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Ampeg Dan Armstrong AMG100CH Test

Wenn der Name Ampeg fällt, dann denkt man in erster Linie an Verstärker, und das hat auch seinen Grund. Zwar fing schon 1946 alles mit der Entwicklung eines Tonabnehmers für Bassinstrumente an, aber schon kurze Zeit später standen Verstärker im Mittelpunkt. Und das mit Erfolg. Die Amps des amerikanischen Herstellers galten lange Jahre als die ultimativen Kraftpakete für Bassisten. Nach einer wechselvollen Geschichte gehört Ampeg heute zu Loud Technologies und seit 2007 werden alle Produkte mit dem Markennamen in China gefertigt. Blickt man zurück, so gab es Ende der Sechziger eine Phase, in der Ampeg begann, sich auch intensiver mit der Herstellung von Instrumenten zu befassen. Die Idee dazu kam von einem Gitarrenbauer namens Dan Armstrong, der vorschlug, das Angebot an Amps um Gitarren und Bässe zu bereichern.

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Ampeg heuerte ihn an und er entwickelte Gitarren und Bässe, die 1969 auf der NAMM-Show unter der Produktbezeichnung Ampeg Dan Armstrong ihre Premiere feierten. Die Bodys der Instrumente waren ursprünglich aus Plexiglas gefertigt, einem Material, das mit einem ungeheuren Sustain aufwarten konnte, bedingt durch seine Dichte und das daraus resultierende Schwingungsverhalten. Der größte Nachteil dieser Bauart war aber leider das hohe Gewicht, das bei längeren Gigs oder gar einer ganzen Tour dem Rücken zu schaffen machte.

Jetzt ist sie wieder da, die legendäre Gitarre aus den wilden End-Sechzigern. Heute allerdings kommt sie aus chinesischer Fertigung und neben dem Nachbau der Plexiglasvariante gibt es sie auch mit einem rückenschonenden Holzkorpus. Wir haben uns Letztere vorgenommen und wollten wissen, wie viel vom Mythos der Original Dan Armstrong Gitarre noch in ihr steckt und wie sie sich im gitarristischen Alltag von heute schlägt.

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Details

Konstruktion
Das Original verschaffte sich mit seinem durchsichtigen Plexiglaskorpus den Ruf einer perfekten Showgitarre. Vor allem die angesagten Rockmusiker der späten sechziger Jahre liebten sie heiß und innig, aber ein Massenerfolg blieb ihr trotzdem verwehrt. Das hohe Gewicht und der saftige Preis ließen die Dan Armstrong Gitarre zum Ladenhüter werden, weshalb die Produktion nach nur drei Jahren wieder eingestellt wurde.

Bei unserer Testkandidatin hat man genau wie bei der schweren Plexiglaskonstruktion den Korpus extrem dünn gehalten, was sich deutlich im Gewicht bemerkbar macht. Mit gerade einmal 31 mm ist sie erheblich flacher als meine alte Gibson SG, die im Gegensatz zu ihr ein wahres Schwergewicht ist. Das auffällig geringe Gewicht von 2,6 Kilo habe ich zumindest bei einer E-Gitarre sehr selten erlebt.

Der Korpus
Nach dem Auspacken kam mir sofort der Vergleich mit der Gibson Melody Maker in den Sinn. Klar, die Cutaways sind hier stärker ausgeprägt, aber eine grundlegende Tendenz lässt sich kaum verleugnen. Dass man sich für eine klassische Vintage Cherry Lackierung des aus Mahagoni gefertigten Bodys entschieden hat, unterstützt die optische Verwandtschaft zur Gibson noch zusätzlich.

Ein dreilagiges schwarzes Schlagbrett bedeckt einen großen Teil der Decke, wobei die Stelle, an der der Pickup unter die Saiten geschoben wird, ausgespart bleibt. Wie bei einer Unterführung lässt sich der austauschbare Tonabnehmer  dorthin schieben, wo er mittels zweier Bananenstecker Kontakt mit der Bordelektronik aufnimmt. So gestaltet sich ein Wechsel in Windeseile. Lediglich eine kleine Rändelschraube, die von der Rückseite aus zugänglich ist, arretiert den Tonabnehmer und hindert ihn am Herausrutschen. Momentan sind leider keine Austausch-Pickups einzeln erhältlich, was mich eigentlich wundert, denn im Gegensatz zu meiner hölzernen Testgitarre liegt dem japanischen Plexiglasmodell ein zusätzlicher Singlecoil zum Wechseln bei. Aber was nicht ist, kann ja noch werden.

