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Denon DN-SC3900 Test

Es ist noch gar nicht so lange her, da hatten wir zu Gast in der Redaktion den digitalen Media-Turntable Denon DN-S3700 – seines Zeichens Multiformat-Desktop-Player, der von einem echten 9-Zoll-Plattenteller angetrieben wird. Nun klopft der Nachfolger SC3900 an die Tür, dessen markantestes Kennzeichen wohl der High-Torque-Direktantrieb samt Vinylplatten-Auflage ist. Er spielt Medien von CDs, USB-Datenträgern und dem PC ab, besitzt eingebaute Loops und Hotcues, kann ein USB-Audio-Interface vorweisen und ist optional als MIDI-Controller zu verwenden. Ferner ist er in der Lage, Timecode-Signale an DVS-Systeme zu übermitteln, so dass keine Steuer-CDs oder -Vinyls benötigt werden. Die mitgelieferte Software “Engine” übernimmt die Track-Analyse, die Kommunikation mit dem Laptop und maximal vier verbundenen Geschwistermodellen. Zudem wird eine App für das iPad angeboten, mit der sich die Musik kabellos durchsuchen und direkt auf die Player laden lässt.

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Um in den Genuss all dieser schönen Neuerungen zu kommen, müsst ihr jedoch zunächst 1099 Euro an den Händler eurer Wahl entrichten. Nicht gerade ein Wühltischangebot (vor allem im Doppelpack), aber wer Denon kennt, weiß um die gute Qualität ihrer Produkte. Doch es wurde auch an einigen Stellen der Rotstift angesetzt, wie ihr später noch lesen werdet. Lohnt sich also das Upgrade auf die neue Generation?

DETAILS

Dem Karton entnehme ich je ein Netz- und ein Audiokabel, Faltblätter und ein gedrucktes englisch-japanisches Handbuch. Deutsche Anleitungen sind als PDF auf CD enthalten, was aus ökologischer Sicht durchaus in Ordnung geht. Auf dem Silberling sind auch die Installationsdateien für die Software „Engine“ und Denons ASIO-Treiber zu finden. Der Plattenteller ist wie beim Vorgänger manuell aufzubauen, was innerhalb von vier Arbeitsschritten gemäß Bildfolge erledigt ist. Zuerst wird der Aluteller auf die Spindel gesetzt, dann wandert die Slipmat auf den Platter und das Vinyl wird aufgelegt. Zwei Schrauben befestigen die Nine-Inch am Spindelblock und der Kandidat ist einsatzbereit.

Bühne frei
Der Denon DN-SC3900 nimmt etwa zwei Drittel der Stellfläche meines Vestax-PDX ein und ist schon ein echter Koloss, soviel ist klar. Er bringt satte 5,8 Kilogramm auf die Waage, misst 32 x 36 x 12 Zentimeter und wohnt in einem schwarzen, funktionalen und robust wirkenden Gehäuse. Alle Kanten sind abgerundet, die Bauteile und Anschlussbuchsen sind fest verschraubt, der Klapperfaktor ist gleich null. Buttons, die eine temporäre Funktion aufrufen (Pitchbend, Search, Tap) sind schwarz mit meist weißem Aufdruck gehalten. Loops und Hotcues, die ihren Status darstellen oder im Toggle-Modus operieren, geben sich in halbtransparentem, milchigem Design die Ehre. Sie verfügen über eine sanfte Grundbeleuchtung und illuminieren stärker, wenn sie ausgelöst werden. Andere wiederum treten in Begleitung eines Lämpchens an ihrer Seite auf.
Die Bedienelemente sind hinsichtlich des Abstands zueinander großzügig arrangiert, so dass man vor Fehlbedienungen in der Hitze der Nacht einigermaßen gefeit sein sollte. Auf prominenter Linksaußenposition finden sich zwei extragroße Cue- und Play-Tasten aus Hartplastik ein, ähnlich eines CDJ, nur eckig. Bei der visuellen Inspektion der Oberfläche fällt ferner auf, dass die Effekt-Buttons unter dem Jogwheel und an der östlichen Flanke wohl den Schritt in die aktuelle Generation nicht überlebt haben.
Für impulsive Tellerakrobaten zeigt die Unterseite vier dicke gummierte Standfüße, die zusammen mit dem nicht unerheblichen Gewicht für sicheren Halt sorgen.

