Midas XL48 Test

Wenn Hersteller wie Midas ein neues Produkt ankündigen, horcht nicht selten die gesamte Branche auf. So hat es großes Interesse daran gegeben, dass es einen Achtfach-Mikrofonvorverstärker im 19″-Format des renommierten Herstellers geben wird – der gleich noch mit einem umfangreichen A/D-Wandler ausgestattet ist und erstaunlich “bezahlbar” daherkommt. Unser Interesse war genauso groß, daher haben wir uns den Preamp noch ofenwarm aus dem Werk für einen Test kommen lassen.

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Im XL48 finden acht der beliebten XL4-Vorverstärker in einem tiefen 1HE-Gehäuse Platz. In Kombination mit einem Digitalwandler findet man so einige Geräte, die im Recording-Studio gerne als Erweiterung eines Audio-Interfaces eingesetzt werden, beispielsweise von Focusrite oder Behringer. Ein Lüfter im Gehäuse des Midas kann den Spaß an diesem Einsatzort jedoch möglicherweise etwas trüben.

Details

Sinnvolle Features der Preamps

Die Vorverstärker in Transistortechnik sind alle identisch ausgestattet: Auf die übertragerlosen XLR-Inputs kann jeweils einzeln Phantomspeisung gegeben werden – schließlich kann man bei defekten Kabeln durchaus auch Übertrager oder Schwingspulen in dynamischen Mikrofonen himmeln. Parallele Eingangssignale können auch über einen Sub-D-Anschluss geliefert werden, dann allerdings aus schaltungstechnischen Gründen ohne Phantomspeisung. Ist das Eingangssignal zu hoch, greift ein 20dB-Pad, bevor in der Operationsverstärkerschaltung 10 bis 60 dB Gain eingestellt werden. Der Clou hier: Von 7 bis 12 Uhr Reglerstellung stellt man den Bereich von 10 – 25 dB ein, darüber werden die Schritte größer. Diese Anpassung an die Wahrnehmung des Menschen gibt schon mal einen klaren Pluspunkt, entspricht sie doch den Anforderungen an die Praxis recht gut – allerdings scheinen in diesem Zusammenhang die Beschriftungen auf der Frontplatte nicht ganz exakt zu sein – wie man anhand der Fotos nachvollziehen kann – aber alles andere wäre sicher sehr verwirrend gewesen. Ähnlich verhält es sich mit den nachgeschalteten Filtern, die von 40 kHz bis hinunter zu 1 kHz hohe Frequenzen beschneiden und im Falle des Hochpassfilters eine Eckfrequenz von 10 bis 400 Hz aufweisen. Sowohl für die Höhen- als auch die Tiefensperre gilt eine Flankensteilheit von 12 dB/Oct. Eine Phaseninvertierung und ein Achtsegment-LED-Meter komplettieren jeden der acht Channels.

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Outs: Analog, analog, digital, digital, digital oder doch lieber digital?

Hinter den jeweiligen Preamps fließen die Signale zu verschiedenen Zielen. Analog geht es mit den acht Signalen schnurstracks nach elektronischer Symmetrierung über den rückseitigen Sub-D-Anschluss wieder aus dem Midas heraus. Halt: Vorher werden die Signale noch durch einen Splitter geführt und dann über zwei Sub-D parallel ausgegeben. Das macht das Routing für gleichzeitige Verwendung der Mikrofone für FOH, Monitoring und Recording einfacher, zumal es da ja noch die ADC-Einheit gibt. Dem Platzbedarf auf der Frontplatte nach zu urteilen, ist deren Funktionsumfang winzig, doch weit gefehlt: Nach dem eigentlichen Wandler, der fest mit 96 kHz Abtastgeschwindigkeit arbeitet, entert das dann digitale Signal einen SRC. Hier kann eine Konvertierung auf die üblichen Samplerates 88,2, 48 und 44,1 kHz erfolgen. Soll der XL48 nach fremder Pfeife tanzen – und das nicht so unrhythmisch wie die tänzerischen Fähigkeiten des Autors es zulassen – kann das Clocking nach der, an der BNC-Buchse anliegenden, Wordclock erfolgen. Soll der XL48 Clockmaster spielen, kann das durch die WC-Out-Buchse erfolgen oder über die signaltragenden Digitalausgänge.

Fotostrecke: 4 Bilder Winzig: Die Digitalabteilung auf der Frontplatte des XL48

Die Engländer geben dem Chinesen Van Damme mit?

Midas ist ein in Kidderminster, Worcestershire (bitte laut aussprechen!) beheimatetes Traditionsunternehmen, welches in der Music Group aufgegangen ist. Hergestellt wird der XL48 daher nicht in den englischen West Midlands, sondern ein klein wenig weiter östlich, in China. Im Lieferumfang des Preamps befindet sich eine Snake von DB25 auf XLR(m), dessen Kabelmaterial mir ein guter Bekannter ist: Das Multicore mit 110 Ohm Wellenwiderstand ist vom englischen Kabelhersteller Vandamme beigesteuert worden, auf den ich – ganz im Gegensatz zum Gerechtigkeitshiebe verteilenden Schauspieler – sehr große Stücke halte.

