Miktek C5 Test

Im großen bonedo-Testmarathon der Kleinmembran-Kondenser ist auch das Nierenmikrofon C5 der amerikanischen Firma Miktek einem ausführlichen Review unterzogen worden. Miktek mögen hierzulande – im Epizentrum der Kondensatormikrofone – nur einen Außenseiterstatus innehaben, in den USA sind sie jedoch recht bekannt und sehr beliebt. Diese Beliebtheit bezieht sich in erster Linie auf die Großmembran-Kondensatormikrofone CV4 und C7, doch bietet der Hersteller der Mikrofone mit dem markanten Corporate-Design auch Drum- und Live-Vocal-Mikros an – und eben die vorliegenden Kleinmembran-Kondensatormikros. 

Miktek_C54


Miktek behaupten im Manual zum C5, dass es viele Mikros gibt, die ziemlich gut seien, aber da der Käufer/Interessent ja wohl offenbar zur Elite der Engineers gehört, denen “recht gut” eben nicht gut genug sei… Einfach gesprochen, sei das der Grund, weshalb Miktek Mikrofone bauen. Nun, vornehme Zurückhaltung ist nicht das, was dem Klischee des amerikanischen Unternehmers entspricht, allerdings muss man auch zugestehen, dass Nashville, die Heimat des Unternehmens Miktek, sehr, sehr gute Tontechniker beheimatet – unabhängig davon, ob man Country nun mag oder eher verabscheut. Dennoch ist es ja typisch deutsch, so eine Aussage kurz sacken zu lassen und dann zu sagen “Nun, das wollen wir jetzt mal überprüfen”. Und genau das hat euer Herr Schwarzer (“Mavridis” auf Deutsch) für euch getan.

Details

AMI-AÜ

Ich beginne die Beschreibung mit einer Besonderheit, genau genommen dem Ausgangsübertrager. Während amerikanische Mikrofone sich nicht selten einen amerikanischen Jensen-Transformer leisten, kommt im C5 der T5 von AMI/TAB-Funkenwerk zum Einsatz. Das in Oahu, Hawaii ansässige Unternehmen steht insgesamt sehr in deutscher Tradition, nicht zuletzt, da Gründer Oliver Archut einst für AEG/Telefunken tätig war (und dort auch die Aufgabe hatte, Siemens V72 zu verschrotten(!) – was er glücklicherweise sein ließ). Vor dem Ausgangsübertrager wird vom Kapselsignal eine Schaltung durchlaufen, die mit einem Feldeffekttransistor arbeitet.

Fotostrecke: 5 Bilder Miktek-Designmerkmal: Schürze mit dem Produktkürzel

Nierenkapsel

Ein C5 ist ein sehr kosmopolitisches Mikrofon. Die Kapsel stammt sehr wahrscheinlich aus China, der Übertrager aus den USA, weitere Teile ebenfalls aus Asien, den USA und auch Europa. Sollte der Metallbau aus Fernost sein, hat man verblüffend ordentlich gearbeitet, weshalb ich sogar eher auf die USA tippe. Deutsche Präzision à la Gefell oder Schoeps ist das aber nicht, denn von hier ist man noch feinere, gleichmäßigere Oberflächen gewohnt. Die angesprochene Kapsel namens MK5a verfügt über eine Membran, deren schwingender Anteil ein halbes Zoll Durchmesser besitzt. Als Trägermaterial wird eine fünf Mikrometer dicke Mylarfolie verwendet, die mit einem halben Mikron Gold bedampft ist. Diese Goldschicht ist eine der beiden Kondensatorelektroden. Das Pickup-Pattern ist so eingestellt, dass sich eine Nierenform ergibt – wie sich diese über den Frequenzgang verhält, erfährt man nicht. Es ist aber davon auszugehen, dass die Off-Axis-Rejection oberhalb von 5 kHz noch ausreichend hoch und die Nierenform weiter stabil sind.

