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Timberline Guitars T70HGpc Harp Guitar Test

Bei der Timberline Guitars T70HGpc Harp Guitar haben wir es mit einer sogenannten Harfengitarre zu tun, die definitiv zu den Exoten des Gitarrenbaus gehört. Dabei ist der Begriff Harfengitarre breit gefächert und fasst verschiedene Entwicklungen einer Bauweise zusammen, bei der mindestens eine zusätzliche Saite an der Gitarre offen und frei schwingend montiert sein muss. Der in den USA ansässige Hersteller Timberline Guitars fertigt seine Instrumente ausschließlich aus massiven Hölzern und hat neben Harfengitarren in verschiedenen Größen auch Stahlsaiten-Akustikgitarren im Programm.

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Wie man es vielleicht auf den ersten Blick nicht gleich erkennt, haben wir es beim vorliegenden Modell mit der Parlor-Variante zu tun, die die kleinste Harp Guitar des Herstellers repräsentiert und mit verschiedenen Hölzern angeboten wird. Bei der ersten Begutachtung des Instruments wird schnell klar, dass es hier wirkliches Neuland zu erkunden gibt. Ich bin sehr gespannt.

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Details

Historie

Die Entwicklung der Harfengitarre reicht bis ins 19. Jahrhundert zurück. Für andere Bauweisen wurden diese und ähnliche Bezeichnungen allerdings auch schon früher verwendet. Der Begriff rührt von den zusätzlichen bordunartig gespielten Basssaiten her, die genau wie bei der Harfe frei schwingen und nicht gegriffen werden. Zusätzlich bieten die verschiedenen Bauformen unterschiedliche Ansätze zur Anzahl und Stimmung der Saiten. Hier ins Detail zu gehen, würde den Rahmen des Artikels allerdings bei Weitem sprengen. An dieser Stelle soll aber die Website harpguitars.net nicht unerwähnt bleiben, auf der Gregg Miner sehr akribisch seine Expertise zu diesem Thema weitergibt. Ganz grob gesagt, lässt sich die Entwicklung dieser Gitarrengattung in einen europäischen und einen amerikanischen Strang unterteilen. Mitte des 19. Jahrhunderts entwickelte der Gitarrenbauer Johann Gottfried Scherzer in Wien die sogenannte Kontragitarre bzw. Schrammelgitarre. Inspiriert wurde er dabei von vormaligen Überlegungen seines Meisters Johann Georg Stauffer. Der Begriff Schrammelgitarre leitet sich von der Schrammelmusik ab – einer zu dieser Zeit in Wien vorherrschenden Volksmusik, die von dem Musiker und Komponisten Josef Schrammel geprägt wurde. Ein wichtiges Merkmal der Instrumente ist der zweite Hals für die zusätzlichen Basssaiten, die dennoch ebenfalls frei schwingen und nicht gegriffen werden. Auch wenn es in Amerika ähnliche Modelle gab, gewann hier Ende des 19. Jahrhunderts eine Bauform an Popularität, bei der der Korpus unterhalb der zusätzlichen Basssaiten erweitert wurde und dabei oft auch ein zusätzliches Schallloch aufwies. In diesem Zusammenhang waren die Modelle der Hersteller Knutsen und Dyer sehr prägend. Letztere wurden allerdings von Larson gefertigt. Die heutigen Modelle von Timberline Guitars orientieren sich ebenfalls an dieser Bauweise und weisen demzufolge ebenfalls den sogenannten “Hollow Harp Arm” auf.