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Praxis

Licht und Dunkel der Ergonomie
“Wwwiiii…” begrüßt mich der Lüfter des Midas XL48, nachdem ich die Stromschleusen zum Gerät geöffnet habe. Ich horche ein wenig genauer hin – nein, das ist zu viel für den Einsatz im Tonstudio. Aber natürlich ist es klar, dass dies nicht das avisierte Anwendungsfeld ist, denn sonst wären zum Beispiel fest im Signalweg liegende Filter ein Kritikpunkt. Trotzdem schade. Im Live-Einsatz gelten nun mal andere Prioritäten. Eine dieser Prioritäten ist die Bedienbarkeit: Auch im hektischen Betrieb bei schlechten Lichtverhältnissen muss jeder Engineer sofort mit dem Equipment klarkommen – selbst, wenn er es das erste Mal sieht.

Fotostrecke: 4 Bilder Seine Geräuschemissionen machen den Einsatz im Recording Studio leider kaum möglich: Lüfter des XL48

Direkt und druckvoll

Im Live-Betrieb sind meist weder esoterische Feinzeichnung noch besonders auffällige Klangcharakter gefragt – vielmehr sind die meisten Engineers auf der Suche nach verlässlichen Preamps, deren Signale sich klar gegeneinander abgrenzen lassen und sich durchsetzen können. Und haargenau das bietet der Midas XL48: Mikrofonsignale klingen kräftig, kurz, knackig und auf eine bestimmte Art und Weise konkret. Das schreibe ich nicht der Alliteration wegen: Es ist ein leichter Support der unteren Mitten, der Signale zwar eine Tendenz kerniger, aber nie dick und behäbig werden lässt. Benutzt man ein Mikrofon, auf das diese Attribute ebenfalls zutreffen – als prominentestes Beispiel vielleicht das Shure SM58 – erhält man Signale, die im Mix das Faustrecht walten lassen und sich ihren Platz einfach nehmen. Dennoch bleiben die Verstärkerschaltungen des Rack-Preamps feingeistig genug, um auch Kondensator-Schallwandler, die als Overheads, Akustikgitarren-, Hi-Hat-, Percussion- oder von mir aus auch Querflöten-Mikrofone arbeiten, mit klaren und differenzierten Höhen abzubilden.

Audio Samples
0:00
Vocals Filtersweep

Gut gefiltert ist halb gewonnen

Zudem ist der Vorverstärker von Midas auch ein Aufräumer erster Güte, denn die Filter gehen mit der richtigen Mischung aus Natürlichkeit und Behutsamkeit auf der einen und Bestimmtheit und Gründlichkeit auf der anderen Seite zu Werke. Schließlich ist Mikrofon-Auswahl und -Positionierung sowie Frequenzstaffelung mit Filtern der Grundstock für einen gelungenen Mix.  

Fazit

Midas’ XL48 ist eine hervorragende Erweiterung für bestehende Setups. Dies liegt an der hervorragenden Infrastruktur, die das 19″-Gerät für den Einsatz an Analog- und Digitalpulten äußerst geeignet erscheinen lässt. Die vielen verschiedenen Ausgänge und Ausgangsformate lassen das kleine Gerät wirklich äußerst flexibel dastehen – vom kleinen Setup bis hin zur großen Produktion mit separaten Monitorpulten und Recording. Auch klanglich trifft es die Anforderungen eines Mehrkanal-Preamps genau ins Bull’s Eye. Bis auf kleine Mosereien kann man es “richtiger” eigentlich kaum machen als Midas – auch, was das Preis-Leistungsverhältnis angeht.

Pro
  • sinnvolle Ausstatung
  • praxisnahe Potiskalierung
  • parallele Analog- und Digitalausgänge
  • durchsetzungsfähiger Sound
Contra
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Technische Spezifikationen
  • Achtfach-Mikrofonvorverstärker mit A/D-Wandler
  • pro Kanal 20dB-Pad, 48V, Polarität, 2-pol. HPF (10-400 Hz) / LPF (1-40 kHz)
  • 20 Hz – 20 kHz +0/-1 dB
  • ADC: 44,1/48/88,2/96 kHz, ext. Sync auf WC möglich
  • WC Out
  • Eingänge: XLR und Sub-D (parallel)
  • analoge Ausgänge: 2 x Sub-D
  • digitale Ausgänge: 2 x AES/EBU über einen Sub-D, ADAT (parallel oder S-Mux)
  • 19″ / 2 HE, internes, gesichertes Netzteil (100-240/50&60Hz), Lüfter
  • Preis: € 1725,50 (UVP)
Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • sinnvolle Ausstatung
  • praxisnahe Potiskalierung
  • parallele Analog- und Digitalausgänge
  • durchsetzungsfähiger Sound
Contra
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Midas XL48 Test
Für 998,00€ bei
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