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Superlux HI-10 Test

Im bonedo-Testmarathon ist auch das SuperluxHI-10 vertreten. Ja nee, schon klar: ein Kleinmembran-Kondensatormikrofon für 29 Euro Ladenpreis! Meine Mondrakete kostet 99 Euro, mein Atomkraftwerk 249 (ohne Brennstäbe, die kosten nochmal vier Cent das Stück) und ich bin der Kaiser von China. Es ist jedoch mitnichten so, dass wir jetzt bei bonedo.de anfangen würden, Kinderspielzeug zu testen. Wir wollen einfach wissen, ob es sein kann, dass man für ein Produkt statt 2000 einfach nur 29 Euro ausgibt – und ordentliche Ergebnisse damit erzielt. Wem diese Spanne enorm erscheint, der soll bitte mal an Preisspannen von Anziehsachen denken.

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Das kleine Mikrofon wird auch gar nicht als Allrounder-Kleinmembran beworben, sondern schlicht und einfach als Hi-Hat-Mikrofon – das legt auch schon das Produktkürzel nahe. Na und? Vielleicht schlägt es sich ja auch recht ordentlich an anderen Schallquellen, wer weiß? Schließlich handelt es sich ja auch hier im Wesentlichen nur um ein dünnes Häutchen, eine Gegenelektrode und den Impedanzwandler.

Details

Für ein derart preiswertes Mikrofönchen macht das HI-10 aber einen ganz schön dicken Larry: Der Kopf glänzt in gelbgoldender Farbe und formt einen kleinen Hals zum antrazithfarbenen Korpus. Mit 94 Millimetern Länge und 21 Millimetern Durchmessern ist das Superlux allerdings recht kompakt. Wer jetzt glaubt, bei so einem Billigprodukt könne man mit einer Dokumentation höchstens nach Manier ostasiatischer Instant-Nudelsuppen rechnen, der täuscht. Neben einem (wahrscheinlich durchaus etwas geglätteten) grafischen Frequenzgang steht ein Datenblatt fast wie bei den “Großen” Rede und Antwort. Von 50 Hz bis 18 kHz ist die Übertragung angegeben, der Blick in die Grafik verrät, dass hier nichts beschönigt wurde, denn die Angaben sind im Industriestandard +/-3 dB erfolgt. Es gibt zwei Auffälligkeiten: Ein sanfter Roll-Off beginnt schon leicht unterhalb von 1 kHz, aber die 20 Hz wird mit etwa -10 dB geschnitten. Das ist sicher genauso sinnvoll für die Abnahme einer Hi-Hat wie die durchaus beachtliche Beule von etwa 8 dB, die man um die 7 kHz herum ausmachen kann. “Ausmachen können” ist vielleicht nicht ganz so geeignet wie “nicht verfehlen können”. Man wird das sicherlich auch klanglich feststellen. Ebenfalls ungehört feststellen kann man, dass sich durch diese Frequenzgang-Eigenschaften zeigt, wieso das Mikrofon als Hi-Hat-Mike angepriesen wird.

Fotostrecke: 4 Bilder Der Goldkopf gibt dem Superlux HI-10 einen edlen Touch.

Mit 12,6 mV/Pa ist unser Kandidat nicht sonderlich empfindlich, aber auch das ist dem Hauptanwendungszweck eher zuträglich. Der Grenzschalldruckpegel ist mit 134 dB SPL angegeben, doch ohne weitere Information (wahrscheinlich 0,5% THD). Beim Eigenrauschen sind 25 dB angegeben, vermutlich wird es sich wie üblich um den Äquivalentschalldruck nach A-Filterung handeln. Um seiner Arbeit nachzugehen, ist eine Spannungsversorgung im Bereich von 12 bis 52 Volt notwendig. Backplate-Elektret ist meist preiswerter in der Herstellung als das Echtkondensatorprinzip, daher wird natürlch die Vorpolarisation verwendet. Auch niemanden verwundern wir die Richtcharakteristik Niere. Ein kleines Schmankerl aus dem Datenblatt möchte ich nicht vorenthalten: Neben der Auflistung des Zubehörs ist dort zu lesen: “Colorful outer packing”. Soso, der Karton ist bunt. Toll, was?

Schrauben wir also alle einmal angesichts des Preises unsere Erwartungen nach unten und klemmen zwei der Mikrofönchen ganz naiv an die Stelle vor das Instrument, an der zuvor noch Schoeps und Co. ihre Duftmarken hinterlassen haben. Was das wohl geben mag?

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Praxis

Na, wer hat alles eine Katastrophe erwartet und die Lachmuskeln schon mal ordentlich vorglühen lassen? Pustekuchen: Wirklich unterstes Kanonenrohr ist das nicht! Die Akustikgitarre in unserem Vergleichssetup war weit davon entfernt, übertrieben fehlerhaft oder sogar kaputt zu klingen. Ich will aber jetzt nicht in ausufernder Euphorie das goldglitzernde Antlitz des HI-10 weiter polieren, denn natürlich gibt es auffällige negative Aspekte. Wie eigentlich alle preiswerten Kleinmembraner ist auch das Superlux nicht superluxuriös. So sind etwa die Höhen recht matschig und breit, müsste man sie mit einem Material assoziieren, würden viele zielsicher Plastik nennen. Das klingt vielleicht fies, relativiert sich aber möglicherweise beim Blick auf den Preis und auf Mitbewerber, die teilweise das Fünffache kosten.

