Tascam iU2 Test

Tascams iU2 ist kein iOS-Interface und auch kein Computer-Audio-Interface: Es ist beides! In einer kleinen Kiste wird das an Hardware bereitgestellt, was für einen Großteil derer, die mit Computer und iPhone/iPad Musik machen, vollständig ausreichend ist: zwei Mic-Pres mit Phantomspeisung und Direct Monitoring, Instrumenteneingang, Kopfhörerausgang, MIDI-I/O, S/PDIF-Out und analoger Ausgang.   

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Es ist zwar etwas unklar, was die Produktbezeichnung zu bedeuten hat (iU2 = “Ei, auch Du”? Wollen die mich beleidigen?), doch hier scheint auf den ersten Blick ein hervorragendes Gerätekonzept verwirklicht worden zu sein. Ich habe vor dem Test erst einmal die Verpackung des iU2 in der Hand gedreht und mir gedacht: “Schlau, Leute!” Ob das U2-Ei aber auch wirklich das “i des Kolumbus” ist, musste das Tascam-Gerät erst unter meinem finsteren und unerbittlichen Testerblick beweisen.

DETAILS

Tascams neuester Streich kommt im kleinen Plastikgehäuse auf quadratischer Grundfläche daher. Die kleine USB-Buchse (Mini-B) ist schnell gefunden, darüber lässt sich das iU2 als Audio-/MIDI-Interface an einem Computer betreiben. Den versprochenen Dock-Connector sucht man jedoch zunächst einmal vergeblich. Doch siehe da: Die Unterseite hat Überraschungen parat! Neben dem Schalter für Phantomspeisung, der Betriebsmodusumschaltung von Computer- auf iOS-Betrieb, Mono-Monitoring und Mic/Line-Umschaltung der Inputs gibt es dort nämlich auch ein Batteriefach. Öffnet man die Abdeckung, schlängelt sich einem ein Kabel mit Dock-Anschluss entgegen. Durch ein kleines “Mauseloch” geführt, kann es die Verbindung mit iPad, iPhone und iPod herstellen (iOS 4.3 vorausgesetzt). Batteriebetrieb kann eine feine Angelegenheit sein, doch das iU2 scheint weiter zu denken: Ein iOS-Device wird aufgeladen, falls an die USB-Buchse ein Rechner oder ein USB-Ladegerät angeschlossen ist.

Das kleine Gerät wirft geradezu mit professionellen Ausstattungsmerkmalen um sich. Neben der Möglichkeit, an beide Eingänge 48V-gespeiste Mikrofone anzuschließen, kann einer der beiden Eingangskanäle auch mit einer 1-Megaohm-Impedanz versehen werden, wodurch Instrumentenaufnahmen ermöglicht werden. Dazu wird dann eine eigene Klinkenbuchse verwendet, für Mic/Line sind bei rechtem und linkem Kanal jeweils symmetrische 6,3mm-Klinkenbuchsen auf der Vorderseite zuständig. Tascam ist so vorausschauend, direkt zwei kurze Adapterkabel XLR-Weibchen auf TRS mitzuliefern, um handelsübliche Mikrokabel verwenden zu können. Die linke Flanke beherbergt neben dem Kopfhörerausgang (leider nur kleine Klinke) auch MIDI-In und -Out. Auch hier müssen beigefügte Adapter zum Einsatz kommen, denn 3,5mm-Klinken sind bekanntlich nicht die generischen Buchsenstandards für dieses Protokoll. Aber 5pol-DIN-Buchsen sind riesig und an derart kleinen Geräten nicht vernünftig unterzubringen. Dass die analogen Ausgänge als Cinch statt mit XLR oder TRS ausgeführt sind, ist zwar nicht außerordentlich professionell, doch kann man sich über das Vorhandensein eines elektrischen S-PDIF-Ausgangs erfreuen.

