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Arturia Matrix-12 V Test

Der Arturia Matrix-12 V ist eines der neueren Mitglieder in der V-Collection, welche eine stattliche Anzahl von Synthesizer-Plug-ins vereint, die einigen der größten Analogsynths der Geschichte nachempfunden sind. Oberheims Matrix-12 zählt zweifellos zu den Legenden – ein Synth, dessen Sound die 80er nicht unwesentlich mitgeprägt hat.

Der Arturia Matrix-12 V ist eine virtuelle Nachbildung eines Oberheim Matrix-12
Der Arturia Matrix-12 V kann im Vergleich mit der Konkurrenz nicht restlos überzeugen


Uns hat in diesem Test aber nicht nur interessiert, wie nah der Klon dem Original kommt, sondern auch wie gelungen Arturias neuer Wurf als eigenständiges Plug-in und als Klangerzeuger ist.

Details

Wann immer eine Software versucht, ein Gerät aus der realen Welt möglichst authentisch nachzuahmen – seien dies Synthies, Outboard-Geräte, Vorverstärker oder ähnliches –, ist seit vielen Jahren die Diskussion unausweichlich, wie nah die Kopie dem Original kommt, ob die digitale Imitation zu unterscheiden ist von der – meist analogen – Vorlage, den gleichen Mojo hat, sie gar überflüssig macht. Es gibt dann meist zwei streng getrennte Lager in dieser manchmal wie ein Glaubenskrieg geführten Debatte. Und es sprechen häufig die Argumente der Ökonomie und Praktikabilität für die Plug-ins und jene des schöneren Handlings und des unvergleichlichen Sounds für die nachgeahmten Vorbilder. Firmen wie Arturia setzen sich dieser Diskussion ganz besonders aus, denn sie treten bei vielen ihrer Produkte ganz klar mit dem Anspruch auf, minutiös konstruierte Klone der geschätzten Hardware zu liefern, die soundmäßig praktisch nicht von dieser unterscheidbar sind. Nimmt man das Ganze sportlich, dann hat die Sache durchaus ihren Reiz. Man kann anonymisierte Soundfiles posten und die geneigten Gear-Nerds auffordern zu spekulieren, welche Aufnahme zum Original, welche zur digitalen Nachbildung gehört. Nicht selten aber nimmt der Dialog über Analog vs. Plug-in nervige, quasi-religiöse Züge an, und allzu oft rückt dadurch die Sache selbst in den Hintergrund. Dabei entsteht auch das Problem, dass die Plug-ins in der Regel gar nicht mehr als eigenständige Synthies, Kompressoren, Equalizer etc. wahrgenommen werden, sondern nur als mehr oder minder defizitäre Imitationen. Woran sie natürlich aufgrund ihres Anspruches nicht zuletzt selber schuld sind.
Ich bin wohl nicht unverdächtig, bisweilen auf Seiten der Analogprediger zu stehen, so dass ich – allen praktischen Widrigkeiten zum Trotz – doch sehr viel lieber an meinem echten Prophet-5 sitze als an Arturias Alternativangebot. Dennoch bemühe ich mich, hier nicht dogmatisch zu sein, und da hat mich vor kurzem ein sehr schlagendes Zitat des großen Leonard Cohen sehr schmunzeln lassen. Während der Vorproduktion zu seinem Album „Popular Problems“ arbeitete er zusammen mit seinem kongenialen Produzenten und Mischer Patrick Leonard an einem Song, und Leonard hatte einen Cello-Part mit einer Sample-Library eingespielt. Er sagte zu Cohen, dass sich das Ganze super anhören würde, wenn es erst auf einem richtigen Instrument gespielt würde, woraufhin Cohen antwortete: „I have news for you, because what you’re playing is a real instrument. You push a key, and a sound comes out. That’s an instrument.“ Das ist in seiner Einfachheit und Klarheit schon fast radikal. Macht aber auch völlig Sinn, wenn man sich zum Beispiel vorstellt, man würde ein Rhodes lediglich danach beurteilen, wie erfolgreich es seinen ursprünglichen Zweck erfüllt: ein Piano zu imitieren.
Es herrscht, meine ich, mittlerweile weitgehend Konsens darüber, dass digitale Technik grundsätzlich fähig ist, einen der analogen Technik ziemlich ebenbürtigen Sound zu produzieren. Das gilt für die Plug-ins von Slate Digital oder UAD, es gilt für virtuell-analoge Synths wie den Nord Lead 4, und nicht zuletzt gilt es für viele der Produkte, die Arturia in der aktuellen V-Collection zusammenfasst. Somit könnte man in der Beurteilung von Plug-ins auch zur nächsten Evolutionsstufe übergehen und sie schlicht und ergreifend danach bewerten, wie sehr sie den Musiker inspirieren und in die Lage versetzen, einen für seine Kunst produktiven Sound zu erzeugen. Freilich bleibt diese Bewertung immer ganz subjektiv, und sie betrifft auch nicht nur die Ohren, sondern – vielleicht sogar ganz besonders – auch das Visuelle und Haptische.
Diese etwas ausladende Vorbemerkung scheint mir für die Besprechung von Arturias neuem Matrix-12 V-Plug-in angesagt, auch weil ich vor kurzem folgende Feststellung gemacht habe. Einem der freundlichen Arturia-Angebote folgend, habe ich nämlich meine V-Collection letztens auf den neuesten Stand gebracht und war doch sehr neugierig, wie sehr mich die verschiedenen Synths heutzutage begeistern – nachdem die Collection, offen gestanden, in den letzten Jahren bei mir eher ein Schattendasein geführt hatte. Also habe ich mich relativ ziellos durch die diversen Sounds und Geräte geklickt und sehr bald festgestellt: Zwar ist das alles auf einem sehr guten Niveau und absolut brauchbar, aber manches, wie z. B. der Jupiter, lässt mich eher kalt, während anderes – insbesondere der Oberheim SEM, aber eben auch in gewissem Maße der Matrix-12 V – mich erst mal anspricht und zum Herumspielen inspiriert. Ob dieser Befund auch einen technischen Hintergrund hat, weiß ich nicht (immerhin sind SEM und Matrix die neuesten Sprösslinge des Arsenals – wobei ich das Wurlitzer V katastrophal finde, aber das ist klanglich auch ganz anderes Terrain). Aber es ist im Sinne der Einleitung schon mal ein erster Fingerzeig, dass sich der Matrix-12 V in puncto inspirierender Sound etwas hervortut.
Der Oberheim Matrix-12, welcher 1985 auf den Markt kam, gehört zu den Giganten des Analogsynthesizer-Himmels. Er lieferte seinerzeit nicht nur den Oberheim-typischen fetten und sahnigen Sound, sondern protzte auch mit einer unvergleichlichen Zahl an Features. Namensgebend und einzigartig war die Modulationsmatrix, durch die man neben den 12 fest verdrahteten Modulationen ganze 20 frei einstellbare Verbindungen zwischen den Modulationsquellen und einer ganzen Armada von Modulationszielen herstellen konnte.

