Neumann KH 80 DSP Test

Neben einer Vielzahl legendärer Mikrofone vergangener Dekaden ist der deutsche Hersteller Neumann inzwischen auch ein etablierter Name für Studio-Monitore.

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Besonders der seit 2011 erhältliche Nahfeld-Monitor KH 120 schlug ein wie eine Bombe und ist auch in meinem Studioraum zu finden.
Der brandneue Monitor KH 80 DSP rundet die Modellpalette nicht nur nach unten ab, sondern wartet auch mit einer Reihe technischer Neuerungen auf, wie am Namenszusatz „DSP“ unschwer zu erkennen ist. Wie „heiß“ ist der kleine Neumann, der für knapp 500 Euro über den Ladentresen geht?

Details

Bauweise

Beim stückweise angebotenen Neumann KH 80 DSP Monitor handelt es sich um einen aktiven 2-Wege-Nahfeldmonitor, der mit seinen sehr kompakten Gehäusemaßen von 233 x 154 x 194 mm (H x B x T) fast wie eine geschrumpfte Version des KH 120 aussieht. Das überraschend leichte Gehäuse (3,4 kg) besteht aus einem Polycarbonat-Verbundwerkstoff und hat zwei Bassreflexkanäle auf der Vorderseite. Neu entwickelte Class-D-Verstärker mit einer jeweils maximalen Leistung von 120 und 70 Watt treiben 4-Zoll-Tief- und 1-Zoll-Hochtöner an, die beide durch ein Metallgitter vor Beschädigungen geschützt werden. 

Fotostrecke: 2 Bilder Der horizontal ausgerichtete Waveguide des Hochtöners.

Verarbeitung

Aus haptischer Sicht ist das Gehäuse von Neumanns Neuzuwachs eine Nuance weniger wertig als der KH 120 Monitor, speziell die von Kunststoff dominierte Rückseite. Aber schließlich handelt es sich nicht um einen Streichelzoo und einen konkreten Kritikpunkt vermag ich nicht zu nennen. Die rückseitig angebrachten Bedienelemente funktionieren tadellos, auch die Verarbeitung des in Irland gebauten Monitors ist ohne Makel.   

Die Rückseite ist augenscheinlich aus gewöhnlichem Kunststoff gefertigt.
Die Rückseite ist augenscheinlich aus gewöhnlichem Kunststoff gefertigt.

Lieferumfang

Die Auslieferung des KH 80 DSP Monitors erfolgt mit Netzkabel, einer gedruckten Bedienungsanleitung in englischer und deutscher Sprache, vier selbstklebenden Gummifüssen und einem separaten Beiheft mit Sicherheitshinweisen, damit man den Monitor nicht mit in die Badewanne nimmt. Die Bedienungsanleitung kann man hier auf der Homepage von Neumann herunterladen. Die Software, die zur kompletten DSP-Steuerung erforderlich ist, wird laut Homepage voraussichtlich erst in einigen Monaten (September 2017) zum Download bereitgestellt. Gleiches gilt für das optional erhältliche Precision Alignment Kit (PAK1), welches bei der detaillierten Abstimmung an den Aufstellungsort hilft. Weiterhin gibt es vom Hersteller ein recht umfangreiches Zubehör-Sortiment an Stativen und Halterungen, um den Monitor in unterschiedlichsten Mehrkanal-Setups zu positionieren.

Die rückseitige Schraubvorbereitung ist praktisch zur Befestigung an optionale erhältlichen Halterungen.
Die rückseitige Schraubvorbereitung ist praktisch zur Befestigung an optionale erhältlichen Halterungen.

Stromversorgung

Der KH 80 DSP kann mit Spannungen von 100 bis 240V (AC, 50/60 Hz) ohne manuelles Umschalten betrieben werden und ein Schalter zum Ein- und Ausschalten des Monitors befindet sich auf der Rückseite. Weiterhin ist eine Funktion per Schalter aktivierbar, welche den Monitor nach 90 Minuten ohne Signal in den Standby-Modus versetzt. Bei erneutem Eingangssignal benötigt der KH 80 DSP fünf Sekunden, um in den normalen Wiedergabemodus zu wechseln. Dass der Lautsprecher eingeschaltet ist, erkennt man am weiß leuchtenden Neumann-Logo auf der Vorderseite, welches in verschiedenen anwendungsspezifischen Situationen auch rosa und rot leuchtet. Ein Dimmen des Logos ist erst bei Erscheinen der Control-Software möglich.

Fotostrecke: 3 Bilder Im eingeschaltetem Zustand leuchtet das Logo weiß.

