur plattmachen, sondern auch hervorheben, um einen (noch) knalligeren Klangeindruck zu erzielen. Hier entsteht dann auch der charakteristische „VCA-Pop“, ein Klangverhalten speziell auf den Transienten, das man in seiner Grundcharakteristik von allen legendären VCA-Comps von DBX über SSL bis eben hin zu API kennt: ein sehr typischer Sound, der sich mittels Feedback/Feed-Forward-Poti gut dosieren lässt. Auf eine kurze Formel gebracht: „Je Feed-Forward, desto Pop…“

Auf anderen Signalen wie etwa Vocals ist es vorteilhaft, dass der TX5C insgesamt sehr klar und transparent, fast schon hell klingt. Man kann zwar nicht sagen, dass er höhere Frequenzen aggressiv betont, aber er bringt Signale schon recht deutlich nach vorne im Mix. Das ist ein fundamental anderer Sound als beispielsweise betont tiefmittig-dickliche Comps wie der Neve 2254, aber auch das ist keineswegs ein Kritikpunkt. Denn auch der API klingt eher offen und knackig, und solch ein präsentes, durchsetzungsfähiges Klangverhalten steht einem Kompressor ausgesprichen gut, wenn sein Regelverhalten ihn schon für den Einsatz auf Drums prädestiniert. Zwar kann der TX5C sich in puncto Smoothness nicht mit bestimmten Röhren-Optokompressoren in deren Spezialgebiet messen, aber das wäre auch zu viel verlangt. Er erledigt den Lautmacher-Job auf Vocals knackig und lebendig, mit einem rockigen Touch, der bei Jazzballaden vielleicht nicht das Optimum darstellt, in vielen anderen Situationen aber genau richtig erscheint.

Audio Samples
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Gitarre Original Gitarre Ratio 8:1, Fast Attack, Fast Release, Tilt Filter, 50% Wet Vocals Original Vocals Ratio 8:1, Fast Attack, Fast Release, Feedback Vocals Ratio 8:1, Fast Attack, Fast Release, Feedback, Tilt Filter, 50% Wet

Im Prinzip handelt es sich beim TX5C also um einen ziemlich flexiblen Allrounder mit einem Faible für transientenreiches Material, das im Mix kontrolliert nach vorne geholt werden soll. Und dabei überzeugt der Tonelux dank der weiten Parameterbereiche insbesondere bei den Zeitkonstanten in einem sehr großen Spektrum – man ist hier bei der Hüllkurvenformung schlichtweg nicht eingeschränkt. Viele Kompressoren sind entweder gut im Plattmachen, oder aber im Herauskitzeln von Punch. Der TX5C aber kann beides!

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Fazit

Die anfänglichen Schwierigkeiten, die eng bedruckte Frontplatte zu entziffern, lösen sich also im weiteren Verlauf der Beschäftigung mit dem Tonelux TX5C in Wohlgefallen auf. Wer sich der Aufgabe stellt, dieses vielseitige Lunchbox-Tool zu meistern, der wird mit einem flexiblen, hochwertig gefertigten Werkzeug belohnt, bei dem man an vielen Stellen merkt, dass es von einem Industrieveteranen mit Klassikern auf dem Kerbholz konzipiert wurde. Der aufgerufene Kaufpreis ist in diesem Zusammenhang sogar als ziemlich günstig einzustufen!

Unser Fazit:
5 / 5
Pro
  • Klangeigenschaften
  • vielseitige Einstellmöglichkeiten
  • spezielle, teils einzigartige Funktionen
  • hervorragende Fertigungsqualität
  • Class-A-Signalweg
Contra
  • Bedienung etwas unübersichtlich
Artikelbild
Tonelux TX5C Test
Tonelux TX5C: Vielseitiger VCA-Kompressor fürs 500-Format
Tonelux TX5C: Vielseitiger VCA-Kompressor fürs 500-Format
Spezifikationen
  • diskreter Aufbau mit Class-A-OpAmps
  • Übertrager
  • Tilt-Filter in der Sidechain
  • Wet/Dry-Mixer
  • Feedback- und Feed-Forward-Kompression
  • „Overcompression“-Modus
  • Sidechain-Inputs
  • PREIS: € 639,- (UVP)
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Profilbild von Martin Zull

Martin Zull sagt:

#1 - 11.09.2013 um 18:27 Uhr

0

Sehr guter Test mit aussagekräftigen Soundbeispielen diesmal. Da fragt man sich doch, ob man in einem TX5C-Pärchen nicht einen würdigen API 2500 Ersatz findet, wenn man von ein paar wenigen fehlenden Features mal absieht. Geld spart man obendrein, falls der Anwender bereits im API 500 Format unterwegs ist. Allerdings frage ich mich: wie kriege ich die Teile in die Nähe meiner TT-Patchbay, denn selbst Spaghetti breche ich immer mittig bevor sie ins Töpfchen kommen?

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