Der Matrix-12 V geizt nicht mit Modulationsmöglichkeiten (Bild: Arturia)
Der Matrix-12 V geizt nicht mit Modulationsmöglichkeiten (Bild: Arturia)

Autorisierung

Arturia vertreibt seinen Matrix-12 V als Einzel-Plug-in oder im Verbund seiner V-Collection. Bezüglich des Lizenzierungsverfahrens der Franzosen hatte ich immer meine Zweifel, denn alles wirkte etwas wirr. Dies hat sich bei den letzten Migrationen bestätigt. Die Collection v3 sollte nämlich vom Laptop auf den neuen Studiorechner umziehen. Dies war aber abstruserweise nur möglich, indem ich die Lizenz auf einen eLicenser-Stick transferiert habe. Nun gut. Kurze Zeit später kam dann das Upgrade auf Version 4 der Collection, die aber nun nichts mehr mit dem Stick zu tun haben wollte. Zwar besorgt nun ein eigenes Programm, das Arturia Software Center, die Lizenzierung, Aktualisierung und sogar den Download der Software. Ein etwas ungutes Gefühl gegenüber dieser wechselhaften Politik bleibt aber.

Oberfläche

Wie gewohnt hält sich die äußere Erscheinung des Arturia-Nachbaus ziemlich streng an das Design des Originals, was sich beim Matrix-12 V allerdings lediglich im allgemeinen Designkonzept und der Gestaltung der Bedienelemente niederschlägt. Das geradezu spartanische Layout des originalen Matrix-12 war wohl so weit von einer sinnvollen Bedienbarkeit für das Plug-in entfernt, dass Arturia das Layout im Grunde völlig ändern musste. Diese vermutlich etwas schmerzhafte Entscheidung darf man begrüßen, denn das Bedienen von Synth-Plug-ins ist häufig schon fummelig genug, so dass zusätzliche Hürden aufgrund von falsch verstandener Originaltreue wenig willkommen sind.
Die recht imposante Komplexität des Matrix-12 V verliert nach ein wenig Benutzungszeit etwas ihren Schrecken. Dabei hat die anfängliche Desorientierung verschiedene Gründe. Zum einen wird hier alles über grün beleuchtete Displays und dazugehörige Encoder geregelt, so dass man optisch weniger an die Hand genommen wird als bei anderen Synths rsp. Plug-ins. Zum anderen ist man mit einem fülligen Angebot an Elementen konfrontiert, die im Layout etwas beliebig nebeneinander zu stehen scheinen und zudem häufig Mehrfaches bietet, wo man Einfaches gewohnt ist. So gibt es z. B. gleich fünf Hüllkurven mit jeweils sechs Parametern, und für den Einsteiger ist nicht direkt ersichtlich, welche von ihnen beispielsweise die Lautstärke des Klanges formt. So zieht sich der Wunsch, den gewählten Sound mal mit einem etwas kürzeren Ausklang zu versehen, anfangs etwas hin. Wie zu erwarten, stellt sich aber eben nach einiger Zeit alles als sehr logisch strukturiert heraus, so dass man deutlich schneller zum Ziel kommt.

