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Elysia Karacter Test

Der Elysia Karacter ist jetzt auch im 19-Zoll-Format erhältlich. Das schon im Lunchbox-Format erhältliche analoge Effektgerät bietet sowohl amtliche Mastering-Sättigung als auch Verzerrungen in unterschiedlichen Geschmacksrichtungen.

Im Vergleich zum kleinen Bruder, dem Karacter 500, bietet er zusätzlich die Möglichkeit, die klangformenden Parameter “Drive” und “Mix” per CV (“Control Voltage”) zu steuern. Wie das im Detail aussieht und für welche Einsätze das Schätzchen taugt, soll hier im folgenden Review erläutert werden.
Seit über 10 Jahren mittlerweile stecken Audio-Enthusiasten in Nettetal, das liegt am Niederrhein nahe der niederländischen Grenze, die Köpfe zusammen und brüten Konzepte für Audio-Hardware aus, die zum Ziel haben, außergewöhnlich hochwertig zu sein und die das gewisse Etwas haben sollen: Funktionen, die man sich an Hand der täglichen Arbeit, im Umgang mit aktueller Technologie wünscht, aber in den meisten Fällen vermisst.
Viele aktuell erscheinende Audiogeräte bieten M/S-Bearbeitung oder Parallel-Betrieb. Das sind Features, die im Prinzip aus dem Umgang mit Software den Weg an die Hardware quasi zurück gefunden haben. Immer mehr Software-Plug-Ins kamen mit diesen Optionen auf den Markt, was dazu führte, dass die offensichtliche Beliebtheit auf Software-Ebene zum neuen Quasi-Standard bei Hardware zählt. So befruchtet man sich gegenseitig; man kann vom Anderen abschauen. Im Falle des Karacter haben sich die Entwickler bei Elysia vorgenommen, die Probleme moderner, digitaler Audiotechnik mit einem Stück analoger Hardware zu besänftigen, und zwar beim Thema digitale Sauberkeit. Immer wieder hört man Klagen, dass die moderne Digitaltechnik zu clean klänge, zu sauber also, ohne Rauschen, ohne Verzerrungen, ohne analoge Wärme sozusagen. Mit chirurgischer Präzision schneiden wir heutzutage im Frequenzspektrum herum, pegeln dank hoher Auflösungen und der Abstinenz von Röhrenverstärkern weit entfernt von spaßbringenden Headroom-Grenzen. Elysia haben zwar mit dem Karacter das Rad der Saturator nicht neu erfunden, aber dennoch einen Kandidaten mit einzigartigem Farbenreichtum und erstklassiger Klangqualität ins Rennen geschickt, der die digitale Kälte aufwärmen soll.

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Details

Unauffällig sitzt die Besonderheit des Elysia Karacter auf der Rückseite: CV-Eingänge

Der Karacter kommt im Elysia-typischen blau-grauen Kleid daher. Im 19-Zoll-Rack nimmt er eine Höheneinheit ein, und entspricht haargenau dem Design der Elysia-Geräte xfilter, xpressor und nvelope. An der Front befinden sich natürlich die Bedienelemente, in deren Mitte wie immer das hintergrundbeleuchtete Elysia-Logo, und an der Rückseite sitzen erwartungsgemäß die Anschlüsse. Selbige sind relativ schnell abgefrühstückt: Stromanschluss, Feinsicherung, Netzschalter und Spannungs-Wahlschalter sitzen mittig. Die Ein- und Ausgänge für die beiden Kanäle stehen sowohl als XLR- als auch Klinken-Buchse zur Verfügung. Die Herzen der Synthesizer-Besitzer dürften beim Anblick der beiden äußeren Klinkenbuchsen höher schlagen. Durch das Einspeisen externer Steuerspannungen (Control Voltage) lassen sich die Drive- und Mix-Parameter modulieren und fernsteuern. Viele Synthesizer, vor allem deren modulare Varianten, stellen zu diesem Zweck entsprechende CV-Ausgänge zur Verfügung.

