Sennheiser e604 Test

Dieser Test behandelt das Sennheiser e604. Endlich, könnte man sagen, denn von einer Neuheit kann auch beim besten Willen nicht mehr gesprochen werden. Ende der 90er Jahre vorgestellt, es ist allerdings zumindest deutlich jünger als ein anderes, sehr bekanntes Sennheiser Mikro, welches gern für dieselbe Anwendung her genommen wird. Die Rede ist vom MD421 und die Anwendung lautet: Toms aufnehmen!

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Nun muss man natürlich aufpassen, dass keine Missverständnisse aufkommen, denn das MD421 wurde zu einer Zeit vorgestellt, als Mikrofone fast ausschließlich an professionelle Anwender verkauft wurden, entsprechend teuer waren und deswegen möglichst viele Quellen gut übertragen sollten. All das stand so nicht mehr im Pflichtenheft bei der Entwicklung des Klemmmikrofons e604. Stattdessen möchte das Testobjekt aus Sennheisers Evolution-Serie ein Spezialist sein, was schon allein an der Form, der Größe und der Ausstattung abzulesen ist. Außerdem kostet es ziemlich genau ein Drittel dessen, was man für den Studioklassiker auf den Ladentisch legen muss. Wie das Teil an Toms und der Snaredrum klingt, findet ihr auf den folgenden Zeilen heraus.

Details

Auf praktisch getrimmt

Ob sich in der kleinen Schachtel, in der das Sennheiser e604 zum Soundfreund kommt, auch tatsächlich ein Mikrofon befindet, lässt sich nur durch das Öffnen derselben herausfinden, denn mit etwa 60 Gramm ist der Schallwandler wirklich extrem leicht – Halterungsgelenk und EU-Gewindeverkleinerung inklusive. Und sehr klein ist es noch dazu, denn nur sechs Zentimeter misst das Kunststoffgehäuse in der Länge. Bedienelemente gibt es keine, und überhaupt wirkt alles an dem Mikro, als wäre es darauf hin entwickelt worden, bloß keine Aufmerksamkeit zu erregen. Im Einsatz am Drumset dürfte sich das als großer Vorteil erweisen. Um dort ohne Stativ positioniert werden zu können, liegt dem e604 noch eine Spannreifenhalterung bei, welche sich an die meisten Metallreifen anbringen lassen soll. Dies geschieht per einfacher Klemmvorrichtung, nur das Mikrofon selbst wird per Rändelschraube befestigt. Den Lieferumfang komplettieren eine Anleitung und eine einfache Nylontasche.

Fotostrecke: 5 Bilder Extrem kompakt kommt das Kunststoffgehäuse des Sennheiser e604 daher.

Auch technisch gibt es keinen Schnickschnack

Die optische Zurückhaltung des Sennheiser e604 setzt sich bei den technischen Daten fort. Wir haben es mit einem dynamischen Mikrofon mit Nierencharakteristik zu tun, sein nutzbares Frequenzband gibt Sennheiser mit 40 bis 18000 Hertz an. Das zugehörige Diagramm zeigt eine ab 100 Hertz sanft ansteigende Kurve, die ihren Peak dort erreicht, wo der Anschlagston des Stocks liegt, also bei 5000 Hertz. Anschließend fällt der Graph langsam ab. Konstruktionsbedingt läßt sich der Nahbesprechungseffekt gut nutzen, eine nahe Positionierung über den Fellen sorgt für eine deutliche Anhebung der Frequenzen unterhalb von 500 Hertz. Klassentypisch ist auch die eher geringe Empfindlichkeit von 1,8 mV/Pa, schließlich haben wir es mit sehr lauten Quellen zu tun.

Praxis

Sehr einfaches Handling

So sehr schwere, wertig wirkende Schallwandler auch den Augen und Händen schmeicheln, im parktischen Einsatz zählen auch all die Dinge, die das Sennheiser e604 mitbringt. Und so macht es wirklich Spaß, das kleine, leichte Teil in enge Zwischenräume zu bugsieren und sich zu fragen, wie da wohl das altehrwürdige 421 hätte hinpassen sollen. Ein Ridebecken, welches nur knapp über dem Floortom hängt? Kein Problem für den Testkandidaten, zumal man sich dank Spannreifenhalterung auch oft das Stativ sparen kann. Wenn es um kritische Positionierungen im Studio geht, ist ein Stativ allerdings zu empfehlen, denn die Halterung hat Grenzen, wenn es um gößere Abstände in Kombination mit bestimmten Winkeln geht. Auch an meinem RIMS-System hält die Klemme nicht, ich habe daher für die Aufnahmen der Toms ebenfalls ein Stativ benutzt.