Klangerzeugung

Die Klangerzeugung des Matrix-12 basiert auf zwei Oszillatoren, die Rechteck-, Sägezahn- und Dreieck-Schwingungsformen erzeugen können, wobei VCO2 auch weißes Rauschen produziert. Die Schwingungsformen werden einfach per Taster zugeschaltet, so dass sich pro Oszillator mehrere überlagern können. Es gibt also keinen Wahlschalter oder etwa einen stufenlosen Regler wie beim Minimoog. Die Basisstimmung der VCOs kann über einen ziemlich gewaltigen Bereich von über fünf Oktaven eingestellt werden, und die Oszillatoren sind (allerdings nur hart) synchronisierbar. Weiterhin präsentiert der Matrix-12 eine ziemlich schön handhabbare Implementierung von Frequenzmodulation (FM). Bei dieser wird der erste Oszillator (oder das Filter) durch den zweiten moduliert, wodurch – grob gesagt – metallische Sounds entstehen, die in aller Regel recht schwer in Zaum zu halten sind. Beim Matrix-12 hingegen lassen sich durchaus leicht musikalische Ergebnisse erzielen. In der Oberheim’schen Variante von FM wird die Dreieckform von VCO2 verwendet, um entweder VCO1 oder das Filter zu modulieren. Die Stärke der Modulation ist einstellbar. Moduliert man das Filter, so macht es Sinn, eine hohe Resonanz einzustellen, so dass das Filter quasi als Oszillator fungiert. Wer schon einmal mit FM herumgespielt hat, weiß, dass es durchaus schwierig sein kann, gleich zu brauchbaren Ergebnissen zu kommen, ganz zu schweigen von spielbaren Sounds. Nicht so beim Matrix-12 V, der mit diesem Feature eine schöne Palette eröffnet, von leicht angerauten bis zu völlig kranken Klängen.
Das erwähnte Filter gehört – im Original ebenso wie beim Plug-in – zu den Prunkstücken des Matrix-12. Im Original haben es die Ingenieure durch eine offenbar unglaublich geschickte Verschaltung von vier Lowpass-Filtern geschafft, eine große Auswahl an Filtercharakteristika und -güten herzustellen. Gleich 15 verschiedene Filter sind wählbar: 1- bis 4-Pole-Lowpass, 2-Pole-Notch, 1- bis 3-Pole-Highpass, 2- und 4-Pole-Bandpass, Allpass (Phasenschieber) und verschiedene Kombinationen aus diesen. Eine solche Bandbreite an Filtern ist bei Softwaresynths zwar nicht alltäglich, aber auch nicht völlig ungewöhnlich. Allerdings muss man sich in Erinnerung rufen, dass genau diese Optionen bereits im Original von 1985 zur Verfügung standen, was schon ein ziemlicher Wahnsinn ist.
Die Filtersektion ist, wie alle „Gruppen“ des Bedienfeldes, mit einem blauen Balken und einer Überschrift markiert. Deshalb habe ich die beiden Parameter „VCA1“ und „VCA2“ zunächst auch für etwas gehalten, das mit dem Filter zu tun hat. Wie aber der Name schon ahnen lässt, handelt es sich um die zwei (!) Verstärker, die beim Matrix-12 am Ende der Signalkette stehen. Auch wenn die Platzierung im Bedienfeld nachvollziehbar wird, wenn man dem Signalflussdiagramm folgt, das mit dünnen blauen Linien angedeutet ist, so ist sie doch extrem verwirrend, und unter der Überschrift „Filter“ definitiv inkorrekt. Trifft man zum ersten Mal auf die VCAs, ist eigentlich alles an ihnen verwirrend. Denn warum sind es zwei? Und warum stehen sie hier so einsam im Bedienfeld? Denkt man noch einmal an das Grundkonzept des Matrix-12 zurück, welches ganz wesentlich mit einem Maximum an Modulationsoptionen zu tun hat, kommt man einer Erklärung gleich näher. Die Verstärker sind nämlich im Grunde nur zwei „Soundtore“, die in Reihe geschaltet den erzeugten Klang in dem Maße hörbar machen, wie sie geöffnet sind. Bei anderen Synths steht in der Regel nur ein VCA zur Verfügung, und der ist auch gleich mit einer Hüllkurve verbunden, die zumindest Attack, Decay und Release des Klanges formt. Beim Matrix-12 hingegen wollte man sich mit so einer Festlegung nicht zufrieden geben. Deshalb können gleich zwei VCAs eingesetzt werden, die natürlich auch nicht nur von Hüllkurven, sondern von allen möglichen Modulationsquellen moduliert werden können.

Die Modulationsmatrix ist das namengebende Herzstück des Matrix-12 V
Die Modulationsmatrix ist das namengebende Herzstück des Matrix-12 V