Kein linearer Frequenzgang

Der Frequenzgang ist besonders: Von  3 kHz abwärts gibt es eine zunehmende Dämpfung, auf dem Weg hinunter bis 20 Hz werden aber nur etwa 3 dB verloren. Wirklich auffällig ist aber, was sich weiter oben im Standard-Frequenzgang, aber auch in den individuellen Graphen der beiden C5 zeigt: Einem Einbruch zwischen 5 und 10 kHz folgt eine deutliche Überhöhung um die 12 kHz, was sicher enorme Auswirkungen auf den Klang haben wird. Mit technischen Angaben geizt die Literatur des phantomgespeisten Schallwandlers, so erfährt man nur, dass der maximale Schalldruckpegel mit 126 dB(SPL) angegeben ist, aber nicht, ob für 0,5 oder 1% THD+N. Bei 1% wäre der Wert nicht sonderlich hoch, zumal das C5 kein Pad besitzt. “17 dB” als Angabe des Ersatzgeräuschpegels lassen die Angabe des Messverfahrens vermissen, also ob es sich um die Messung nach CCIR oder nach A-Filterung handelt. Die Empfindlichkeit ist ordentlich und liegt bei knapp 24 mV/Pa (32,4 dB re 1V/Pa). 

Fotostrecke: 4 Bilder Kommt im mächtigen Koffer: Set aus zwei C5.

Gut verpackt, ordentlich ausgestattet

Die silbernen Mikrofone werden unter der Voraussetzung, dass man ein Matched-Pair ersteht, in einem umfangreich dimensionierten Metallkoffer geliefert, in dessen Inneren sich zwei elastische Halter, Windschütze, eine Stereoschiene und eine Holzbox befinden. Diese Kiste wiederum beinhaltet zwei einfache Clip-Halter und die beiden C5-Mikrofone.

Praxis

Oh ja, das Miktek C5 kann wirklich hervorragend auflösen. Im Beispielfile sollte das klar deutlich werden. Eine nicht gerade übertrieben dünne Membran und die Verwendung von FET und Ausgangsübertrager sind üblicherweise kein Garant für flitzig-spritzige Höhen, im Gegenteil. Es ist schon verwunderlich und sehr beachtenswert, wie schnell dieses Mikrofon ist. Allerdings gibt es auch eine Schattenseite. Der Frequenzgang entspricht nicht dem, was man von einem Alleskönner im Studio verlangt – aber das muss ja nicht sein, schließlich gibt es unter den “iconic microphones of the past”, die Miktek im Manual referenziert einige, bei denen das ähnlich ist. Dass das Signal des C5 von der anderen Warte her betrachtet auch schlicht als “bass- und mittenarm” bezeichnet werden kann, ist eine andere Sache – es möchte schließlich nicht wirklich neutral sein. Man kann dadurch auch nah an Schallquellen heran, um sie schön freizustellen und Räume auszublenden, ohne dass der Proximity-Effekt das Signal “zerbasst”. Allerdings macht da die Dynamik nur eingeschränkt mit: Vor allem bei Hi-Hats sollte man vorsichtig sein: Noch bevor die Topfigkeit durch zu nahe Besprechung eintritt, sind es schnell etwas klebrige Transienten, die einem einen Strich durch die Rechnung machen – Hi-Hats können enorme Pegelanstiege produzieren, die Signalflanken sind mitunter äußerst empfindlich. Ein Hochpassfilter fehlt aufgrund des Pegelfrequenzganges kaum, ein Pad an der richtigen Stelle hätte vielleicht positive Auswirkungen auf die Nutzbarkeit des Miktek gehabt.

Audio Samples
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Miktek C5

Über den Frequenzgang kann man streiten. Das eigentliche Problem des C5 sehe ich woanders. Als “Effektmikrofone” kann man die Stäbchen nicht verunglimpfen, der Höhenboost liefert schöne Kontraste zu neutraleren oder sogar dunkleren Ribbons oder Großmembranern und kann den Mix mancher Stücke einfacher gestalten – ich denke gerade an Body-Mike (Großmembran-Kondensator oder Ribbon) auf der einen Seite der Akustikgitarre und ein C5 ab dem Hals-Korpus-Übergang aufwärts. Allerdings – und damit komme ich zum eigentlichen Punkt – stört mich am Mikrofonsignal, dass die Höhenanhebung anstrengend und nicht natürlich klingt. Es ist eben nicht ein angenehmer Sparkle, sondern eher eine brutale Anhebung, die ein wenig klingt wie mit einem EQ, also einem mittelbreiten Bell oder – dem Klang nach zu urteilen, nicht dem Graphen – einem High Shelf Boost. Wirklich: Wenn ich so einen Sound benötige, nehme ich einen Equalizer – ich erkenne im Klang nicht, wo die Vorteile liegen, dass diese Veränderungen schon im Mikrofon passieren. Das Tuning auf Höhenreichtum geschieht bei Mikros wie Schoeps in der Kapsel durch die Veränderung vor allem von Volumina (etwa MK 21 und MK 21H), bei Miktek habe ich diesen Eindruck nicht, etwas “phast” dort und “reibt” ein wenig – was man durchaus dem Übertrager zuordnen kann. 

