Drawmer MC3.1 Monitor Controller Test

Praxis

Relaisschaltung

Dank der selbsterklärenden Anschlüsse ist der Drawmer MC3.1 schnell zum Einsatz vorbereitet. Nach dem Einschalten hört man das Klacken von Relais. Die Ausgänge werden also zeitverzögert aktiviert, um die Speaker vor Ein- und Ausschaltknacksern zu schützen – das ist schon mal sehr schön. Die gebürstete schwarze Alu-Oberfläche sieht zwar edel aus, ist aber extrem anfällig gegen Verschmutzung. Fingerabdrücke sind sofort sichtbar, und leider bekommt man sie auch nur schwer wieder weg – das musste ich leidvoll bei der Foto-Session erfahren. Man sollte sich vor der Anschaffung des Gerätes auch mit den Dimensionen vertraut machen: An meinem Arbeitsplatz benötigt der schwarze Klotz nämlich, gegenüber meinem eigenen Monitor-Controller im Format einer Rack-Einheit, überraschend viel Platz.  

Im Vergleich zur Computer-Tastatur werden die üppigen Ausmaße des Drawmer MC3.1 deutlich.
Im Vergleich zur Computer-Tastatur werden die üppigen Ausmaße des Drawmer MC3.1 deutlich.

(Nicht vorhandener) Sound des Drawmers

Von einem Monitor Controller sollte man völlige Neutralität erwarten, was den Sound angeht. So ein Gerät soll regeln und routen – keinesfalls darf es „klingen“! Und ich kann den Drawmer-Ingenieuren attestieren, dass sie ihren Job sehr gut gemacht haben, denn hier gibt es nix zu meckern. Der MC3.1 ist vielleicht nicht das „ideale unsichtbare Kabel“ zwischen DAW und Lautsprechern, aber der Einfluss der Elektronik auf den Klang ist vernachlässigbar gering.
Der MC3.1 ist ein aktiver Controller, was bedeutet, dass das Signal – im Gegensatz zum passiven Controller – Bauteile durchläuft, die Strom benötigen. Welche Variante nun die bessere ist, darüber wird in den einschlägigen Foren ausführlich gestritten. Beide Ansätze haben Vor- und Nachteile, aber richtig ausgeführt bekommt man mit beiden Varianten sein Signal sauber zum Lautsprecher. Ich besitze einen passiven Controller mit Relais-gesteuerter Ladder-Schaltung, dabei werden für einzelne dB-Schritte Widerstände in den Signalweg geschaltet – nun möchte ich wissen, wie sich die beiden Controller im Hörvergleich schlagen. Mit ganz „frischen Ohren“ höre ich Klangunterschiede zwischen dem MC3.1 und meinem Monitor Controller, allerdings handelt es sich dabei um feinste Nuancen. Die passive Version klingt im Vergleich „luftiger“, die Stereosignale stehen etwas separierter zwischen den Boxen. Der aktive Drawmer dagegen klingt etwas „kompakter“ und, vor allem in den tiefen Frequenzen, präziser. Aber – wie gesagt – das sind subtile Details, die ich nur im direkten AB-Vergleich wahrnehme, in der täglichen Arbeit dürften sie kaum ins Gewicht fallen. Die Kopfhörerverstärker klingen ebenfalls sehr gut, haben mächtig Power und treiben auch hochohmige Studiokopfhörer bei hohen Lautstärken verzerrungsfrei an.