Fotostrecke: 3 Bilder Da es auf dem Markt sicherlich keine passende Transportmöglichkeit gibt,…

Korpus

Timberline Guitars hat Harfengitarren mit unterschiedlichen Korpusgrößen und Mensuren im Programm. Wie schon erwähnt, haben wir es heute im Test mit der Parlor-Variante zu tun, die trotz ihrer kürzeren Mensur von 607 mm (23.9″) und ihres kleineren Korpus immer noch einen beachtlichen Umfang aufweist, der natürlich der Korpusverlängerung unterhalb der sechs zusätzlichen Basssaiten geschuldet ist. Die jeweiligen Harfengitarrenmodelle von Timberline werden mit unterschiedlichen Korpushölzern angeboten. Im Falle unseres Modells haben wir es mit dem sogenannten Silkwood zu tun, was den Preis des Instruments nach oben treibt. Alternativ sind die Modelle aber auch mit Mahagoni- oder Akazien-Bodys zu haben. Da der Handel mit Palisander inzwischen streng reglementiert ist, begann sich Timberline nach einer Alternative umzusehen, die ähnliche klangliche Eigenschaften aufweist. Laut Hersteller hat man dabei mit Silkwood eine Holzart ausmachen können, die in A-B Tests überzeugend abschnitt.

Fotostrecke: 5 Bilder Mit der Timberline Guitars T70HGpc Harp Guitar erscheint ein Exot im bonedo-Testlabor,…

Mit der Bezeichnung Silkwood werden verschiedene Hölzer versehen. In diesem Fall ist damit das Holz des Seidenbaums (Albizie) bzw. der Seidenakazie oder des Schlafbaums gemeint, das in Indien, Südostasien und Nordaustralien geerntet wird. Der Korpus wurde dabei mit einem Polyurethane Hochglanz-Finish versehen. Wird das Vorbild Palisander in der Regel für Boden und Zargen verwendet, hat sich der Hersteller auch bei der Decke für Silkwood entschieden. Die Timberline Guitars T70HGpc Harp Guitar verfügt über einen dem Saitenverlauf angepassten Steg aus Ebenholz samt zweier Tusq-Stegeinlagen für die zusätzlichen sechs Basssaiten und die regulären sechs Gitarrensaiten. An der Korpusverlängerung gibt es außerdem unterhalb der Basssaiten ein zweites kleineres Schallloch zu entdecken. Die Armauflage wurde zwischen Decke und Zarge abgerundet und optisch ansprechend mit Makassar-Ebenholz versehen. Für die Beleistung im Korpus kommt ein sogenanntes Forward Shifted Scalloped X Style Bracing zur Anwendung.

Fotostrecke: 6 Bilder Auf der Timberline Guitars T70HGpc Harp Guitar ist ein großer Saitenhalter aus Ebenholz montiert,…

Hals

Der aus tropischem Mahagoni gefertigte Hals kommt mit einem Griffbrett, das ebenfalls aus Makassar-Ebenholz gefertigt wird und 20 Bünde beherbergt. Auch der 44 mm breite Sattel besteht aus Tusq und führt die Saiten zur Kopfplatte, die von Gold Grover-Stimmmechaniken mit Ebenholzflügeln geschmückt wird. Die spezielle Kopfplatte oberhalb des verlängerten Korpusarms wurde mit identischen Grover-Mechaniken für die Basssaiten versehen.

Fotostrecke: 7 Bilder Der Hals besteht aus tropischem Mahagoni…

Pickupsystem

Bei der elektrischen Verstärkung des Instruments hat man schlüssigerweise gleich zwei K&K Pure Mini Kontakttonabnehmer verbaut, die sich relativ getrennt um die Abnahme der Basssaiten und der regulären Saiten kümmern. An der Zarge befinden sich dafür dann zwei Ausgänge, um die Stimmbereiche separat abnehmen und einstellen zu können. Über eine Klangreglung verfügt das System aber nicht.