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Backpanel
Sämtliche Schnittstellen zum Kontakt mit der Außenwelt sitzen am Backpanel. Beginnend mit dem Klassiker, einem rotweißen Stereo-Cinch-Paar zur Verbindung mit dem Mischpult und einem digitalen S/PDIF, folgt eine 3,5-Millimeter-Kabelaufnahme zur Fernsteuerung mittels Crossfader. Dann fällt der Blick auf eine USB-Typ-B Buchse, die zur Verbindung mit einem Computer gedacht ist und zur Übermittlung von MIDI-Daten herhält. Daneben kommt eine Netzwerkschnittstelle zum Vorschein, über die bis zu vier Geräte per Hub im Verbund arbeiten können. Der von mir in seiner Position bemängelte USB-Typ-A Schlitz des Vorgängermodells (wer will schon ständig hinter der Kiste rumfummeln und schlimmstenfalls benachbartes Kabelwerk in Mitleidenschaft ziehen) ist in der Revision auf die Bedienoberfläche gewandert. – Prima! Gerade wenn eine Festinstallation eingeplant ist, erweist sich dies als kluger Schachzug. Linker Hand folgen die Stromkabelbuchse, ein großer schutzumrandeter Einschaltknopf, ein Kabelhalter und eine Kensington-Lock-Aufnahme. Wo sonst, als an der an der Vorderseite befindet sich die sanft agierende, weiß beleuchtete Einflugschneise für CDs, welche man auch zu fortgeschrittener Stunde nicht verfehlen sollte. Das Licht erlöscht, sobald sich ein Silberling im Bauch des Boliden befindet. Bon Appetit!

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Plattenteller
Vinylfreaks und Turntablisten dürften am Plattenteller mit seiner 9-Zoll-Vinylauflage Gefallen finden. Wie es sich gehört, ist er aus Aluminium gefertigt und erstrahlt in bester MK2-Optik nebst roter Randbeleuchtung und Pitch-Indikator. Angetrieben wird er von einem High-Torque-Motor, dessen Drehmoment sich in 15 Stufen von 1 kg/cm bis 3 kg/cm regulieren lässt. Zwei Regler dirigieren Start- und Stoppzeit des Tellers (Start 0-6 Sekunden, Stopp 0-15 Sekunden). Mit dem überarbeiteten, direktangetriebenen Wheel landet Denon einen großen Wurf, denn der SC3900 verspricht Plattenspieler-Feeling, ohne dass man sich um abgenutzte Nadeln, springende Tonarme oder zerkratzte Platten sorgen muss. Das macht den Umstieg ins digitale Zeitalter noch ein wenig leichter – eine echte Alternative, fehlt nur noch das Umwandeln der eigenen Schallplattensammlung. Wobei ich persönlich mich irgendwann dazu entschlossen habe, Tracks, die mir ans Herz gewachsen sind, eher für ein paar Euro in digitaler Form einzukaufen, als monatelang zu digitalisieren. Doch bei manch seltenen Schätzchen geht es eben nicht anders.

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Motor Stoptime

Nun ist allerdings nicht jeder DJ ein Fan von rotierenden Handrädern, mancher arbeitet lieber mit einem normalen Jogdial. Aus diesem Grunde lässt sich der Antrieb auch abschalten. Ein Bewegen des Tellers hat dann eine Beschleunigung oder ein Abbremsen des Tracks zur Folge, verändert aber gegen den Uhrzeigersinn gedreht nicht die Abspielrichtung des Titels. Ferner kann der Protagonist mit dem Wheel im Pausenmodus mit 1/75-Sekunde Auflösung durch den Titel spulen, um Loops oder Cue-Punkte akkurat zu platzieren.

