Ein umfangreiches Mikrofonset zur akkuraten Klangabnahme von Trommeln gibt es nun auch von Shure. Das Shure „Performance Gear DMK6“ kommt dabei komplett ohne die Flaggschiffe SM57 und SM58 aus eigener Fertigung zurecht, verspricht die Selbsteinschätzung der Firma. Das ist ein mutiger Schritt, genauso wie der, ein in seinem Umfang unerreichtes Set zum Verkauf anzubieten. Zwar gibt es nicht mehr Mikrofone als bei den Konkurrenz-Paketen auch, dafür aber Kabel für jeden Schallabnehmer. Ein Alleinstellungsmerkmal, zumal heutzutage fast jeder Hersteller in Sachen Verbrauchsmaterial auf absoluten Sparwahn setzt und nur das nötigste Extra-Equipment mitliefert, um den Gesamtpreis niedrig zu halten. Also: das ist doch schonmal recht freundlich von Shure!
Ganz abgesehen vom Lieferumfang des „Performance Gear“ interessiert mich vor allem, ob man den weltweit tonangebenden Rock’n’Roll-Sound der SM-Mikrofone von Shure vermissen wird, oder ob auch dieses Budget-Set den analogen Rotz-Sound der letzten 40 Jahre eingeimpft bekommen hat. Richtig werten ließe sich das zwar nicht (Klang ist Geschmackssache), aber gut zu wissen wäre es trotzdem.
Anzeige
Details
Das sieht doch schick aus: Ein Plastikkoffer ohne bunten Firlefanz macht schon mal einen guten Eindruck. Darin verbergen sich sechs Mikrofone, die stilsicher und schlicht in einheitlichem Look das Auge erfreuen. Mattschwarz als gängiges Finish hat sich auch bei Shure in der Konzeption des PGDMK6-Sets durchgesetzt. Lediglich die Körbe sind Metallic-Grau. Die beiden PG81-Overhead-Mikros sind Kondenser und laufen mit Phantom-Energie. Praktisch ist, dass diese auch mit Batterie betrieben werden können, sollte ein Einsatz ohne 48V-Quelle notwendig werden.
Shure haben die Kondenser – wohl in erster Linie, um im Batteriebetrieb Strom sparen zu können – mit Ein-/Aus-Schaltern ausgestattet. Noch toller ist, dass sogar an die Batterien für den Phantom-Betrieb gedacht wurde! Der Body des Mikrofons besteht aus Metall, liegt kalt und mit einem Gewicht von knapp 300 Gramm recht schwer in der Hand und macht einen robusten Eindruck. Eine ganz normale Klemme ist auch schon angebracht. Einzig der Ständer für die Overheads muss extra gekauft werden – selbstverständlich. Für die drei PG56-Mics zur Abnahme der Toms und der Snare braucht man keinen Ständer, sie können mittels der Klemmen direkt an den Trommeln befestigt werden. Diese sind etwas flexibler konstruiert als diejenigen vergleichbarer Produkte, das Plastik ist weicher und die Abstandsschiene bietet ausreichend Spiel für die perfekte Positionierung der Schallabnehmer. Fertig ausgerichtet, prangen dann ganz ordentliche Klopper am Set, die zwar nicht klein sind, dafür aber recht robust den einen oder anderen Schlag mit Links wegstecken. Darüber hinaus sehen sie mit ihrem Silber-Metallic und Matt-Schwarz einfach gut aus!
Wie von den beliebten SM-Mikros gewohnt, lässt sich der große Korb schnell abschrauben. Dann fallen einem direkt zwei Teile in die Hand: zum einen ein Plastikring aus der Verkleidung und zum anderen die komplette Kapsel. Wenn also nur mal schnell was zu löten sein sollte, ließe sich das gebrochene Kabel im Handumdrehen erreichen. Bombenfest dagegen sitzt die Kapsel des Bassdrum-Mics, welches (genau wie die Tom-/Snare-Mikrofone) ein dynamisches ist. Das PG52, das in etwa so aussieht wie ein großes gekapptes Ei, wiegt ein halbes Kilo!
Gute Verarbeitung und Stabilität erfährt man beim gesamten PGDMK6-Kit zuvorderst über die Inertia: In Sachen Qualität ist das Mikrofonset von Shure ein echtes Schwergewicht. Was nicht direkt überzeugt, sind die Schrauben an den Gelenken für die Ständer-Befestigung. Diese haben etwas zu viel Spiel, so dass ich zum Fixieren des Einstellungs-Winkels mit der anderen Hand kräftig gegenhalten muss. Ein weiteres Ausstattungs-Feature sind die Kabel: für jedes Mikrofon liegt ein eigenes 4,5 Meter langes Kabel im Karton. Auch das ist sehr nett, aber ist es sinnvoll, pauschal für jeden Anwender Kabel beizulegen?
Dem Anwender werden also diese eher mittelmäßigen 4,5 Meter langen Kabel oktruiert, was natürlich nicht sehr schlau ist. Wenn eine Stagebox das ganze zu einem Multicore zusammenfasst, ist diese Variante natürlich absolut okay. Aber da sich alle Anwendungswünsche voneinander unterscheiden und ein Anwender eventuell längere oder hochwertigere Kabel braucht, geht der Komplettierungs-Gedanke von Shure in diesem Fall etwas zu weit, auch wenn das mit Sicherheit nett gemeint war.
