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Crane Song Insigna Test

Mit dem Insigna komplettiert der amerikanische Hersteller seine aus Series-500-Modulen bestehende Kanalzug-Trilogie. Kann der Dreiband-EQ das Highend-Niveau seiner Artverwandten halten?

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Wer bei dem Produktnamen „Insigna“ zunächst an eine ganz ähnlich getaufte Familienkutsche eines als etwas bieder verschrienen hiesigen Autoherstellers denkt, könnte sich nicht auf falscherer Fährte befinden. Steht Crane Song, beheimatet passenderweise in Superior/Wisconsin, doch für edelste Audiotechnik in leicht extravaganter optischer Ausführung. Mehr noch – wer die Hawaiihemden des Crane-Song-Masterminds Dave Hill, beispielsweise auf einer Musikmesse, einmal in natura bewundern durfte, der mag sich fragen, warum das Design der Geräte des Herstellers nicht noch etwas ungewöhlicher ausfällt. In einer Industrie, deren Fronplatten häufig in schwarzblauer Seriosität gemalt sind, bringt Crane Song mit seinen gebürsteten hellen Oberflächen und grün-roten Potikappen definitiv frischen Wind.
Doch all dies wäre nicht der Rede wert, wenn die inneren Werte nicht für sich selbst sprechen würden: Crane Song ist bereits lange am Markt präsent und konnte mit Geräten wir dem STC-8-Kompressor, dem Ibis-EQ oder dem HEDD-A/D-Wandler eine begeisterte Klientel einnehmen – eine Erfolgsgeschichte, die seit einiger Zeit auch in den Gefilden des 500-Standards fortgeschrieben wird. Sowohl der Kompressor „Falcon“ als auch der Preamp „Syren“ konnten uns bislang nicht nur überzeugen, sondern, speziell was den Falcon betrifft, auch begeistern. Die Vorstellung eines 500-EQs war nur eine Frage der Zeit, und hier ist er nun, der Insigna-EQ. Das namensgebende lateinische Wort steht für ein „Zeichen staatlicher, ständischer oder religiöser Würde, Macht und Auszeichnung“ – hohe Worte für ein kleines 500-Modul. Wir dürfen annehmen, dass Dave Hill stolz auf seine Kreation ist.

Details

SMD + Röhre

Wie auch der Syren und der Falcon folgt der EQ den grundsätzlichen Designparametern von Crane Songs 500er-Reihe. Und das bedeutet: Es handelt sich um ein Modul einfacher Bauweite, äußerlich ausgestattet mit den genannten Farbcodes. Unter der Haube befindet sich modernste Audiotechnik mit klassichem Bewusstsein. Übersetzt bedeutet dies, dass Dave Hill keine Scheu vor modernen Fertigungstechnologien wie etwa der SMD-Platinenbestückung an den Tag legt, andererseits aber auch um die klangveredelnden Eigenschaften von Elektronenröhren weiß. Das schaltungstechnische Ergebnis ist ein Audioweg, der nicht althergebrachte Dogmen bedient, also nicht komplett aus dem Jahre 1955 stammen könnte, sondern der nach zeitgemäßen Designkriterien entwickelt wurde und heutige Ansprüche bedient. Und zu denen zählt beispielsweise, einen Dreiband-EQ mit zusätzlichen Filtern auf dem Raum einer 500-Kassette unterzubringen. Mit klassischer Röhrentechnologie wäre dies so gut wie unmöglich. Der ehrwürdige Pultec beispielsweise braucht ein zehnmal so großes Gehäuse, um die halbe Funktionalität des Insigna zu beherbergen.

Fotostrecke: 4 Bilder Die Audioschaltung des Crane-Song-EQs vereint konventionelle und SMD-Bauteile.