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Display
Das Display am SC3900 ist recht groß ausgefallen und lässt sich gut ablesen. Es steht leicht angewinkelt zum Betrachter und versorgt diesen mit aktuellen Titelinfos, darunter Tags, Laufzeiten, BPM- oder Pitch-Werte. Der Screen kann MP3-Tags, CD-Texte und Ordnerbezeichnungen auf einer sechzehnstelligen und dreizeiligen Punkt-Matrix darstellen. Die obere Leiste ist von Haus aus dem Ordner, die nachfolgenden den Titeln gewidmet. Mittels der Taste „Display“ lassen sich die Informationen umschalten, zum Beispiel, um sich durch MP3-Tags zu hangeln.
Lange Dateinamen beginnen nach kurzer Zeit, in einem praxisdienlichen Tempo zu scrollen und können vernünftig entziffert werden. Eine Wellenform zeigt Cuepoints, Loops und Breaks an. Aufgrund der mageren Dotmatrix-Auflösung kann sie aber nicht zum Aufspüren einzelner Beats herhalten. Die Live-Vorschau, respektive der Aufbau der Wellenform, kommt im CD-Modus oder bei nicht analysiertem Audiomaterial schnell ins Stocken, was sich durch eine vorherige Berechnung durch Engine ändern lässt.

Navigation
Für die Navigation auf einer CD, Festplatte oder Stick verbaut Denon einen Encoder mit integriertem Button, der die Funktion eines Track- und Folder-Reglers vereint. Dazu gesellen sich Vor-, Zurück- und Skip-Taster. So lassen sich kinderleicht Verzeichnisstrukturen auf CD (Stammordner, Unterverzeichnisse, Tracks) durchfahren. Browse ich im USB-Modus, kann ich mich für Artist, Title, Genre, BPM oder Album entscheiden. Auch die Suche nach Ordnern, Crates (virtuelle Ordner) und Listen ist per Shift-Kombi möglich. Das lässt keine Wünsche offen. Gespult wird mittels Plattenteller oder „Fast Search“-Buttons, wobei letztgenannte gemäß Voreinstellung bei einem kurzen Antippen zwischen zehn und 60 Sekunden überspringen. Bei der Auswahl eines neuen Musikstückes ist die „Next Track“-Funktion willkommen, denn so kann man in Ruhe suchen, ohne dass die aktuelle Wiedergabe unterbrochen wird. Gegen versehentliches Laden eines Titel schützt „Playlock“. Ferner steht eine „Hotlist“ zur Verfügung, mit deren Hilfe sich einzelne Titel in eine temporäre Abspielreihenfolge schaufeln lassen. Darüber hinaus lassen sich sogenannte Memos abspeichern. Pro Track kann ein Memo mit BPM, (Hot-)Cues, Loop, Wiedergabegeschwindigkeit und Tonhöhenbereich angelegt werden. Die maximale Anzahl an Memos beträgt 100.000.

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Kreativabteilungen
Was die integrierten Effekte angeht, hat Denon die “Brot-und-Butter“-Effekte Flanger, Filter und Echo aus dem Programm genommen und lediglich die Platter-FX Dump und Reverse beibehalten. Der Reverse-Effekt spielt den Titel rückwärts ab, Dump erzeugt einen manuell unterbrechbaren Rückwärtslauf von maximal vier Sekunden, wobei die Echtzeitposition unhörbar im Hintergrund gepuffert wird und der Titel an eben dieser Position wieder einsetzt, wo er sich ohne Dump befunden hätte. Praktischer Nutzen: Zum Beispiel beatsynchrone Reverse-FX bauen oder Explicit-Lyrics überspringen. Besonders zum Tragen kommt dieses Feature, wenn man zwei Titel im Mix hat, denn bei einem Dump-Reverse bleiben diese, sofern sie beatsynchron sind, im Takt.  

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Audio Samples
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FX Reverse FX Dump