Auf der Oberseite sind zwei großformatige Gain-Potis für die Inputs zu finden, welche außer der etwas kruden und für Anfänger leicht missverständlichen Beschriftung “Line” und “Mic” am linken und rechten Anschlag keine Werteskalierung bieten. Line- und Kopfhörerausgang lassen sich mit zwei kleineren Potis separat regeln, um Latenzproblemen zu begegnen, verfügt auch das Tascam iU2 über direktes analoges Monitoring. Das gehört sich auch so und manifestiert sich in Form des Potis ganz links auf der Oberfläche. Dass man es bei diesem Gerät mit einem für die breite Masse hegestellten Produkt zu tun hat und nicht mit einem High-End-Produkt allererster Güte, wird sicher beim Blick auf das Preisschild und die avisierte Zielgruppe deutlich. Somit ist es auch kein Beinbruch, dass der Frequenzgang von Input zu Output mit 20Hz-20kHz angegeben wird, aber mit einem doch recht hohen Toleranzbereich von +1/-3dB.
Im iOS-Betrieb ist man nicht auf Fremdapplikationen angewiesen. Im iTunes-Store darf man sich den “PCM Recorder” von Tascam aus dem Regal fischen, ohne danach bei der Kasse vorstellig werden zu müssen. Das iOS-Gerät der Wahl muss für die aktuelle Version jedoch OS 5.0 installiert haben.

PRAXIS

Die rechte Gehäuseseite ist meine Lieblingsseite des Tascam iU2. Warum? Ganz einfach: Es ist die einzige, die keine Bedienelemente oder Buchsen hat. Das Ding ist mit Reglern, Buchsen und Schaltern übersät wie ein Dalmatiner mit Punkten. Was soll das eigentlich? Zum Glück ist das iU2 nur ein Quader und hat keine komplexere geometrische Form – doch selbst bei 48 statt sechs Flächen hätten die Tascam-Ingenieure sicher auf fast jeder etwas zu platzieren gewusst. Ernsthaft: Solange man nur wenige Anschlüsse benutzt, mag es ja noch gehen, aber bei Verwendung von USB, einem Input und MIDI oder einem Kopfhörer hat man schnell das Gefühl, eine Fliege aus einem Spinnennetz zu befreien, wenn man das iU2 hochhebt, um an Schalter der Unterseite zu gelangen. Ich wüsste gerne, ob das technische Gründe (Platinenlayout) oder “ergonomische” hat. MIDI mit nach hinten, Kopfhörerbuchse nach vorne, alle Schalter mit auf die Oberseite – das ist meine Paradiesvorstellung für dieses Gerät, auch wenn man dadurch die Apple-like aufgeräumte Hochglanzoberfläche ihrer Reduziertheit berauben würde.

Der “Mon Mix”-Regler ist etwas schwergängig, was bei einem Leichtgewicht wie dem Tascam schnell dafür sorgt, dass das Gehäuse wandert und man die zweite Hand zum Festhalten hinzuziehen muss. Dass zudem die großen Gains nur minimal über die Oberfläche lugen, mag zwar die Designliebhaber freuen, doch kann man nicht mit zwei Fingern um die Kappe herumgreifen. Zum einfingrigen Scrollen wie bei DJ-CD-Playern fehlt eine Mulde… es hat schon einen Grund, weshalb sich bei Poti-Kappen gewisse Standards durchgesetzt haben. Hier heißt es wohl eher function follows form.