Ich will aber gar nicht prügeln: Man muss den amerikanischen Mikes auch zugestehen, dass sie als Ladenpreis für ein einzelnes Mikrofon einen Betrag aufrufen, für den man gerade einmal eine einfache Schoeps-Kapsel oder einen Body erhält – oder ein “halbes” Gefell. Als Alternative für eher harte, klare, höhenreiche, aber immer noch transparente Mikrofone fallen mir natürlich noch DPA ein, allerdings muss auch hier das Portemonnaie wesentlich weiter geöffnet werden, damit man ihm die dicken Scheine entnehmen kann. Zudem kommt ein C5-Stereoset mit guter Ausstattung. Das “gut” bezieht sich nicht zuletzt auf die elastischen Halter, die deutlich robuster sind als vieles, was man sonst so zu Gesicht bekommt. 

Den höhenreichen Sound der C5 muss man nicht nur mögen, er muss auch passen.
Den höhenreichen Sound der C5 muss man nicht nur mögen, er muss auch passen.

Ordentlich ist das Matching der Mikrofone, aber auch nicht auffallend besser als die meisten separat gekauften Mikrofone dieser Preisklasse. Wer weiß, vielleicht ist ein umfangreiches Matching auch nicht notwendig, denn in Nashville wird nach Angaben von Miktek nicht nur ein fertiges Mikrofon getestet, sondern es werden auch Bauteile selektiert (sicher, um geringere Toleranzen zu erhalten). Im Stereobetrieb zeigen sich die positiven Eigenschaften und auch wieder der Vorteil der Schnelligkeit und des Höhenreichtums: Das Stereobild ist aufgeräumt, die Ortung ist absolut messerscharf, ja fast analytisch – das bekommt so kaum ein anderes Mikrofonpärchen des Tests ohne weitere Eingriffe hin!

Fazit

Mikteks C4 sind ordentliche Mikrofone mit einem eigenen, höhenlastigen Sound, der sich in so mancher Recordingsituation als Gegenstück zu anderen Signalen oder als gezielter “Vorformer” eignet. Allerdings übertreibt der Hersteller mit dem Höhentuning, zumal es nicht den edlen Charakter aufweisen kann, den ich von einigen anderen Kleinmembran-Kondensatormikrofonen kenne. Ein Allrounder ist es nicht, kann aber dem einen oder anderen User die Mikrofonsammlung um einen Spezialisten erweitern, wenn man im Klangcharakter der gezüchteten Höhen nichts Negatives sieht. Die meisten Engineers verlangen von Kleinmembranern aber eher eine hohe Natürlichkeit, die qualitativ hochwertigen Vertreter lassen sich bei Bedarf mit dem EQ noch in weitere Höhen tweaken – und nach EQ klingt es leider auch beim Miktek. Ich möchte ein C5 niemandem ausreden, aber dazu raten kann ich aus oben genannten Gründen auch nicht. Mit einem Paarpreis von weit unter 1500 Euro (“Straße”) ist es zwar nicht billig, doch auch nicht übertrieben teuer. 

Unser Fazit:
3,5 / 5
Pro
  • Auflösung
  • Geschwindigkeit
  • guter Counterpart zu anderen Mikrofonen
Contra
  • Höhenanhebung klingt unnatürlich und anstrengend
Artikelbild
Miktek C5 Test
Klanglich recht besondere Mikrofone: Miktek C5
Klanglich recht besondere Mikrofone: Miktek C5
Spezifikationen
  • Empfängerprinzip: Druckgradientenempfänger
  • Richtcharakteristik: Niere
  • Wandlerprinzip: Kondensator
  • Betriebsspannung: 48 V Phantomspeisung
  • Frequenzgang: 20 Hz – 20 kHz
  • Übertragungsfaktor: 24 mV/Pa
  • THD+N: 17 dB(A-bewertet)
  • maximaler Schalldruckpegel: 126 dB SPL
  • Preis (Stück): € 772,- (UVP)
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