Shelves, Proportional-Q-Mitten, HPF und LPF

Doch nun genug der Vergleiche, werfen wir mal einen Blick auf den Funktionsumfang des Crane Songs. Herzstück ist die dreibandige EQ-Schaltung, die ganz klassisch ausgelegt mit Shelving-Filtern für Bässe und Höhen sowie einem semiparametrischen Peaking-Mittenband. Alle Bänder bieten einen Regelbereich von +/-12 dB, was kein Spitzenwert ist, in der Praxis jedoch eher selten voll ausgefahren werden dürfte. Wer so kräftige EQ-Bearbeitungen benötigt, der hat in der Regel ein Problem an andere Stelle und sollte es – wenn möglich – erst einmal dort angehen. Dennoch darf die Energie, die der Insigna lockermachen kann, auf gar keinen Fall unterschätzt werden, denn dank der breiten Abstimmung der Filterbänder lässt sich hier, gerade im Bassbereich, eine Menge Luft bewegen. Die jeweils acht Ansatzfrequenzen überstreichen weite Bereich und überlappen sich ein gutes Stück, so dass auch komplexe Kurven realisiert werden können. Im Bassbereich stehen Frequenzen von extrem tiefen 10 Hz bis zu 200 Hz, während die Höhen zwischen 3,2 bis 20 kHz greifen und dazu noch ein Air-Band anbieten, das bei 40 kHz ansetzt – mithin also ganz feine „Luft“ herauskitzeln kann. Dazu gesellt sich dann das Mittenband, welches den Bereich von 150 Hz bis 7,2 kHz abdeckt. Es ist zudem, in besten API-Manier, als Proportional-Q-Filter ausgeführt. Das bedeutet, dass das Band bei kleinen Amplituden sehr sanft und breit arbeitet, je stärker man in die Vollen geht aber um so schmaler wird, was hilft, die Problemfrequenz zielsicher zu isolieren. Seit vielen Jahrzehnten ist diese Schaltungsausführung ein guter Kompromiss zwischen einfacher, intuitiver Bedienung und vielseitigen Anwendungsmöglichkeiten. Abgerundet wird dieser Funktionsumfang von zwei Hoch- und Tiefpassfiltern, welche im Gegensatz zu den EQ-Bändern lediglich sieben Ansatzfrequenzen bieten. Diese reichen von 25 bis 150 Hz im Bass und von 6 bis 20 kHz in den Höhen, wobei die achte Schalterstellung jeweils für einen individuellen Bypass der Cut-Filter reserviert ist. Apropos: Über einen globalen Hardwire-Bypass verfügt das Modul auch, allerdings wurde diesem keine Status-LED zur Seite gestellt – die Kassette „leuchtet“ also nicht.

Fotostrecke: 2 Bilder Die Filter bieten eine maximale Amplitude von +/-12 dB.

12AX7 läuft mit 185 Volt

Wie bereits erwähnt, folgt der technische Aufbau „modernen“ Kriterien. Das bedeutet, dass die erwartungsgemäß ausgesprochen saubere Fertigung konventionelle wie SMD-Bauteile einschließt und sowohl die Insignien klassischer Röhrentechnologie als auch diejenigen zeitgemäßer Transistortechnik trägt. Die eigentliche EQ-Schaltung aus RC-Gliedern sitzt im Gegenkopplungszweig einer Verstärkerschaltung, die auf einer 12AX7-Doppeltriode basiert. Diese wird immerhin mit 185 Volt betrieben, darf also als „echte“ Röhrenstufe bezeichnet werden, im Gegensatz zu sogenannten „Starved plate“-Designs, welche aus einer niedervoltig angefahrenen Röhre lediglich einige mehr oder weniger grobe Klirrprodukte herausziehen. Diese hochvoltige Schaltung in einer 500-Kassette anzubieten ist technisch nicht ganz trivial, dennoch gelingt Crane Song dies im Rahmen der spezifierten maximalen Stromaufnahme pro Modul. Damit kann der Insigna als klassische aufgebauter Röhren-EQ durchgehen, wobei der Ausgang des Moduls sogar von einem extrem hochwertigen Lundahl-Übertrager mit ausgesprochen großem Headroom symmetriert wird. Vermutlich als Konzession an Faktoren wie Gehäusegröße und Herstellungspreis wird der Eingang jedoch elektronisch symmetriert. Dies ist kein Nachteil, den die klangliche Schlacht wird in aller Regel an anderer Stelle geschlagen, und viele legendäre Kassetten wie etwa die EQs von API selbst folgen ähnlichen Kritierien. Neben dem Ausgangsübertrager setzt Crane Song auch ansonsten auf Edel-Komponenten wie Grayhill-Drehschalter und Bourns-Potenziometer, die zum Besten zählen, was der Markt hergibt.

Unter den Kappen arbeiten Potis von Bourns Inc.
Unter den Kappen arbeiten Potis von Bourns Inc.