Herzstück und markantestes Merkmal des Matrix-12 ist die erwähnte Modulationsmatrix. Im Original bietet sie 12 festgelegte und 20 frei wählbare Modulationsverbindungen an. Arturia hat das Konzept auf 40 Verbindungen erweitert. Mögliche Modulationsziele, wie Oszillatorfrequenz oder Cutoff, sind sehr leicht dadurch zu erkennen, dass ihre Beschriftungen nicht auf dem virtuellen Gehäuse, sondern auf kleinen Buttons angebracht sind, welche zudem einen kleinen, grün leuchtenden Punkt aufweisen, sofern der Parameter von zumindest einer Quelle moduliert wird. Nun gibt es zwei Möglichkeiten, eine Modulationsverbindung herzustellen. Zum einen, indem man den Parameterbutton drückt, woraufhin sich in der Mitte des Plug-ins die sogenannte „Modulation Page“ mit Leben füllt. Diese besteht aus einem dreireihigen Display für Modulationsziel (der gewählte Parameter), -quelle und -stärke und sechs Drehreglern, welche die Modulationsstärke bestimmen. Außerdem kann die Modulation über anklicken eines kleinen „Q“ quantisiert werden, so dass Modulationen nicht mehr weich und in Kurven, sondern in Schritten (z. B. Halbtonschritten) erfolgen. Auf diese Weise lassen sich sehr schnell die ersten sechs Modulationsverbindungen für den zuvor angewählten Wert festlegen oder verändern.
Bei Möglichkeit zwei kommt das untere Viertel des Plug-in-Fensters ins Spiel, welches gewöhnlich die Tastatur beherbergt. Dieser „Name Plate“ genannte Bereich lässt sich per Knopf umschalten zwischen vier Funktionen. Dies sind Tastatur, Effekte, Modulation und „Page 2“, auf der sich einige tiefer liegende Parameter einstellen lassen. Wählt man also hier die Seite für Modulationen, tut sich eine größere Matrix auf, die auf zwei Reiter verteilt insgesamt 40 Modulationen darstellt. Auch hier werden diese mit den Parametern Modulationsquelle, -stärke und -ziel abgebildet, wobei sich die Verbindung wiederum quantisieren und auch sehr leicht per Button löschen lässt. Es sei noch einmal erwähnt, dass uns dieses Konzept heute sehr vertraut ist, da es in vielen Synths – z. B. dem Alesis Andromeda oder dem DSI Prophet-12 – Anwendung findet, dass diese Implementierung aber für die Mittachtziger absolut neu und innovativ war. Somit wurde der Matrix-12 zum Vater eines sehr wesentlichen Konstruktionskonzeptes in der Synthesizergeschichte.
Bei einem so massiven Angebot an Modulationsverbindungen würde man erwarten, dass auch reichhaltige Modulationsquellen zur Verfügung stehen. Und man wird wahrlich nicht enttäuscht: fünf Hüllkurven, drei Tracking-Generatoren, fünf LFOs, vier kleine Hüllkurven (Ramps) sowie ein LAG-Prozessor stehen zu Gebote, neben dem Keyboard (mit Tonhöhe, Anschlagsstärke und – Achtung! – Release-Stärke), zwei Pedalen, den Oberheim-typischen Spielhilfen (also zwei beim Original nur nach unten kippbaren Sticks) und einem sechsten, etwas abgespeckten LFO, der unter „Vibrato“ firmiert.
Die Envelopes sind nach dem DADSR-Prinzip gebaut, bieten also auch einen Delay-Parameter. Ansonsten gibt es hier keine großen Überraschungen außer vielleicht der Tatsache, dass – genau wie bei den LFOs und den Tracking-Generatoren – jeweils die Verstärkung („Amp“) eingestellt werden kann. Das wirkt zunächst wie eine unnötige Dopplung, denn die Stärke der Modulation wird ja bereits durch die Matrix festgelegt, ergibt aber vor dem Hintergrund Sinn, dass diese Verstärkung ihrerseits selbstverständlich modulierbar ist, so dass man hierüber mit einem anderen Modulator Einfluss auf die Modulationsstärke nehmen kann.
Die recht ungewöhnlichen Tracking-Generatoren sind, könnte man sagen, Modulatoren der Modulatoren. Das heißt, sie erzeugen keinen eigenen Output, sondern bearbeiten jenen einer anderen Modulationsquelle. Hierzu wird das einkommende Signal in vier gleichmäßig große Segmente zerlegt, deren Anfangs- und Endpunkten wiederum Werte zugeordnet sind, so dass fünf „Points“ entstehen. Da die meisten Werte des Matrix-12 von 0 bis 63 eingestellt werden können, entspricht bei einem Tracking-Generator eine lineare Einstellung (also keine Veränderung des einkommenden Modulatorsignals) der Zahlenreihe 0, 15, 31, 47, 63. Verändert man nun einen dieser Werte, entfernt sich die entstehende Kurve entsprechend von der ursprünglichen des Modulators. Kommt z. B. eine Dreieckschwingung herein, so entsprechen Punkte 1 und 5 Start- und Endpunkt der Schwingung, Punkt 3 markiert den Nulldurchgang, und Punkte 2 und 4 fallen mit dem negativen und positiven Maximalausschlag zusammen. Ändert man nun die Werte von Punkt 2 und 4, kann man die Kurve in ihren Maximalausschlägen „verbiegen“. Stellt man alle Werte des Tracking-Generators auf Null, erfolgt überhaupt kein Output, stellt man alle auf denselben Wert, entspricht der Output unabhängig vom Input einer waagerechten Linie, und kehrt man die o. g. Ausgangswerte um, invertiert man den Input. Diese Beispiele ergeben für mich teilweise theoretisch Sinn oder ließen sich in der Praxis nachvollziehen. Ich muss aber gestehen, dass mir die exakte Wirkung des Trackings etwas unklar blieb, wobei weder die Lektüre des Arturia- noch des Original-Handbuchs wirklich weiterhalf. Schön wäre hier eine graphische Veranschaulichung gewesen, die die Veränderung optisch nachvollziehbar macht. So musste ich mich mit experimentieren begnügen, was allerdings auch zu musikalisch interessanten Ergebnissen führte.
Wo wir das Benutzerhandbach erwähnen: Dieses liegt leider nur in englischer, französischer und japanischer Sprache als PDF vor, ist dafür aber mit Liebe zum Detail geschrieben. Nicht nur werden die einzelnen Elemente des Plug-ins klar und recht umfassend erklärt. Man gewährt auch einen Einblick in die Geschichte der Firma Oberheim und ihrer diversen Synthesizer. Sehr schön.

Die Effektsektion wurde neu hinzugefügt, sie gab es beim Original nicht
Die Effektsektion wurde neu hinzugefügt, sie gab es beim Original nicht

Wie die Tracking-Generatoren übernimmt auch der LAG-Generator eine Art Hilfsfunktion für andere Modulationsquellen. Grob gesagt verlangsamt er den Übergang zwischen zwei Werten, die eine Quelle erzeugt. Man kennt diesen Effekt beim Glide oder Portamento. Hier wird die Kontrollspannung der Tastatur bei zwei nacheinander gespielten Tönen nicht eins zu eins an den Frequenzparameter der Oszillatoren weitergegeben, sondern es findet ein (einstellbar) langsamer, weicher Übergang statt. Ein solcher Glide ist natürlich mit dem LAG-Prozessor des Matrix-12 möglich, allerdings kann er auch andere Modulationsquellen bearbeiten. Lässt man ihn beispielsweise auf einen LFO los, der eine Rechteckform erzeugt, so rundet man die Kanten des Rechtecks immer stärker ab, je höher man die „Rate“ einstellt. Auch hier lassen sich die exakten physikalischen Hintergründe etwas schwer erfassen, aber herumschrauben zeitigt auch diesmal schnell brauchbare Ergebnisse.
Die LFOs führen uns dafür wieder auf ganz bekanntes Terrain. Sie können Dreieck, Rechteck, positiven und negativen Sägezahn, Random, Noise und Sample & Hold produzieren. Zudem kann über den – für mich etwas verwirrend bezeichneten – Parameter „Retrigger“ ein beliebiger Startpunkt gewählt werden. Weiterhin laufen die LFOs im „free run“ Betrieb oder können wahlweise vom ersten Trigger oder jedem einkommenden Trigger gestartet werden. Soweit so gut und normal, allerdings gibt es einen dramatischen Fauxpas: Ich habe nämlich keinen Hinweis darauf gefunden, dass sich die LFOs zum Host synchronisieren lassen. Das habe ich zuerst nicht glauben können, es scheint aber tatsächlich zuzutreffen. Hier muss Arturia natürlich schnellstens nachbessern.
Streifen wir noch kurz die „Ramps“ als letzte Modulationsquelle. Vier Stück sind vorhanden, und man kann sie sich als sehr schlichte Hüllkurven vorstellen, wobei ihre Bezeichnung ein ganz gutes Bild liefert, denn sie sind so etwas wie eine Rampe zwischen ihrem Start- und Endwert. Dabei regelt der „Rate“-Parameter, wie schnell dies Entwicklung durchlaufen wird, je kleiner der Wert, desto schneller.
Bevor wir uns mit den übergeordneten Strukturen befassen, werfen wir noch einen Blick auf eine der sehr wenigen Hinzufügungen, die Arturia gegenüber dem Original vorgenommen hat: die Effekte. Zu diesen gelangt man über einen Wahlbutton, der im unteren Viertel des Panels zwei Effektslots erscheinen lässt. In diese lässt sich je ein Effektgerät laden, wobei man die Wahl zwischen (Stereo)-Delay, Phaser, Analog-Delay, Flanger, Chorus und Reverb. Die Effekte sind in einem schönen, einheitlichen 80er-Stil designt und kommen mit wenigen, eben den nötigen Parametern aus. Selbstverständlich bieten alle Effekte einen Dry/Wet-Regler, so dass der gewünschte Effektanteil bestimmt werden kann.