Die Saitenhalterung besteht aus einer eigenen Stop-Tailpiece-Variante. Ein zweifach verschraubtes, kammförmiges Blech dient als Tailpiece und hält die Saiten an ihren Ball-Ends. Es lässt sich zwar nicht in der Höhe verstellen, aber so wird maximaler Druck auf den Steg ausgeübt, was das Sustain zusätzlich fördert. Die Bridge ruht auf Rändelscheiben, und lässt sich nach Belieben feinjustieren. Die Lage der gesamten Brücke kann grob an den Lagerbolzen eingestellt werden. Darüber hinaus stehen für jede Saite einzelne Rollenreiter zur Verfügung, die ebenfalls individuell justierbar sind. Mit Sechskantschrauben werden alle Teile arretiert und garantieren einen absolut geräuschfreien Sound.

Ebenso wie die Gibson SG würde auch die Dan Armstrong Gitarre wegen ihres leichten Korpus und den mächtigen Grover-Mechaniken zur Kopflastigkeit tendieren, hätte man nicht den linken Gurtpin an der Spitze des oberen Cutaways angebracht und so das Problem schon im Keim erstickt. Zusätzlichen Tragekomfort bieten zwei Gurtpins, die an der hinteren Zarge zur Auswahl stehen. Sie gestatten es auch, die Gitarre ohne Kratzspuren sicher auf dem Boden abzustellen. Außer der Rändelschraube befinden sich auf der Rückseite vier kräftige Schrauben, die der Halsbefestigung dienen. Weil der Korpus relativ hager ist, hat man aus Stabilitätsgründen auf das Einlassen der Schrauben verzichtet, weshalb ihre Köpfe leicht hervorstehen.  

Der Hals
Die erwähnten vier Schrauben verbinden den Ahorn-Hals fest mit dem Korpus. Das Palisandergriffbrett beherbergt 24 perfekt verarbeitete und abgerundete Bünde, die sich den Platz auf einer 628,5 mm Mensur teilen. Daher lässt sich die Dan Armstrong unglaublich leicht bespielen. Wer schon einmal Musicman-Gitarren in der Hand hatte, kennt dieses Spielgefühl. Und obwohl die Saitenlage sehr niedrig eingestellt ist, klingt alles sauber und klar. Die Grover-Mechaniken sorgen für die Befestigung der Saiten und versuchen, das Instrument in Stimmung zu halten. Allerdings reagiert die schlanke Gesamtkonstruktion empfindlich auf Druck und macht die Dan Armstrong Gitarre bezüglich ihrer Stimmstabilität zu einem eher labilen Instrument.

Elektrik
Mit nur einem Pickup bestückt, bietet die Dan Armstrong schaltungstechnisch mit Ausnahme eines Dreiwege-Schalters nichts Außergewöhnliches. Und der splittet auch nicht, wie man annehmen könnte, die einzelnen Spulen des Humbuckers oder dreht sie gegeneinander in der Phase. Mit ihm werden dem Tonregler wahlweise zwei unterschiedliche Kondensatoren (33nF/47nF) zugewiesen und in der mittleren Stellung sogar komplett aus dem Signalweg genommen. Mich haut diese Schaltung nicht wirklich vom Hocker, muss ich gestehen, und auch die Tatsache, dass es zwar einen leicht herausnehmbaren Tonabnehmer gibt, aber keine einzeln erhältlichen Austausch-Pickups, ist etwas befremdlich. Dabei ist die Idee mit dem wechselbaren Pickup im Grunde sehr gut umgesetzt: Rändelschraube von der Rückseite her lösen und ohne Entfernung der Saiten den Tonabnehmer aus der Einfräsung herausziehen. Oder ihn beim Einsetzen einfach in seine Position gleiten lassen, wo er zusätzlich durch die beiden Bananenstecker, die die Tonabnehmerspulen mit der internen Schaltung verbinden, gehalten wird.