Etwas schwergängig

Bei derlei geballter Power gibt es in bezüglich Hardware und Konzeption des Crane Song Insigna kaum Kritikpunkte, die der Rede wert wären. Zwei habe ich aber doch: Zum einen verfügen die Gain-Potis des 500er-EQs über keine Mittenrastung, und zum anderen sind die Drehschalter der Frequenzen etwas schwergängig beziehungsweise schwer bedienbar. Dies liegt zum einen daran, dass sie auf der kleinen Frontplatte recht eng gepackt wurden (was nicht anders möglich wäre), zum anderen daran, dass die Plastikkappen bei aller Griffigkeit recht spitze Kanten haben. Vor allem aber liegt es daran, dass hier eine Heavy-Duty-Mechanik mit kleinem Hebel bewegt werden muss. Das ist zwar nicht ganz so angenehm, aber aufgrund der klanglichen Vorzüge der Grayhills etwas, was ich gerne bereit bin, in Kauf zu nehmen.

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Praxis

Orientierung durch farbige Potikappen

Abgesehen von den beiden unter „Details“ genannten Punkten, die unmittelbar die Bedienung betreffen, legt der Crane Song Insigna einem bei der Erforschung seiner klanglichen Möglichkeiten keinerlei Steine in den Weg. Der Hersteller selbst bewirbt die Bedienung als ausgesprochen intuitiv und liegt damit goldrichtig. Die kleine Frontplatte des Series-500-Moduls ist übersichtlich aufgeteilt, die drei unterschiedlichen farblichen Codierungen der Plastikkappen weisen den Weg: Frequenz, Gain oder Filter? Ganz abgesehen davon lässt sich bei einem Dreiband-EQ-Layout nun auch nicht so unglaublich viel falsch machen, aber es wird doch deutlich, dass Dave Hill sehr viel Erfahrung mit dem Design hochwertiger Studioprozessoren in die Waagschale werfen kann.

Eng bestückt: Frontplatte des Insigna.
Eng bestückt: Frontplatte des Insigna.

LL1585 maßgebich am Frequenzgang beteiligt

Die technischen Parameter des Insigna unterstreichen diesen Anspruch. Die maximale Bandbreite der Audioschaltung wird mit 1 Hz – 100 kHz angegeben, was auf eine ungemein saubere Wiedergabe hindeutet. Einen maßgeblichen Anteil daran, dass diese Qualitäten des EQs auch nach draußen transportiert werden können, hat dabei der Lundahl-Ausgangsübertrager des Typs LL1585, welcher zu den Top-Bauteilen des Edelherstellers zählt. Normalerweise stellen Audioübertrager einen Flaschenhals bei der Bereitstellung derartiger Bandbreiten dar, doch der Lundahl hält den Audioweg weit offen. Die Konzeption einer Röhrenschaltung in solch einem Signalweg lässt auf ein impulstreues, offen klingendes Gerät mit leicht seidiger Abrundung schließen, und auch der Rauschabstand von -84 dBu legt diesen Ergebnissen keine Steine in den Weg.

Cut-Filter tun, was sie sollen

Doch was ist das alles wert, wenn das Gerät nicht gut klingt? Diese Sorge ist glücklicherweise völlig unbegründet: Der Insigna wird den Erwartungen an die klanglichen Eigenschaften, die man an einen Signalweg dieser Konzeption stellen kann – ja, stellen muss – vollends gerecht. Zunächst die Cut-Filter: Diese tun absolut und effektiv was sie sollen, nämlich die Ränder des Frequenzspektrums von unerwünschten Anteilen säubern, und zwar ohne das Nutzsignal durch eine Zunahme an Schärfe zu belasten. Gerade im Bass kommt dem Filter dabei eine weitere Aufgabe zu: Es ermöglicht, im Bereich der beiden fundamentalen Oktaven ordentlich Energie hinzuzugeben ohne dass überflüssige – und pegelstarke – Frequenzen unterhalb der Hörschwelle über Gebühr mitverstärkt werden. Fetter Bass ohne Membranflattern ist das angenehme Resultat.

