Ibanez Artcore AGB260 SFG TEST

Halbakustische Bässe stehen sicher nicht gerade auf den vorderen Plätzen der Verkaufscharts der Musikläden. Für Hersteller ist ein solches Instrument deshalb stets mit einem gewissen Risiko verbunden. Aufgrund der aufwendigen Konstruktion sind diese zudem kaum im günstigen Preissegment zu realisieren – die Auswahl für Kunden mit schmalem Budget ist daher leider relativ überschaubar. Umso erfreulicher ist es, dass Ibanez sich nun dieses Themas angenommen hat und mit dem Artcore AGB260 einen halbakustischen Bass auf den Markt bringt, der zum einen günstig ist und zum anderen auch optisch auffällt. Die japanische Company spricht hier ganz bewusst auch die jüngere Generation an, denn bei dieser stehen Vintage-Sounds derzeit wieder einmal hoch im Kurs.

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Details

In Sachen Design orientiert sich Ibanez an klassischen Vorbildern: Eine Single-Cut-Konstruktion, zwei F-Löcher, sowie ausgeprägte Rundungen bestimmen das Bild. Die Ausmaße des Bodies bleiben jedoch im Vergleich zu manchem anderem Vertreter dieser Art durchaus im Rahmen und entsprechen ungefähr jenen eines E-Basses. Dies liegt sicher auch an der kürzeren Mensur von 30 Zoll (770 mm), denn die Proportionen müssen ja stimmen.
Beim Finish kriegt sicherlich so mancher unbelehrbare Traditionalist Schnappatmung – ich persönlich finde das poppige “Sea Foam Green” wirklich sexy! Abgerundet wird das Ganze durch ein kleines Schlagbrett im weißen Perlmutt Look (Pearl White). Dieser Look steht dem AGB260 wirklich großartig und zeigt gleichzeitig, welche Zielgruppe Ibanez hier gern ansprechen möchte.

Fotostrecke: 4 Bilder Optisch lehnt sich der Ibanez AGB260 an so manche …

Boden, Decke und Zargen des Korpus sind aus Sapele. Im Inneren befindet sich ein massiver Block, welcher die Decke vom Druck der Saiten schützt und auf welchem die Brücke und die Tonabnehmer befestigt sind. Der eingeleimte Hals wird aus Nyatoh gefertigt, einer hauptsächlich in Asien vorkommenden Holzart, welche ähnliche Eigenschaften wie Mahagoni aufweist. Auch die Rückseite des Halses wurde übrigens farbig lackiert.
Dank des CITES-Abkommens findet man heute gerade bei Griffbrettern immer wieder neue und spannende Alternativen für den Klassiker Rosewood – beim AGB260 haben wir es mit Lorbeer zu tun. 22 Bünde hält das Griffbrett bereit und wurde zudem mit einem schönen cremeweißen Binding eingefasst, genauso wie die Decke und der Boden des Bodies. Dies verleiht dem AGB260 eine schicke Eleganz. Auf der schwarzen Kopfplatte findet man den Zugang zum Halsspannstab und die vier Stimmmechaniken, welche im Verhältnis 2:2 angebracht sind.

Fotostrecke: 5 Bilder Ungewöhnlich: das Fretboard unseres Testbasses besteht …

“Classic Elite” nennt Ibanez seine zwei Tonabnehmer; einer davon sitzt in der Nähe des Halses, der andere nahe der Brücke. Beide hat man stilecht mit verchromten Kappen ausgestattet. Per Kippschalter kann man zwischen drei Konfigurationen wählen (Hals, beide, Brücke). Zusätzlich gibt es einen Volumen- und einen Tone-Regler (passive Höhenblende). Die Klinkenbuchse sitzt unauffällig in der Zarge und verschandelt auf diese Weise nicht die schöne Decke.
Die Brücke ist eine zweigeteilte und luftige Konstruktion, bei welcher die Saitenreiter über dem Korpus “schweben”. Getragen werden sie von zwei Stellschrauben, welche mit Metallhülsen in den Korpus eingelassen sind. Mit diesen lässt sich auch Höhe und Neigung der Bridge justieren. Im hinteren Teil der Brücke (Tailpiece) lassen sich die Saiten komfortabel von oben einhängen.
Kurz: Der Ibanez Artcore AGB260 sieht für meinen Geschmack wirklich klasse aus und ist auch tadellos verarbeitet. Bisher gibt es nur Positives zu berichten.

Fotostrecke: 6 Bilder Die Tonabnehmer des Ibanez AGB260 wurden …

Praxis

3,8 Kilogramm sind für einen Bass nicht viel, für eine halbakustische Konstruktion aber auch nicht gerade ein Leichtgewicht. Das muss jedoch in punkto Ergonomie und Balance kein Nachteil sein. Leichte Konstruktionen neigen ja meistens zur Kopflastigkeit – der Ibanez tut dies nicht! Setzt man ihn auf den Oberschenkel, bleibt er in seiner Position, ohne in eine Richtung kippen zu wollen ‑ sehr schön! Auch das Spielen im Stehen ist sehr angenehm: der AGB260 verhält sich hier weitestgehend neutral. Da sich der Gurtpin konstruktionsbedingt am Hals-Korpus-Übergang befindet, kippt er lediglich sehr minimal nach vorne. Das ist aber nicht wirklich dramatisch und, wie andere halbakustische Bässe belegen, konstruktionsbedingt kaum zu vermeiden.
Die kurze Mensur von 30 Zoll macht das Spielen für die Greifhand sehr bequem. Der AGB260 fühlt sich aber immer noch wie ein erwachsener Bass an, und die Umstellung von der gängigen 34-Zoll-Mensur ist vollkommen problemlos. Bis zum 20. Bund sind alle Frets gut zu erreichen, allein die letzten beiden Bünde muss man sich etwas “erobern”.