Fotostrecke: 3 Bilder Die Ru00fcckseite offenbart die Anschlu00fcsse fu00fcr beide Kanu00e4le.

Die Vorderseite lässt es zerren bis Warp 11

Die Bedienelemente an der Vorderseite regeln im Stereo-Betrieb links den linken und auf der rechten Hälfte erwartungsgemäß den rechten Kanal. Befindet sich das Gerät im M/S-Modus, so steuert man mit der linken Seite die Mitte, mit den rechten Reglern und Schaltern bearbeitet man hingegen das Seiten-Signal.
Der Reihe nach, von links nach rechts, sitzt als erstes der Drive-Drehregler im Frontblech. Mit ihm bestimmt man die Intensität der Sättigung beziehungsweise der Verzerrung, welche im Uhrzeigersinn zunimmt. Der Regelbereich reicht laut Beschriftung von Warp 0 bis Warp 11! Eine coole Hommage an Star Trek. An zweiter Stelle sitzt der Color-Regler. Dieser verändert das Frequenzverhältnis bei der Erzeugung der Harmonischen. Die Mitte ist neutral, links mehr Dub und rechts mehr Shred. Hört sich vielleicht harmlos an, verursacht aber sehr tiefgreifende Klangverfärbungen.

Star Trek lässt grüßen: Drive in Warp-Einheiten!

Gain- und Mix-Regler

Die beiden nächsten Regler dienen nicht der Klangformung, sondern lediglich zum Anpassen des Pegels und des Mischungsverhältnisses. Der Gain-Regler kann um 11 Dezibel absenken und um 11 Dezibel anheben. Der Mix-Regler bestimmt das Dry/Wet-Verhältnis und ermöglicht somit einen fast stufenlos regelbaren Parallelbetrieb. Alle Drehpotis besitzen eine Rasterung, um schnellen und einfachen Recall zu ermöglichen. Mit zirka vier Rasterstufen pro Einheit sollten alle Bedenkenträger beruhigt sein. Man kann die Karacter-Parameter meiner Meinung nach trotz Rasterung fein genug bedienen.

Die Bedienelemente an der Vorderseite besitzen eine Rasterung zum schnellen Auffinden von Einstellungen.

Der Karacter spielt in drei Betriebsarten

Wie bei den Drehreglern, so gibt es auch bei den vier Knöpfen pro Seite zwei, die in den Klangcharakter eingreifen, und zwei, die lediglich schalten und verwalten. Grundsätzlich bietet der Karacter drei Betriebsarten: zweifach Mono, Stereo, und M/S. Die beiden Knöpfe mit denen man diese Modi umschaltet, heißen Stereo-Link und MS-Mode. Mit dem Stereo-Link-Button verbindet man beide Kanäle zur Bearbeitung von Stereosignalen, wobei die linken Regler und Knöpfe dabei zum Master werden. Die rechten Bedienelemente besitzen dann keine Funktionalität mehr. MS-Mode schaltet von Stereo in die M/S-Bearbeitung. Die linken Potis und Knöpfe regeln, wie bereits zuvor beschrieben, die Mitte, die rechten Regler und Schalter kontrollieren das Seiten-Signal.
Die beiden anderen klanglosen Knöpfe, Left-On und Right-On, dienen als Bypass-Schalter. Ist der Knopf nicht gedrückt, werden die Eingangssignale des entsprechenden Kanals unberührt an den Ausgang geleitet, ein Bypass eben.