Audio Samples
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Vocals unbearbeitet Vocals, LC 90 Hz Vocals, LC 90 Hz, AIR +6 dB Vocals, LC 90 Hz, AIR +6 dB, 200 Hz +3 dB, Vocals, LC 90 Hz, AIR +6 dB, 200 Hz +3 dB, 4,8 kHz +2 dB

Bearbeitete Aufnahme klingt immer nach sich selbst

Naturgemäß empfindliche Vocalsignale hingegen sind der eigentliche Test für jeden EQ. Die Guten schaffen es, schlechte Signale zu verbessern und gleichzeitig auch, hervorragende Signale zu veredeln, ohne ihre Qualität zu verwässern. Um es vorwegzunehmen, der Insigna glänzt hier. Wie die Klangbeispiele zeigen, kann der EQ selbst der sahnig-cremigen Aufnahme mit einem Neumann U 67 noch die letzten Glanzpunkte aufsetzen. Eine Höhenanhebung bringt das Signal nach vorne, lässt es subjektiv direkter und auch lauter klingen. Das geschieht ohne jede Härte, mit lässiger, fast beiläufiger Eleganz. Die Vocals klingen intimer, präsenter, aber sie verlieren kein Quäntchen ihrer seidigen, unangestrengten Eleganz. Ebenso lässt sich mit dem Crane Song noch etwas Fülle im Grundtonbereich unterfüttern, und eine leichte Mittenanhebung schließlich bringt das Signal weiter nach vorne. Im Endresultat klingt die Aufnahme immer noch nach sich selbst, nur besser – und ein größeres Kompliment kann man einem EQ eigentlich nicht machen.

Audio Samples
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Bass unbearbeitet Bass, 40 Hz + 3 dB Bass, 40 Hz + 3 dB, 700 Hz + 2 dB Bass, 40 Hz + 3 dB, 700 Hz + 2 dB, HC 6 kHz Posaune unbearbeitet Posaune, LC 60 Hz Posaune, LC 60 Hz, AIR + 3 dB Posaune, LC 60 Hz, AIR + 3 dB, 1,6 kHz + 3 dB

Auch auf anderen Signalen behält der Insigna diese Linie bei. Ob man ihn nun mit Basslines füttert oder mit Blasinstrumenten, der EQ bietet stets Verbesserungen und Verfeinerungen, die das Signal subjektiv größer und besser erscheinen lassen, und dabei hält er sich charakterlich immer fein im Hintergrund. Anders als klassische Sweetening-EQs à la Neve oder Pultec drückt der Crane Song dem Material keinen Stempel auf, sondern er verbessert es sozusagen von innen heraus, auf elegante, zurückhaltende aber ausgesprochen effektive Weise. Insofern stellt er eine hervorragende Ergänzung zum Falcon-Kompressor dar, welcher ebenfalls durch sehr effektive Resultate besticht, ohne sich selbst zu sehr in den Vordergrund zu spielen.

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Fazit

Im Zusammenspiel mit den anderen 500-Modulen von Crane Song kann man eine (Vocal-)Aufnahmekette der Extraklasse zusammenstellen, die beinahe jeder Aufgabe gewachsen ist. Der Insigna präsentiert sich gerade im Zusammenspiel mit den anderen Prozessoren des Herstellers als erstklassiges Audiowerkzeug, doch er kann auch auf sich allein gestellt zu voller Form auflaufen. Hier stimmt beinahe alles. Trotz zweier kleinerer Kritikpunkte und des Premium-Preises bin ich geneigt, die volle Punktzahl zu vergeben. Die Ergebnisse die man mit dem Insigna erzielen kann sind weitaus „größer“ als die Bauform als kleine 500-Kassette vermuten lassen dürfte. Top!

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • Klangeigenschaften
  • Vielseitigkeit
  • eleganter Sound
  • extrem große Bandbreite des Audiosignalwegs
  • hochwertige Hardware mit Premium-Bauteilen
Contra
  • Potis haben keine Mittenrastung
  • Drehschalter etwas schwergängig
Artikelbild
Crane Song Insigna Test
Für 1.599,00€ bei
cranesong_insigna_02
Features & Spezifikationen
  • Dreiband-EQ mit zusätzlichen Filtern
  • Röhrensignalweg
  • Ausgangsübertrager
  • 8 Ansatzfrequenzen in den EQ-Bändern, 7 in den Filtern
  • +/-12 dB Gain pro Band
  • PREIS: € 1547,– (UVP)
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