Bedienung des MC3.1

Der Lautstärkeregler ist nicht gerastert und lässt sich verblüffend leichtgängig drehen. Die Skala ist „relativ“, es sind also keinen festen Dezibel-Werte aufgedruckt, sondern Zahlen von eins bis zehn. Im Mixprozess oder beim AB-Hören ist es wichtig, bei Bedarf mit einer exakten und reproduzierbaren Referenzlautstärke abzuhören. Weil es nicht möglich ist, mit einem Drehpotentiometer eine definierte Lautstärke wiederholbar und exakt einzustellen, hat Drawmer den MC3.1 mit einem Level-Preset-Button ausgestattet: Mit einem Knopfdruck kann man eine Lautstärke abrufen, die vorher mit einem Trim-Poti eingestellte wurde (im Werkszustand ist die Preset-Lautstärke sicherheitshalber auf Null runtergedreht). Da das SPL-Meter für die Kalibrierung schon aufgebaut ist, stelle ich die Preset-Lautstärke auf den für meinen Raum passenden Wert von 76 dB SPL ein. Leider hat mein Controller dieses tolle Feature nicht, ich muss immer auf diese Lautstärke „hochdrehen“, wobei allerdings eine entsprechende LED-Anzeige der dB-Schritte hilft. Dennoch: Den Preset-Knopf werde ich definitiv vermissen!

Unter dem Level-Regler befindet sich der Level-Preset-Knopf, ein weiteres sehr durchdachtes und praktisches Feature.
Unter dem Level-Regler befindet sich der Level-Preset-Knopf, ein weiteres sehr durchdachtes und praktisches Feature.

Schaltlogik

Die Buttons schalten alle unabhängig voneinander, sprich: es lassen sich auch mehrere Ein- oder Ausgänge gleichzeitig aktivieren – zunächst etwas überraschend, weil man ja in der Regel nur ein Speaker-Paar und eine Signalquelle abhört. Für einen AB-Vergleich von zwei Signal-Quellen oder Speaker-Paaren müssen beim MC3.1 somit immer zwei Knöpfe gedrückt werden, und zwar möglichst gleichzeitig (eine Quelle aktivieren, die andere deaktivieren…). Mit ein bisschen Übung klappt das aber ganz gut. Nach und nach offenbaren sich die Vorteile dieser Schaltlogik: Man könnte zum Beispiel ein Stereo-Peakmeter oder ein analoges Aufnahmegerät anstatt eines Lautsprecherpaares anschließen, oder ein Lautsprecherpaar in einem anderen Raum betreiben, oder gar ein 5.1-Surround-Setup steuern…
Beim MC3.1 kann der Subwoofer separat geschaltet werden, ein sinnvolles Feature, das Kollege Felix Klostermann im Test des kleineren MC2.1 schmerzlich vermisst hat. Bei einem einzigen Schalter hätte ich mir allerdings die Schaltfunktion des MC2.1 gewünscht, nämlich beim Talkback, der beim MC2.1 als On/Off-Schalter konzipiert ist und, einmal gedrückt, das Talkback-Signal dauerhaft aktiviert, während er beim MC3.1 für die Dauer des Sprechens gehalten werden muss. Ideal wäre meines Erachtens eine Mischung aus beiden Varianten in Form eines Tasters, der nach einer gewissen Haltezeit, zum Beispiel vier bis fünf Sekunden, in einen dauerhaften Schaltzustand übergeht.
Ausnahmslos alle Schalter signalisieren über eine LED ihre Aktivität, allerdings befindet sich diese Lampe unter den Schaltern, was den Nachteil hat, dass man sie mit dem „Schaltfingern“ verdeckt. Da man meist mit zwei Finger schaltet, muss man also immer erst die Hand wegnehmen, um zu sehen, welche LEDs denn nun wirklich leuchten.

Viele Tasten für die Mix-Checker

Der Mute-Schalter versteckt sich etwas in der Riege der Mix-Check-Buttons. Klar, inhaltlich passt er neben die Left/Right-Cut-Knöpfe, aber ich würde mir wünschen, dieser im Notfall so wichtige Knopf wäre größer und vom Rest der Buttons abgesetzt. Tatsächlich wäre eine Position unter dem Lautstärkeregler perfekt gewesen, aber da hat sich schon der Level-Preset-Knopf breit gemacht. Die Mute-Funktion schaltet zwar die Lautsprecherausgänge stumm, nicht aber die Kopfhörerverstärker – sehr hilfreich für Leute, die im selben Raum aufnehmen und abhören!
Die Mix-Check-Funktionen sind für die Arbeit wirklich hilfreich. Auch wenn man sich fast alle dieser Funktionen auch mit Plug-Ins im Master Bus der DAW basteln kann, ist die Bedienung hier wesentlich einfacher und vor allem schneller. Mit dem L-R-Swap kommt man „kippenden“ Stereo-Mixen auf die Spur, und was der Mono-Button macht, erklärt sich von selbst. Der Rev-Button dreht im linken Kanal die Phase.