Fotostrecke: 2 Bilder Im Single-Modus entspricht eine Zeile einer Stimme des Matrix-12 V

Voices

Bisher haben wir uns auf der als „Main“ bezeichneten Ebene des Bedienpanels bewegt. Der Matrix-12 V bietet aber noch eine zweite, die mit „Voices“ überschrieben ist. Dieser kommen allerdings je nach Aggregatszustand sehr unterschiedliche Funktionen zu. Der Matrix-12 kann nämlich im Single-Mode betrieben werden, in dem man lediglich auf ein Patch, also einen Sound, zugreift oder im Multi-Mode, in dem sich mehrere Patches gleichzeitig spielen lassen. Seltsamerweise lässt sich im Plug-in nicht zwischen diesen Modi umschalten, sondern man muss kruderweise ein Single- oder Multi-Preset wählen, um in den jeweiligen Modus zu kommen. Etwas verwirrend ist, dass „Voices“ je nach Modus Unterschiedliches bezeichnet. Im Single-Mode sind dies nämlich die 12 Stimmen des Matrix-12, im Multi-Mode sind damit die verwendeten Patches gemeint. Und in welchem Modus man tatsächlich unterwegs ist, lässt sich auch nur bei einem Besuch der „Voices“-Ebene feststellen, indem man schaut, ob dort nur ein Patch-Name vorkommt oder mehrere verschiedene. Vielleicht hätte man hier gut daran getan, das Designkonzept weiter anzupassen und eine klare Trennung zwischen beiden Modi einzuführen.
Im Single-Modus begrüßt uns die „Voices“-Seite mit einer zwölfzeiligen Listendarstellung, die für jede Stimme eine Zeile vorsieht. Spielt man den Sound, leuchten neben den Stimmen grüne LEDs, um zu signalisieren, welche Stimmen gerade verwendet werden. Pro Stimme lassen sich die Transposition, der Grad der Verstimmung (Detune), die Lautstärke sowie das Panning einstellen, womit sich sehr schillernde Soundfächer erstellen lassen, die in Tuning und Stereobewegung filigran gestaltet sein können. Außerdem aber lassen sich die Stimmen einer von sechs Zonen zuordnen. Diese wiederum können von verschiedenen MIDI-Kanälen und/oder unterschiedlichen Keyboardzonen bespielt werden. Darüber hinaus lässt sich pro Zone festlegen, nach welchem Prinzip Stimmen getriggert werden (rotierend, immer die niedrigste Stimme, die möglich ist, unisono etc.). Letzteres würde in anderen Konzepten nicht sehr viel Sinn machen, da in der Regel unerheblich ist, ob ein Ton von Stimme 1 oder 2 erzeugt wird. Da sich aber, wie oben beschrieben, einige Einstellungen pro Stimme vornehmen lassen, womit jede Stimme praktisch individualisiert wird, ist es vorteilhaft, eine gewisse Kontrolle über die Stimmzuteilung zu haben.
Die „Voices“-Seite im Multi-Mode ist praktisch identisch, nur dass hier an die Stelle der Stimmen ganze Patches treten. So lassen sich insgesamt bis zu 12 Patches zusammenschalten, wobei eine Zone jeweils dasselbe Patch enthält. Alles andere bleibt gleich, mit dem Unterschied, dass eben Parameter wie Transpose, Tuning oder auch der Zuteilungsmodus nun für ganze Sounds und nicht einzelne Stimmen festgelegt werden. Mit Hilfe des Multi-Modes lassen sich also relativ leicht gelayerte und/oder gesplittete Patches programmieren.
Hat man schließlich einen Single- oder Multi-Sound erstellt, kann man ihn als Patch speichern, wobei Singles und Multis völlig gleichrangig nebeneinander stehen. Arturias Soundanwahl und -speicherung funktioniert über drei verschiedene Dropdown-Menüs, in denen man zunächst die Bank, dann die Soundkategorie und schließlich des Preset selbst auswählt. Beim Speichern begegnet einem ein Dialog, der ebenfalls diese drei Felder aufweist, wobei man dort dann eigene Bezeichnungen für alles vergeben kann. Diese an sich logische Haptik ist in den älteren Versionen der Arturia Plug-ins dennoch extrem unschön zu bedienen, da die Menüs zum einen sehr klein sind, es keine ausreichend großen Buttons zum Hoch- und Runterschalten gibt und man zudem die ausgewählten Werte in den Menüs per Tastatur überschreiben kann, um neue Bänke, Kategorien oder Presets anzulegen. Das ist schon ein fummeliges, unerfreuliches Chaos. Hier hat Arturia beim Matrix-12 V aber deutlich nachgebessert, denn die Menüs sind nun größer, es gibt zwei gut bedienbare Pfeiltasten und auch das Überschreiben wurde abgestellt. So ist mit wenigen Handgriffen eine gut bedienbare, sehr praktische Schnittstelle entstanden, die lediglich noch die kleine Macke hat, dass jene Unterauswahlen, die man mit den „Bank“- und „Type“-Menüs trifft, gerne mal beim Rumklicken oder Speichern verloren gehen, so dass man im Preset-Menü wieder alle verfügbaren Patches findet . Dann muss man von Neuem einschränken, um beispielsweise nur die Pads in der Liste zu haben.
Ein lustiges Feature des Originals hat sich auch Arturia nicht nehmen lassen: die sogenannte Program-Chain. Dies ist nichts anderes als eine Playlist, in die man bis zu 128 Presets laden kann. Dies ermöglichte es bei der Hardware-Ausführung des Matrix-12, Setlists für den Live-Betrieb anzulegen, was vermutlich eine willkommene Hilfe war. Bei einem Plug-in lassen wir das mal als schönen Gimmick so stehen, einen großen praktischen Nutzen sehe ich darin nicht. Viel schöner wäre es gewesen, Arturia hätte es ermöglicht, dass man über SysEx-Daten Originalsounds ins Plug-in lädt. Aber anders als beim hauseigenen Prophet V ist diese Option leider nicht vorgesehen, wo man doch so gerne die im Netz kursierenden Patches ausprobieren würde.