Klanganpassung

Die Anpassung an den Aufstellungsort und individuelle Hörpräferenzen erfolgt wahlweise am Gerät selbst (Local Control / Acoustical Control) in Form eines vierstufigen Desktop-Filters oder per Network Control über die – wie bereits erwähnt – noch nicht erhältliche Control Software, welche den Zugriff auf acht vollparametrische Filter sowie einen Low und High Shelf Filter ermöglicht. Dies bedeutet, dass frühe Besitzer des KH 80 DSP Monitors sich zunächst mit einer möglichen Absenkung tiefer Mitten (0, -1,5, -3, -4,5dB) begnügen müssen. Ob man sich nun über diese vorübergehende Einschränkung ärgert oder die frühe Kaufmöglichkeit des Monitors freut, ist dabei jedem selbst überlassen.

Die rückseitigen Bedienelemente inklusive der im Local-Control-Modus verfügbaren Klangregelung
Die rückseitigen Bedienelemente inklusive der im Local-Control-Modus verfügbaren Klangregelung

Anschlüsse / Eingang

Neben der momentan noch brachliegenden RJ-45-Buchse zum Anschliessen eine Standard-Ethernet-Kabels befindet sich der symmetrische Audioeingang in Form einer Kombi-Buchse für 6,35mm-Klinken- und XLR-Kabel. 

Fotostrecke: 2 Bilder Kombibuchse zum Anschliessen von XLR- und Klinkensteckern

Praxis

Aufstellung / Testumgebung

Zum Praxistest habe ich ein Paar Neumann KH 80 DSP Monitore in meinem Studio freistehend und akustisch entkoppelt auf Boxendrehtellern meines Studiotisches positioniert, auf denen sonst meine Neumann KH 120 Monitore beheimatet sind. Aufgrund des überraschend kompakten Gehäuses habe ich die Höhe meines Studiostuhls etwas verringert, damit die Hochtöner auf gleicher Höhe zu meinen Ohren stehen, wie es bei mir auch beim größeren Modell der Fall ist.
Als Audiomaterial habe ich eine stilübergreifende Mischung vetrauter Fremd- und Eigenproduktionen verwendet sowie diverse Hörproben mit Rauschgeneratoren und Sweeps durchgeführt. Als D/A-Wandler kam das Apollo 8 von Universal Audio zum Einsatz. Zum Anschluss der Monitore habe ich ausschließlich Vovox-Kabel (link direct S XLR) verwendet und mehrmals KH 80 DSP gegen KH 120 ausgewechselt. Was hat der Hörtest ergeben?  

Waveguide des HF-Treibers
Waveguide des HF-Treibers

Der erste Eindruck

Die Familienähnlichkeit ist erstaunlich – nicht nur optisch! Die KH 80 DSP klingen ab dem ersten Moment vertraut und vertrauenserweckend. Erstaunlich ist die Klangfülle trotz des kompakten Gehäuses. Überraschend ist der volle Bass der kleinen Neumänner!

Frequenzgang

Der angegebene Übertragungsverlauf des KH 80 DSP ist mit 57 Hz bis 21 kHz auf dem Papier nur im Bassbereich gegenüber dem größeren Bruder (52 Hz) etwas eingeschränkt. Beim Abhören basslastiger Musik offenbart sich bei genauerem Hinhören dann aber doch, dass der 4-Zoll-Tieftöner des KH 80 DSP Monitors nicht ganz so souverän abliefert und etwas eher komprimiert als der 5,25-Zoll-Tieftöner des KH 120. Das ist keine Kritik, sondern eine wenig überraschende und bauartbedingte Abgrenzung: Wer den Bassbereich besonders im Auge behalten muss, ist bei Nahfeld-Monitoren mit einem zusätzlichen Subwoofer immer gut beraten. Mittlere und hohe Frequenzen werden lebendig und hochaufgelöst wiedergegeben, allerdings habe ich beim KH 80 DSP ein etwas stärkeres Bestreben, das Desktop-Filter zur Absenkung der Tiefmitten einzusetzen, aber dafür ist er ja schliesslich da. Die hohen Frequenzen werden recht prominent und crisp in Szene gesetzt, was für einige Anwendungen durchaus sinnvoll ist. Beim meinen KH 120 habe ich die Höhen etwas abgesenkt, was beim neuen DSP-Modell aufgrund der noch nicht erhältlichen Software leider momentan nicht möglich ist. Dies ist kein Beinbruch, da es sich um Nuancen handelt, dennoch wären weitere manuelle Zugriffsmöglichkeiten zur Klangregelung nicht unbedingt ein Nachteil. 

Filterkurven des Desktop Filters (Local Control); (Quelle: Neumann Homepage)
Filterkurven des Desktop Filters (Local Control); (Quelle: Neumann Homepage)

Laut Bedienungsanleitung „merkt“ sich der Monitor die (in der Zukunft) per Netzwerk zuletzt erfolgten Einstellungen zur Klanganpassung auch ohne Stromzufuhr. Im mobilen Einsatz kann man jederzeit zwischen Local- und Network-Control wechseln, was praktisch ist (beziehungsweise sein wird, wenn die Software vorhanden ist).