Zugelegt wurde auch bei den Hotcues, denn statt mit dreien zieht der 3900er nun mit vier Schnellstart-Buttons durch Clubs und Studios. Die zugehörigen Auslöser sind angenehm groß ausgefallen und legen in der Intensität der (roten) Beleuchtung zu, sobald ihnen eine Position zugeteilt wurde, die sie dann mit jedem Tastendruck auch Titel-übergreifend erneut anspringen. Das Anlegen eines Cue-Punktes lässt sich automatisch korrekt auf den Beat-Point ausrichten. Gelöscht wird mit Delete. Im MIDI-Modus ermöglicht der Bankswitch, auf weitere vier Marker zuzugreifen – das sollte reichen.
Nach klassischem Vorbild werden Loops über In/Out eingefangen, die Autoloop-Funktion erzeugt Schleifen voreingestellter Größe, wobei der Anwender zwischen 1/32 Beat und 512 Beats frei entscheiden kann. Plus und Minus verdoppeln oder halbieren die Audiozyklen. Über die „Trim“-Tasten kann der DJ die Start- und Endpunkte der Schleife per Plattenteller verschieben. Von Punkt A ausgehend in 1-Frame-Schritten um 30 Frames in jede Richtung, von Punkt B ebenfalls auf Frame-Basis nach Punkt A und in anderer Richtung bis zum Ende des Titels. Sehr schön!  

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Loop-Modus Stutter Hot Cue Response
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PRAXIS

Um eine Audio- oder MP3-CD zu initialisieren, ziehen zwischen drei und fünf Sekunden ins Land. Mein 2 GB großer Speicher-Stick mit 34 Dateien war im Rekordtempo startklar: Top. Verbesserungen zum Vorgängermodell gibt es bezüglich der Unterstützung von Dateisystemen. Vormals war nur FAT möglich, nun ist auch HFS+ mit an Bord, wenngleich am Gerät nur lesend und nicht schreibend. Nichtsdestotrotz wurde meine mobile 640 GB grpoße Mac-Platte anstandslos angenommen und zügig ausgelesen. Die externen Speicherplatten dürfen zwei Terabyte Fassungsvermögen auffahren. Das ist ausreichend Speicherplatz für tausende Titel. NTFS wird jedoch nicht unterstützt, was sich im Test bestätigte und Windows-Usern nicht gerade Lobgesänge entlocken wird. Das ist zwar schade, doch vielleicht sind USB-Sticks bei heutigen Größen von 32GB+ (bereits deutlich unter 20 Euro gesichtet) eine Alternative, solange sie nicht allzu oft beschrieben werden. Für große NAS-Laufwerke hingegen sieht es nicht so gut aus…  
Zu meiner Freude zeigt sich die Reaktionszeit beim Umschalten zwischen den Medien drastisch verkürzt. Bam, bam, bam.  

Beatcounter und Pitch
Der Beatcounter ist für meine Begriffe nicht gerade der schnellste und treffsicherste seiner Art, was sich in erster Linie bei CDs oder auch bei nicht analysiertem Material von Stick oder Platte bemerkbar machen kann. Sollten die Tracks vom PC oder Netzwerk via Engine kommen, wird auf Wunsch das errechnete Tempo der Software als Synchronisationsgrundlage geschrieben. Ferner kann der DJ einen manuellen Wert durch mehrfaches Tippen auf den „Tap“-Button eingeben. Daraus errechnet das Zählwerk den Mittelwert. Auf zum fröhlichen Pitchen.
Je nach Auflösung (6, 10, 16, 100 %) erlaubt der 100 Millimeter lange Tempofader auf der kleinsten Stufe Geschwindigkeitsanpassungen von zwei Hundertsteln, auf der höchsten von einem Prozent. Wer im laufenden Betrieb auf einen anderen Arbeitsbereich auswählt, wird leider mit einem Tempo-Sprung konfrontiert, also legt man diesen besser vorher fest. Wer den Pitch nicht zu nutzen gedenkt, kann ihn auch deaktivieren. Zwei Skaleneinteilungen große Deadzones an den Nord- und Südenden des Sliders liegen für mich innerhalb der Toleranz. Wichtiger ist für mich, dass es von der Nullstellung aus zügig zur Sache geht und da kann der Denon die Brust schwellen, denn in der Mitte ist der unsensible Bereich marginal und daher absolut zu vernachlässigen.
Damit die Zuhörer nichts von den Tempomanipulationen mitbekommen, startet die Master-Tempo-Funktion einen Timestretch-Algorithmus, der die Tonhöhe unabhängig von der aktuellen Pitch-Position beim Originaltempo einfriert. Der Denon’sche Algorithmus schlägt sich hier sehr achtbar, wie ihr den nachstehenden Audiodateien entnehmen könnt.