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Praxis

Ressourcenhunger

Beim ersten Öffnen überrascht der Matrix-12 V nicht als erstes mit seinem Sound, sondern mit seinem Appetit: Auf meinem Mac Mini mit 2,6 GHz i7-Prozessor schlägt eine Instanz gleich mit über 20% CPU-Auslastung zu Buche (Oberheim SEM oder CS-80 geben sich mit ungefähr der Hälfte zufrieden) – und das, ohne dass auch nur ein Ton erklungen wäre. Das lässt sofort an u-hes Diva denken, die ja sprichwörtlich ist für ihre Gier nach Prozessorpower. Allerdings lässt sich deren Hunger wenigstens per Qualitätswahlschalter zügeln, was dem Matrix-12 V auch gut zu Gesicht gestanden hätte, und sie beißt auch nur dann zu, wenn sie wirklich arbeiten muss. Diese Eigenart des Matrix-12 V, die bei den anderen Arturia Plug-ins übrigens nicht zu beobachten ist, mag nachvollziehbare programmiertechnische Gründe haben (wobei sich dann die Frage stellt, warum dies nur beim Matrix unumgänglich war), ist aber dennoch ärgerlich. Denn wer ist bereit, einen Softsynth in ein Arrangement einzubauen, wenn dieser permanent ein Fünftel der CPU-Kapazität beansprucht, auch wenn er nur beim dünnbesiedelt Outro zum Zuge kommt? Großer Minuspunkt. Die gute Nachricht ist, dass das Plug-in, ähnlich wie die erwähnte Diva, bei weiteren Instanzen nicht noch einmal mit vollem Gewicht zum Tanze bittet, sondern sich mit wenigen zusätzlichen Prozenten zufrieden gibt.

Bedienung

In das Handling dieses komplexen und etwas ungewöhnlichen Synths muss man sich, wie erwähnt, erst einarbeiten. Ich bezweifle, dass unerfahrenere Nutzer daran große Freude haben werden. Aber dies kann man weder Oberheim noch Arturia vorwerfen. Es ist eine fast unweigerliche Konsequenz eines sehr flexiblen Gesamtkonzeptes. Es gibt halt Synths, die immer Schönes produzieren und mit wenigen Handgriffen zu meistern sind, wie der herrliche Roland SH2, und jene, die ganz andere Sphären erreichen, uns aber in der Bedienung einiges abverlangen, wie ein CS-80 oder auch ein Alesis Andromeda.
Über die Bedienoberflächen oder GUIs von Arturia wird im Netz viel gemeckert, und es ist nicht von der Hand zu weisen, dass bei der Handhabung z. B. des Modular V eine Feinmechanikerlehre von Vorteil, wenn nicht Voraussetzung ist. Über den Matrix-12 V kann ich derlei nicht sagen. Alle Bedienelemente haben genügend Raum, das Layout ist nach etwas Eingewöhnung logisch und übersichtlich und zudem verströmt das Plug-in ein gut designtes 80er-Flair.
Jedoch ist das Handling auch nicht ganz ohne Fehl und Tadel. Dies betrifft insbesondere das Umschalten von Presets, bei dem es gerne zu diversen Geräuschen kommt, wenn der erste Sound noch ausklingen möchte. Dieser Umstand ist auch von anderen Plug-ins nicht unbekannt, aber er fiel mir beim Matrix-12 besonders auf, da hier dem üblichen kleinen Digitalknacken auch schon mal ein lauteres zweites folgt. Zudem ist die Verzögerung beim Umschalten auf einige Presets relativ groß, und die Effekte hinken bisweilen zusätzlich nach – und nehmen dann wiederum mit einem Knacken ihre Arbeit auf. In einem Studiokontext ist das alles relativ unerheblich (wenn auch nicht schön anzuhören), für den Live-Betrieb sollten die Arturianer aber noch einmal schauen, ob sich dies nicht ein wenig glätten lässt.
Der Matrix-12 V ist noch relativ neu, so dass man nachsichtig sein sollte, wenn es hier und da noch leicht hakt. Eine etwas kuriose Fehlleistung begegnet uns aber bei der Modulation der Cutoff-Frequenz. Wie erwähnt bewegen sich die Parameterwerte beim Matrix-12 V in der Regel zwischen 0 und 63. Dies sind natürlich symbolische Zahlen, die – z. B. bei der Frequenz der LFOs – gar keinen praktischen Bezug haben, sondern nur in 64 Stufen zwischen Minimal- und Maximalwert wählen lassen. Nun bestand aber ausgerecht die Cutoff-Frequenz des Filters darauf, sich zwischen 0 und 127 einstellen zu lassen. Dies führt leider dazu, dass keine der Modulationsquellen das Filter mehr als bis zur Hälfte öffnen kann. Es wäre interessant zu erfahren, ob dieses Verhalten dem des Originals entspricht. Ich bin da allerdings skeptisch, denn in der Praxis ist das ja extrem ärgerlich und schränkt die Modulationsmöglichkeiten für das Filter maßgeblich ein. Ähnlich gravierend, wenn nicht sogar noch schlimmer, ist die Tatsache, dass Arturia beim Sync der LFOs geschlampt hat, die man nicht synchron zum Songtempo einstellen, sondern nur manuell justieren kann – wobei ein Wert von „42“ oder „54“ auch herzlich wenig nützt. Dieser Lapsus ist für die moderne Musikproduktion absolut unverzeihlich und sollte schnellstens behoben werden.
Der Matrix-12 V ist zweifellos eher ein Synth für Bastler als für Gelegenheitsschrauber. Natürlich kann man sich auch durch die Presets klicken, aber seine wahre Bestimmung erfüllt dieser Oberheimer, wenn man mit Freude die wildesten Modulationsmatrizen erstellt und ihm Klänge entlockt, zu denen andere Synths eben nicht in der Lage sind. Ich gestehe, dass es nicht zu meinen Lieblingsdisziplinen gehört, mir ein tausendfach verschachteltes Modulationsbauwerk auszudenken. Aber ich muss zugeben, dass der Matrix-12 einen dazu animiert, über unkonventionelle Klangformungen nachzudenken und mit Dingen wie FM herumzuexperimentieren, auch weil die Ergebnisse meist musikalisch sind.

