Die Liveindustrie in Deutschland leidet seit Jahren unter steigenden Personalkosten und geringer Zahlungsbereitschaft der Gäste. Vor allem für Veranstalter von kleineren Konzerten ist der Betrieb kaum noch zu stemmen. Ein Musikfonds soll nun die Basis der Livemusik unterstützen: Unter anderem durch solidarische Beiträge von den großen Stars.

Die Welt der Musik hat sich mit Streaming radikal verändert. Sämtliche Musik ist nun überall und jederzeit verfügbar. Ohne den Verkauf von CDs und aufgrund der geringen Ausschüttung durch Streamingplattformen wie Spotify und Apple Music, gibt es nur noch eine Sparte, durch die Musiker und Bands gutes Geld verdienen können: Konzerte.
Seit der Pandemie ist das Betreiben von Konzerten allerdings immer schwieriger geworden. Steigende Kosten stehen sinkenden Einnahmen gegenüber. Die Folge: Zahlreiche Clubs und Veranstaltungsstätten mussten in den letzten Jahren schließen. Um die Livekultur auch in Zukunft erhalten zu können, gibt es in Deutschland wichtige Initiativen. Eine davon ist der Live Music Fund Germany.
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Der Ansatz des Fonds ist dabei ziemlich eindeutig. Die Superstars, die nach wie vor ganze Arenen füllen, sollen kleinen und mittleren Spielstätten das Überleben solidarisch absichern. Dazu werden Ticketplattformen, Spielstätten und Veranstalter dazu angehalten, eine solidarische Abgabe sowie freiwillige Spenden für den Fond bereitzustellen. Fans können z.B. beim Ticketkauf für den Fond eine Spende abgeben.
Ein Beispiel: Wenn Drake die Barclays Arena füllt, soll ein kleiner Teil der Einnahmen für eine Prog-Rockband aus St. Pauli für ihren Auftritt im Knust weitergereicht werden. Ein ähnliches Modell wird in Großbritannien mit dem Music Venue Trust gefahren. Große Namen wie Ed Sheeran und Coldplay unterstützen den Trust öffentlich.
Die Mittel des Live Music Fund Germany werden dabei in drei Fördersäulen reinvestiert.
- In die Nachwuchs- und Clubförderung durch Zuschüsse für kleine Spielstätten, Unterstützung für Künstler und Bands auf ihren ersten Tourneen und Förderung innovativer Formate.
- In einen Fehlauslastungsausgleich für mittlere Konzerte, der Veranstalter bis etwa 2000 Personen pauschal bei defizitären Konzerten unterstützen soll.
- Strukturelle Maßnahmen, die Nachhaltigkeit, Inklusion und Ausbildung stärken, etwa ökologische Projekte, Barrierefreiheit und Fachkräfteentwicklung.
Im Rahmen des Reeperbahnfestivals wurde die Initiative von vielen Vertretern der Musikindustrie unterstützt. Bei einem Diskussionspanel und bei Veranstaltungen des Festivals gab es einen regelrechten Appell an die großen Player. Ein paar ausgewählte Stimmen.
Pamela Schobeß (Berliner Club Gretchen und Vorstandsmitglied der LiveMusikKommission) sagte dazu: “Unsere Umsatzrendite liegt unter ein Prozent. Junge Bands und Nischenprogramme können wir ohne Unterstützung kaum noch stemmen.” Laut ihr sollen die großen Player mehr Geld bereitstellen, “notfalls auch ohne Freiwilligkeit”.
Hamburgs Kultursenator Carsten Brosda betont die Notwendigkeit einer Umverteilung: “Wer heute von Superstars profitiert, muss helfen, die Basis zu sichern. Wir brauchen eine Abgabe, mit der Mittel von den großen Unternehmen abgeschöpft und wieder in die Breite des Marktes zurückgeführt werden.”
Das Vorstandsmitglied von Pro Musik, Christopher Annen, ist von der Idee ebenso überzeugt:
“Es geht darum, Mittel von den Großen an die Kleinen umzuleiten, damit das Ökosystem aus Musiker:innen, Clubs und Labels lebendig bleibt.”
Direktor des Reeperbahn Festivals Detlef Schwarte dazu: “Das Motto des Reeperbahn Festivals lautet ‘Imagine Togetherness’ – der Live Music Fund ist genau dafür ein Paradebeispiel. Nur wenn wir kollektiv denken und handeln, können wir die Livemusikkultur langfristig sichern.”
Wirtschaftsredakteur der FAZ Benjamin Fischer nimmt sich ein Beispiel an Großbritannien: “Der britische Music Venue Trust ist das Vorbild – dort haben schon Stars wie Coldplay, Katy Perry & Sam Fender verstanden, dass die Basis gesichert werden muss. Die Dringlichkeit ist da. Bilder ausverkaufter Stadien täuschen darüber
hinweg, wie stark die Grassroot Venues unter Druck stehen.”
Felix Grädler, Initiator Live Music Fund, spricht über die Vorteile einer solidarischen Abgabe: “Der Vorteil gegenüber einer staatlichen Zwangsabgabe ist: Wir können als Branche selbst austarieren, wohin die Gelder fließen – realitätsnah, solidarisch und nicht politisch getrieben. Die Idee ist ja: Die Stars von heute finanzieren die Stars von morgen. Wir sind halt Idealisten – und hoffen auf die Solidarität der gesamten Branche.”