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Keylock_down_0_6_10_16_100 Keylock_up_0_6_10_16_100

Handling und Betriebsmodi
Auch wenn der Plattenteller des SC3900 über drei Zoll kleiner ist als der eines Vestax-PDX oder Technics MK2, das Feeling beim Mixen ist nicht viel anders und der Spaßfaktor für mich mindestens genauso hoch. Besonders zu begrüßen ist die Möglichkeit, die Antriebskraft mehreren Stufen an die eigenen Vorlieben anzupassen, um den Motor in gemächlicher Technics-Manier zu betreiben oder mit mehr Power, was wiederum Vestax- und Numark-Umsteigern zugutekommen sollte. Im Bend-Modus kommen Liebhaber von Jogwheels auf ihre Kosten, die bei abgeschaltetem Antrieb ihre Tracks in den Gleichschritt schubsen.
Wer weder Vinyl noch optische Datenträger nutzt oder die Timecode-Steuerung für sich auserkoren hat, möchte vermutlich im MIDI-Modus arbeiten. Hier werden die Bedienelemente zur Steuerung von Software-Funktionen genutzt, wobei die Wiedergabe der Songs über das integrierte Audio-Interface erfolgen kann, das von hochwertigen Burr-Brown-Wandlern (24 Bit/44,1 KHz) angetrieben wird. Von klanglicher Seite gibt’s daher nichts zu meckern.

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Original-File Playout DN-SC3900

Zur Softwarekompatibilität: VDJ, Mixvibes oder Mixxx lassen sich mit dem integrierten Audio-Interface betreiben. Gleiches gilt für Traktor Pro. Traktor Scratch läuft bekanntlich nur mit einem Audio 4-, 6-, 8- oder 10-Dongle und Serato Scratch Live mit den Rane-Interfaces SL1, 2, 3, 4 oder den Rane-Mixern TTM57, Rane 61/62/68. Serato Itch/Intro fällt zum Testzeitpunkt komplett aus, das es nur mit einer Handvoll kompatiblen DJ-Controllern läuft. De facto zeige sich bei Niederschrift dieser Zeilen jedoch, dass von den führenden DJ-Programmen noch keines die native Einbindung des Media-Turntables vornehmen kann. Kommen zwei 3900er zum Einsatz, müssen je nach Software virtuelle „Knoten“ errichtet werden, da kaum ein DJ-Programm Multicard-Unterstützung auffährt. Unter Windows bemächtigt man sich daher eines Drittherstellertools wie ASIO4ALL, am Mac erzeugt man in den Audioeinstellungen ein neues Hauptgerät, das potenzielle Soundkarten (intern, extern, USB, FW) zu einem Device zusammenfasst.   Der Hybridmodus ist eine Kombination aus MIDI- und Timecode-Kontrolle. Der Audioausgang des Boliden sendet ein Timecode-Signal, wobei die Trägerfrequenzen für die DJ-Software wie folgt ausgewählt werden können: Scratch Live (entspricht 1 kHz), 1,2 kHz (Mixvibes), 2 kHz (Traktor Scratch) 2,5 und 3 kHz. Unter Scratch Live bietet es sich an, im Hybridmodus Cuepoints und Loops anzufahren und die Bedienung der Musikbibliothek über die Navigations-Elemente zu realisieren. Gleiches gilt für Traktor. Essentielle Bedienelemente für den Hybridmodus wie der Pitchfader und der Plattenteller sind dann vom MIDI-Mapping natürlich ausgeschlossen. Fertige Konfigurationsdateien werden bis dato nicht mitgeliefert. Für Traktor Scratch Pro ist im Forum eine TSI-Datei erhältlich.