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Ergonomie ist die eine Sache, doch ist das iU2 schließlich kein Gerät, das im täglichen Dauereinsatz sein wird. Insofern kann man die genannten Eigenschaften gut verschmerzen. Was wirklich richtig schlau ist und daher an dieser Stelle noch einmal von mir breitgetreten wird, ist die Tatsache, dass das Tascam mit iOS oder Rechnern betrieben werden kann. Auch wenn die Kompatibilität zu einem zukünftigen Apple-Gerät möglicherweise nicht mehr gegeben ist, ist das kleine Ding nicht sofort Elektroschrott: USB 2.0 wird es voraussichtlich noch eine Weile geben. Vielleicht ist man ja irgenwann auch genervt von Apples Politik und dem Image der Produkte, des Unternehmens und seiner “Jünger” – kann ja alles sein.
Die klangliche Schwachstelle ist bei derartigen Geräten üblicherweise der Mikrofonvorverstärker – wirklich gute, energiesparende Preamps zu bauen, die wenig kosten, das ist eben so gut wie unmöglich. Und so merkt man auch dem Tascam iU2 seine Klasse an: In den Höhen wirkt der Sound etwas behäbig und lustlos, er zeigt weniger Sparkle und lässt Löcher erkennen. Das verwundert jedoch einerseits ob des Preises nicht, zudem heißt das noch lange nicht, dass der Preamp unbrauchbar wäre. Im Gegenteil: Qualitativ ist das wesentlich hochwertiger als das, was für deutlich mehr Geld vor zehn Jahren erhältlich war. Außerdem sollte man die Kirche im Dorf und den Dom in Kölle lassen: Die Vergleichsfiles sind mit einem Lavry AD11 entstanden. Für dessen Preis bekommt man ganze zehn iU2. Die Kernaussage könnte ich auch fett drucken: Um mit dynamischen oder mit Kondensator-Mikrofonen ordentliche Aufnahmen zu machen, eignet sich das Tascam absolut. Katastrophen hören sich ganz anders an; hier ist also alles im grünen Bereich.

Audio Samples
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Großmembran-Kondensatormikro iU2 Kleinmembran-Kondensatormikro iU2 Großmembran-Kondensatormikro AD11 Kleinmembran-Kondensatormikro AD11

Mit Line-Signalen bestückt, leistet das schwarze Quadrat ganze Arbeit, auch ausgangsseitig gibt es nichts zu meckern. Wie zu erwarten, macht der S/PDIF-Out keinerlei Zicken – ich habe an keinem Empfangsgerät irgendwelche Probleme feststellen können (das wäre auch äußerst verwunderlich). Ähnlich verhält es sich mit MIDI: Sowohl eingangs- als auch ausgangsseitig ist der iU2 schnell und zuverlässig.

FAZIT

Tascam haben vor allem eines geschafft: Mit dem iU2 liefern sie die Hardware, die viele Leute suchen. Es ist ein Interface, das sowohl mit iPad und iPhone als auch mit dem heimischen Computer harmoniert. Es sind zwei Inputs vorhanden, die Line-, aber auch Mikrofon-Signale fressen. Dank Phantomspeisung ist auch der Betrieb von Kondensatormikrofonen möglich, ein Eingang ist sogar für die Verstärkung von Gitarren und Bässen geeignet. Das Monitoring entspricht den heutigen Anforderungen, die Ausstattung mit Ein- und Ausgängen ist nicht zuletzt dank der MIDI-Schnittstelle absolut ausreichend. Das Schönste am iU2 ist sicher der Preis, für den man übrigens einen signifikant besseren Preamp wirklich nicht erwarten kann. Dass die Bedienelemente eine statistisch derart ausgewogene Verteilung auf der Oberfläche gefunden haben, sorgt zwar für Fragezeichen, aber nicht für den Weltuntergang. Fazit: Vernünftige Kiste, das iU2!

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Technische Spezifikationen
  • iOS-/USB-Audiointerface
  • 2 x Line/Mic-Preamp mit 48 V Phantomspeisung
  • hochohmiger Intrumenteneingang
  • Direct Monitoring
  • Kopfhörerverstärker
  • MIDI-I/O
  • Cinch-Stereoausgang
  • S/PDIF-Digitalausgang (coax.)
  • max. 48 kHz / 16 Bit
  • Batteriebetrieb möglich
  • Adapterkabel im Lieferumfang
  • Abmessungen (L x B x H in mm): 110 x 110 x 20
  • Preis: € 199,- (UVP)
Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • sinnvolle Ausstattung
  • gute Connectivity
  • funktioniert mit iOS-Devices und Computern
Contra
  • Anordnung und Bauform einiger Bedienelemente sehr unpraktisch
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Tascam iU2 Test
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