Fotostrecke: 2 Bilder Neben dem runden Logo reihen sich fu00fcr beide Kanu00e4le weitere Funktionstaster aufu2026

Mastering-Grade, FET-Shred und Turboboost

Die interessanteren Knöpfe sind aber die zwei mittleren Knöpfe namens FET-Shred und Turbo-Boost. Ist der FET-Shred Knopf nicht gedrückt befindet sich der Elysia Karacter im sogenannten Mastering-Grade-Saturation-Modus. In diesem Modus generiert der Karacter dezente Obertöne mit einer weichen Kennlinie und symmetrischen Clipping. Der Klang wird voller, bleibt aber intakt, wodurch beispielsweise ein Schlagzeugbeat seine fette Bassdrum nicht verliert und ein fertiger Song nichts an Frequenzspektrum einbüßt – ideal für das Mastering sozusagen. Drückt man den FET-Shred-Button, bekommt man eine röhrenartige Verzerrung zur Verfügung gestellt. Die Auswirkungen auf den Klang sind in diesem Modus sehr umfangreich und erinnern an Röhrenschaltungen mit einer großen Bandbreite unsymmetrischer Verzerrungen. Hiermit lässt es sich nach Herzenslust zerren. Das kann soweit gehen, dass Klänge einen völlig unterschiedlichen Frequenzgang bekommen und eine Bassdrum keinen Bassanteil mehr besitzt, sondern nur noch kratzt und zerrt. Fürs Mastering denkbar ungeeignet, aber geradezu prädestiniert zum Klangdesign. Wem das immer noch nicht genug Verzerrung ist, der sollte den Turbo-Boost aktivieren. Die Turbo-Boost-Option ist nur im FET-Shred-Modus abrufbar und funktioniert am besten bei höheren Drive-Einstellungen. Der Arbeitspunkt der Schaltung wird verschoben, was noch deutlich unsymmetischere Wellenformen erzeugt.

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Praxis

Sanft zerrend und verdichtend wirkt der Karacter als wohlklingendes Mastering-Tool

Ich verwende den Karacter als erstes wie einen Mastering-Kompressor. Hierzu muss eine etwas zu dynamisch geratene Mischung eines Songs herhalten. Im Vergleich zum Original klingt die gesättigte Version dichter, lauter und dadurch auch homogener. Der Kontrabass hat nun eine Schippe rotzigeren Sound. Ich habe den Drive-Regler auf Drei gestellt, Color natürlich auf Null gelassen und den Karacter in den FET-Shred-Modus geschaltet, mit dem Mix-Parameter auf Vollanschlag rechts, wet.

Audio Samples
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Songausschnitt: Original Songausschnitt bearbeitet: Drive 3, Color 0, Shred On

Als nächstes schleife ich eine Drumspur durch die analoge Schotterpiste des Elysia Karacter. Im Mastering-Saturation-Grade-Modus (FET-Shred also nicht gedrückt), mit einem Drive von sechs und ohne Color klingen die so bearbeiteten Drums mächtiger, breiter, fetter und eine Spur dreckiger. Es klingt nach mehr Energie und nach einer anderen Haltung. So bearbeitet könnte die ansonsten brav und sauber klingende Aufnahme durchaus in härteren Musikstilen mitspielen.

Audio Samples
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Drums: Original Drums bearbeitet: Drive 6

Das schreit förmlich nach einem Elektrobeat. Gedacht, getan, schiebe ich einen typischen clubtauglichen Beat durch den Karacter und staune nicht schlecht. Genau so muss das klingen! Die unbearbeitete Version liefert zwar eine gute Grundlage, aber so richtig Spaß macht der Track erst nach dem Tweaking mit dem Karacter. Im FET-Shred plus Turboboost habe ich den Drive allerdings nur schlapp auf Drei gestellt. Die Bassdrum bekommt dadurch ein längeres Sustain und die Hi-Hat beißt sich nun härter ins Trommelfell. Sehr lecker!

Audio Samples
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Electrobeat: Original Electrobeat bearbeitet: Drive 3, Color 0, TurboBoost On
Mastering-Tool mit “Karacter”: von brav bis brachial ist alles möglich.

Um die M/S-Funktionalität zu demonstrieren, habe ich mir ein Orgel-Synth-Pattern als Beispiel ausgesucht. Das Mittensignal lasse ich unbearbeitet, dem Seiten-Signal habe ich im FET-Turbo-Boost-Modus einen Drive von drei gegönnt. Die Seitenanteile sind dadurch lauter, fetter und etwas ruppiger geworden. Sie lassen das Pattern in seiner Stereobreite erst so richtig atmen und geben dem Ganzen etwas mehr B3-Charakter, ohne das Fundament in der Mitte zu verändern.