Fotostrecke: 3 Bilder Superlux HI-10 im Praxistest

Will man nicht unbedingt feingeistige, zerbrechliche Soloinstrumente aufzeichnen, sondern weiß das immer etwas zu dicht klingende Klangbild gezielt einzusetzen, ist eigentlich alles in Ordnung. Man darf zudem nicht vergessen, dass dieses Kondensatormikrofon vom Hersteller explizit als Schallwandler zur Aufnahme der Hi-Hat beworben wird. Zwar können Hi-Hats enorm unterschiedlich klingen, doch tut den meisten Instrumenten der kleine Sizzle-Boost im Mix ganz gut – solange es dort keine Komplikationen mit den schneidenden Konsonanten der Stimme und der Snare gibt. Aber dies in den Griff zu bekommen, ist ja schließlich Aufgabe des Engineers, nicht des Mikros. Dieses hat vor allem bei Schlaginstrumenten wie den Hi-Hat-Becken dafür zu sorgen, dass auch die höchsten Pegel verzerrungsarm übertragen werden. Das schafft das Superlux HI-10 auch; allerdings nicht, Transienten ohne nennenswerte Kompression durchzuwinken. Das Ergebnis ist immer eine gewisse Kompaktheit, die luftige Sounds verhindert. Und dass preiswerte Mikros rauschen müssen wie die Niagarafälle, das war einmal. Noch vor fünfzehn Jahren musste man Mikrofone gringen Preises eher danach auswählen als nach klanglichen Aspekten. Trotz der ordentlichen Pegelfestigkeit macht das kleine Mikrofönchen dies ganz gut. Legt man es darauf an und nähert sich einer lauten Siqnalquelle so sehr, dass das Mikrofon starke Harmonische generiert, bekommt man es sowieso mit dem Nahbesprechungseffekt zu tun. Bei Akustikgitarre, Hi-Hat und dergleichen will man das aber meist nicht.

Audio Samples
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Superlux HI-10 Referenz Schoeps CMC-64

Bis auf das etwas unterrepräsentierte Air-Band wirkt das Superlux eigentlich recht komplett, wenn auch hier und da kleinere Löcher festgestellt werden können. Und wirklich phasig ist die Audioausgabe auch nicht. Als Pärchen verwendet, sorgen die Mikrofone für eine durchaus brauchbare Ortbarkeit, Unterschiede im Frequenzgang der beiden kann man erst ab den Hochmitten feststellen – wenn man ganz genau hinhört und andere Faktoren ausschließt. Im Betrieb ist eine weitere Eigenschaft von klarem Vorteil, auch wenn dem vielleicht zunächst nicht viel Bedeutung zugestanden wird: Die geringe Baugröße ermöglicht mono und stereo eine unkomplizierte Aufstellung und Ausrichtung.

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Fazit

Um ehrlich zu sein: Wir wollten im Testmarathon einfach wissen, wo “unten” ist und wie dieses “Unten” so klingt. Und ja, vielleicht habe ich mir schon Schmähformulierungen überlegt, die zwar bissig, aber wahr sind. Und siehe da: So schlimm ist es nun wirklich nicht! Die Superlux haben von mir während des großen Testmarathons des Öfteren einen anerkennenden Blick erhalten. Selbstverständlich gibt es deutliche Kritikpunkte, darunter die Arbeit mit den absoluten Höhen, den Sound der Hochmitten/Höhen, das Dynamikverhalten und den recht wackeligen Frequenzgang, doch um es mit den bekannten englischen Comedians Noel Fielding und Julian Barratt zu sagen: “It‘s all about context!” Und tatsächlich: An seinem vorbestimmten Einsatzort Hi-Hat, aber auch in Situationen, in denen man auf absolute Natürlichkeit, Vollständigkeit und Transparenz verzichten kann, funktionieren die Superlux erstaunlich gut, trotz Spottpreis. Deshalb noch einmal: Ein Superlux HI-10 ist kein Spielzeug, sondern ein durchaus seriöses Mikrofon.

Pro
  • sehr geringer Preis
  • kompakt
  • mehr als nur “brauchbarer” Sound
Contra
  • Höhenwiedergabe
  • Dynamik
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Spezifikationen
  • Empfängerprinzip: Druckgradientenempfänger
  • Richtcharakteristik: Niere
  • Wandlerprinzip: Kondensator
  • Betriebsspannung: 12 – 48V Phantomspeisung
  • Frequenzgang: 50 Hz – 18 kHz
  • Übertragungsfaktor: 12,6 mV/Pa
  • THD+N: 25 dB(A-bewertet)
  • maximaler Schalldruckpegel: 134 dB SPL
  • Preis: € 92,-(UVP)
Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • sehr geringer Preis
  • kompakt
  • mehr als nur "brauchbarer" Sound
Contra
  • Höhenwiedergabe
  • Dynamik
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Superlux HI-10 Test
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