Nicht nur nett gemeint sind die Mikrofon-Klemmen für die PG56-Mikros: Was bei den meisten Herstellern zum absoluten Problem mutiert, funktioniert bei Shure von Anfang an mühelos. Das simpel konstruierte Plastik-Ding lässt sich ohne großen Aufwand am Rim montieren und ist ausreichend flexibel, um nicht die Kesselschwingung auf die Kapsel zu übertragen. Dank der langen Schienenführung lässt sich das Mikrofon ideal positionieren. Ein Blick auf die Für- und Wider-Listen am Ende der Vergleichstest zeigt, dass das leider keine Selbstverständlichkeit ist. Nicht ganz so flexibel wie die Klemmen präsentieren sich die damit befestigten Mikrofone. Diese repräsentieren die hohen Frequenzen relativ schwach – besonders die Snare klingt mit diesem Mikrofon nicht besonders frisch – anders gesagt: nicht sehr brilliant. Dafür ist der Sound sehr pfundig und durchsetzungsstark. Das klingt doch nach Rock’n ‘ Roll! Ausschlaggebend hierfür ist die Mittenanhebung der Mikrofone. Damit dürfte es dem Toningenieur nicht schwer fallen, die Trommeln durch das dickste Gitarrensound-Dickicht zu lotsen. Die Toms klingen mit den PG56 fast so, als wären die Signale durch eine Bandmaschine gelaufen. Alles ist maximal präsent, keine Frequenzbereiche stören und der Sound ist einfach dick bis zum Abwinken. Den nicht ganz so spritzigen Sound können auch die PG81-Overhead-Mikrofone nicht ausgleichen, auch wenn diese – für Budget-Mikrofone – die Höhen recht gut auflösen. Das ist aber bei weitem nicht alles: Die Shure-Overheads hängen nicht einfach nur rum, die tun was für ihr schmales Geld! Das Drumset klingt durch die PG81 so natürlich und klar, dass man Lust bekommt, diese, wie von Shure empfohlen, auch mal zur Abnahme anderer Instrumente einzusetzen. Sogar die Aufnahme von Alpenhörnern im Wald wäre möglich, Speisung mit Batteriebetrieb sein Dank. Eine Trompete beim Dorffest macht’s natürlich auch und um ganz sicher zu gehen für alle Nordlichter: Ein Schifferklavier auf einer Hafenrundfahrt klingt mit einem PG81 im Prinzip so wie es klingen muss, nämlich nach Schifferklavier. Das habe ich zwar nicht getestet, sollte aber den restlichen Eindrücken des Tests nach drin sein.
Und von den klaren und feinen Overheads aus geht es jetzt bergab. Ab in den Keller. In den Dreck, den Rock’n’Roll. “Scheißegal und trotzdem geil” ist die Devise. Es geht um das Bassdrum-Mikro: Das Teil klingt nicht fein oder klar, es sitzt mittig und klingt vom Grundcharakter etwas wie die PG56, nur einfach noch kompromissloser und gut abgerundet. Dieses PG52 klingt nicht nur einfach rotzig und dreckig, sondern setzt sich auch exzellent durch. Allgemein lässt sich feststellen, dass das komplette Performance Gear in jeder erdenklichen Situation auch tatsächlich “performt”. Es ist aber in erster Linie ein Rock-Setup!
Hier gibt es nun die Audio-Files im bewährten bonedo-Player (MP3-Format). Wer sich einen detaillierteren Eindruck verschaffen möchte, kann sich auf der Übersicht-Seite alle Audios auch als unkomprimierte Wav-Files downloaden.
Noch zwei Infos zu den Aufnahmen: Die Hi-Hat wurde mit einem KM84 von Neumann mikrofoniert, die Snare-Drum wurde zusätzlich bei den „Snare Bottom“Files mit einem SM 57 von unten versehen, als Raummikros kamen zwei Royer R-121 Bändchen-Mikros zum Einsatz.
Das PGDMK6-Kit empfiehlt sich als Spezialist für “Rock’n’Roll mit Eiern”. Das ganze Set wird homogen dargestellt, wenngleich die PG56-Mikrofone die Höhen nicht sonderlich klar auflösen. Die Overheads PG81 arbeiten recht linear und sind deshalb nicht nur aufgrund ihrer Position am Set das Highlight des Mikrofon-Koffers. Die Stärken der Zusammenstellung von Shure liegen nicht in der brillianten und unverfälschten Wiedergabe des Drumsounds, sondern eher darin, dem Sound einer Band ein druckvoll klingendes Set beizumischen. Der grundsätzlich positive Trend der Hersteller, vermehrt auf Produkte mit eigenständigem Sound zu setzen, hat uns dieses Budget-Set von Shure beschert. Wer also nach Charakter und Rock’n’Roll für den kleinen Geldbeutel sucht, der sollte sich das PGDMK6 kaufen.
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Facebook. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Instagram. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von X. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.