Hybridmode_Denon_SC3900_37

Was das Echtzeitgefühl angeht, muss ich sagen, dass die Verzögerungszeiten im Hybridmodus auf einem Niveau mit Timecode-Vinyls oder -CDs liegen. Die FX-Steuerung über den SC3900 halte ich nicht für angebracht, dafür mangelt es einfach an Drehreglern. Diese finden sich jedoch am Clubmixer Denon-X1600 (Test hier), der zudem über einen Effektprozessor verfügt, Traktor-Scratch-kompatibel ist und ein guter Partner für den SC3900 wäre. Und natürlich ist auch ein AKAI LPD8 (50 Euro Straßenpreis) ein kompetenter Kommandant für FX- und Sampleplayer.  
Engine
Die Musikmanagement-Software Engine dient der Analyse von Musikstücken und der Vorbereitung des DJ-Sets. Also Taggen, Marker setzen, virtuelle Plattenkisten (Crates) packen oder Playlisten anlegen, von denen Hotlist, History und Recent bereits vorhanden sind. Ferner ist die iTunes-Library implementiert. Die Titel können über das Programm-Menü oder per Drag-Drop in eine Abspielreihenfolge oder in einen Crate gelangen. Die Anzahl der Titellisten und Plattenkisten ist nicht limitiert, die maximale Anzahl Tracks in einem Register beträgt 1000. Auf der linken Seite werden Library und Target-Drives (USB-Datenträger) ausgewiesen, die Inhalte erscheinen übersichtlich im Zentrum des Screens, wo sie auch gleich nach Genre, BPM, Artist und Album gefiltert werden dürfen. Eine kontextsensitive Suchmaske erleichtert das Auffinden von Tracks in großen Musikbibliotheken und wusste mit einer guten Geschwindigkeit zu begeistern. Zudem bekommt der User einen schicken Tag-Editor an die Hand.  
Befördere ich einen Track in den Offline-Player, dessen genutztes Audio-Interface ihr – anders als bei Scratch-Live oder Itch – frei wählen könnt, wird neben der Cover-Art und den gängigen Titelinfos ein Wellengesamtüberblick ähnlich der Dotmatrix am Gerät sichtbar. Eine vergrößerte Ausschnitt-Betrachtung zeigt das Beatgrid an, welches via Kontextmenü angepasst werden kann und mit dessen Hilfe sich maximal drei Slave-Player zu einem Master-Player taktsynchronisieren lassen, was wir mangels SC3900-Testeinheiten nicht überprüfen, jedoch nachvollziehen können. 
An der linken Flanke sitzt die Abspielsteuerung, die den Funktionen an der Hardware entspricht. Auf der anderen Seite sind die grafischen Elemente zum Anlegen von Hotcues und Loops platziert, sodass sich diese auf Wunsch auch in der Software platzieren und auf einen Stick oder eine Harddisk exportieren lassen, solltet ihr nicht vom Rechner spielen. Und das gestaltet sich ziemlich komfortabel, denn Engine findet ins Netzwerk integrierte SC3900-Einheiten automatisch. Ist ein Player angeschlossen, verschwindet die Wellenübersicht zugunsten eines Fullscreen-Browsers. Titel lassen sich nun per Rechtsklick auf einen Player schicken. In der Praxis habe ich aber lieber zur Link-Funktion am Gerät selbst gegriffen.  
Befindet sich ein Rechner im Netzwerk, auf dem die Engine läuft, lässt sich dieser via Link-Funktion am SC3900 auswählen und der DJ hat Zugriff auf die Musikbibliothek der Software. Mit dem Encoder browst er durch die aktuelle Titelliste und befördert den Song per Push-Encoder ins Deck. Das Streaming erfolgte über mein Netzwerkkabel ohne Stocken, Scratch-Vorgänge verliefen genauso problemlos wie die Integration von Loops und das Ansteuern der Cuepoints. Man kann darüber streiten, ob es für DJ-Teams vielleicht angebracht wäre, dass die Player auch auf mehrere Notebooks im LAN zugreifen können, doch der Test mit iMac und MacBook ergab, dass dies noch nicht möglich ist. Die Relevanz dieses Sachverhalts muss am Ende jeder für sich selbst einstufen, schließlich haben Teams noch die Möglichkeit, eine externe Festplatte einzubinden und zusätzlich mit der iPad-App zu arbeiten. Das gestaltet sich wie folgt…