Fotostrecke: 2 Bilder Shortscale-Bässe verfügen in der Regel per se über eine …

Der farbig lackierte Hals sieht zwar hübsch aus, neigt aber nach einiger Spielzeit doch dazu, etwas “klebrig” zu wirken. Ibanez gab hier scheinbar der coolen Optik den Vorzug – das kann man bei einem Bass wie diesem ja auch irgendwie nachvollziehen.
Die Saitenlage meines Testbasses ist ab Werk recht komfortabel, aber trotz zurückhaltenden Anschlags nicht völlig frei von Bundgeräuschen. Indem man die Halskrümmung am Spannstab etwas anpasst, ist dieses Problem aber im Handumdrehen beseitigt.

Keine Frage: dieses Instrument ist ein Blickfang auf jeder Bühne!
Keine Frage: dieses Instrument ist ein Blickfang auf jeder Bühne!

Akustisch zeigt sich ein bekanntes Bild: Der Ibanez ist dank seiner Konstruktion lauter als ein Solidbody-Instrument und besitzt aufgrund der kurzen Mensur einen von kräftigen Mitten geprägten Ton. Dadurch wirkt er straff, präsent und geradezu etwas “frech”, was aber gut zu seinem Look passt. Ein großer Feinzeichner ist er erwartungsgemäß nicht, das wird aber auch sicher nicht von ihm erwartet. Ein kleiner Wermutstropfen sind die Vibrationsgeräusche des Halspickups und des Schlagbretts. Auch die eingestellte Oktavreinheit lässt etwas zu wünschen übrig.
Hier ein paar Soundbeispiele von dem verstärkten Sound:

Audio Samples
0:00
Beide Pickups Beide Pickups Neck-Pickup Neck-Pickup Bridge-Pickup Neck-Pickup, Tone: -75% Beide Pickups, Tone: -100% Neck-Pickup, Tone: -100%

Ihr hört es schon: Der Ibanez AGB260 liefert exakt das, was man sich von einem halbakustischen Bass erwartet, denn der typisch kehlig-rauchige Ton mit dem markanten “Plopp” beim Anschlag tönt einem entgegen. Allein beim Anschlagen der Saiten direkt über den Pickups sollte man etwas vorsichtig sein, denn hier kann es bei Berührung zu unangenehm lauten Klopfgeräuschen kommen.
Stilistisch ist beim AGB260 alles im “Großraum” Blues, Classic Rock, Soul, 60’s-Pop oder sogar Reggae (mit dem Neck-Pickup) drin. Klar kann man zu diesem Preis keine tonalen Höchstleistungen erwarten, aber man bekommt definitiv mehr als genug für sein Geld! Auch Flatwounds würden meinem Testbass bestimmt gut zu Gesicht stehen.

Halbakustische Bässe besitzen einen sehr typischen Sound, mit dem man gut in zahlreichen Stilistiken bestehen kann!
Halbakustische Bässe besitzen einen sehr typischen Sound, mit dem man gut in zahlreichen Stilistiken bestehen kann!

Fazit

“Alles richtig gemacht!” könnte man als Resümee unter diesen Test setzen: Ibanez bietet mit dem Artcore AGB260 einen äußerst preisgünstigen halbakustischen Bass an, welcher solide verarbeitet ist, toll aussieht, und alle Sounds liefert, die man von ihm erwartet. Natürlich rangiert nicht jede Kleinigkeit auf dem höchstmöglichen Niveau – muss es aber meines Erachtens zu diesem Preis auch nicht. Der AGB260 ist definitiv sein Geld wert und macht eine Menge Spaß, zudem ist er rein optisch ein echter Hingucker. Wer trotz dünner Brieftasche in den Stilistiken Blues, Rock, 60’s-Pop, Soul etc. nicht nur authentisch klingen möchte, sondern auch Wert auf den entsprechenden Look legt, sollte den Ibanez AGB260 daher unbedingt einmal ausprobieren.

Pro:

  • coole Optik
  • gute Verarbeitung
  • gute Balance
  • authentische Sounds

Contra:

  • Vibrationsgeräusche Pickups
  • Klopfgeräusche bei Anschlag über Pickups
  • Oktavreinheit könnte besser sein
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Optisch lehnt sich der Ibanez AGB260 an so manche …

Technische Spezifikationen:

  • Hersteller: Ibanez
  • Modell: Artcore AGB260
  • Herkunftsland: China
  • Body: Sapele
  • Boden und Zargen: Sapele
  • Mensur: 770 mm (30,3 Zoll)
  • Hals: Nyatoh
  • Griffbrett: Lorbeer
  • Bünde: 22
  • Tonabnehmer: Ibanez Classic Elite
  • Elektronik: Volume (Pull für passiv), Tone, Dreifach-Kippschalter
  • Gewicht: 3,8 kg
  • Preis: 549,- € (Ladenpreis im Juli 2019)
Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • coole Optik
  • gute Verarbeitung
  • gute Balance
  • authentische Sounds
Contra
  • Vibrationsgeräusche Pickups
  • Klopfgeräusche bei Anschlag über Pickups
  • Oktavreinheit könnte besser sein
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Ibanez Artcore AGB260 SFG TEST
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