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Praxis

Die Dan Armstrong Gitarre wirkt auf den ersten Blick klein und zerbrechlich, ein Eindruck, der durch ihr geringes Gewicht zusätzlich verstärkt wird. Obwohl ich zuerst skeptisch war, macht es wirklich Spaß, sie zu spielen. Dank der kurzen Mensur funktioniert das unglaublich leicht und Stratocaster-gewohnte  Gitarristen  fühlen sich wie im Schlaraffenland. Die Saiten klingen trotz niedriger Saitenlage sauber aus und liefern ein ausgeglichenes Sustain, tote Punkte oder schepperige Töne gibt es nicht.

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Der Gesamtklang ist straff und definiert mit einem knackigen Twang. In Verbindung mit einem clean eingestellten Amp kommt der klare glockige Anschlag gut zur Geltung, obwohl ihre Stärken eher im Rocksegment liegen. Denn auch mit viel Gain gelingt die Saitentrennung bei Akkorden sehr gut. Der Dreiwege-Miniswitch weist dem Tonregler zwei unterschiedliche Kondensatoren zu. Eine Maßnahme, die nicht unbedingt sehr effektiv ist; mir wäre es lieber gewesen, könnte man stattdessen den Tonabnehmer splitten. Dann bräuchte man auch nicht unbedingt einen Austausch-Pickup. In der Mittelstellung wird der Tonregler aus dem Signalweg entfernt, wodurch mir der Sound eine Nuance offener erscheint. Ein Nachteil der extrem dünnen Gesamtkonstruktion ist die schlechte Stimmstabilität. Die Gitarre reagiert ähnlich wie eine Gibson SG empfindlich auf Druck. Wer, wie ich, einen harten und kräftigen Anschlag hat, bringt die Dan Armstrong schnell aus der Stimmung.

Audio Samples
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Clean Akkorde Clean Picking High Gain Lead High Gain Powerchords High Gain Tone zu
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Die Dan Armstrong Gitarre ist schon etwas Besonderes, auch wenn sie recht spartanisch ausgestattet ist. Auffällig sind der leichte und sehr dünne Korpus, die kurze Mensur und die Tatsache, dass diese Gitarre mit einem austauschbaren Pickup ausgestattet ist. Leider sind zumindest im Moment noch keine einzelnen Austausch-Pickups erhältlich.  Der Sound ist ausgewogen und straff, während man die Bespielbarkeit nur als traumhaft bezeichnen kann. Obwohl ein einzelner Tonabnehmer nur wenig Flexibilität bietet, kommt man mit der Dan Armstrong Gitarre stilistisch erstaunlich weit. Das sehr gut verarbeitete Instrument glänzt vor allem bei angezerrten Sounds und bei High-Gain-Einstellungen. Wer eine preiswerte Einsteiger-Rockgitarre ohne Schnörkel sucht oder etwas vom Kult der 69er Dan Armstrong Gitarre in seinen Händen halten möchte, ist hier genau richtig. Klangfetischisten oder Profis werden hier jedoch nicht fündig, dazu fehlt es grundsätzlich an so einfachen Dingen wie Stimmstabilität und Klangvariabilität.

Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • Verarbeitung
  • Geringes Gewicht
  • Leicht bespielbar
Contra
  • Stimmstabilität
  • Keine Austausch-Pickups erhältlich
Artikelbild
Ampeg Dan Armstrong AMG100CH Test
Für 549,00€ bei
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Facts
  • Bauform: Solidbody
  • Mahagoni Korpus
  • Ahorn Hals geschraubt
  • 24 Bünde
  • Palisandergriffbrett
  • 628,5 mm Mensur
  • Grover-Mechaniken (Nickel)
  • Höhenverstellbare Brücke mit Rollensattel
  • Dual-Blade Humbucker
  • Regler: Volume, Tone, Dreifach-Schalter
  • Farbe: Vintage Cherry
  • Preis: 653,- Euro (UVP)
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