Den einzigen Hinweis auf die zwei K&K Pure Mini Kontakttonabnehmer liefern die beiden Klinkenausgangsbuchsen in der Zarge.
Den einzigen Hinweis auf die zwei K&K Pure Mini Kontakttonabnehmer liefern die beiden Klinkenausgangsbuchsen in der Zarge.
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Praxis

Vorab sei gesagt, dass dieser Test meine erste Begegnung mit einer Gitarre dieser Gattung darstellt. Das Instrument kommt in einem speziellen und gut gepolsterten Logo Pro Gig Bag. Ich hatte es schon eingangs erwähnt: Trotz seiner Parlor-Grundgröße ist auch diese Harfengitarre ein ganz schöner Brummer und fühlt sich demzufolge auf dem Schoß zunächst einmal etwas gewöhnungsbedürftig an. Durch die Korpusverlängerung oberhalb des Halses ist die Gitarre zudem kopflastig. Das liegt aber in der Natur der Sache und ist daher nicht als Kritikpunkt zu verstehen.
Bei der ersten näheren Begutachtung macht das Instrument einen wirklich gut verarbeitenden Eindruck und offenbart einen angenehm zu greifenden, matt lackierten Hals mit tadellos abgerichteten Bünden.
Bevor wir uns dem Klang des Instruments genauer widmen wollen, noch ein paar Worte zur Stimmung dieser Spezialgitarre. Schon allein der unterschiedlichen Zahl an zusätzlichen Saiten wegen wurden diverse Stimmungen für Harfengitarren dokumentiert. Für ein Modell dieser Art mit sechs weiteren Saiten wird häufig, von der höchsten Basssaite abwärts die folgende Stimmung verwendet: D, C, B(H), A, G, E’. Der höchste Ton klingt also einen Ganzton unter der regulären tiefen E-Saite. Die darauffolgenden Saiten steigen anhand der Stammtonleiter in Ganzton- bzw. Halbtonschritten bis zur fünften Saite (G) ab. Als tiefste Saite erklingt dann das E’. Für diese Stimmung habe ich mich ebenfalls im Test entschieden.

Fotostrecke: 6 Bilder Das Standardschallloch sitzt an gewohnter Stelle und…

Beim Spielen dieser Gitarre muss man sich nicht nur an ein neues Haltungsgefühl sondern auch an die zusätzlich mitschwingenden Basssaiten gewöhnen bzw. das eigene Spiel daran anpassen. Dazu gleich mehr. Durch die spezielle Bauweise ist nicht nur der Höreindruck für den Spieler, sondern auch das Schwingungsverhalten spürbar verändert. Lässt man die zusätzlichen Basssaiten außen vor bzw. dämpft diese, offenbart das Modell einen sehr klaren Ton in allen Lagen, der sich, für Parlor-Bauweisen typisch, in den tiefen Frequenzen zurückhält. Im hohen Register wirkt die Gitarre eher weich, was einen weniger spritzigen Grundklang zur Folge hat. Nimmt man dann die tiefen Saiten hinzu, erklingen diese mit einem äußerst stabilen und drahtigen Sustain. Dabei reagieren die zusätzlichen Basssaiten auch bei hartem Anschlag sehr gutmütig. Die Basswiedergabe hat logischerweise auch hier natürliche Grenzen. Imposant wirkt das Klangspektrum des Instruments aber trotzdem. Das zusätzliche Tonabnehmersystem reagiert im Gegensatz zu typischen Piezo-Tonabnehmern mit einer wirklich tollen dynamischen Wiedergabe und einem angenehmen und recht natürlichen Klang. Allerdings benötigt man einen zusätzlichen EQ zur Anpassung, da das Signal direkt aus dem Instrument etwas höhenarm erscheint. Dass man die beiden Register der Gitarre weitestgehend separat abnehmen kann, erweist sich dann, wie schon vorab vermutet, als absolut hilfreich bei der Abstimmung des Signals.