Zuweisung von MIDI-Controllern (Bild: Arturia)
Zuweisung von MIDI-Controllern (Bild: Arturia)

Sound

Nun aber endlich zum Entscheidenden: dem Sound! Wenn ich mich an meine eingangs gemachten Statements halte, macht es sicherlich Sinn, die Frage nach der Klangqualität einmal in Bezug auf das imitierte Original zu beantworten, aber auch den Versuch zu wagen, das Plug-in einfach isoliert und als eigenständiges Klangwerkzeug zu beurteilen.
Ein Vergleich zum echten Matrix-12 fällt mir nicht gerade leicht, da ich weder einen besitze noch jemals einen echten gespielt habe. Zieht man allerdings Klangbeispiele auf YouTube oder jene des hiesigen Kollegen zu Rate, stellt man doch Unterschiede fest. Zwar lässt sich mit dem Plug-in sicherlich der Grundcharakter des echten Oberheim erzielen, jedoch wird beim Original gleich dieser warme, breite, teuer klingende Sound evident, den man auch unmittelbar mit den Achtzigern verbindet. Selbst höhenreiche Sounds behalten dabei stets eine gewisse Wärme. Das Plug-in hingegen neigt je nach Soundprogrammierung durchaus zu etwas Digitalem, Zischeligem, das dem Klang den analogen Touch nimmt und leicht billig klingt. Allerdings muss ich hier ganz deutlich die These äußern, dass hier durch viele uninspirierte, mittelmäßige Presets einiges an Potential verschenkt wird. Wenn man z. B. auf der „Voices“-Seite ein wenig am Finetuning der einzelnen Stimmen schraubt, werden die Sounds gleich lebendiger und erinnern deutlicher an den 80er-Sound, den man in vielen Presets vergeblich sucht. Deshalb habe ich den Verdacht, dass man mit dem Plug-in deutlich näher an den Sound des Originals kommen kann, als es die Presets größtenteils vermuten lassen.
Betrachtet man das Plug-in isoliert, muss man zunächst festhalten, dass der Matrix-12 V definitiv dazu in der Lage ist, schöne, vielschichtige, auch durchsetzungsstarke Sounds zu produzieren, die definitiv analoges Flair verbreiten. Aber auch aus dieser Perspektive bleibt es leider dabei, dass die Presets nicht gerade eine schillernde Visitenkarte des Plug-ins darstellen. Nach anfänglicher Begeisterung klickt man sich zunehmend lustlos durch eine gewisse Beliebigkeit, und mir ging es relativ selten so, dass mich ein Sound zum Verweilen einlud oder gar dazu inspirierte, Musik damit zu machen. Wie gesagt, ich bin überzeugt, dass da mehr zu holen wäre.

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80s Brass Clav Split Pad Two Tri Seq Vangelis Pad Velo Guit Filter 3-Pol Filter 4-Pol mit Resonanz

Effekte

Die Effektsektion ist selbstverständlich eine Zugabe, über die sich der Nutzer freuen kann, auch wenn man in der Regel über entsprechende spezialisierte Plug-ins verfügt, die diesen Job vielleicht besser erfüllen. Aber immerhin bieten eingebaute Effekte immer den Vorteil, dass man sie mit den jeweiligen Patches speichern kann. Die Auswahl der Effekte macht zum Abdecken der Basics Sinn und bleibt auch im „klassischen“ Rahmen, den Arturia mit seinen Produkten anstrebt. Wer also den Sounds des Matrix-12 V mit einem Bitcrusher zu Leibe rücken möchte, muss selbst Hand anlegen. Alle sechs Effekte sind sehr schön 80er-typisch gestaltet und lassen sich sehr leicht bedienen. Qualitativ gibt es nichts zu meckern, wobei ich das Reverb ausdrücklich ausnehmen würde, das sehr blechern klingt und zudem trotz diverser Einstellmöglichkeiten nur einen (zu) kleinen Ausschnitt klanglicher Möglichkeiten bietet. An Arturias Stelle würde ich hier noch mal massiv aufrüsten, denn wenn man da wiederum u-hes Diva zum Vergleich heranzieht, fällt auf, wie wesentlich ein gutes Reverb für viele Sounds ist und wie sehr es den Gesamteindruck des Plug-ins auf- oder eben abwertet.

