MakeMusic Finale 2014 Test

Mit der Version Finale 2014 hat MakeMusic seiner Notationssoftware ein Update spendiert. Lange Zeit galt Finale als das Nonplusultra in Sachen professioneller Musiknotation, wobei der wichtigste Konkurrent Avid Sibelius in den letzten Jahren aufholen konnte – vor allem, weil Sibelius hartnäckig der Ruf vorauseilt, es sei leichter zu bedienen. Ob sich der Platzhirsch Finale mit der neuen Version an der Spitze behaupten kann, wollen wir in diesem Test herausfinden.

Finale 2014: Was bringt das Update? (Bild: zur Verfügung gestellt von MakeMusic)
Finale 2014 ist ein behutsames, aber durchdachtes Update


Seit dem letzten großen Update sind über zwei Jahre vergangen – im Finale-Universum ist das eine vergleichsweise lange Zeit. Viele Jahre lang erschien mit schöner Regelmäßigkeit jedes Jahr eine neue Version der Software, oftmals nur mit kleinen Veränderungen. Heißt das, dass es dieses Mal mehr Neuigkeiten gibt? Soviel vorweg: Ja und nein. Auf einen radikalen Umbau der Bedienoberfläche, wie ihn zum Beispiel Sibelius seinen Anwendern mit dem Update auf die Version 7 zumutete, wurde verzichtet, sodass sich Finale-Kenner auch in der neuen Version sofort zurecht finden werden. Dennoch gibt es einige Neuerungen, die auf den ersten Blick vielleicht nicht unbedingt spektakulär wirken, in der Praxis aber viel Zeit und Mühe sparen könnten. Was dahinter steckt, haben wir für euch ausprobiert.

Details

Konzept

Finale ist als Software zur professionellen Musiknotation seit vielen Jahren marktführend, vor allem bei vielen Verlagen und in vielen Hochschulen wird zur Erzeugung von druckreifen Partituren und Auszügen nach wie vor auf das Programm gesetzt. Der Hintergrund könnte sein, dass Finale dem Benutzer erlaubt, fast alles bis ins kleinste Detail einzustellen und zu konfigurieren, was neben der individuellen Gestaltung von Partituren und ihrer Anpassung an die jeweiligen optischen und musikalischen Vorgaben zum Beispiel auch mal ungewöhnliche Notationen ermöglicht, die sich in den Notationseditoren der DAWs so nicht realisieren lassen. Gleichzeitig ist diese Tiefe der Einstellmöglichkeiten sicherlich einer der Hauptgründe dafür, dass Finale bislang nicht gerade als besonders intuitives Programm galt.
Natürlich sind alle wichtigen Funktionen einer Notationssoftware enthalten: Im- und Export diverser Formate von MIDI-Files über MusicXML bis hin zum Audio- und Grafikexport, verschiedene Verfahren zur Noteneingabe und -bearbeitung per MIDI-Keyboard, Maus und Tastatur, umfangreiche Funktionen zur Realisierung verschiedener Notationsstile (z.B. Schlagzeugnotation, Gitarren-Tabs, Slash-Notation), Eingabe und genaue Positionierung aller Zusatzinformationen wie Vortragsbezeichnungen, Liedtexte und Akkordsymbole, automatische Auszüge für Einzelinstrumente (auf Wunsch mit dynamischer Kopplung an die Partitur), zahlreiche Plug-ins zur Automatisierung vieler Prozesse, eine umfangreiche Soundlibrary und vieles mehr. Jedes Detail dieser ständig weiterentwickelten Software im Einzelnen zu beleuchten, würde den Rahmen dieses Tests deutlich sprengen, so möchte ich mich im Folgenden hauptsächlich auf die Neuerungen der Version 2014 konzentrieren. Finale-Einsteigern sei daher auch der Testbericht zur Vorversion Finale 2012 empfohlen, der einige Grundlagen erläutert.

Der Look der Oberfläche wurde aktualisiert
Der Look der Oberfläche wurde aktualisiert

Neue Funktionen

Bevor wir uns die einzelnen Neuerungen der Software in der Praxis ansehen, hier zunächst die wichtigsten Neuheiten von Finale 2014 im Überblick:

  • Neues Design: Die Programmoberfläche wurde optisch behutsam überarbeitet. Alles ist noch an seinem Platz, aber insbesondere die Werkzeug- und Eingabepaletten wirken nun unaufgeregter und klarer. Die Bildschirmdarstellung von Partitur und Fensterhintergrund lässt sich dem individuellen Geschmack anpassen.
  • Verbesserte Mac-OS-X-Unterstützung: Wer Finale auf dem Mac benutzt, kommt nun in den Genuss einer erweiterten Integration der OS-Funktionen wie Pinch-Zoom (bei Verwendung eines Multitouch-Trackpads) und nativer Vollbild-Unterstützung
  • Neue Audio-Engine, Sounds und Mixer: Für eine bessere Performance bei der Wiedergabe wurde die Audio-Engine überarbeitet. Die mitgelieferte Garritan-Klangbibliothek wurde nach der Übernahme von Garritan durch MakeMusic um einige neue Sounds erweitert, insgesamt sind nun über 425 Klänge enthalten. Zum Abmischen dient das überarbeitete Mischpult, das die Einstellung von Lautstärke, Panorama, Solo und Mute auch während der Wiedergabe ermöglicht.
  • Flexiblere Verknüpfung von Partitur und Stimmen: In Finale 2014 kann die dynamische Kopplung von Stimmenauszügen und Partitur für einzelne Notationselemente wie z.B. Vortragsbezeichnungen, Dynamikgabeln und Triller aufgehoben werden, sodass sie in der Einzelstimme anders als in der Partitur positioniert werden können. Auch für Werkzeuge wie Balkenwinkel, Balkenverlängerung und Halsrichtung/-länge lässt sich die Verknüpfung im Einzelfall aufheben.
  • Vorzeichen: Finale erkennt und konsolidiert nun Vorzeichen auf verschiedenen Ebenen. Bei Mehrstimmigkeit sollen keine Vorzeichen-Kollisionen mehr auftreten. Ebenso sollen bei der Eingabe per Maus und Tastatur Vorzeichen erkannt werden, die früher im Takt in einer anderen Ebene gesetzt wurden, sodass auch hier keine unnötigen Verdoppelungen mehr auftreten sollen.
  • Pausen: Analog dazu ist es nun möglich, gleiche Pausen auf gleichen Zählzeiten in verschiedenen Ebenen einfach zusammenzufassen. Intelligente Zeichen wie Dynamikgabeln und Triller werden nun fest einer Zählzeit zugeordnet und an dieser ausgerichtet. Dadurch soll automatisch für ein gleichmäßigeres Erscheinungsbild und eine bessere Handhabung beim Ändern des Layouts und bei der Erstellung von Stimmenauszügen gesorgt werden.
  • Unterstützung des EPUB-Dateiformats: Finale 2014 kann Dateien im EPUB-Format exportieren, das sich als Standard für die elektronische Veröffentlichung als eBook durchgesetzt hat.

Hinzu kommen weitere Details, wie etwa die Möglichkeit, Partituren ohne Tonartvorzeichen zu erstellen, sodass alle nötigen Vorzeichen stets bei den betreffenden Noten angezeigt werden, und ein neues, vereinfachtes Konzept zur Einrichtung der Wiedergabe von Perkussionssystemen. Das mit Finale ausgelieferte Programm SmartScore Lite zum Einscannen und Erkennen von Noten wurde ebenfalls aktualisiert.

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Hobby Huper sagt:

#1 - 27.11.2016 um 14:27 Uhr

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Bei den Schwächen wurde vergessen, Uralt-Probleme aufzuzählen, die seit anno dunnemals durchgeschleppt werden.
Beispiele aus meiner Finale 25 Vollversionsdemo und für ein Notationsprogamm besonders ärgerlich:
--- es kommt wie eh und je zu unschönen Kollisionen im Notenbild, man muss also immer wieder von Hand ran, Elemente verschieben und hoffen, dass die Änderungen bis zum Ausdruck halten.
--- Text Elemente können nicht einfach angeklickt und kopiert werden, der Umweg: Doppelklick zum Textblock öffnen, Inhalt markieren, in die Zwischenablage kopieren, neuen Textblock erstellen, einfügen -> gähn...
--- So schön die x-Tolen Definition in der Notation mit "Shift + Symbol" in einfacher Eingabe inzwischen ist, komplexe Auflösungen wie Achtel Septolen über eine Halbe zu erstellen oder auch nur ein Pralltriller in einer "normalen" Achteltriole bleibt ein Abenteuer. Also brauche ich ein zusätzliches Dokument, um solche Dinge ausprobieren zu können, ohne das unauflösbare Notenwerte entstehen oder in den Nachbartakt geschriebene Werte/Pausen das Notenbild verhageln. Geht die Operation gut, kann man den Takt aus dem Nebendokument in das Arbeitsdokument kopieren.Die MIDI-Wiedergabe bleibt eine Krücke, da nutzt der (bei der Demo nicht installierbare) Garritan-Bombast gar nichts.
--- Beispiel Pralltriller, jedes der einschlägigen Artikulationssymbole
gibt grundsätzlich nur Triller wieder. Die eigentlich umfangreiche Bearbeitung der Trillerausführungen lässt anscheinend keine eigene Wiedergabedefinition zu.
--- noch herber: ohne erkennbaren Grund stimmt das Timing nicht, es kommt bevorzugt zum Stolpern am Anfang eines Stücks oder zu nie notierten Ritardandi. Dafür braucht es nicht einmal eine komplexe Partitur, das kann auch bei einstimmiger Notation ohne besonders "krumme" Auflösungen durchaus vorkommen.Der Grund, warum ich Finale benutze ist einfach der, dass ich über 20 Jahre und ungefähr vier Versionen daran gewöhnt bin. Ich kann immerhin bestätigen, dass die Usability grundsätzlich besser geworden ist und die Online-Hilfe (Tutorien, Einführungvideos, visueller Index, Stichwortsuche) inzwischen vorbildlich gut ist.

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