Für die Aufnahmen steht heute ein Neumann TLM 103 etwa in Höhe des 12. Bunds vor der Gitarre, das von einem Golden Age PRE-73 MKII Preampverstärkt wird. Die beiden Signale der Tonabnehmer laufen außerdem über die D.I.-Eingänge eines Focusrite ISA-Preamps. Wie man auf den Aufnahmen gut wahrnehmen kann, klingt die Gitarre über die Tonabnehmer deutlich voluminöser als unverstärkt (Hörbeispiel 1). Wirklich tolle Effekte lassen sich erzielen, wenn man über einen tiefen Pedalton Melodien spielt (Hörbeispiel 2). Durch das Aufschwingen der restlichen Basssaiten entsteht eine Art Halleffekt, ähnlich wie man es von einem Klavier kennt, dessen Dämpfer gehoben sind. Spielt man wiederum Akkordpicking oder Strumming-Figuren (Hörbeispiel 3/4), ist eine möglichst kontrollierte Dämpftechnik der zusätzlichen Basssaiten ratsam, da das Aufschwingen sonst schnell auch für einen etwas diffusen Bassanteil sorgen kann kann. Lässt man sich auf dieses Instrument ein, schlummert hier definitiv eine Menge kreatives Potential. Gleichzeitig erscheinen ausgetretene Pfade des eigenen Spiels auch in einem anderen Licht. Bei den Aufnahmen könnt ihr zwischen verschiedenen Quellen wählen. Auch bei diesem Modell macht es durchaus Sinn, das akustische Signal mit dem Tonabnehmersignal zu unterfüttern.

Audio Samples
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Bsp.1 – Soundcheck (Mic) Bsp.1 – Soundcheck (PU) Bsp.2 – Solo Lines (PU) Bsp.2 – Solo Lines (PU ohne EQ-Bearbeitung) Bsp.3 – Soft Strumming (Mic + PU) Bsp.4 – Fingerpicking (Mic)
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Fazit

Die Timberline Guitars T70HGpc Harp Guitar präsentiert sich als absolut hochwertig verarbeitetes Exemplar aus der Gattung der Harfengitarren. Bei Gitarristen, die auf der Suche nach neuen Ausdrucksformen sind, kann dieses Modell eine inspirierende Wirkung entfalten. Ganz billig wird dieser Ausflug allerdings nicht. Der Hersteller hat aber auch erschwinglichere Modelle im Angebot. Wie bei anderen Akustikgitarrentypen auch, dürfte es hier ebenfalls interessant sein, die verschiedenen Korpusgrößen und Hölzer auf die eigenen Bedürfnisse hin abzuklopfen. Alles in allem ein spannendes Experiment, das lohnt ausprobiert zu werden!

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • hochwertige Verarbeitung
  • gute Bespielbarbeit
  • gute Schwingungseigenschaften
  • natürlich und dynamisch klingende Tonabnehmer
Contra
  • Klang der Tonabnehmer ohne zusätzliche Nachjustierung höhenarm
Artikelbild
Timberline Guitars T70HGpc Harp Guitar Test
Für 4.498,00€ bei
Die Timberline Guitars T70HGpc Harp Guitar ist ein hochwertig verarbeiteter Exot für experimentierfreudige Gitarristen.
Die Timberline Guitars T70HGpc Harp Guitar ist ein hochwertig verarbeiteter Exot für experimentierfreudige Gitarristen.
Technische Spezifikationen
  • Hersteller: Timberline Guitars
  • Modell: T70HGpc
  • Typ: zwölfsaitige Harfengitarre
  • Herkunftsland: USA
  • Finish: Polyurethane Hochglanz
  • Decke: Silkwood massiv
  • Boden & Zargen: Silkwood massiv
  • Boden: Silkwood massiv
  • Stegeinlage: Tusq
  • Steg: Macassar Ebenholz
  • Hals: Tropisches Mahagoni
  • Griffbrett: Macassar Ebenholz
  • Sattel: Tusq
  • Sattelbreite: 44 mm
  • Bünde: 20
  • Mensur: 607 mm
  • Tonabnehmer: 2 K&K Pure Mini
  • Stimmmechaniken: Grover (Gold) mit 18:1 Übersetzung und Ebenholzflügeln
  • Gewicht: 3,1 kg
  • Zubehör: Logo Pro Gig Bag
  • Ladenpreis: 3.119,00 Euro (November 2020)
Hot or Not
?
…der durch eine zusätzliche "Harfeneinheit" ergänzt wurde und so die klanglichen Möglichkeiten der Gitarre erweitert.

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