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Effekte Reverb

Konkurrenz

Ich möchte nicht verheimlichen, dass der Matrix-12 V offenbar für mich nicht so durchschlagend überzeugend war, dass mir nicht in den Sinn gekommen wäre, ihn mit einigen Alternativangeboten zu vergleichen. Deshalb zog ich die schon erwähnte Diva hinzu, ein Softsynth, der zwar nicht dezidiert Matrix-12-Klänge imitiert, aufgrund seiner flexiblen Architektur aber zu diesen durchaus in der Lage ist – und natürlich ohnehin als einer der wesentlichen Maßstäbe in Sachen „analog klingende“ Plug-ins gilt. Die Diva kommt nach meinem Eindruck ungleich inspirierender daher, was unter anderem an einem durchweg runden, irgendwie undigitalen Soundcharakter liegt, aber auch an den wesentlich besseren Effekten und nicht zuletzt an, scheint mir, deutlich besser programmierten Presets.
Ein anderer Konkurrent des Testkandidaten ist das Plug-in OP-X PRO II der Schweizer Sonic Projects. Dieses Plug-in ist leider bis dato auf dem Mac etwas umständlich einzusetzen, da es nur als VST für Windows vorliegt (wobei man wohl in Bälde auf Versionen für den Mac hoffen kann), heimst aber in Foren durchweg bewundernde Erwähnungen ein. Auch der OP-X PRO II ahmt nicht speziell den Matrix-12 nach, ist aber dennoch ein Spezialist für ziemlich authentischen Oberheim-Sound und liefert definitiv eine soundmäßige Referenz. Auch dieses Plug-in würde ich Arturias Produkt klanglich vorziehen. Zwar kann es nicht mit den Modulationsmöglichkeiten des Matrix-12 V glänzen, und auch die Bedienoberfläche – die sich an den Oberheim OB-X anlehnt – ist deutlich weniger ergonomisch. Aber beim Spielen kommt gleich das selige 80er-Lächeln aufs Gesicht, und auch die Presets machen, z. B. mit einer Bank voller Patches aus diversen 80er-Hits, deutlich mehr Freude.
Man könnte sagen, es sei durchaus ein etwas vernichtendes Urteil über den Matrix-12 V, dass ich mir im Zuge des Tests sowohl u-hes Diva als auch den OP-X PRO II gekauft habe, obwohl Arturias V-Collection schon auf dem Rechner war. Aber damit täte man dem Matrix-12 V unrecht. Zwar neigen Arturias diverse Plug-ins dazu, eine etwas, sagen wir, digitale Note zu besitzen und auch etwas uneigen zu klingen, aber dieser Umstand hat nicht nur mit der Programmierung zu tun, sondern sehr stark auch damit, dass man die jeweiligen Charakteristika in den Presets viel stärker zur Geltung bringen könnte. Wie gesagt: Der Matrix-12 V ist absolut dazu in der Lage, dem Plug-in-Klangarsenal vielschichtige, ausdrucksstarke Sounds hinzuzufügen, die möglicherweise sogar recht nah an den Charakter des Originals heranreichen. Allerdings muss man konstatieren, dass seine Performance und sein Charakter nicht so überragend sind, dass sein Einsatz, geschweige denn seine gesonderte Anschaffung, angesichts der Konkurrenz ganz fraglos wäre.

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Fazit

Mit dem Matrix-12 V liefert Arturia erneut den digitalen Nachbau eines Klassikers der Synthesizer-Geschichte. Die vielschichtigen Möglichkeiten dieses Urvaters der Modulationsmatrix werden im Plug-in gut abgebildet und lassen sich aufgrund einer guten Bedienbarkeit gewinnbringend einsetzen. Den warmen, edlen Charakter des Originals scheint der Sound das Plug-ins nicht ganz zu erreichen, obwohl er sich auf Augenhöhe mit den Guten, wenn auch nicht den Besten der Plug-in-Zunft bewegt.
Einen dicken Minuspunkt sammelt Arturia mit der fehlenden Synchronisierbarkeit der LFOs, und auch sonst geben einige lieblos umgesetzte Details Anlass zur Kritik. Mit den vielfach wenig inspirierenden Presets verschenken die Franzosen zudem Möglichkeiten, die klanglichen Stärken ihres Produktes so richtig herauszustellen. Hat man sich hier die wenigen Perlen herausgepickt oder ist selber zu einem befriedigenden Programmierergebnis gekommen, weiß der Matrix-12 V durchaus zu gefallen und zu überzeugen.
Als Teil von Arturias V-Collection ist der Matrix-12 V sicherlich eine willkommene Ergänzung der Klangpalette. Als Einzel-Plug-in hingegen wage ich zu bezweifeln, dass Käufer ihm den Vorzug vor der besser klingenden oder auch flexibleren Konkurrenz geben werden. Wer allerdings einen exakten Klon des Matrix-12 sucht, für den gibt es zu Arturias Angebot, soweit ich weiß, keine Alternative. Diesen Menschen kann man ihn jedoch als einen soliden Softwaresynth durchaus empfehlen.

Unser Fazit:
3,5 / 5
Pro
  • alle Features des Originals
  • ansprechendes, funktionales Layout
  • gute Bedienbarkeit
  • guter Sound
  • zusätzliche Effekte
Contra
  • hohe CPU-Last, die zudem permanent anfällt, kein „Eco-Modus“
  • kein LFO-Sync
  • schlechtes Reverb
  • uninspirierte Presets
  • kein Import von SysEx-Daten des Originals
Artikelbild
Arturia Matrix-12 V Test
Der Arturia Matrix-12 V kann im Vergleich mit der Konkurrenz nicht restlos überzeugen
Der Arturia Matrix-12 V kann im Vergleich mit der Konkurrenz nicht restlos überzeugen
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