Der Drawmer MC3.1 verbraucht Platz auf dem Producer-Schreibtisch, kann aber mit vielen praktischen Features punkten.
Der Drawmer MC3.1 verbraucht Platz auf dem Producer-Schreibtisch, kann aber mit vielen praktischen Features punkten.

Der Drawmer MC3.1 kann noch mehr!

Alle diese Funktionen kann man miteinander kombinieren, und hier beginnt dann der richtige Spaß! Nehmen wir zum Beispiel den Mono-Button: Dieser summiert linken und rechten Kanal auf beide Lautsprecher; mutet man nun zusätzlich den rechten Kanal, hat man „echtes“ Mono, sprich einen einzelnen Lautsprecher zum Abhören, was der realen Mono-Welt näher kommt als das Phantomschallquellen-Mono, das zwei Lautsprecher produzieren. Eine weitere Möglichkeit: Mono ergibt sich wie gesagt aus der Summierung von links und rechts. Dreht man nun mit dem Phase-Reverse-Knopf im linken Kanal die Phase, hört man das Signal „- links + rechts“, und wer sich mit Mid/Side-Matrixen auskennt weiß, was das ist: die Stereo-Differenz, also der Seitenanteil unseres Mixes! Und wem das noch nicht genug ist, der könnte nun dieses Seitensignal sogar noch mit den einzelnen Solo-Bändern kombinieren…  

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Profilbild von bonedoleser

bonedoleser sagt:

#1 - 09.01.2017 um 06:56 Uhr

0

Hallo Chris und Danke für den Test!
Ich finde den Monitorkontroller super interessant.
Aber ich werde aus der Herstellerbeschreibung nicht ganz schlau,
was die Kopfhörerausgänge angeht. Die sollen wenn man links oder rechts
den Cut aktiviert eine Art Crossfeed haben, allerdings ist das dann
auch im normalen Stereo-Modus so? Wenn ihr das Gerät noch da habt könntet ihr das ja einfach feststellen, indem ihr ein Signal z.B. nur auf dem linken Kanal eurer DAW ausgibt, und dann mit dem Kopfhörer ausprobieren, ob da auch rechts etwas ankommt.
Und noch eine Frage zu dem Test:
Vielleicht habe ich es ja auch überlesen, aber mit welchem passiven Monitorkontroller hast du den Drawmer verglichen?
LG

    Profilbild von Chris Reiss (bonedo)

    Chris Reiss (bonedo) sagt:

    #1.1 - 09.01.2017 um 16:58 Uhr

    0

    Hallo bonedoleser,
    das Testgerät ist zwar schon zurück, ich kann Deine Frage aber beantworten: Der Crossfeed ist wirklich nur aktiv, wenn entweder Right- oder Left-Cut gedrückt wird. Es handelt sich nicht um einen Stereo-Crossfeed (wie z.B. die Linkwitz-Schaltung…). Der Hintergrund: Hören wir nur einen Lautsprecher ab, tun wir das ja trotzdem mit beiden Ohren, das versucht die Schaltung für „unterm Kopfhörer“ zu simulieren um den Klangeindruck realistischer zu gestalten.
    Mein passiver Monitor-Controller ist ein DIY-Project und deshalb namenlos. Entwickelt hat den Controller Igor Kapelevich (I.J.Research), der unter anderem Bob Katz zu seinen Kunden zählte. Igor hatte bis vor einigen Jahren eine Webshop, indem man Platinen und Bausätze für seine fantastischen Projekte erwerben konnte, aber leider gibt es den Webshop nicht mehr und auch Igor hat sich aus dem Business zurückgezogen. “
    Grüße,
    Chris

    Antwort auf #1 von bonedoleser

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