Fotostrecke: 3 Bilder Bekannte Ansicht: Sennheisers Klemmmikro e604 an einer Tom – allerdings auf einem Stativ

Ausgewogen an Toms und Floortoms

Selbstverständlich wandert das e604 zunächst an die Toms, genauer: an die Toms meines Oriollo Aluminum-Schlagzeugs. Die haben die Maße 12×8 und 16×14 und produzieren große, klare Töne mit sauberem Sustain. Als Vergleichsmikro kommt einer meiner Favoriten für diese Anwendung zum Einsatz, nämlich das Audio Technica ATM230. Es zeigt sich, dass das Sennheiser beide Trommeln ausgewogen und ausreichend detailliert abbildet und gleichzeitig die seitlichen Einsprechungen durch die jeweils anderen Instrumente im Set gut ausblendet. Im Vergleich hat das Audio Technica allerdings die Nase vorn, es klingt etwas transparenter und auch die Übersprechungen von Snare und Becken wirken natürlicher dargestellt. Trotzdem macht das e604 Spaß, auch im Mix gefallen mir die Signale gut. So hört sich das dann an.

Audio Samples
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Tom solo Tom im Kit Tom solo, ATM230 Tom Kit, ATM230 Floortom solo Floortom Kit Floortom solo, ATM230 Floortom Kit, ATM230

Offen und rund klingt das Testobjekt auch an der Snare

Dass sich das Testobjekt auch an der Snaredrum nicht zu verstecken braucht, zeigt die nächste Station des Tests. Mein Pearl Special Reserve Ahornmodell wird offen und mit einem leichten Fokus auf den Kesselton abgebildet, die Höhen wirken im Vergleich zum Telefunken M80 Referenzmikro etwas diffuser und zurück genommen. Insbesondere im Rockbereich dürfte das e604 eine gute Wahl sein, wer es besonders realstisch und feinzeichnend in den Ghostnotes mag, sollte eher zu einer anderen Alternative greifen.

Audio Samples
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Snare solo Snare kit Snare solo, Telefunken M80 Snare Kit, Telefunken M80

Fazit

Das getestete Clip-on-Mikrofon Sennheiser e604 kann schon fast als moderner Klassiker bezeichnet werden, wenn es um die Übertragung von Toms sowohl live als auch im Studio geht. Seine äußerst kompakte, leichte und damit bedienerfreundliche Bauweise sorgt für ein tolles Handling, was durch die mitgelieferte Spannreifenhalterung nochmals verbessert wird. Als Einschränkung wäre bei der Halterung der Umstand zu nennen, dass sie nicht an allen Freischwingsystemen hält, hier muss ein Stativ verwendet werden. Klanglich bietet das Mikro solide, druckvolle Klänge an Toms und auch an Snaredrums. Wer maximale Natürlichkeit und Transparenz sucht, ist jedoch nicht unbedingt an der richtigen Adresse. Trotzdem darf das kleine Teil als absolutes Arbeitstier bezeichnet werden, das überall dort eingesetzt werden kann, wo ein einfaches Handling und solide Signale benötigt werden.

Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • ausgewogen an Snare und Tom
  • solide Übertragung der Snaredrum
  • äußerst leicht und kompakt gebaut
  • gute Verarbeitung
Contra
  • Halterung nicht mit allen Tom-Freischwingsystemen (RIMS) kompatibel
Artikelbild
Sennheiser e604 Test
Für 139,00€ bei
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Features und Spezifikationen
  • Hersteller: Sennheiser
  • Bezeichnung: Evolution e604
  • Wandlerprinzip: dynamisch
  • Richtcharakteristik: Niere
  • Impedanz: 350 Ohm
  • Frequenzgang: 40-18000 Hz
  • Finish: Kunststoff, mattschwarz
  • Ausgang: XLR
  • Besonderheit: keine
  • Abmessungen: 6,0 x 3,3 Zentimeter
  • Zubehör: Spannreifenhalterung, EU-Reduziergewinde, Tasche, Anleitung
  • Herkunftsland: Deutschland
  • Preis einzelnes e604: € 128,52 (Strassenpreis am 6.7.2020 mit 16% MwSt)
  • Preis Dreierpack e604: € 331,74 (Strassenpreis am 6.7.2020 mit 16% MwSt)
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