Audio Samples
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Synthpattern: Original Synthpattern bearbeitet: M/S Modus, Drive 3, TurboBoost On

Dass man die Zerrung und die klangfärbende Wirkung des Color-Reglers auch zum Sounddesign einsetzen kann, habe ich anhand eines Löwen-Grollens ausprobiert. Mit dem so verfremdeten Sound könnte man sicher eine böse Bestie im kommenden Blockbuster “Alien versus Mordor-Lions” vertonen.

Audio Samples
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Löwen-Gebrüll: Original Löwen-Gebrüll bearbeitet: M/S Side, Shred On, Color 70
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Fazit

Zum Aufwärmen eines leicht kühlen Premasters oder zum zerstörerischen Sounddesign ist der Karacter das Schweizer Taschenmesser unter den Saturatoren. Durch zeitgemäße Regelmöglichkeiten wie Parallel-Betrieb und M/S-Modus kann der Elysia-Sattmacher Feature-mäßig mit der Software-Konkurrenz mithalten, spielt diese aber klanglich an die Wand. Bei keinem der Beispiele habe ich den Eindruck, dass die Bearbeitung mit dem Karacter klanglich negative Auswirkungen auf das Material hat. Da kommt kein unerwünschtes Rauschen hinzu, und wenn dann höchstens durch die Verdichtung und Anhebung des eventuellen Eigenrauschens des Ausgangsmaterials. Das Panorama bricht nie unerwünscht ein, und kippt auch niemals auf eine Seite weg. Alle Regler arbeiten störgeräuschfrei, so dass man bei nicht vorhandener CV-Steuerung auch eben mal unauffällig manuell durch die Parameter sweepen kann. Dies alles spricht dafür, dass gute Bauteile auf technisches Know-How treffen. Mal wieder verdient ein Gerät der Firma Elysia das Prädikat Spitzenklasse. Wer auf eine CV-Steuerung verzichten kann und einen 500er-Rahmen besitzt, sollte sich überlegen, ob die momentan ungefähr 400,- Euro günstigere Variante nicht auch ausreicht. In Sachen Obertöne, Wärme und Biss dürfte sich der Karacter, egal ob 19-Zoll- oder 500er-Format, auf Dauer in den Racks dieser Welt etablieren. Meinen Segen hat er jedenfalls.

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • große Spannweite von leichter Sättigung und Zerrung bis zerstörerischer Verfremdung
  • Parallel-Betrieb und M/S-Modus
  • sehr gute Klangqualität
Contra
  • keins
Artikelbild
Elysia Karacter Test
Für 1.229,00€ bei
Technische Spezifiktionen
  • Modulation und Fernsteuerung von Drive und Mix durch externe Steuerspannungen (Control Voltage)
  • Dual Mono / Stereo Link
  • M/S-Modus
  • Mastering-Grade Saturation
  • Röhrenartige Verzerrungen
  • einzigartiges Color-Filter
  • Ein-/Ausgänge: XLR und Klinke
  • Frequenzumfang (-3,0 dB):
  • Rauschen (20 Hz – 20 kHz): -81 bis -91 dBu
  • Dynamikumfang (20 Hz – 22 kHz): 112 dB
  • Maximaler Pegel Eingang/Ausgang: +21 dBu
  • Eingangsimpedanz: 10 kOhm
  • Ausgangsimpedanz: 68 kOhm
  • 100% diskrete Class-A Topologie
  • Format: 19″ / 1 HE
  • Gewicht: 2 kg
  • Preis 1179,- Euro (UVP)
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Htmnn sagt:

#1 - 07.08.2019 um 10:47 Uhr

0

Viele der hier vorgeführten Vergleiche sind NULL aussagekräftig, da die bearbeiteten lauter sind als die Originalen. Gut gedacht, schlecht gemacht.

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