Engine for iPad…
…ist ein Tool, das sich auf USB-Laufwerke, die an einen Player im Verbund angeschlossen sind, spezialisiert hat. Nach Eingabe eines selbst vergebenen Kennwortes und Bestätigung am Tabletop zeigt die Bedienoberfläche sämtliche Titel, Crates und Playlisten des USB-Datenträgers an und kann diese per Drag-Drop in einen Player laden. Auf der linken Seite finden sich sämtliche im LAN verfügbaren Sticks oder Festplatten mitsamt ihrer Datenbanken ein. Darunter ist eine Auflistung der SC3900-Einheiten zu finden, jeweils mit Angabe des aktuellen Titels, seines Abspielstatus, der Laufzeit (Elapsed/Remain) und des zugehörigen Wechselspeichers. Auf der rechten Seite ist eine Auflistung der aktuell angewählten Playlist oder des Sticks zu sehen. Filter sind Titel, Artist, Album, Genre und BPM sowie eine kontextsensitive Suchmaske. Der Touchscreen dient also quasi als Set-Monitor, der Abspielvorgang muss indes vom Gerät eingestartet werden. Und bevor jetzt das Gemecker über fehlende Features losgeht: Die App ist kostenlos und noch ziemlich jung – also warten wir mal ab, was noch kommt. Und freuen wir uns doch über den praktischen und komfortablen Zusatznutzen, wenngleich es sicher fraglich ist, ob der WLAN-Router fürs Adhoc-Netzwerk zum Standard-Equipment eines DJs avancieren wird. Dennoch: Die Kiste ist echt rock-solid und macht sich die optionale Eingliederung von Computer und iPad sehr geschickt zunutze. Ferner sollte man sich vor Augen halten, dass der SC3900 nur knapp die Hälfte des konkurrierenden Mannschaftskapitäns kostet und als einziges Modell in dieser Preisklasse mit Direktantrieb punkten kann. Ob Denons Flaggschiff es schafft, einen Clubstandard zu setzen, wird die Zukunft zeigen. Ich bin der Meinung, dass er das Zeug dazu hat.

Ein Hinweis noch vor dem Fazit: Um die Performance am SC3900 noch persönlicher zu gestalten, bietet das Einstellungsmenü eine Vielzahl von Tuning-Optionen wie Touch-Platter-Sensibilität und Umdrehungsgeschwindigkeiten, aber auch Autocue-Level, Display-Kontrast, Beatraster, iPad-Integration, Netzwerk-ID, und, und, und. Eure Voreinstellungen könnt ihr auf jedes andere SC3900-Gerät übertragen. Im Club aber bitte temporär – also bis zum nächsten Ausschalten.

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FAZIT

Denons DN-SC3900 ist eine Klasse für sich. Angetrieben von einem High-Torque-Motor mit Echtvinylauflage sorgt er für ein tolles Scratchfeeling und erfreut mit niedrigsten Latenzen im Hybrid-Modus und während der MIDI-Steuerung bei Verwendung des internen USB-Audio-Interface. Zudem begeistert der Tabletop-CD-Player und MP3-Allrounder durch hochwertige Verarbeitung und kann mit einem Timecode-Generator, MIDI-Fähigkeit und Netzwerkfunktionen begeistern. Mehr Hotcues, Regler für variable Anlauf- und Bremszeiten des Plattentellers und die deutlich schnelleren Umschaltzeiten lassen die verlorengegangenen DJ-FX verschmerzen. Selbst Antriebskraft und Teller-Sensitivität lassen sich einstellen. Der Klang der Burr-Brown-Wandler ist ausgezeichnet, die Unterstützung von Sticks und Festplatten, sofern sie nicht NTFS-formatiert sind, macht den Boliden noch flexibler. Sei es als zusätzlicher Player in einem herkömmlichen Schallplattenspieler-Setup oder im Doppelpack für Studio, Bar und Club. Mit „Engine“ und “Engine” für iPad hält eine weitere Spezies zur Steuerung der Musikbibliothek vom Rechner, USB-Speicher oder eines SC39000-Quartetts Einzug ins DJ-Leben, die die Vorzüge digitaler Arbeitstechniken mit den analogen Wurzeln eines Turntable-Feelings verbindet. Der SC3900 wurde an wichtigen Punkten verbessert, hat praktische Software im Gepäck und obendrein ist der Spaßfaktor sehr hoch. Von mir gibt’s daher eine Kaufempfehlung.

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