Impulsverhalten

Die Transientenwiedergabe erfolgt auf hohem professionellen Niveau. Gegenüber dem Neumann KH 120 Monitor muss man keine Kompromisse in Kauf nehmen.

Räumliche Abbildung

Gleiches gilt in diesem Punkt: Die räumliche Abbildung und präzise Tiefenstaffelung sollte auch kritische professionelle Ansprüche befriedigen, was in dieser Preiskategorie äußerst bemerkenswert, wenn nicht sogar beispiellos ist.

Sonstiges

Neben meinem persönlichen Hauptaugenmerk der Musikproduktion punktet der KH 80 DSP Monitor durch vielfältige, demnächst verfügbare DSP-Funktionen in unterschiedlichen Einsatzszenarien wie Synchronisation (Delay 0-70 ms) und komplexe Mehrkanal-Setups.

In Kürze sind viele Funktionen per Remote App steuerbar (Quelle: Homepage Neumann).
In Kürze sind viele Funktionen per Remote App steuerbar (Quelle: Homepage Neumann).

Fazit

Neumanns Einstiegsmodell KH 80 DSP ist einer der interessantesten und professionellsten Vertreter im Segment ultrakompakter Nahfeld-Monitore und das bereits ohne die verfügbaren DSP-Funktionen, die vorraussichtlich erst in einigen Monaten verfügbar sein werden. Die beeindruckenden Wiedergabeeigenschaften dürften in vielen Anwendungsszenarien auch professionellen Anforderungen genügen, wobei man in Bezug auf die Basswiedergabe von dem kleinen Monitor aber auch kein Wunder erwarten darf – trotz der überraschend druckvollen Wiedergabe tiefer Frequenzen. Die volle Punktzahl hätte ich vergeben, wenn die von Software unabhängige Klangregelung etwas kompromissloser ausgefallen wäre und man zumindest eine Absenkung hoher Frequenzen direkt am Gerät vornehmen könnte. Wer auf der Suche nach einem Nahfeld-Monitor ist, sollte den Neumann KH 80 DSP unbedingt ausprobieren!

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • beeindruckende Auflösung und Tiefenstaffelung
  • professionelle Wiedergabeeigenschaften
  • sehr kompaktes und leichtes Gehäuse, daher auch mobiltauglich
  • gute Basswiedergabe für die Gehäuse- und Membrangröße des Basstreibers
  • flexible Anwendungs- und Anpassungsmöglichkeiten, sobald die Software verfügbar ist
  • umfangreiches Zubehörsortiment für zahlreiche Montage-Optionen
Contra
  • begrenzte Anpassungsmöglichkeit ohne Software
Artikelbild
Neumann KH 80 DSP Test
Für 469,00€ bei
Neumann_KH_80_DSP_B13_front_Seite

Features und Spezifikationen

  • aktiver DSP Studio-Monitor
  • aktiver 2-Wege-Lautsprecher
  • Basstreiber: 4 Zoll
  • Höhentreiber: 1 Zoll
  • MMD Waveguide
  • Bassreflexgehäuse
  • Limiter: Auslenkung, Bass, Höhen
  • Symmetrischer analoger XLR-/Klinken-Eingang
  • Eingangs Impedanz: 14 kOhm
  • Maximaler Eingangspegel: +24 dBu
  • Verstärker: Class D, 90/120Watt (Basstreiber), 50/70Watt (Hochtöner); THD+N 0,1/10%
  • Maximaler Schalldruck (bei 1 m Abstand): 108,8 dB
  • Frequenzgang: 57 – 21000 Hz (-3 dB)
  • Crossover-Frequenz: 1,8 kHz (48 dB/oct), phasenlinear
  • Desktop Filter für untere Mitten (0/-1,5/-3/-4,5dB)
  • Mehrfarbig leuchtendes Neumann-Logo
  • Netzwerkanschluss
  • Umfangreiche DSP-Funktionen (weitere Filter, Delay, Konfigurationen) per Software (PC, Mac, Android, iOS) demnächst verfügbar
  • 2 x M6 Gewindeaufnahme für Ständer / Halterungen
  • Maße: 233mm (h)

154mm (b)

    194mm (t)

    • Gewicht: 3,5 kg
    • Preis: € 549,– (Straßenpreis am 04.06.2017)
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    Spankous sagt:

    #1 - 05.05.2018 um 21:00 Uhr

    0

    Ich verstehe nicht (und würde mir sehr wünschen) warum monitore heutzutage und insbesondere die kleineren , kein Hochpass Schalter als Standart Ausstattung besitzen. Ich meine heutzutage wird es doch kaum jemanden geben der nicht sofort (oder ein bisschen später) einen Subwoofer mit ins spiel bringt. Ich gehe sehr ungern erst mit dem signal durch eine Subwoofermodul-weiche um dann wieder in die Satelliten zu kommen um Hochpass zu Filtern. Die Focal Cms haben so einen "Hochpass=Tiefbass Endlaster Schalter" und so etwas finde ich sehr fein

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